Roger H. Hartmann, CEO VP Bank Gruppe.
Von Radovan Milanovic
Moneycab: S&P bewertet Ihre Bank mit A- mit stabilem Ausblick. In Anbetracht Ihres Geschäftsmodells und des Tier 1 Ratios von 18,1% dürfte Ihre Bonität nicht in Gefahr sein. Begründet sich der Neugeldzufluss – oder wenigstens Teile davon – aus dem Sicherheitsgedanken „Save Haven“? Welchen geographischen Ursprungs ist der Neugeldzufluss von 300 Mio. CHF im ersten Halbjahr 2011?
Roger H. Hartmann: Am 5. Dezember 2011 hat Standard & Poor’s das Rating A- der VP Bank bestätigt und unsere hohe Kreditwürdigkeit unterstrichen. Insbesondere hat die Ratingagentur auf die starke Kapitalisierung der VP Bank, die moderaten Risikopositionen sowie die strategischen Anstrengungen hingewiesen, das Geschäft mit Privat- und Intermediärkunden weltweit zu stärken. Ich betone immer wieder, wir stehen in einer schwierigen Zeit; im fünften Jahr der Krise. In meiner 28-jährigen Bankkarriere habe ich schon einige Krisen erlebt, doch vor der aktuellen gilt es grossen Respekt zu haben. Um die aktuellen Herausforderungen zu meistern müssen wir einen langen Atem haben, eine disziplinierte Vermögensverwaltung betreiben und viel Wert auf das Risikomanagement legen. Dabei sind für eine Bank zwei Sachen fundamental, nämlich die solide Kapitalisierung und die Liquidität. S&P hat uns bestätigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind: Sowohl unsere Kapitalausstattung als auch die Liquidität sind erstklassig.
Doch nochmals zum Neugeldzufluss von 300 Mio. CHF im H1 2011: Kann davon ausgegangen werden, dass die VP Bank vom Safe Haven Effekt profitierte, also dass Kundengelder von den Grossbanken, sprich UBS und CS, abgezogen worden sind, um sie bei einer Bank mit stabilem Ausblick zu platzieren?
Dies spielt sicher eine Rolle. Anderseits möchte ich betonen, dass das Neugeld in allen Niederlassungen der Gruppe eingeflossen ist, also nicht nur in Liechtenstein. Safe Haven würde ich wie folgt interpretieren: Wir profitieren von unseren Anstrengungen, sehr nahe beim Kunden zu sein und ihm intelligente und massgeschneiderte Lösungen zu offerieren. Die Fähigkeit unserer Kundenberater, die Kunden gerade auch in schwierigen Zeiten zu begeistern, zählt vor allem anderen. Daher bleiben auch Neugelder, die jetzt aufgrund der Stabilität der VP Bank, der sehr guten Beratung durch unsere engagierten Mitarbeiter, des stabilen Franken und der guten makroökonomischen Rahmenbedingungen Liechtensteins und der Schweiz zu uns kommen.
«Wir halten in unseren Portfolios Schweizer Franken, Euro und US-Dollar. Für uns ist das tiefe Zinseinkommen aufgrund der aggressiven Geldpolitik der SNB eine grössere Herausforderung als der starke Wechselkurs.»
Roger H. Hartmann, CEO VP Bank Gruppe
Der Einbruch der Märkte beeinflusste auch das Ergebnis Ihres Handelsgeschäftes im Zeitraum der vergangenen 12 Monate, das zu einem Rückgang des Nettoergebnisses um 36% auf 16,6 Mio. CHF führte. Schwächere Märkte, weniger Umsatz. Wird diese Entwicklung Auswirkungen auf der Personalseite haben?
Da wir unsere Geschäfte in Liechtenstein in der CHF-Zone tätigen, haben wir die gleichen Herausforderungen wie jede schweizerische Bank. So halten wir in unseren Portfolios Schweizer Franken, Euro und US-Dollar. Was ist mit dem Euro und dem Dollar passiert? Der Euro korrigierte von 1,50 auf 1,20, ja gar auf 1,04, bis Herr Hildebrand von der SNB mit der Untergrenze von 1,20 den Höhenflug des Frankens stoppte. Für uns ist das tiefe Zinseinkommen aufgrund der aggressiven Geldpolitik der SNB eine grössere Herausforderung als der starke Wechselkurs.
…somit hat der Rückgang des Ergebnisses des Handelsgeschäftes weniger mit dem Handel, sondern den Währungs- und Zinsentwicklungen zu tun?
