Roland Matt, Group CEO Liechtensteinische Landesbank AG, im Interview
Roland Matt, Group CEO Liechtensteinische Landesbank AG. (Foto: LLB)
von Robert Jakob
Moneycab.com: Herr Matt, das Standortmarketing von Liechtenstein startet gerade eine Offensive. Welche Rolle spielen dabei die in den letzten Jahren aus dem Ausland stark attackierten Ländle-Banken?
Roland Matt: Der Finanzsektor bleibt mit einer Bruttowertschöpfung von 27 Prozent sowie über 2000 Angestellten im Land eine tragende Säule der Liechtensteiner Wirtschaft. Der Finanzplatz Liechtenstein hat eine langjährige Erfahrung im Private Banking und Wealth Management, ist international stark vernetzt und stabil. Diese Fakten werden als Standortvorteil weiterhin beworben und wichtig bleiben. Die Liechtensteinische Landesbank jedenfalls ist mit der erfolgreich umgesetzten Strategie Focus2015 sehr gut positioniert für die Zukunft und wird mit der neuen Strategie StepUp2020 weiter zulegen.
Im Corporate Banking hat die LLB-Gruppe eine extrem starke Marktstellung in Liechtenstein und in der Ostschweiz. Wie gross ist da noch das weitere Potenzial?
Die LLB ist traditionell stark im Retail & Corporate Banking. Wir sehen noch viel Potenzial, auch im Firmenkundengeschäft, weshalb wir in diesem Jahr auch ein neues KMU-Angebot mit attraktiven Paketlösungen lanciert haben. Für die nächsten fünf Jahre streben wir gruppenweit und über alle Marktsegmente eine deutliche Steigerung des Geschäftsvolumens an, einerseits durch organisches Wachstum, andererseits durch Akquisitionen. Das Wachstum soll nachhaltig profitabel sein. Liechtenstein bleibt ein wichtiger Markt. Überdurchschnittliches Wachstum wollen wir in unseren Onshore-Märkten Schweiz und Österreich sowie in den Wachstumsmärkten CEE und Middle East erzielen. Dank der sehr soliden Eigenkapitalbasis stehen der LLB-Gruppe rund 450 Mio. Franken (inklusive eigene Aktien) für gezielte Akquisitionen in den Heimmärkten Liechtenstein, Schweiz und Österreich zur Verfügung.
«Es stehen 450 Mio. Franken für gezielte Akquisitionen in den Heimmärkten Liechtenstein, Schweiz und Österreich zur Verfügung.»
Roland Matt, Group CEO Liechtensteinische Landesbank AG
Wie stark wird Ihre Speerspitze in der Schweiz, die Bank Linth, nach „Westen“ schielen?
Die Bank Linth ist als stark lokal verankerte Regionalbank tätig. Eine geografische Erweiterung der Geschäftstätigkeit der Bank Linth ‹gen «Westen» ist aktuell kein Thema. Es gilt für die Bank Linth aber das Gleiche wie für die gesamte LLB-Gruppe: Wenn sich Akquisitionschancen bieten, werden wir diese genau prüfen.
Im Zinsdifferenzgeschäft schlägt sich die LLB trotz widriger Umstände sehr tapfer. Geht es nach der Schweizerischen Nationalbank, werden die Negativ- und Niedrigzinsen wohl noch eine Weile bleiben. Was können Sie da den Kunden noch anbieten?
Wir haben auf die Zinsentwicklung beziehungsweise die Zinsentscheide der Schweizerischen Nationalbank rasch reagiert und bieten unseren Kunden interessante alternative Anlagemöglichkeiten zum klassischen Sparkonto. LLB-Kunden können beispielsweise in den LLB-Anlageplan investieren, und bei der Bank Linth ist das Produkt KassenobligationQUATTRO im Angebot – beides gestaffelte Anlageinstrumente mit Vorzugszins. Weiter profitieren Kunden der LLB-Gruppe allgemein von unserer vielfach ausgezeichneten Anlageperformance und unseren aktiv gemanagten Fonds. Unsere innovativen Anlagestrategien ermöglichen somit selbst im aktuellen Niedrigzins-Umfeld attraktive Ertragschancen. Bis auf Weiteres verlangen wir von unseren Kunden keine negativen Zinsen.
Im H1 2015 hatten Sie die Wertberichtigungen für Kreditrisiken deutlich hochgefahren. Rechnen Sie jetzt mit rauerer See?
