von Bob Buchheit
Moneycab.com: Herr Hanko, nach einer kurzen Schwächephase zeugen die publizierten Halbjahreszahlen von erfolgreichem Turnaround. Wo liegt jetzt noch Ihre grösste Baustelle?
Rudolf Hanko: In einem sich rasch konsolidierenden Marktumfeld muss man die Herausforderungen nebst jenen des unternehmerischen Alltags nicht aktiv suchen. Wir werden in den nächsten Jahren weiter wachsen, um unsere führende Position in unserem Markt zu stärken.
Allerdings hat Ihr Cashflow abgenommen, obwohl weniger in Sachanlagen investiert wurde…
Der operative Cashflow vor Veränderungen Nettoumlaufvermögen hat im Vergleich zum Vorjahr zugenommen, von 46 Millionen Franken auf 52 Millionen Franken. Der Rückgang des operativen Cashflows nach Veränderung Nettoumlaufvermögen ist auf eine Reduktion einer Kreditorenposition zurückzuführen.
Bei annähernd gleichem Umsatz gingen die Herstellungskosten der verkauften Produkte und Leistungen um satte 15 Millionen zurück. Das erstaunt…
Dieser Effekt fusst auf einer ganzen Reihe von Ursachen, die unsere gute operative Performance im ersten Halbjahr 2017 unterstreichen: Höhere Margen, Verbesserung des Produktemix‘ und generell gestiegene Effizienz.
Was geschieht mit den alten, nicht mehr benutzen Anlageteilen in Zofingen? Werden diese abgerissen?
Nach vollständiger Inbetriebnahme des neuen Produktionsbetriebs in Zofingen werden die alten, nicht mehr effizient zu betreibenden Anlagen Stück für Stück zurückgefahren, was die Profitabilität des Standorts weiter stärken wird.
«In unserem Werk in Nantong gibt es keine Stellen, die fix mit Europäern besetzt sind. Nantong profitiert wie alle Siegfried-Standorte von Austauschprogrammen.»
Rudolf Hanko, CEO Siegfried
Zofingen bleibt also – China kommt mit 212 Vollstellen, wieviel davon sind Europäer?
In unserem Werk in Nantong gibt es keine Stellen, die fix mit Europäern besetzt sind. Experten von anderen Standorten sind in Nantong präsent, wenn sie gebraucht werden, wie an anderen Standorten auch. Zudem profitiert Nantong wie alle Siegfried-Standorte von Austauschprogrammen.
Zurzeit erzielt Siegfried rund drei Viertel seiner Verkäufe mit Wirksubstanzen und Zwischenprodukten, rund ein Viertel mit Fertigformulierungen. Geht bei Ihnen die Tendenz Richtung vertikale Integration oder sind Sie mit dem bestehenden Mix (drei Viertel Drug Substances/ein Viertel Drug Products) zufrieden?
Während wir im Bereich der Herstellung chemisch-pharmazeutischer Wirkstoffe Marktführer sind, sind wir im Bereich der Fertigformulierungen noch davon entfernt, insbesondere bei den festen Darreichungsformen. Hier fehlt uns die kritische Grösse. Die Strategie „Evolve“, die wir im letzten Jahr formuliert haben, adressiert diesen Umstand. Siegfried hat das klare Ziel, sich im Bereich der Fertigformulierungen zu verstärken, mit Priorität in den USA.
Ist es aus Sicht der Prozesskontrolle nicht wünschenswert, alles von A bis Z selber zu machen, also am Schluss immer nur die fertige Formulierung geprüft abgenommen zu bekommen?
Das ist genau die Vision, welche Siegfried verfolgt.
Die Ausgaben für Forschung und Entwicklung stiegen um ein volles Viertel. Wo liegt da die Stossrichtung?
Das liegt an der grossen Anzahl Kundenprojekte, die wir in unserer Pipeline haben. Eine leistungsfähige Entwicklung ist ein zentraler Gesichtspunkt im Zusammenhang mit Kundenzufriedenheit.