Den Rückgang der Kundenumsätze trotz vieler interessanter, langfristiger Opportunitäten in den Finanzmärkten sehen wir auch. Aber es ist richtig, dass unsere Profitabilität vor allem von den makroökonomischen Rahmenbedingungen getrieben wird. Den tieferen Einkünften steht die Kostenbasis vor der Krise gegenüber. Es ist uns in den vergangenen Jahren gelungen, die Kosten jedes Jahr um 3% zu senken. Es stellt sich dennoch die Frage: Genügen 3%? Aus diesem Grund haben wir das Projekt „Fit for Future“ mit einem reputablen Beratungsunternehmen lanciert, das der Frage nachgeht, mit welchen Massnahmen wir unsere Effizienz weiter steigern können. Dieses Unternehmen berät uns auch im Hinblick auf die künftige Entwicklung des Finanz- und Kapitalmarktes, denn die Zukunft in unserer Branche wird anders aussehen. Der Erfolg für die Zukunft unserer Bank steht auf zwei Grundpfeilern: der Effizienz und den Anstrengungen, weiter zu wachsen. Die VP Bank unternimmt alles, um die Kosten zu senken und gleichzeitig den Ertrag zu steigern, indem wir in den Wachstumsmärkten Asien, Osteuropa sowie in unseren Kern- oder Heimmärkten Liechtenstein und Schweiz unsere Position weiter stärken.
Die VP Bank hat ihren Personalbestand auch in der schwächeren Börsenphase bis Juni 2011 halten können. Wie schätzen Sie die internationale Wettbewerbsfähigkeit des lokalen Führungsnachwuchses ein?
Wir haben die Chance, an den richtigen Orten, sprich den wichtigsten Finanzplätzen, präsent zu sein. Vaduz, Zürich, Luxemburg und Singapur. Dabei profitieren wir jeweils von den gut ausgebildeten Arbeitskräften vor Ort. Wir glauben an lokale Kapazitäten, lokale Mitarbeiter und Kader. So stammt unser neuer Vorsitzender der VP Bank (Schweiz) AG, Marcel Tschanz, aus der Schweiz. Ein anderes Beispiel ist unser neuer Chef für Asien, der seit 28 Jahren in Asien arbeitet.
«Neue Generationen bedeuten neue Plattformen der Interaktion mit den Kunden. Das ‹New Generation Thinking› beinhaltet den Wandel der Kunden, den Umbruch in eine neue Zeit.»
Wie gehen sie mit dem Wandel im Finanzdienstleistungsbereich um und welche Massnahmen sind in Ihrem Unternehmen zu diesem Thema geplant oder schon umgesetzt?
Mit einem internen Projekt sind wir diesbezüglich am Ball. Es geht dabei darum, Nischen zu finden, in denen wir profitabel wachsen können. Wir untersuchen, welche Bedürfnisse der Kunde von morgen haben wird und was er von uns erwartet. Neue Generationen bedeuten neue Plattformen der Interaktion mit den Kunden. Das „New Generation Thinking“ beinhaltet den Wandel der Kunden, den Umbruch in eine neue Zeit. Unsere Bank muss diese Bedürfnisse erkennen, die Mitarbeitenden entsprechend befähigen und ausgestattet mit innovativer Denkweise eine Nische besetzen. Denn die neue Welt wird sich grundlegend verändern. Wir gestalten diese Zukunft aktiv mit und tun alles, um fit zu bleiben.
Sie definieren Ihre strategischen Grundsätze mit internationalem Private Banking und Intermediärgeschäft sowie regionalem Universalbankengeschäft. Sowohl bezüglich der Intermediäre als auch des regionalen Geschäftes findet eine Sättigung statt, weshalb die VP Bank auch in Hongkong und Singapur vertreten ist. Wie haben sich diese Niederlassungen entwickelt?
