Roman Sonderegger, CEO Schweiter Technologies, im Interview

Roman Sonderegger, CEO Schweiter Technologies, im Interview
Roman Sonderegger, CEO Schweiter Technologies Gruppe. (Foto: zvg)

von Bob Buchheit

Moneycab.com: Herr Sonderegger, Schweiter Technologies konnte trotz leichtem Umsatzrückgang die EBITDA-Marge um einen Punkt auf 8,7 Prozent steigern. Die Beschaffung war der grösste Effizienztreiber. Wie gelang dies?

Roman Sonderegger: Der Materialaufwand ist mit gut der Hälfte unser grösster Kostenblock. Für unsere Leichtbau-Premium-Lösungen kaufen wir hochwertige Rohmaterialien global ein und verfolgen die aktuell sehr volatilen Preisentwicklungen sehr genau. In den vergangenen Monaten haben wir einen Fokus auf die Optimierung des strategischen Einkaufes gelegt. Unsere Supply-Chain-Management-Teams haben wir weiterentwickelt und das Lieferantennetzwerk verbreitert und gestärkt. Dadurch ist es uns gelungen, die Einkaufsbedingungen deutlich zu verbessern und mehr Agilität in unserer Supply Chain zu schaffen.

«In den vergangenen Monaten haben wir einen Fokus auf die Optimierung des strategischen Einkaufes gelegt.»
Roman Sonderegger, CEO Schweiter Technologies

Wie bei vielen Firmen lief im H1 2024 Amerika gut und Europa schlecht. Was ist los auf dem alten Kontinent?

Die Herausforderungen haben sich in den letzten Jahren für unser Geschäft in Europa sicherlich verschärft. Zum Beispiel hatten die zuletzt sehr hohen Energiepreise einen starken Einfluss auf unsere Wertschöpfungskette. Gewisse Rohmaterialien werden nicht mehr in Europa produziert und müssen nun aus Übersee beschafft werden. Trotzdem müssen wir unser Geschäft in Europa differenziert betrachten. Das Kernmaterialien-Geschäft sieht sich zahlreichen verzögerten Projektbewilligungen für Windturbinen gegenüber. Die verhaltene Nachfrage in der europäischen Industrie sowie die aktuell schwache Bauindustrie fordern die Geschäftsbereiche Transport & Industrie sowie Architektur. Auf der anderen Seite haben wir ein relativ stabiles Display-Geschäft, glücklicherweise unser grösster Bereich. Die Resilienz im Bereich Display zeigt, dass unsere Kunden gerade im aktuell anspruchsvollen Umfeld die Breite unseres Lösungsportfolios mit den zahlreichen starken Marken sehr schätzen. Sehr erfreulich ist auch, dass die grosse Nachfrage nach unseren nachhaltigen papierbasierten Produkten anhält.

«Zuletzt hatten die sehr hohen Energiepreise einen starken Einfluss auf unsere Wertschöpfungskette in Europa.»

Wieso kam es in China zu einem Preisdruck?

In China spüren wir den Preisdruck insbesondere im Windgeschäft, wohingegen die Preisstabilität im Geschäftsbereich Architektur stärker ist. China ist global der grösste Windmarkt und wird gemäss Branchenexperten auch im Jahr 2024 erneut um die 70 GW Windleistung installieren, was rund 60% des weltweiten Volumens entspricht. An diesem grossen, weiterwachsenden Markt wollen viele neue lokale Hersteller partizipieren. Da die Eintrittsbarrieren für die Produktion von Balsa um ein Vielfaches höher als bei der PET-Produktion sind, investierten die lokalen Hersteller im grossen Stil in PET-Extrusions-Kapazitäten. Die daraus entstandene Überkapazität setzt die Preise und somit die Margen deutlich unter Druck. Auch deshalb setzen wir in China bereits seit längerem erfolgreich auf eine selektive Strategie und fokussieren uns auf anspruchsvolle Projekte im Prototypen-Bau oder auf neue Projekte im High-end-Markt. Um mit dieser Fokusstrategie auch zukünftig erfolgreich zu sein und attraktive Margen erzielen zu können, investieren wir zielgerichtet und konsequent in die Innovation. Nur so können wir uns auch mittelfristig bei unseren Kunden auszeichnen und uns gegenüber anderen Herstellern differenzieren.

Das Joint Venture Jiangsu ZNL Coating New Materials in China soll nun bald vollständig übernommen werden. Steht der Preis für die restlichen 40 Prozent mit 5,9 Millionen Franken definitiv fest?

Jiangsu ZNL ist ein innovativer Hersteller von Aluminiumplatten für hochwertige, mehrfarbige und insbesondere auch geprägte Fassadenlösungen, welche unser Lösungsportfolio ideal ergänzen. Wir sehen in Asien insbesondere für geprägte Lösungen grosses Wachstumspotential. Damit zeigen wir unseren Kunden einmal mehr mit innovativen Lösungen neue Gestaltungsmöglichkeiten im Architekturbereich auf. Die Bewertung des 40%-Anteils basiert auf dem aktuellen Business Case.

