Richard Mora, CEO Landis+Gyr, im Interview

Richard Mora

Richard Mora, CEO Landis+Gyr. (Foto: Landis+Gyr)

von Bob Buchheit

Moneycab.com: Herr Mora, Landis+Gyr hat den grössten Börsengang der Schweiz seit 11 Jahren aufs Parkett gelegt. Der Aktienkurs notierte jedoch meist unter dem Ausgabekurs. War der Einstieg der Lego-Erben um Kirk Kristiansen nun die Trendwende?

Richard Mora: Ja, der Börsengang war mit Sicherheit ein Meilenstein für Landis+Gyr. Es ist Firmenpolitik, den Börsenkurs nicht zu kommentieren. Lassen Sie mich jedoch versichern, dass die finanziellen Ziele, die während des Börsengangs kommuniziert wurden, in Bezug auf Umsatzwachstum, bereinigtes EBITDA und Cashflow ebenso wie die Mittelfristplanung bis ins Jahr 2020 nach wie vor gültig sind. Wir sind auf dem Weg, unsere Versprechen einzulösen.

Welche weitere Rolle wird Ankerinvestor Rudolf Maag spielen?

Zu unseren Investoren äussern wir uns nicht.

Die knapp 33 Millionen US-Dollar Rückstellungen für Garantieleistungen in den USA lasteten nach dem IPO auf dem Börsenkurs. Wie kann so etwas in Zukunft verhindert werden?

Die in der ersten Hälfte des Geschäftsjahres 2017 vorgenommenen Garantieleistungen für ein Problem mit einer älteren, seit längerem verbauten technischen Komponente in der Region Amerika ist auf eine erhöhte Ausfallrate nach Felddaten und trotz ausgefeilter Qualitätstests für alle eingesetzten Komponenten zurückzuführen. Landis+Gyr arbeitet intensiv daran, die Anzahl und die Grösse solcher EBITDA-Anpassungen in Zukunft zu reduzieren.

Sind die amerikanischen Vorschriften denn strenger als die hiesigen?

Die Rückstellung für Gewährleistungen hatte nichts mit Regulierungsfragen zu tun. Sie war direkt mit der Notwendigkeit verbunden, unsere Modellparameter nachträglich zu ändern.

Landis + Gyr gilt als Liebling der Nachhaltigkeitsfonds. Kann das auch eine Belastung sein?

Ich bin mir nicht sicher, ob wir deren „Liebling“ sind oder nicht – aber unsere Produkte sind darauf ausgelegt, die Art und Weise, wie Energie verwaltet und verteilt wird, zu verändern. Unsere Smart-Metering-Technologie ermöglicht einen intelligenten und verantwortungsvollen Umgang mit natürlichen Ressourcen und gleichzeitig die Integration alternativer Energiequellen. Unsere Mission ist, Energie besser zu managen. Zu diesem Zweck hat Landis+Gyr seit 2007 auch ein unabhängiges Unternehmen zur Messung der eigenen CO2-Bilanz verpflichtet. Insgesamt haben wir diese Emissionen um 40 Prozent reduziert.

«Im Smart-Water-Segment sind wir derzeit jedoch nicht wirklich aktiv.»
Richard Mora, CEO Landis+Gyr

L + G ist Weltmarktführer bei smarten Ablesesystemen. Dabei wird der Zählerstand nicht mehr physisch abgelesen, sondern über Radiowellen wie bei Smartphones fortlaufend übertragen. Experten erwarten, dass allein in Europa schon bald drei Viertel aller Energie- und Wasserzähler Smart Meter sein werden. Welchen Teil vom Kuchen daran peilt Landis+Gyr an?

Landis+Gyr ist der weltweit führende Anbieter von Smart Metering für den Strommarkt. Wir sind global aufgestellt und gehören in unseren drei regionalen Segmenten zu den Marktführern. Wir agieren in einem Markt, der attraktive Wachstumsperspektiven bietet. Im Smart-Water-Segment sind wir derzeit jedoch nicht wirklich aktiv.

Wie preiselastisch ist ihr Geschäft? Mit anderen Worten: Gibt es so etwas wie einen Höchstpreis für ein Smart Meter?

Wir lösen komplexe Herausforderungen für den Einsatz auf der ganzen Welt – und diese Herausforderungen können sehr unterschiedlich sein. Entsprechend variieren die Produkte, Lösungen und Dienstleistungen, die wir anbieten stark.