Ich sehe weiterhin gute Chancen sowohl im regionalen wie auch im Intermediärgeschäft: Unsere Bank verwaltet Vermögen in der Höhe von CHF 27 Mrd., wobei die Hälfte, also CHF 13,5 Mrd., Intermediärkunden sind. Ich wage die Behauptung, dass auch in 10 Jahren diese Kunden immer noch 50% des Gesamtvermögens aufweisen werden. Unsere Wurzeln liegen in diesem Geschäft. Guido Feger, der Gründer der VP Bank, war ein visionärer Vermögensverwalter. Auch in Liechtenstein und der Region ist für uns als Bank ein Wachstum möglich. Sicher nicht mit Wachstumsraten von 20 %, das ist illusorisch. Wir sind präsent, und der lokale Markt ist für uns extrem wichtig. Wir sehen das starke Wachstum in den nächsten Jahren in Asien. Mit unserer Bank in Singapur und unserer Vermögensverwaltungsgesellschaft in Hongkong sind wir dafür gut aufgestellt. Wir haben dem neuen Leiter des Asiengeschäfts, der am 1. Januar 2012 in Singapur seine Arbeit aufnimmt, sehr ambitiöse Vorgaben gegeben, den Markt Asien für Asiaten weiter aufzubauen.
Der neue Leiter wird den asiatischen Markt für Asiaten aufbauen oder auch den Markt für europäische Kunden, die in Asien betreut werden wollen?
Nein, wir gehen nicht nach Asien, um hiesige Kunden nach Asien zu bringen und zu betreuen. Falls sie gute Gründe haben, sind sie gerne willkommen. Grundsätzlich wollen wir aber den asiatischen Kunden unsere qualitativ hochstehenden Dienstleistungen offerieren.
Als Privatbank mit Kernkompetenz Private Banking ist die VP Bank weniger auf Liquiditätsspritzen angewiesen als Universalbanken. Trotzdem dürften Sie von den Liquiditätsspritzen der SNB, also den de facto Null-Zinsen profitieren. Sind liechtensteinische Banken den schweizerischen Banken in Bezug auf die Beziehung zur SNB gleichgestellt?
Als Privatbank sind wir traditionell Anbieter von Liquidität, daher können wir uns zwar bei der SNB Liquidität besorgen, brauchen es aber nicht. Wir geben gleichzeitig die niedrigen Zinsen an unsere Kreditkunden weiter. Sie profitieren schon lange von den niedrigen Zinsen, worauf wir frühzeitig, bereits Ende 2008, hingewiesen haben. Dabei sind die Risiken überschaubar, denn die finanzierten Hypothekarobjekte befinden sich mehrheitlich in Liechtenstein und der Region. Den schweizerischen Banken sind wir insofern gleichgestellt, als dass wir die gleichen Pflichten bei der Reservenbereitstellung haben. Und auch bezüglich der Liquiditätsbeschaffung gibt es keine Unterschiede.
«Eine unserer Stärken ist unsere offene Architektur. Das heisst wir selektionieren die besten Produkte im Markt; unabhängig und im Interesse des Kunden.»
Die globalen Finanzmärkte sind in Aufruhr und beeinträchtigen sowohl die mittel- als auch die langfristige Investitionspolitik des Private Banking. Wie reagieren Ihre Kunden in der laufenden Durststrecke?
Kommunikation ist das A und O einer Kundenbeziehung in unserem Hause. Die VP Bank ist kein reiner Asset Manager oder eine Produktefabrik und betreibt auch kein Investment Banking. Eine unserer Stärken ist unsere offene Architektur. Das heisst wir selektionieren die besten Produkte im Markt; unabhängig und im Interesse des Kunden. Bei wichtigen Ereignissen rufen wir unsere Kunden aktiv an und erklären die Situation, die Auswirkungen und die Erwartungen. Unsere Kunden schätzen es, dass wir uns so persönlich um sie kümmern. Ihnen ist bewusst, dass ihre Vermögen gewissen Schwankungen unterworfen sind. Kundenrisiken sind natürlich durch Risikoprofile definiert, die regelmässig auf ihre Aktualität überprüft werden müssen.
Schlüsselwort „finanzielle Sicherheit“: Solange die globalen Börsen erratischen Kursbewegungen ausgesetzt sind, gilt es, die Kundenvermögen zu schützen. Erhöhung der Liquidität ist ein Lösungsansatz, ein anderer das Hedgen der Anlagen, welches wiederum Geld kostet und die Rendite schmälert. Welches sind Ihre Rezepte, um die Kundenvermögen im aktuell schwierigen Umfeld erfolgreich zu verwalten?