Auch im Displaygeschäft erzielte Schweiter Erfolge in der Materialbeschaffung. Gab es neue Lieferanten?

Eine konkrete Herausforderung im Display-Geschäft sind die aktuellen Engpässe bei der Beschaffung von MMA (Methylmethacrylat) und PMMA (Polymethylmethacrylat). Dies sind die Rohstoffe für unsere erfolgreichen extrudierten und gegossenen Acryl-Platten. Wir sind sehr stolz, dass wir über langjährige, resiliente und strategische Lieferantenbeziehungen verfügen, sodass wir unsere Kunden jederzeit mit Produkten beliefern konnten.

Im Geschäftsbereich Kernmaterialen zeigte sich wieder einmal das Naturprodukt Balsaholz auch wirtschaftlich von seiner schönen Seite. Ist mittlerweile ihr gesamtes Kernmaterial CO2-neutral validiert?

Wir bewirtschaften rund 15’000 Hektaren FSC-zertifizierte Balsa-Plantagen in Ecuador und Papua-Neuguinea und sind somit der weltgrösste Balsaholz-Hersteller. Wir sind weltweit der einzige Kernmaterialien-Partner, der bei der Balsa-Produktion die gesamte Wertschöpfungskette kontrolliert. Zudem besitzen wir mit unseren Plantagen eine einzigartige CO2-Senke, sodass alle unsere Balsa-Produktlösungen CO2-neutral sind. Wir können unseren Kunden somit eine sehr nachhaltige Lösungsvielfalt bieten.

«Wir besitzen mit unseren Balsaholz-Plantagen eine einzigartige CO2-Senke, sodass alle unsere Balsa-Produktlösungen CO2-neutral sind.»

Auf den nächsten Windzyklus wartet wohl die gesamte Branche. Wieso diese lange Durststrecke?

Mehr als 120 Staaten haben sich am Klimagipfel 2023 verpflichtet, ihre erneuerbaren Energiequellen bis 2030 zu verdreifachen. Das ist eine grosse Ambition, zu welcher die Windenergie als nachhaltige Energiequelle beitragen kann. Kurzfristig gilt es allerdings für die Windenergie, insbesondere in Europa und Amerika, einige regulatorische Hürden zu nehmen. Viele Windpark-Projekte werden durch langwierige Genehmigungsverfahren verzögert, wobei nun diverse Staaten – auch die Schweiz – die Verfahren vereinfachen und beschleunigen wollen.

Im Rahmen des Performance-Programms «Accelerate» wird Schweiter das Produktionswerk 3A Composites Display in Mainz in diesem Jahr schliessen. Liegt das auch an der Bürokratie?

Die in der Vergangenheit profitable Eigenpolymerisation von MMA (Methylmethacrylat) für extrudierte Acrylplatten hat aufgrund von disruptiv veränderten Zuliefermärkten in Mainz keine Zukunft mehr. Die Auslöser für diese Veränderungen in der Supply Chain waren vielfältig, wobei die hohen Energiepreise in Europa sicherlich mitentscheidend waren. Wir werden weiterhin extrudierte wie auch gegossene Acrylplatten anbieten, die Produktion aber entsprechend konsolidieren.

Auch der Rest des Geschäftsjahres soll eher flach verlaufen. Die Eigenkapitalquote von 67% lässt Ihnen sicherlich ordentlich Spielraum. Was kommt nach dem Effizienzprogramm?

Um die Voraussetzungen für ein nachhaltig profitables Wachstum zu schaffen, konzentrieren wir uns auf die Umsetzung unserer Strategie. Diese basiert auf folgenden Pfeilern: Fokus auf profitable und attraktive Märkte, konsequente Steigerung der Innovationskraft und Differenzierung sowie kontinuierliche Verbesserung der operativen Exzellenz. Diese Ambition verfolgen wir mit unserem weltweiten und schlagkräftigen Team. Wir fokussieren dabei unsere Anstrengungen auf das organische Wachstum, werden aber auch zukünftig gezielt akquirieren.

Mit einem erwarteten KGV fürs Gesamtjahr von 15 ist die Schweiter Technologies AG für eine Wachstumsaktie günstig bewertet. Wie werden Sie das Aktionariat pflegen?

Wir wollen nachhaltig profitabel wachsen sowie weiterhin einen attraktiven Cashflow erzielen und so Wert für unsere Kunden, Mitarbeitende und selbstverständlich auch für unsere Aktionäre schaffen. Neben der Investition in die Umsetzung unserer Strategie sehen wir es auch als unsere Verantwortung, eine attraktive Dividende für unsere Aktionäre auszuschütten.

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