Roland Brack, CEO Competec Holding AG.
Von Jolanda Lucchini
Moneycab: Herr Brack, mit einem Umsatz von 300 Millionen Franken spielt die Competec in der Oberliga des Schweizer Hightech-Handel mit. Hat sich der stetige Aufwärtstrend Ihrer Firmengruppe auch 2010 fortgesetzt?
Roland Brack: Ja, wir rechnen dieses Jahr mit einem Umsatzzuwachs von 15 bis 20 Prozent. Es gilt anzumerken, dass 2010 punkto Umsatz ein spezielles Jahr war. Dies deshalb, weil Ende 2009 Windows 7 auf den Markt gekommen ist und dies auch auf der Seite der Hardware einen spürbaren Nachfrageschub ausgelöst hat. Jetzt lässt dieser Effekt nach, und deshalb rechnen wir nächstes Jahr mit einem kleineren Wachstum von 10 Prozent. Zudem sind unserem Wachstum auch rein systemisch Grenzen gesetzt. Wir können unsere 20’000 Quadratmeter Lagerfläche nicht einfach so rasch verdoppeln. Auch ein passendes Mietobjekt zu finden, dürfte schwer sein. Zudem brauchen wir auch einen gewissen Automatisierungsgrad, denn wir versenden im Jahr 600’000 Pakete.
«Unser Motto ist: Lieber stark in der Schweiz, als schwach in Europa. Unser Geschäftsmodell ist auch nicht so einfach duplizierbar mit diesem riesigen Lagersortiment.»
Roland Brack, CEO Competec Holding AG
Die Grösse ist somit ein Wachstumsbremser?
Ja, dagegen kämpfe ich tagtäglich. Ich möchte, dass wir die KMU-Kultur behalten, dynamisch und agil bleiben.
Sind somit vorerst keine weiteren Akquisitionen geplant?
Das Szenario sieht so aus, das wir weiter wachsen werden und es da oder dort noch Akquisitionen geben wird. Aber in der Geschwindigkeit und mit Wachstumsraten von 30 bis 40 Prozent dürfte es realistisch betrachtet nicht weiter gehen. Heute haben wir in vielen Bereichen einen grossen Marktanteil. Auch Übernahmen in der bisherigen Dimension sind nicht mehr wahrscheinlich.
Ist derzeit eine kleinere Akquisition im Gange?
Nein. Und wenn, möchte ich mich derzeit nicht dazu äussern. Aber grundsätzlich kann ich sagen, dass unser Wachstum die letzten Jahre immer zum Teil auf Akquisitionen basiert hat und dies unserer Strategie entspricht, wir also im Prinzip immer offen für Neues sind.
Auch bezogen aufs Ausland?
Nein, solange wir in der Schweiz ein so kontinuierliches Wachstum haben, sicher nicht. Unser Motto ist: Lieber stark in der Schweiz, als schwach in Europa. Unser Geschäftsmodell ist auch nicht so einfach duplizierbar mit diesem riesigen Lagersortiment. Zudem ist es in diesem hart umkämpften Marktsegment eher schwierig, mit Schweizer Preisen nach Europa zu expandieren. Es bräuchte schon eine Niederlassung, wo wir auch mit europäischen Kosten operieren könnten.
Akquisitionen waren für Ihr Unternehmen aber immer sehr wichtig. 2006 übernahmen Sie die Firma COS, die heutige Alltron. 2007 bis 2009 die Wyscha Computer AG, die Architronic AG und Phonet Suisse SA. Was war die Strategie dahinter?
Im Handel ist man dazu verdammt, zu wachsen. Die Übernahmen brachten uns aber auch viel. Vor der COS-Übernahme hat man uns als Distributionsfirma gar nicht richtig wahrgenommen, weil wir den Fachhandel und den Endkunden bedienten. Die Händler kauften deshalb bei uns nicht so gerne ein, als Distributor mussten wir um jede Vertretung kämpfen. Da kam uns die Aufteilung der Marken beziehungsweise Firmen sehr entgegen. Heute ist dies ganz anders: Jetzt kommen sogar Hersteller auf uns zu und bieten uns die Zusammenarbeit an.
Untergraben Sie nicht das Geschäft der Fachhändler?
Wir sehen Brack Elektronics auch als Fachhandel. Wir betreiben zwar einen Internetshop, aber wir beraten den Kunden, leisten Support usw. Wir führen nicht nur alles bekannteste Top-Brands, sondern auch Nischenprodukte, die wohlüberlegt ins Sortiment aufgenommen worden sind und von denen wir viele getestet haben. Und falls doch was mal nicht funktioniert, kann sich der Kunde bei uns auf Support (Schalter und Gratis-Telefon) und Service verlassen. Ausserdem glaube ich an eine Koexistenz. Ich bin überzeugt, dass wir und der Fachhandel vor Ort von unserer Geschäftstätigkeit profitieren. Ein Beispiel: Wir haben als Händler mit Flyern mit nationaler Streuung Werbung im Endkundenbereich gemacht und als Distributor festgestellt, dass der Nachfrageschub beim Fachhandel fast grösser war, als bei unseren Online-Plattformen. Vor allem bei Produkten, die dem Kunden eine Lösung boten.
