von Patrick Gunti
Moneycab.com: Herr Blum, Poinz ist im Herbst 2012 angetreten, mit einer Kundenbindungs-App den gedruckten Treuekarten den Garaus zu machen. Wie weit ist dieser Prozess mittlerweile fortgeschritten?
Robert Blum: Der Prozess ist noch nicht abgeschlossen und wird es auch nie sein. Mittlerweile haben wir sogar Frieden geschlossen mit der physischen Stempelkarte, da wir bemerkt haben, dass wir uns gut verstehen und es Platz für beide hat. In den Jahren hat sich poinz weiterentwickelt und steht heute für weit mehr als eine reine digitale Version der Stempelkarte.
Investitionen im siebenstelligen Bereich durch bekannte Branchen-Persönlichkeiten ermöglichen es Ihnen, bis Ende 3. Quartal 2018 die Belegschaft von 20 Mitarbeitenden zu verdoppeln. In welchen Bereichen stocken Sie auf?
Die Aufstockung ist schon sehr fortgeschritten. So haben wir seit Dezember 2017 ein hausinternes sechsköpfiges Technikerteam aufgebaut, mit Cyril Perrig – von der Swisscom kommend – als CTO an der Spitze. Nun gilt der volle Fokus dem Ausbau der Sales-Abteilung. Weiter werden neue Stellen im Bereich Marketing und im After Sales geschaffen.
Im vergangenen Jahr konnte die Zahl der aktiven App-Nutzer auf über 100’000 verdoppelt werden. Können Sie dieses Wachstumstempo im laufenden Jahr aufrecht erhalten?
Absolut. Wir werden die Zahl auf mindestens 200’000 aktive User nochmals verdoppeln. Das Potential ist noch nicht annähernd ausgeschöpft, bedenkt man, dass die 100’000 aktiven User von heute zu 100% organisch gewonnen wurden und dies mit wenig Automatisierung und Business Intelligence in der Poinz-App. Genau solche Themen sind aktuell auf dem Tisch.
Ein entscheidender Schritt gelang letzten Frühling mit der Installation ihrer technischen Infrastruktur an Verkaufspunkten Ihrer Partner: Die Poinz-App-Nutzer können so mit ihrem eigenen Smartphone den QR-Code ab dem stationären Smartphone am POS scannen und so Treuepunkte des jeweiligen Geschäfts sammeln. Wie viele Stationen sind mittlerweile in Partnergeschäften zu finden?
Aktuell haben wir fast 900 Android-Geräte neben den Kassen platziert. Zudem haben wir eine iOS-Händler App entwickelt, womit Poinz ganz einfach auf jedem Tablet funktioniert und direkt aus dem App Store bezogen werden kann. Nach zwei Minuten kann ein Geschäft Poinz-Punkte vergeben.
«Das gesamte Ökosystem Poinz ist etwas in die Jahre gekommen. Bis 1. Juli werden wir alle Assets von Grund auf neu aufbauen – von der Datenbank, über das Partner-Cockpit bis hin zur User App.»
Robert Blum, CEO und Mitgründer Poinz AG
Sie überarbeiten derzeit die Basis Ihres Geschäfts, die Poinz-App. In welche Richtung zielt die Weiterentwicklung und wann wird Sie abgeschlossen sein?
Das gesamte Ökosystem Poinz ist etwas in die Jahre gekommen. Bis 1. Juli werden wir alle Assets von Grund auf neu aufbauen – von der Datenbank, über das Partner-Cockpit bis hin zur User App. Dabei werden wir funktional im Bereich «Neukundengewinnung» stark aufrüsten. Der Kreis soll sich für unsere Partner schliessen: Neue Kunden gewinnen, diese gleich binden und mit ihnen interagieren. Über die Funktionen kann ich an dieser Stelle leider noch nicht viel sagen. Sicher ist, dass Poinz durch maximale Automatisierung und Business Intelligence nochmals deutlich an Relevanz gewinnen wird – für die Partner aber vor allem auch für die User.
Prämien, Rabatte, Gewinne sind die wichtige Seite der Loyality-Programme für deren Nutzer. Was ist für sie ausserdem von Bedeutung?
Einfachheit, Attraktivität und Interaktion. „Was ist die Belohnung, was muss ich machen um sie bis wann zu erhalten?“ Der Mechanismus eines Loyalty-Programmes muss sofort verstanden werden können und auch die Anwendung darf für den Nutzer weder kompliziert noch umständlich sein. Mit den Möglichkeiten der heutigen Technologien neigt man schnell dazu, komplizierte und am Nutzer vorbeigedachte Konzepte zu lancieren, welche gut gemeint sind, aber für den User unzumutbar sind. Ein Loyaltyprogram muss auch attraktiv sein, damit man die Aufmerksamkeit der potentiellen Nutzer gewinnt und diese dann auch onboarden kann. Ein unattraktives Programm wird die Kunden eher verärgern, was doppelt am Ziel vorbei wäre.
Um die Attraktivität zu garantieren und diese auch zu steuern, sollte man die Kunden nicht isoliert für ihr reines Kaufverhalten belohnen. Mit den heutigen Möglichkeiten ist dies zu wenig. Die Kunden wollen auf dem Weg zur Belohnung überrascht werden. Sie wollen in Entscheidungsprozesse der Lieblingsbrands miteinbezogen werden und so mitgestalten.
