Rolf Schmid, CEO Mammut Sports Group AG
Rolf Schmid, CEO Mammut Sports Group AG. (Foto: Moritz Becher)
von Bob Buchheit
Moneycab: Herr Schmid, Mammut gehört zum Conzzeta-Konzern. Wo profitieren Sie direkt vom Know-how dieses Maschinenbauers?
Rolf Schmid: Conzzeta ist ein global tätiger Mischkonzern. Dieses breite und internationale Know-how ist für Mammut sehr interessant, auch wenn die anderen Geschäftsbereiche wenig bis nichts mit Bergsport zu tun haben. Zudem unterstützt uns Conzzeta neben der Finanzstärke in grösseren Investitionen, wie zum Beispiel den vor kurzem abgeschlossenen Bau des neuen europäischen Zentrallagers in Wolfertschwenden. Der Konzern bringt uns hier enormes Vertrauen entgegen.
Sourcing hat für Mammut sicherlich Priorität Nummer eins. Welche Halbwertszeit haben Ihre Zulieferer?
Die durchschnittliche Zusammenarbeitsdauer beträgt bei uns zehn Jahre. Somit setzen wir auf Konstanz und gute Partner. Es zahlt sich deutlich mehr aus, in einen guten Partner zu investieren, als immer wieder das Know-how von Neuem aufbauen zu müssen.
Obwohl die Hälfte des Mammut-Umsatzes auf Bekleidung entfällt, bleibt das Stammgeschäft Kletterseile ein wichtiges Standbein. Muss man wirklich auch ein nicht gebrauchtes Seil alle zehn Jahre wechseln?
Die Lebensdauer eines Seils ist schwer zu definieren. Sie hängt von der Benutzungsdauer und -art, von Sturzbelastung und anderen schwächenden Einflüssen ab. Trotzdem empfehlen wir, auch nie gebrauchte Seile nach zehn Jahren auszutauschen, da auch das Material je nach Aufbewahrungsort mehr oder weniger altert. Im Normalfall benutzen unsere Kunden ihre Seile jedoch und wechseln ihre Seile auch deutlich früher aus. Auf unserer Homepage weisen wir auf äussere Merkmale hin, die einen Austausch nötig machen.
«Wir haben die Grenzen des Machbaren im Seilbereich ziemlich ausgelotet.»
Rolf Schmid, CEO Mammut Sports Group AG
Wo liegen denn bei einem 50m-Seil die Grenzen der Leichtigkeit? Wird es einmal das Zweikiloseil geben?
Wir bringen im nächsten Sommer mit dem 8.7 Serenity das leichteste und dünnste Einfachseil auf den Markt. Bei 50m wiegt dieses jedoch immer noch 2,5kg. Damit haben wir wohl die Grenzen des Machbaren im Seilbereich ziemlich ausgelotet. Gravierende Veränderungen beziehungsweise ein Zweikiloseil wird es wohl erst geben, wenn das Rohmaterial Polyamid durch etwas Neues abgelöst wird.
Line Extensions sind sicherlich ein wichtiges Marketinginstrument. Gibt es einen starken Trend zur Zweit- und Drittoutdoorjacke?
Es gibt zurzeit beide Trends. Auf der einen Seite besteht eine Entwicklung zur Spezialisierung der Produkte. Damit werden Kunden bedient, die bei ihrer Ausrüstung keine Kompromisse eingehen wollen und somit auch nicht davor zurück schrecken, für unterschiedliche Anwendungen mehrere Produkte zu besitzen. Auf der anderen Seite gibt es auch eine breite Käuferschaft, die mit einem Produkt möglichst viele Anwendungsgebiete abdecken will. Beide sollen zufrieden gestellt werden.
Wie späht Mammut im Bekleidungsgeschäft Modetrends auf? Haben Sie Scouts?
Wir halten unsere Augen stets offen. Allerdings sind modische Trends für unsere Produktentwicklung eher zweitrangig. Oberste Priorität hat die Funktionalität. Dass das Produkt in zweiter Linie auch gut aussehen soll, versteht sich von selbst.
Bei den Stirnlampen werden fast nur noch LED-Lampen gekauft. Eine technologische Umstellung vergleichbar dem Übergang vom Hanf- zum Nylonseil. Wo orten Sie in Ihrem Geschäft in den nächsten Jahren ähnliche Quantensprünge?
Ich bin nicht so vertraut mit der Materialentwicklung. Eine grosse Veränderung findet aber zurzeit im Sicherheitsdenken bei den Skitourengehern und Freeridern statt. Immer mehr Schneesportler legen Wert auf eine komplette Lawinensicherheitsausrüstung, bestehend aus Lawinenairbag, LVS, Schaufel und Sondierstange. Gleichzeitig werden auch die Airbag-Rucksäcke immer leichter und komfortabler. In ein paar Jahren wird der Lawinenairbag bei Skitourengehern einen ähnlichen Stellenwert wie das Barryvox haben.