In der Tat ist die Verunsicherung bei den Kunden derzeit sehr hoch. Viele Kunden haben ihre Risiken im Portfolio deutlich reduziert oder sind nach der Finanzkrise erst gar nicht wiedereingestiegen. Die Flucht in Qualität hat allerdings dazu geführt, dass beispielsweise deutsche Bundesanleihen negative Realzinsen aufweisen. Das bedeutet, dass in den kommenden Jahren Risiken eingegangen werden müssen, um Vermögen zu erhalten. Hinzu kommt, dass heute als sicher betrachtete Papiere dies nicht zwangsweise auch in Zukunft sein müssen. Ein systematischer und disziplinierter Ansatz wird deshalb für die Geldanlage immer wichtiger. Wir setzen auf eine möglichste breite Diversifikation. Risiken sollten nur da eingegangen werden, wo man entschädigt wird. So hedgen wir beispielsweise Währungen in unserer Vermögensverwaltung ab. Risikomanagement bleibt aber prioritär, die taktische Allokation ist in solch einem Umfeld besonders wichtig.
Wie beurteilen Sie die aktuelle Stille der Begehrlichkeiten trotz des Kampfes um neue Einnahmenquellen seitens der Euro-Länder in Bezug der liechtensteinischen Banken? Sehen Sie neue Gefahren auf Sie zukommen?
Die Liechtenstein Erklärung vom März 2009 ebnete den Weg zur Steuerkonformität. Über die Doppelbesteuerungsabkommen, das wichtigste haben wir vor ein paar Wochen mit Deutschland abgeschlossen, die Erfüllung der OECD Erfordernisse, der Abschluss des „Liechtenstein Disclosure Facility“ mit England haben wir Rahmenbedingungen, mit denen wir Rechtssicherheit erhalten. Während vielen Jahren haben die Finanzplätze Schweiz, Luxemburg, Liechtenstein und Österreich von einer Nische der Eigenständigkeit profitiert, welche durch das Bankgeheimnis geschützt wurde. Diese Zeiten sind vorbei. Aber auch wenn das Bankgeheimnis in seiner bisherigen Ausprägung ausgedient haben mag, der Schutz der finanziellen Privatsphäre ist und bleibt für uns fundamental. Wir arbeiten jetzt in einer Nische der Kompetenz und haben keine andere Wahl mehr als besser zu sein als unsere Mitbewerber.
Die globale Bankindustrie steht im Umbruch. Welche Visionen sehen Sie für die VP Bank sowohl mittel- als auch langfristig?
Den Kunden intelligente Lösungen anzubieten; das heisst zuhören können, auf die Kundenbedürfnisse einzugehen und transparente Angebote zu erarbeiten. Alle Mitarbeiter unserer Gruppe arbeiten kontinuierlich daran, unseren Kunden einen spürbaren Mehrwert zu bieten und sie zu begeistern.
Der Gesprächspartner
Roger H. Hartmann ist seit 1. April 2010 Chief Executive Officer (CEO) der VP Bank Gruppe. In letztgenannter Funktion ist er für die kundenberatenden Segmente Banking Liechtenstein & Regional Markets, Private Banking International und Private Banking Asia-Pacific zuständig. Bis zu seinem Wechsel zur VP Bank hatte Roger H. Hartmann verschiedene Funktionen und Führungspositionen bei Finanzinstituten in der Schweiz, Luxemburg, Asien und den USA inne, zuletzt war er als Partner bei Ernst & Young in Luxemburg tätig. Roger H. Hartmann absolvierte das Lizenziat der Wirtschaftswissenschaften an der HEC in Lausanne und das Advanced Management Program der Wharton School an der University of Pennsylvania (USA).
Das Unternehmen
Facts & Figures VP Bank Gruppe: Die Verwaltungs- und Privat-Bank Aktiengesellschaft (VP Bank) wurde 1956 gegründet und gehört mit 772 Mitarbeitenden per Mitte 2011 (teilzeitbereinigt 717.5) zu den grössten Banken Liechtensteins. Heute ist sie an den Standorten Vaduz, Zürich, Luxemburg, Tortola auf den British Virgin Islands, Singapur, München, Hongkong und Moskau vertreten. Die VP Bank Gruppe bietet massgeschneiderte Vermögensverwaltung und Anlageberatung für Privatpersonen und Intermediäre. Aufgrund der gelebten offenen Architektur profitieren die Kunden von einer unabhängigen Beratung: In die Empfehlungen einbezogen werden sowohl Produkte und Dienstleistungen führender Finanzinstitute als auch bankeigene Investmentlösungen. Die VP Bank ist an der Schweizer Börse SIX kotiert und hat von Standard & Poor’s ein «A–»-Rating erhalten.