Im vergangenen Jahr ist es uns gelungen, einzelne notleidende Kredite definitiv abzuschliessen. Die Erlöse überstiegen dabei die Risikovorsorge um 5 Millionen Franken. Demgegenüber betrug die Nettoneubildung im 1. HJ 2015 4 Millionen Franken. Die Nettoneubildung hat sich somit auf einem tiefen Niveau stabilisiert. Die LLB verfolgt eine vorsichtige Kreditpolitik. Wir haben im Zuge der Strategieumsetzung Focus2015 das Kreditrisikomanagement stark optimiert und tun dies stetig im Einklang mit den aktuellen regulatorischen Anforderungen. Neben einem systematischen Risiko- und Rendite-Management auf Einzelkreditebene verfolgen wir eine proaktive Steuerung der Kreditrisiken auf Kreditportfolioebene. Wir rechnen aktuell nicht mit einer «speziell rauen See». Die Situation bleibt aber herausfordernd.
«Im vergangenen Jahr ist es uns gelungen, einzelne notleidende Kredite definitiv abzuschliessen.»
Die unbereinigte Cost/Income-Quote von 73,8 Prozent ist sicherlich Ziel weiterer grösserer Anstrengungen bei der LLB, oder?
Die Cost-Income-Ratio konnten wir im ersten Halbjahr 2015 auf 73.8 Prozent senken, operativ – das heisst ohne Markteffekte aus Zinssatzswaps und Finanzanlagen – hat sie auf 64.6 Prozent abgenommen. Die operativen Erträge sind indes erfreulich gestiegen und der operative Aufwand planmässig gesunken. Wir sind auf dem richtigen Weg. Unser Kostenmanagement zeigt Wirkung und bleibt auch künftig zentral.
Mit Ihrer Eigenkapitalrendite von 5,2 Prozent sind Sie weit weg von Josef Ackermann‘schen Wunschzahlen…
Solche Wunschzahlen sind seit Langem und werden auch in Zukunft für alle Banken reines Wunschdenken bleiben. Die Finanzwirtschaft befindet sich in einem fundamentalen Wandel. Die LLB-Gruppe hat sich diesem Wandel aktiv gestellt und mit Focus2015 eine Strategie umgesetzt, die der Gruppe künftig nachhaltige Erfolgschancen bietet. Wir sind grundsolide finanziert und können aus einer Position der Stärke agieren. Betreffend Eigenkapitalrendite ist sowohl der Gewinn und als auch die Eigenkapitalausstattung zu berücksichtigen. Den Gewinn konnten wir in den vergangenen Jahren kontinuierlich verbessern, das Eigenkapital beträgt rund 1,7 Milliarden Franken. Unsere Gruppe soll weiter für Stabilität und Sicherheit stehen, entsprechend haben wir auch unsere Strategie für die nächsten fünf Jahre definiert. Unsere Kernkapitalquote beträgt aktuell 20 Prozent. Diese soll gemäss in den nächsten Jahren mindestens 14 Prozent betragen. Dadurch verfügen wir über einen hohen Gestaltungsspielraum für Akquisitionen und Investitionen.
Die LLB-Gruppe rechnet bis Ende 2015 aber nur mit einem Konzerngewinn auf Vorjahresniveau. Dieser Ausblick hat die LLB-Aktien stark gebremst. Wann könnte wieder Phantasie in den Titel kommen?
Die LLB-Gruppe ist fit für die Zukunft und hat mit der neuen Strategie StepUp2020 ambitiöse Ziele festgelegt, die attraktiv sind für ein LLB-Investment. Bis Ende 2020 wollen wir das Geschäftsvolumen auf über 70 Milliarden Franken steigern. Dies ist ein Zuwachs von 15 Milliarden Franken oder über 25 Prozent. Wir behalten dabei unser striktes Kostenmanagement im Griff und peilen eine Cost-Income-Ratio von unter 65 Prozent an. Mit dem Ziel, von 2016 bis Ende 2020 ein kumuliertes Ergebnis von über 500 Millionen Franken zu erwirtschaften, setzen wir ein starkes Zeichen für unsere Aktionäre. Die angestrebte Tier 1 Ratio von über 14 Prozent gewährleistet einerseits eine solide Kapitaldecke und sorgt andererseits für strategischen Spielraum. Die LLB-Gruppe verfolgt eine auf Kontinuität ausgerichtete Dividendenpolitik mit einer attraktiven Dividendenrendite. Sie betrug per Ende 2014 3.8 Prozent. Mit einer Price-to-Book-Ratio von 0.6 Mitte 2015 sehen wir unsere Aktie deutlich unter Buchwert gehandelt. Kommt hinzu, dass der Geschäftserfolg der LLB-Gruppe bei einem Anstieg der Zinsen ein überdurchschnittliches Upside-Potenzial aufweist. All diese Faktoren sprechen für die LLB-Aktie als ein attraktives Investment. Wir sind operativ gut aufgestellt, am Markt gut positioniert und nutzen unser Potenzial konsequent.
