Roland Brack, CEO Competec Holding AG. (Foto: Competec )
Von Jolanda Lucchini
Moneycab: Roland Brack, als CEO eines Elektronik-Vertriebsunternehmens sind Sie an der Quelle. Welchen Stellenwert haben Digitalgeräte in ihrem privaten Leben?
Roland Brack: Für mich persönlich haben sie eher an Attraktivität verloren. Als studierter Elektroingenieur war ich immer der Erste, der alles ausprobieren und wissen wollte. Heute habe ich diesen Anspruch nicht mehr und rufe auch mal unsere IT-Abteilung an, wenn ich Infos brauche.
Sie haben 60‘000 Produkte im Sortiment. Bestellen Sie auch manchmal einen Artikel bei der Konkurrenz?
Es kann schon passieren, dass ich anderswo einen Artikel bestelle. Zum Beispiel, um ihn zu testen und dann allenfalls in unser Sortiment aufzunehmen. Vor einigen Jahren habe ich das etwa mit einem Staubsaugerroboter gemacht. Ich schaue auch regelmässig in unserem Online-Shop, ob etwas fehlt oder besser beschrieben werden könnte. Wichtig ist mir, dass ich immer verschiedene Positionen einnehme, die Flughöhe zu verändern ist ein erfolgreiches Führungsinstrument. Zum Beispiel arbeite ich an verschiedenen Arbeitsplätzen auch mal gerne mit, um mich in die Lage des Mitarbeiters zu versetzen bzw. die Abläufe zu hinterfragen. Dies hilft mir, die Firma in die richtige Richtung zu lenken.
Der Elektroschrottberg wächst. Wo sehen Sie als Grosshändler ihre Verantwortung punkto Umweltschutz?
Oft sind neue Geräte energiesparender und effizienter als diejenigen, die auf der Recyclingstelle landen. Ich versuche den Umweltaspekt dort einzubringen, wo ich es persönlich kann. Im Alltag fahre ich ein Hybrid-Auto mit tiefem CO2-Ausstoss. Und in der Firma achten wir bei den Produkten auf möglichste energieeffiziente Modelle und versuchen, sie mit möglichst wenig Verpackungsmaterial zu versenden. Zudem setzen wir im Einkauf auf wertigere Produkte. Wenn der Kunde sie ersetzen möchte, obwohl sie noch funktionstüchtig sind, kann er sie in den Occasionshandel für die Zweitverwendung geben. Und wir verschicken all unsere Pakete klimaneutral.
«Wir sind gerade daran, ein weiteres Roboterlager zu projektieren und in Auftrag zu geben.»
Roland Brack, CEO Competec Holding AG
Wie meistern Sie logistisch das Wachstum Ihres Sortiments?
Wir sind gerade daran, ein weiteres Roboterlager zu projektieren und in Auftrag zu geben. Das wird 150 Prozent zusätzlich zu der heutigen Lagerkapazität und Versandleistung bringen. Diese Investition soll uns für ein paar Jahre das Wachstum im Kleinteilebereich ermöglichen.
Ihr Umsatz ist ständig gestiegen. Haben Sie demnach alles richtig gemacht?
Wir haben den Umsatz seit 1999 (16 Mio.) um das 30-fache gesteigert. In den letzten vier Jahren immerhin noch von 300 auf 445 Millionen. Aber alles richtig gemacht habe ich nicht. Ich glaube, beim Erfolg spielt vielmehr das Kriterium eine Rolle, dass man keine grossen Fehler macht.
Wie verhindert man diese?
Wichtig ist das Step-by-Step-Vorgehen, und dass man das Risiko stets im Blick behält. Es lohnt sich, sich frühzeitig einzugestehen, dass man auf einem Holzweg ist und das Experiment abbrechen sollte, damit aus einem kleinen kein grosser Fehler wird. Zudem sollte man sich unbedingt nicht nur zustimmende, sondern auch bewusst die kritischen Stimmen anhören.
Das klingt jetzt wie aus einem Führungshandbuch.
Vielleicht, aber ich bin von der Wirksamkeit dieses Vorgehens überzeugt. Verdeutlichen könnte es Ihnen folgendes Beispiel: Kürzlich wollte ich eine KMU-Firma, welche auf uns zukam, erwerben. Verschiedene Mitarbeiter rieten mir mit guten Argumenten davon ab. Ich liess mich überzeugen. Wenn man kontinuierlich wächst, besteht eben auch die Gefahr, dass man etwas gewagter agiert.