Durch die ausgesprochene Pionierstellung kann Landis+Gyr sehr grosse Verträge an Land ziehen, wie gerade im US-Bundesstaat Wisconsin mit der Installation und dem Management von knapp 800’000 Strommessgeräten und Gasverteilern. Wie wichtig ist für die Auftragsgewinnung das lokale Marketing?

Wir versuchen den Versorgungsunternehmen eine globale Plattform anzubieten, sowohl in Bezug auf Technologie, Lieferkette als auch in Bezug auf Know-how. Wir sind einer der ganz wenigen Global Player in unserer Branche. Darum erhalten wir grosse Aufträge, wie es neben dem Vertrag von Wisconsin auch die Verträge mit TEPCO und British Gas gezeigt haben, um nur einige Beispiele zu nennen. Diese Erfolge sind das Ergebnis von Kundennähe und einem guten Verständnis für spezifische Bedürfnisse und Anforderungen in Kombination mit modernster Technologie.

«Die Produkte, Lösungen und Dienstleistungen, die wir anbieten, variieren stark. Das Geschäft ist nicht sehr preiselastisch.»

Wie wollen Sie nach der Trennung von Toshiba in Zukunft den wichtigen japanischen Markt bearbeiten?

Landis+Gyr profitierte vom ehemaligen Eigentümer Toshiba, was den Zugang zum japanischen Markt betrifft. Aufgrund unserer guten Leistung bei den Netzwerkdiensten haben wir dort nun einen sehr guten Ruf. Wir besitzen auch ein gut vernetztes Marketing- und Verkaufsteam vor Ort, das täglich mit Japans grösstem Versorger zusammenarbeitet.

Die erstmals nach dem Börsengang vorgelegten Geschäftszahlen waren von allerlei Sonderfaktoren ummantelt. Wann gibt es zum ersten Mal „reine“ Zahlen?

Das wird am 5. Juni sein, wenn wir unsere Jahresergebnisse veröffentlichen werden.

Könnten Sie bereits eine Projektion für die (steuerbefreite) Dividendenzahlung machen?

Wir erwarten, mindestens den Gegenwert von USD 70 Millionen in Schweizer Franken auszuzahlen. Die Dividenden werden aus Kapitalrücklagen gezahlt, die für einige unserer Aktionäre Steuervorteile haben.

Welche Rolle spielt die Landis+Gyr-Stiftung heute noch für Ihre Firma?

Die Landis+Gyr-Stiftung geht auf die Familie Gyr zurück, die zwischen 1905 und Ende der 1980er Jahre der Hauptaktionär war. Die Stiftung ist immer noch sehr aktiv, hat aber – neben Namen und Wurzeln – nichts mit der heutigen Landis+Gyr-Gruppe zu tun.

Zum Gesprächspartner:
Richard Mora wurde im April 2017 zum CEO von Landis+Gyr ernannt. Er ist seit 18 Jahren im Unternehmen. Vor seiner jetzigen Position war Richard Mora von November 2013 ab COO der Gruppe und zwischen 2008 bis 2011 Executive Vice President und Head of North America. Vor seinem Wechsel zu Landis+Gyr war Mora in verschiedenen Führungspositionen im Siemens-Konzern tätig, unter anderem als CEO von Siemens Metering, Inc. und als Director of Quality für Siemens Power Transmission and Distribution sowie bei GE Capital, unter anderem als Manager für Qualität. Seit 2014 ist Richard Mora Mitglied des Board of Directors von Enphase. Er hat einen Bachelor of Arts in Wirtschaftswissenschaften der kalifornischen Stanford University.

Zum Unternehmen:
Landis+Gyr ist der weltweit führende Anbieter von integrierten Energiemanagement-Lösungen für die Energiewirtschaft. Mit einem der breitesten Portfolios an Produkten und Dienstleistungen für die komplexen Herausforderungen von Energieversorgungsunternehmen, bietet Landis+Gyr umfassende Lösungen als Fundament für intelligente Stromnetze. Dazu gehören Smart Metering-Lösungen, Sensoren und Automatisierungstechnik für das Verteilnetz, Laststeuerung, sowie Lösungen für Analyse und Energiespeicherung. Landis+Gyr operiert in über 30 Ländern verteilt auf fünf Kontinenten. Mit einem Umsatz von rund USD 1,7 Mrd. beschäftigt das Unternehmen rund 6’000 Personen, deren einziges Ziel es ist, der Welt zu helfen, Energie besser zu nutzen.

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