Im H1 2015 sind die Kundenvermögen von 50 auf 45 Milliarden geschrumpft. Wie erklären sich neben dem Verkauf der swisspartners-Gruppe die Abflüsse – ich nehme an, die Abwertung der Fremdwährungen trägt Mitschuld ?
Der Währungseffekt war für gut 2 Milliarden Franken Rückgang verantwortlich. Der grössere Teil der Veränderung im Kundenvermögen ist auf den Verkauf der swisspartners Investment Network AG zurückzuführen, der im Zuge der Umsetzung unserer Strategie Focus2015 erfolgte. Bezüglich Kundenvermögen ist wichtig, dass sich der Nettoneugeldabfluss im Vergleich zu den Vorjahren deutlich verringert hat und wir insbesondere in unseren Wachstumsmärkten Neugelder verbuchen können – 95 Millionen Franken im ersten Halbjahr 2015.
«Unser Framework kommunizieren wir nicht im Detail. Die entsprechende Bereinigung der Kundenportfolios wird bis Ende dieses Jahres weitgehend abgeschlossen sein.»
Mit welchen Länderkunden gibt die LLB 2015 das Geschäft definitiv auf?
Die LLB-Gruppe konzentriert sich auf ihre Heimmärkte Liechtenstein, Schweiz und Österreich, die traditionellen grenzüberschreitenden Märkte Deutschland und übriges Westeuropa und die Wachstumsmärkte Zentral- und Osteuropa sowie Naher Osten. Wir konzentrieren uns auf strategisch und wirtschaftlich bedeutende Länder. Unser Framework kommunizieren wir nicht im Detail. Die entsprechende Bereinigung der Kundenportfolios wird bis Ende dieses Jahres weitgehend abgeschlossen sein.
Stehen kleine, wirtschaftlich effiziente Staaten, allen voran Liechtenstein oder die Schweiz, den Kanonenbooten der Grossen machtlos gegenüber?
Als Finanzinstitut in einem kleinen Land ist man den «Grossen» nicht machtlos ausgeliefert, jedoch immer exponierter. Dies wiederum bedeutet, dass regulatorische und politische Veränderungen konsequent zu beachten sind. Nur wer schnell und flexibel auf sich abzeichnende Änderungen antwortet, bewahrt sich seine Gestaltungsfreiheit. Die Liechtensteinische Landesbank tut dies und nutzt die sich bietenden Chancen sehr agil.
Zur Person
Group CEO Roland Matt
Betriebsökonom FH, eidg. dipl. Finanz- und Anlageexperte
Liechtensteiner Staatsbürger, Jahrgang 1970.
Roland Matt ist eidg. dipl. Betriebsökonom FH und hat sich zum eidg. dipl. Finanzanalytiker und Vermögensverwalter sowie zum eidg. dipl. Finanz- und Anlageexperten weitergebildet. Während mehr als zwölf Jahren war er für eine Liechtensteiner Privatbank unter anderem in führenden Positionen im Bereich Research und Asset Management tätig. Roland Matt stiess 2002 zur Liechtensteinischen Landesbank AG und leitete bis 2006 den Bereich Investment Services. Die Entwicklung neuer Anlagestrategien und die Einführung der Dienstleistung Finanzplanung, welche die integrale Beratung der Kunden in Vermögens-, Vorsorge-, Steuer-, Rechts- und Erbschaftsfragen beinhaltet, standen dabei im Vordergrund. 2007 – 2008 leitete er die Geschäftseinheit Kunden Inland. Roland Matt ist seit 2009 Mitglied der Gruppen- und Geschäftsleitung und zeichnete bis März 2011 für die Märkte Inland und Institutionelle verantwortlich. Von April 2011 bis Januar 2012 war er für den Markt International zuständig und stellvertretender Vorsitzender der Gruppen- und Geschäftsleitung. Seit 16. Januar 2012 ist Roland Matt als Group CEO Vorsitzender der Gruppen- und Geschäftsleitung.
Zum Unternehmen:
Die Liechtensteinische Landesbank AG (LLB) ist das traditionsreichste Finanzinstitut im Fürstentum Liechtenstein. Mehrheitsaktionär ist das Land Liechtenstein. Die Aktien sind an der SIX Swiss Exchange kotiert (Symbol: LLB). Die LLB-Gruppe bietet ihren Kunden umfassende Dienstleistungen im Wealth Management an: als Universalbank, im Private Banking, Asset Management sowie bei Fund Services. Mit 812 Mitarbeitenden (in Vollzeitstellen) ist sie in Liechtenstein, in der Schweiz, in Österreich und den Vereinigten Arabischen Emiraten (Abu Dhabi und Dubai) präsent. Per 30. Juni 2015 lag das Geschäftsvolumen der LLB-Gruppe bei CHF 55.7 Mia.