«Wir bewegen uns in einer anspruchsvollen Branche. Man muss die Kräfte bündeln und darf sich nicht verzetteln.»
Apropos Wagnis: Sind weitere Übernahmen geplant?
Geplant ist derzeit nichts. Und wenn, so dürfte ich es nicht sagen (lacht). Aber es war bei uns schon immer so, dass Akquisitionen ein Wachstumstreiber waren. So gesehen, ist es durchaus möglich, dass irgendwann wieder eine Akquisition ansteht.
Gilt Ihr Motto noch: Lieber stark in der Schweiz, als schwach in Europa?
Ja. Wir bewegen uns in einer anspruchsvollen Branche. Man muss die Kräfte bündeln und darf sich nicht verzetteln. Europaweit aufzutreten hiesse, in eine Liga aufsteigen, in der wir noch nicht mitspielen wollen und können.
Wie viel Umsatzzuwachs haben Sie für 2014 avisiert?
Budgetiert sind 10 Prozent. Effektiv ist es deutlich höher.
Sie haben 2011 im Interview mit Moneycab gesagt, dass man im Handel dazu verdammt sei, zu wachsen. Gilt diese Aussage noch?
Ja, vor allem in den nächsten zwei, drei Jahren. Der Trend der Verschiebung vom stationären Handel zum Online-Handel hält an. In der Schweiz sehe ich noch einiges an Potenzial.
Wo?
Zum Beispiel bei Produkten, die eine weibliche Kundschaft ansprechen. Im Moment haben wir vorwiegend männliche Kundschaft. Dies ist aus unserer Firmengeschichte zu erklären. Bei der Firmengründung vor 20 Jahren haben vor allem IT-Freaks eingekauft, und das waren meist Männer. Aber auch sonst entwickeln wir uns in neuen Sortimenten immer mehr vom IT-Händler zu einem Online-Fachhändler mit einem riesigen Angebot, das zunehmend auch Gebiete ausserhalb der Elektronik umfasst.
Ihre Mitarbeiterzahl ist stark gewachsen. Wie gelingt es Ihnen, die von Ihnen angestrebte KMU-Kultur beizubehalten?
Das ist eine grosse Herausforderung. Ich kämpfe jeden Tag damit, die Agilität zu bewahren. Ich versuche dem Wachstum deshalb ein Wir-Gefühl gegenüberzustellen. Ein Beispiel: Ich gehe immer mit mehreren neuen Mitarbeitenden – egal ob Lagermitarbeiterin, Lehrling oder Abteilungschef – zum Mittagstisch. Das ist sicher mit ein Grund, dass ich oft höre, in unserer Firma sei die Atmosphäre persönlicher.
Brack.ch bewegte sich früher auf Preisvergleichskanälen eher im Mittelfeld. Heute ist Ihr Unternehmen vermehrt vorne dabei. Verfolgen Sie eine tiefere Preispolitik?
Wir haben unsere Preispolitik nicht verändert, sondern nur verwirklicht, was wir immer sein wollten: Ein Anbieter mit attraktiven Preisen, der bei umsatzstarken Produkten auf Augenhöhe mit den relevanten Marktplayern mithalten kann.
Herr Brack, besten Dank für dieses Interview!
Der Interviewpartner:
Roland Brack, Jahrgang 1972, ist in Bözen im Fricktal geboren und aufgewachsen. Bereits während seiner Lehre als Elektromechaniker begann er, PC-Komponenten und andere Elektronik aus Taiwan zu importieren und an Bekannte zu verkaufen. Vom Erfolg inspiriert baute er den PC-Handel weiter aus, zudem absolvierte er erfolgreich ein Elektrotechnik-Studium an der HTL Windisch-Brugg. 1994 gründete er Brack Consulting. Aus diesem Start-up-Unternehmen entstand in den folgenden Jahren die Competec Holding.
Das Unternehmen:
Die Competec Gruppe wurde 2007 in Mägenwil (AG) gegründet und besteht aus den Handelsunternehmen Alltron AG und BRACK.CH AG sowie aus dem Logistikdienstleister Competec Logistik AG und der Competec Service AG. Die Gruppe beschäftigt rund 400 Mitarbeitende und hat 2013 einen Umsatz von rund 445 Millionen Schweizer Franken erzielt.