Durch die Übernahmen konnten Sie Ihren Kundenstamm vergrössern. Wie gross ist er heute?
Derzeit haben wir 500’000 Kunden. Und werden auch in Zukunft danach streben, weitere zu gewinnen, durch einen fairen Preis und rasche Lieferung. Auch die Weiterempfehlung durch zufriedene Kunden trägt dazu bei. Parallel dazu wächst unser Sortiment. Wir führen in der Schweiz mit 30’000 verschiedenen Artikeln das breiteste ab Lager lieferbare Sortiment. Dadurch können wir bestehenden Kunden zusätzliche Produkte anbieten und deren Bedürfnisse breiter abdecken. Das trägt auch zu unserem Umsatzwachstum bei.
«Wir sind dieses Jahr von 300 auf über 400 Mitarbeitende gewachsen. Betreffend IT sind wir sind wir zudem mit der Zurverfügungstellung von möglichst guten Prozessen und Systemen beschäftigt.»
Welches sind Ihre aktuellen Herausforderungen?
Nebst dem erwähnten Platzproblem der jährliche 10-prozentige Preiszerfall im Markt. Wenn wir dies mit 20 Prozent Umsatzwachstum kombinieren, ergibt sich ein Logistikwachstum von 30 Prozent. Zur Weihnachtszeit wurden wir von den Bestellungen überschwemmt. Wir kämpften tagtäglich darum, unser Lieferversprechen «Heute bestellt – morgen geliefert» auch während des Weihnachtsgeschäfts einzuhalten.
Im Weiteren ist derzeit auch das Thema Führung für uns ein wichtiges Thema. Wir sind dieses Jahr von 300 auf über 400 Mitarbeitende gewachsen. Betreffend IT sind wir sind wir zudem mit der Zurverfügungstellung von möglichst guten Prozessen und Systemen beschäftigt. Wir haben einen relativ grossen Anteil an Eigenentwicklungen. Um die stets wachsenden Bedürfnisse in diesem Bereich mit genügend Kapazitäten abzudecken brauchen wir genügend gut qualifizierte Programmierer. Unser Ziel ist es, ein führender Onlineshop zu sein.
Haben Sie auch etwas Neues im Köcher?
(sagt nichts)
Ich sehe Ihnen an, da ist doch etwas?
Ja, dazu kann ich aber nichts sagen. Grundsätzlich ist es aber so, dass wir immer wieder durch Innovationen überraschen.
Was verstehen Sie unter Innovationen?
Den ganzen Bereich Social Commerce oder auch Mobile Commerce.
Betreffend Social Commerce: Sie haben nebst der sachlich wirkendenden Brack-Webplattform auch eine neue: die Daydeal.ch. Dort kann man täglich ab 9 Uhr ein Produkt zu einem äusserst vorteilhaften Preis erwerben, sofern man rasch genug ist. Community ist auf der Plattform sehr wichtig. Funktioniert das Konzept?
Ja, es ist eine sehr erfolgreiche Plattform. Wir erlauben uns, auf ihr ein bisschen innovativer und frecher zu sein. Und die Community auf Daydeal.ch ist ganz wichtig, das hat natürlich auch eine gewisse Viralität. Somit ist die Plattform für uns auch so etwas wie Zukunftsforschung.
Für Schnäppchenjäger eine interessante Adresse ist auch der Preisvergleichskanal Toppreise.ch. Dort war die von Ihnen übernommene Plattform Architronic.ch mit EDV- und Unterhaltungselektronik bisher aufgeführt. Seit einiger Zeit nicht mehr. Warum?
Wir konzentrieren die Kräfte. Brack ist auf Toppreise.ch drauf. Architronic.ch existiert noch als Einstiegsportal. Dort steht aber powered by brack. Wenn man dort was bestellt, kommt die Rechnung von Brack. Die Preise und Produkte sind auf beiden Portalen gleich.
Wird Architronic.ch in naher Zukunft somit eingestellt?
Ja, man wird es näher zusammenbringen. Rechnungsmässig ist es bereits so.
Mit nur 6 Architronic-Mitarbeitenden erwirtschafteten Sie über 40 Mio. Franken Umsatz. Ist Architronic die rentabelste Ihrer Firmen?
Ja, wenn man den Umsatz pro Mitarbeiter rechnet. Aber Architronic war ein sehr preisaggressiver Anbieter und die Marge war deshalb sehr tief. Die Profitabilität ist deshalb mit den andern unserer Firmen vergleichbar.
Brack bewegt sich im Preisvergleichskanal im Mittelfeld. Ist nicht gerade für die Internetkunden ein tiefer Preis ein wichtiges Kriterium, um ein Produkt zu erwerben?