«Für das Jubiläumsprojekt, in dessen Verlauf wir 150 Gipfelteams ausgestattet haben, wurden über 3 Jahre ein paar Millionen Schweizer Franken investiert.»
Mammut macht immer wieder spektakuläre Werbekampagnen im Gebirge. Wie hoch ist Ihr Werbebudget?
Unser Werbebudget ist hoch, wenn auch nicht im Geringsten vergleichbar mit Werbegiganten wie Red Bull. Für das Jubiläumsprojekt, in dessen Verlauf wir 150 Gipfelteams ausgestattet haben, wurden über 3 Jahre ein paar Millionen Schweizer Franken investiert. Die Ausgaben haben sich jedoch bereits jetzt schon gelohnt. Die Markenbekanntheit und vor allem die Markenbegehrlichkeit wurden weltweit enorm gesteigert, die Anzeigenwerte der medialen Berichterstattung haben die Investitionen mehr als eingespielt.
Wie laufen denn Ihre Lawinenairbags?
Die Airbags laufen sehr gut. Letzten Winter waren wir zweimal komplett ausverkauft. Wir haben den leichtesten Airbag auf dem Markt und sind dabei auch noch preislich erschwinglich. Da wir seit Jahren Erfahrung im Rucksackbau haben, kommen hier gleich zwei ausgefeilte Technologien zusammen. Die Wintersportler haben das bemerkt.
Mammut präsentierte eine vertikale Weltneuheit: Ein kurzer Rock, den Frau auch zum Klettern tragen kann. Das ist wohl eher ein Gag…
Das ist kein Gag. Der Rock ist bereits in den Läden erhältlich, und die ersten Feedbacks von Trägerinnen sind sehr positiv. Die Bewegungsfreiheit sei Hosen eindeutig überlegen. Um das Rätsel aufzulösen, muss aber an dieser Stelle gesagt sein, dass es sich dabei um einen Skort – halb Rock halb Shorts – handelt. Unter dem Rock ist eine kurze Hose eingenäht. Damit sich die männlichen Kletterer in der Umgebung auf ihren Seilpartner konzentrieren können.
Wie sehen denn da die Verkaufszahlen aus?
Es ist klar, dass es sich bei einem solchen Produkt nicht um einen Verkaufsschlager handelt. Aber es ist wichtig, als Marke auch verrückte Ideen auszuprobieren und zu verfolgen. Manchmal entstehen aus solchen Ideen wieder äusserst kommerzielle Produkte.
Welches ist eigentlich im Moment Ihr Produkt mit dem steilsten Umsatzwachstum?
Lawinenairbags, gefolgt von Schuhen.
Mammut beschäftigt rund 350 Mitarbeitende davon 250 in der Schweiz. Tendenz eher steigend. Wird dies auch in den nächsten Jahren gelten?
Wir haben zurzeit über 400 Mitarbeiter weltweit (davon circa 50% in der Schweiz) und gedenken auch weiterhin zu wachsen. Mit Beginn des nächsten Jahres sind wir auch in China aktiv, wo wir uns ein grosses Potenzial versprechen.
Zur Person:
Rolf G. Schmid wurde am 29. November 1959 in Deutschland geboren und hat Betriebswirtschaft studiert (Abschluss 1984 als lic. oec.HSG in St. Gallen). Sein beruflicher Werdegang führte ihn in verschiedenen Führungspositionen von der Pharma-, über die Uhren und Touristik- in die Sportbranche, wo er seit 1996 die Geschicke der Mammut Sports Group AG leitet. Rolf G. Schmid ist Präsident und Gründer der European Outdoor Group (Interessenverband der europäischen Outdoor-Sportartikel-Branche) sowie Vorstandsmitglied economiesuisse. Er ist verheiratet, hat zwei Kinder und lebt in Lenzburg.
Zum Unternehmen:
Im Jahr 1862 legte Kaspar Tanner mit der Gründung seiner handwerklichen Seilerei in Dintikon bei Lenzburg den Grundstein unserer Firma. Heute ist die Mammut Sports Group AG ein innovatives Unternehmen für die Entwicklung, Herstellung und den Vertrieb von Alpin-, Outdoor und Snowsport Produkten. Neben dem zentralen Firmensitz im Schweizerischen Seon (seit 1992), wo heute rund 230 Personen arbeiten, ist die Mammut-Gruppe über Niederlassungen und Tochtergesellschaften weltweit tätig. Ein gut ausgebautes Agentennetz gewährleistet die Distribution rund um den Globus.