Beim EBITDA wird sich das Wachstum im zweistelligen Prozentbereich bewegen. Ist die Margenverwässerung durch den Zukauf der BASF-Töchter (im 2015, dann 2016 voll konsolidiert) damit definitiv Vergangenheit?
Ja. Wir nutzen die Synergien, die sich aus der Akquisition der drei ehemaligen BASF-Standorte ergeben, konsequent und sind bereits wieder am unteren Ende unseres Zielkorridors von 15 – 20% EBITDA-Marge angekommen. Dieser Trend wird weitergehen.
«Eine leistungsfähige Forschung&Entwicklung ist ein zentraler Gesichtspunkt im Zusammenhang mit der Kundenzufriedenheit.»
Ihr grösster Kunde ist Bristol-Myers Squibb (BMS). Wie oft müssen Sie denn da so pro Jahr nach New York jetten?
Der Austausch mit unseren strategischen Partnern ist eng, auf allen Ebenen unseres Unternehmens. Mein Beitrag ist dabei nicht entscheidend, sondern die Performance der ganzen Organisation. Auch auf diesem Feld hat Siegfried in den letzten Jahren enorme Fortschritte erzielt, was der Ausbau der Kundenbeziehungen beweist.
Mit der auf Einzelkunden zugeschnittenen Fertigung von Arzneimitteln (Custom-Manufacturing) sind ja auch Risiken verbunden: wenn etwa Zulassungs- oder Markterfolg beim Kunden ausbleibt. Müssen sich Ihre Kunden an den Projektanlaufkosten beteiligen?
In der Tat sind Kundenprojekte oftmals von bedeutendem Umfang. Durch die Grösse, die Siegfried in den letzten Jahren erzielt hat, können wir mit solchen Risiken wesentlich besser umgehen.
Für die Vorwärts-Integration sorgten in der Vergangenheit zahlreiche Zukäufe, für die Rückwärts-Integration wird die Produktion nun bald in Nantong/China anrollen. Die Anlage wird schlussendlich fast 100 Millionen kosten. Lässt sich der jährliche Return on Investment hochrechnen?
Der jährliche Return on Investment wird unsere Zielvorgabe übertreffen.
Zur Person:
Dr. Rudolf Hanko (1955) hat per 1. Mai 2009 die Verantwortung als CEO bei Siegfried übernommen. Er war in verschiedenen leitenden Funktionen in der chemisch-pharmazeutischen Industrie tätig, zuletzt als Leiter des Geschäftsgebiets Exklusiv-Synthese und Aminosäuren bei der deutschen Firma Evonik Industries AG. Vor seinem Engagement bei Evonik Industries AG war Rudolf Hanko in der Pharmadivision der Bayer AG Leiter der chemischen Forschung und anschliessend General Manager der Geschäftseinheit Feinchemikalien dieses Unternehmens. Rudolf Hanko hat an der Universität Göttingen in Chemie promoviert und ist deutscher Staatsbürger.
Zum Unternehmen:
Mit Tees hat Siegfried nichts mehr zu tun. Als ehemaliges voll integriertes Pharma-Unternehmen ist Siegfried heute einer der wenigen Zulieferer der Pharmabranche, welcher sowohl die Entwicklung von Wirkstoffen als auch von fertig formulierten Medikamenten unter einem Dach ausführen kann. Siegfried will seine technologische und geografische Präsenz rund um den Globus weiter ausdehnen. Neben technologischer Kompetenz und globaler Präsenz liegt der Fokus darauf, die Gesamtprozesse für alle Produkte zu kontrollieren, um grösstmögliche Sicherheit zu gewährleisten. Die Entwicklungs- und Produktionsstandorte befinden sich in der Schweiz, Deutschland, China, Frankreich, auf Malta und in den USA. Das Unternehmen erzielte im Geschäftsjahr 2016 einen Umsatz von 718 Millionen Schweizer Franken und beschäftigt zurzeit rund 2300 Mitarbeitende an neun Standorten auf drei Kontinenten. Die Siegfried Holding AG ist an der SIX Swiss Exchange kotiert (SIX: SFZN).
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