Rolf Stämpfli, Geschäftsführer tipo ticketing GmbH, im Interview
von Patrick Gunti
Moneycab.com: Herr Stämpfli, im Januar hat tipo ticketing zusammen mit den Pizolbahnen und den Belalp Bahnen Skipässe mit wetterabhängigen Preisen lanciert. Welche Bilanz lässt sich zum Saisonende hin ziehen?
Rolf Stämpfli: Wir möchten aktuell noch keine Zahlen veröffentlichen. Was jedoch bereits gesagt werden kann ist, dass die Rückmeldungen sowohl von den Bergbahnen, wie auch von den Wintersportlern sehr positiv sind. Die Bergbahnen konnten mit den neuen wetterabhängigen Preisen auch die weniger schönen Tage besser auslasten und zahlreiche Neukunden für ihr Gebiet gewinnen. Die Wintersportler wiederum konnten Skitage zu fairen Konditionen geniessen.
Können Sie uns kurz erläutern, wie das Meteo-dynamische Pricing funktioniert?
Ganz einfach: Je ungünstiger die Wetterprognose ist, desto günstiger wird der Preis für die Tageskarte. Die Karten können bei den Gebieten Pizol und Belalp bis zu 7 Tage im Voraus gebucht werden. Anhand der Wetterprognose erhalten die Kunden einen Rabatt von bis zu 50% auf Ihre Tageskarte.
In der Wintersport-Nation Schweiz hat das Angebot für Schlagzeilen gesorgt. Waren Sie auf das grosse Medienecho vorbereitet?
Wir haben natürlich auf ein grosses Medieninteresse gehofft, da wir selbst von dem System überzeugt sind. Der Umfang des Medienechos hat uns dann aber doch überrascht und auch gefreut. Vom System her waren wir auf das Medienecho und die steigenden Besucherzahlen gut vorbereitet. Eine neue Erfahrung war das geben von Interviews.
«Was bereits gesagt werden kann ist, dass die Rückmeldungen sowohl von den Bergbahnen, wie auch von den Wintersportlern sehr positiv sind.»
Rolf Stämpfli, Geschäftführer tipo ticketing Gmbh
Das dynamische Pricing war einer der Grundgedanken bei der Gründung von tipo ticketing. In welchen Branchen sehen die besten Entwicklungsmöglichkeiten?
Natürlich sehen wir ein grosses Potenzial im Event-Ticketing-Markt, was auch einer der Gründe ist, weshalb wir die tipo ticketing GmbH in dieser Branche gegründet haben. Gerade in der Ski- und Tourismusbranche sehen wir grosse Entwicklungsmöglichkeiten, da der Nutzen für die Konsumenten von zahlreichen externen Faktoren abhängig ist. Auch bei Sportveranstaltungen in Stadien ist die Zahlungsbereitschaft der Konsumenten stark von Fakoren wie den Gegnern, dem Spieltag, der Tabellensituation etc. abhängig, was gute Voraussetzungen für dynamisches Pricing sind.
Welches sind die Grundvoraussetzungen für dynamisches Pricing?
Wie erwähnt sind ändernde Faktoren, welche den Nutzen für die Konsumenten verändern, ideale Voraussetzungen. Wo ein Preis gebildet wird, bestehen auch Möglichkeiten für dynamisches Pricing. Das klassische verhandeln auf dem Markt, ist ja grundsätzlich ein dynamisches Pricing und die festen Preise, also auch das Anschreiben von Produkten mit Preisschildern im Laden, sind eine moderne Erfindung.
Damit ein dynamisches Pricing erfolgreich funktioniert, ist die Akzeptanz der Konsumenten sehr zentral. Wir wollen eine Win-Win Situation schaffen, von welcher sowohl die Anbieter, wie auch die Konsumenten profitieren. Das Preissystem sollte sowohl verstanden und auch als gerecht betrachtet werden.
Nehmen wir ein Beispiel aus dem Fussballbereich: Liesse es sich realisieren, zwei Monate vor einem Heimspiel ein Ticket zu reservieren, das am Spieltag dann aber günstiger ist, weil das Team zuletzt viermal in Serie verloren hat und im Klassement abgerutscht ist?
Ja, das wäre denkbar. Im Sport spielen wir oft mit solchen Szenarien. Wobei ich aus Langnau komme: Verlieren die SCL Tigers viermal in Serie und kommt dann der SC Bern zu Besuch, würden die Tickets kaum günstiger. Im Fussball und Hockey ist der Gegner wohl der relevantere Parameter zur Bildung der optimalen Preise. Oder um allen Parametern Rechnung zu tragen, lässt sich der Preis am einfachsten auf dem Markt aus Angebot und Nachfrage bilden. Es gibt aber auch Sekundärerträge, wie beispielsweise Getränke und Essen, bei der Berechnung zu berücksichtigen.