«Um die Attraktivität zu garantieren und diese auch zu steuern, sollte man die Kunden nicht isoliert für ihr reines Kaufverhalten belohnen.»
Für Händler ist es elementar, die Verbraucher und ihre Bedürfnisse zu verstehen. Welche Möglichkeiten bieten sich mit Poinz?
Mit poinz baut der Händler eine mobile Verbindung zu seinen Kunden auf, welche er dann über einen App-internen Kommunikationskanal nutzen kann, um mit den Kunden zu interagieren. Dazu können zum Beispiel verschiedene Arten von Umfragen lanciert werden und die Kunden können für die Teilnahme belohnt werden. Weiter weiss der Händler in anonymisierter Form, wer was wann wo konsumiert und welche Konsummuster die Kunden haben. Poinz lässt sich zudem einfach ins eigene Kassensystem oder in den Onlineshop integrieren, womit man Loyalty noch messbarer macht, da man den gesamten Warenkorb hinter der Konsumation kennt.
Die meisten Treueaktionen fokussieren auf die getätigten Einkäufe. Wie sieht es mit der Honorierung von Umfragen, Weiterempfehlungen oder Kundenbewertungen aus? Welche weiteren Elemente spielen eine Rolle?
Natürlich belohnen auch wir Kunden für ihren eben getätigten Einkauf. Es ist aber von zentraler Bedeutung, dass ein Treueprogramm nicht monoton und zu berechenbar wird, sonst geht der Kundenbindungseffekt verloren. Es braucht eindeutig mehr. Spontane Gutscheine als Dankeschön für die Treue mit einem kurzen Text funktionieren zum Beispiel gut und lösen beim Kunden viel aus. Weiter sollte man den Kunden durch Umfragen, Weiterempfehlungen oder Feedbacks im eigenen Alltag miteinbinden. Dies kann man mit Incentivierung machen, muss man aber nicht.
Durch Automatisierung kann man seine Kunden auf Grund ihres Konsumverhalten zudem unterschiedlich angehen und so den richtigen Inhalt zum richten Zeitpunkt an die richtigen Empfänger senden. Beispiele hierzu wären eine Nachricht an die Topkunden des letzten Quartales oder eine Reaktivierung aller Kunden, welche länger als drei Monate nicht mehr im eigenen Geschäft waren.
«Mobile Payment und Mobile Loyalty gehen als „synergetische Geschwister“ durch den Markt»
Die Shopping-Kanäle werden immer vielseitiger und vor allem der Online-Handel legt in verschiedenen Bereichen stark zu. Lassen sich Online- und offline-Handel mit der Poinz-App verbinden?
Ja. Poinz lässt sich im eigenen Onlineshop skalierbar integrieren. Der Use Case ist spannend wie auch gewinnbringend. Eine Gastronomiegruppe hat poinz in ihren über 20 Restaurants im Einsatz und hat Poinz auch im Onlineshop integriert. Der Partner weiss genau, welche Kunden off-wie auch online Punkte sammeln, und er kann den Gap dieser zwei Welten teilweise schliessen. Eine 20%-Gutschein Nachricht für den Onlineshop an die Kunden aus den Restaurants bringt eine durchschnittliche Conversion von fast 38%. Der Aufwand dazu ist minimal.
Welche Bedeutung für den Erfolg der digitalen Kundenbindung wird Mobile Payment in der Zukunft haben?
Mobile Payment und Mobile Loyalty gehen als „synergetische Geschwister“ durch den Markt – man verträgt sich sehr gut, da man viele Gemeinsamkeiten hat und zum gleichen Zeitpunkt für den Nutzer relevant wird. Mobile Loyalty kann stand alone sehr gut funktionieren. Das Nutzerversprechen bietet genug Mehrwert für ein erfolgreiches und schnelles Onboarding verschiedener Kundengruppen. Ich denke eher, dass nachhaltig erfolgreiches Mobile Payment auf Loyalty angewiesen ist.
Herr Blum, vielen Dank für das Interview.
Zur Person:
- Geboren und aufgewachsen in Zürich, 33-jährig
- abgeschlossenes Wirtschaftsstudium
- 4 Jahre im Finanzsektor tätig (Bank Sal. Oppenheim im Investment Office/ Vermögensverwaltung)
- Seit 2012 poinz mitentwickelt/konzipiert und 2013 die poinz GmbH gegründet (heutige poinz AG)
- Beratende Funktion in anderen Startups
Zum Unternehmen:
Das im September 2012 gegründete Schweizer Start-up poinz gilt als Schweizer Marktführer im Bereich Loyalty. poinz steht für innovatives, mobiles Business-Customer Engagement, wobei im Ursprung ein ganz einfaches und bewährtes Prinzip steht: die physische Stempelkarte. Rund 1200 lokale Geschäfte hat poinz mit über 360‘000 Kunden vernetzt – via Smartphone. Konsumenten haben auf diese Weise ihre Treuekarte jederzeit griffbereit und regionale Betriebe sowie auch nationale Grossunternehmen ein zuverlässiges und innovatives Instrument zur Kundenbindung, Neukundengewinnung sowie zur gezielten Interaktion mit dem Kunden – alles ohne Notwendigkeit zur Erfassung persönlicher Daten. Das Unternehmen mit Sitz in Zürich beschäftigt aktuell 20 Mitarbeiter und zählt Brands wie McDonald’s, Migros, Calzedonia, Mövenpick, Subway oder Fizzen zu seinen Partnern.