Ich bin überzeugt, dass die Preisspanne zwischen dem tiefsten und dem höchsten Preis kleiner werden wird. Diese Entwicklung ist ja jetzt bereits sichtbar. Zudem sind viele Produkte günstiger geworden. Wenn früher ein Notebook 2000 Franken gekostet hat, so konnte man bei 15 Prozent Preisabschlag richtig Geld sparen. Wenn der Durchschnittspreis jetzt bei 1000 Franken liegt, machen 10 Prozent nicht mehr so viel aus. Ich glaube, dass der billigste Preis oft mit Problemen verbunden ist. Der Kunde muss oft vorauszahlen und die Verfügbarkeit ist nicht bei allen Shops transparent. Das kann dazu führen, dass der Kunde ein vorausbezahltes Produkt erst bekommt, wenn es im Handel schon wieder mit einem erneuten Preisabschlag erhältlich wäre. Mittelfristig ist für den Kunden deshalb eine zuverlässige und seriöse Abwicklung des Einkaufs wichtiger. Sucht er einen Online-Händler, der diese Kriterien erfüllt, wird die Spanne der möglichen Anbieter ganz rasch kleiner.
Ihre Karriere startete vor 16 Jahren, als sie zu Hause PC-Komponenten zusammengebastelt und erfolgreich verkauft haben. Sind sie der geborene Unternehmer?
Meine erste Einzelfirma gründete ich gar nicht für den Handel mit PCs. Während meines Studiums wollte ich für die gesamte Hochschule Bücher bestellen und musste, um an die Rabatte zu kommen, einen Handelsregisterauszug vorweisen. Dafür gründete ich kurzentschlossen die Brack Consulting. Erst als das Kerngeschäft mit den PCs immer besser lief, stellte ich meinen ersten Mitarbeiter an, damit ich weiter studieren konnte. Der Mitarbeiter stellte die PCs zusammen, ich erledigte abends Einkauf und Verkauf.
Mit der damals in einer Abwärtsspirale steckenden Firma COS 2006 vergrösserten Sie Ihre Firma, übernahmen aber gleichzeitig sicherlich demotivierte Mitarbeitende? Wie gingen Sie als Chef da heran?
Wir hatten den Vorteil, dass die COS bereits im gleichen Gebäude wie wir ansässig war und wir deshalb etliche Mitarbeitende schon kannten. Das vereinfachte vieles. Zudem glaubten wir fest daran, den Turnaround hinzukriegen. Die Herausforderung war, diesen Glauben auf die Mitarbeitenden zu übertragen, ihnen wieder eine Vision und ein Ziel zu geben. Denn es ist am Ende des Tages nicht der Chef, es sind die Menschen, die eine Firma wieder profitabel machen.
Sie nehmen in Ihrer Freizeit gerne an Rallys und Expeditionen teil? Was bringt ihnen dies?
Sehr viel. Ich habe im Rahmen einer solchen Expedition meine Frau kennengelernt. Heute haben wir zwei kleine Kinder, und es ist nicht mehr so einfach, zum Beispiel in die Wüste zu fahren. Einmal im Jahr mache ich aber nach wie vor an einer Abenteuer-Rally mit, halt mehr in der Nähe.
Haben Sie zu wenig Action im Geschäft?
Nein, das kann man so nicht sagen. Bei einem Rally kann ich sehr gut abschalten, weil man sich voll konzentrieren und bei der Sache sein muss. Rally fahren ist eine Mischung aus Geschwindigkeit, die aber nicht im Vordergrund steht, aus Taktik, Navigation und Cleverness. Es hat viel auch mit Strategie zu tun. Nicht jener, der am meisten Gas gibt, ist der Schnellste. Da spielen ganz viele andere Faktoren auch eine Rolle. Wie im Berufsalltag.
Der Interviewpartner:
Roland Brack, Jahrgang 1972, ist im Fricktal (Bözen) geboren und aufgewachsen. Er absolvierte eine Elektromechanikerlehre und fing während dieser an, PC-Komponenten und andere Elektronik aus Taiwan zu importieren und an Bekannte zu verkaufen. Vom Erfolg inspiriert baute er den PC-Handel weiter aus und begann mit dem Studium der Elektrotechnik an der HTL Windisch-Brugg, das er erfolgreich abschloss. 1994 gründete er Brack Consulting. Aus diesem Start-up-Unternehmen ist in den darauffolgenden Jahren die Brack Electronics AG entstanden.
Das Unternehmen:
Competec Holding AG wurde 2007 in Mägenwil (AG) gegründet und gehört zur Competec-Gruppe, die aus den IT-Handelsunternehmen Brack Electronics AG, Alltron AG, Wyscha Computer AG, Architronic AG und Phonet Suisse SA (Telekommunikationslösungen) besteht. Sie ist auf Import, Distribution und Verkauf von Hard- und Software sowie Unterhaltungselektronik spezialisiert. Die Gruppe beschäftigt über 400 Mitarbeitende und erzielte 2009 einen Umsatz von über 300 Millionen Schweizer Franken.