«In der Schweiz sind viele Leute sehr zurückhaltend dem dynamischen Pricing gegenüber. Daher braucht es Veranstalter, welche die Vorreiterrolle übernehmen.»
Ist dynamisches Pricing ein Thema für Konzerte wie von Stiller Has in der Kupferschmiede Langnau oder Veranstaltungen wie das Emmentalische Schwingfest, für die auf tipo.ch Tickets erhältlich sind?
In unseren Köpfen ganz klar, wobei sowohl die Besucher, wie auch die Veranstalter für das dynamische Pricing bereit sein müssen. In der Schweiz sind viele Leute sehr zurückhaltend dem dynamischen Pricing gegenüber. Daher braucht es Veranstalter, welche die Vorreiterrolle übernehmen. Die Skigebiete Pizol und Belalp haben diesen Schritt gewagt und wurden dafür belohnt.
tipo ticketing wurde vor vier Jahren gegründet. Bis im Sommer haben Sie sich auf «traditionelles» Ticketing konzentriert. Was bietet Ihre Plattform den Veranstaltern?
Im klassischen Ticketing haben wir das Rad nicht neu erfunden und von Erfahrungen profitiert. Wir bieten eine einfache Ticketing-Lösung. Durch effektive und effiziente Prozesse sind wir zudem in der Lage Kostenvorteile zu erzielen, von welchen unsere Kunden profitieren. Dadurch, dass wir das System selbst entwickelt haben, sind wir auch sehr flexibel, was von unseren Kunden geschätzt wird.
Und wie finanziert sich tipo ticketing?
Tipo.ch finanziert sich aus einer Service-Gebühr, welche auf den verkauften Tickets erhoben wird. Für klassische Veranstaltungen entstehen dabei keine Fixkosten. Um Erfolg zu haben, ist es für uns notwendig, dass auch die Veranstaltungen auf unserer Plattform erfolgreich sind.
«Wir sehen aber auch in der Schweiz noch ein grosses Potenzial, zahlreiche Veranstaltung nutzen den Vorteil eines Vorverkaufs noch nicht.»
Der Ticketingmarkt ist in Bewegung. Ticketcorner beherrscht den Markt, und wird durch die Übernahme von Starticket – sofern die Weko diese durchwinkt – noch stärker. Wie viel Platz bleibt für kleinere, innovative Unternehmen wie tipo ticketing? Wie schätzen Sie das Entwicklungspotenzial ein?
Das schöne bei Online-Lösungen ist ja, dass die geografischen Hürden eher klein sind und das Entwicklungspotenzial somit riesig ist. Wir sehen aber auch in der Schweiz noch ein grosses Potenzial, zahlreiche Veranstaltung nutzen den Vorteil eines Vorverkaufs noch nicht. Das System haben wir komplett selbst entwickelt und dabei darauf geachtet, von den modernen technischen Möglichkeiten zu profitieren. Weiter sind wir durch unsere Grösse sehr flexibel und können schnell Neuerungen auf den Markt bringen. Innovative Unternehmen, die einen Mehrwert bieten, haben in jeder Branche Entwicklungspotenzial.
Was steht bei der Weiterentwicklung in den kommenden Jahren im Vordergrund?
Spannende Frage. Auch wenn es uns nun schon seit vier Jahren gibt, sind wir sicher noch immer ein Startup und haben schon viele Richtungswechsel erlebt. Nachdem wir viel Energie und Zeit in die Entwicklung und Optimierung unserer Software investiert haben, steht in der nächsten Zeit sicher das Wachstum im Vordergrund. Da wir keine Fixkosten haben, lohnt sich ein Vorverkauf bei uns für jede Veranstaltung. Auch geografisch wollen wir wachsen. Bisher kennt man uns mehrheitlich in der Region Bern, wo wir zuhause sind und gestartet haben. Wichtig ist auch, dass unsere Kunden und wir weiterhin Freude an tipo haben.
Herr Stämpli, besten Dank für das Interview.
Zur Person:
Rolf Stämpfli, geboren am 11.04.1988 machte nach der Ausbildung zum Informatiker, den Bachelor in Wirtschaftsinformatik an der Berner Fachhochschule, wo gemeinsam mit Rahel Ryf, die Idee für die tipo ticketing GmbH entstand. Neben der tipo ticketing GmbH, absolviert Rolf Stämpfli noch berufsbegleitend den Master of Business Administration, welcher er im Sommer beenden wird. Mit der tipo ticketing GmbH wollen er und seine Partner Rahel Ryf, Bruno Steiner und Matthias Winkler eine Ticketing-Lösung bieten, von welcher sowohl die Veranstalter, wie auch die Besucher profitieren.