Rudolf Hanko, CEO Siegfried Gruppe. (Foto: zvg)
von Robert Jakob
Moneycab.com: Herr Hanko, Siegfried liess Ulla Schmidt, die ehemalige deutsche Gesundheitsministerin, in den Verwaltungsrat wählen. Was versprechen Sie sich von diesem Schachzug?
Rudolf Hanko: Frau Schmidt ist eine äusserst erfahrene und anerkannte Politikerin. Ihr Eintritt in unseren Verwaltungsrat ist deshalb für uns sehr wertvoll. Sie kann uns Türen öffnen und wichtige Hinweise geben.
Kannten Sie sie bereits früher persönlich?
Nein.
Akquisitionsbedingt verzeichnete Siegfried mit plus 52,5 Prozent auf fast eine halbe Milliarde Franken im 2015 einen Rekordumsatz. Wegen tieferer Steuergutschriften und höherer Finanzaufwendungen blieb aber der Reingewinn mit rund 40 Millionen Franken gleich. Wo liegt, bei geglätteten Steuer- und Finanzkosten, die zukünftige Reingewinnerwartung?
Der Reingewinn wird von zusätzlichen Faktoren beeinflusst, nicht nur vom betrieblichen Ergebnis. Unser Ziel ist es, nachhaltig eine Reingewinnmarge von 10 Prozent zu erzielen.
Die 2014 übernommene deutsche Hameln Pharma ist in ähnlichen Produktkategorien aktiv wie die 2012 übernommene AMP in Kalifornien. Wieso ist diese räumliche Trennung nötig?
Die Standorte sind beide in der Sterilabfüllung tätig. Irvine ist wesentlich kleiner und sehr stark fokussiert auf anspruchsvolle Spezialanwendungen. Hameln verfügt über modernste Grossanlagen und ist in der Lage, auch umfangreiche Aufträge auszuführen. Wir sind also perfekt aufgestellt.
Siegfried ist ein Auftragshersteller für Arzneimittel. Neu gewonnene Projekte werden von Ihnen immer risikoadjustiert. Welche Risiken könnten eintreten?
Von allen Wirkstoffen, die auf die lange Reise durch die klinischen Studien gehen, schaffen es nur wenige bis zur Marktreife. Wir erhalten diese Wirkstoffe etwa in der Hälfte dieser Reise. Und auch in der zweiten Hälfte der zu leistenden Studien scheitern Wirkstoffe, sei es mangelnde Wirksamkeit, Nebenwirkungen oder andere Ursachen, die eine erfolgreiche Vermarktung verunmöglichen.
«Ab Phase IIb beträgt das Risiko einen Drittel.»
Rudolf Hanko, CEO Siegfried Pharma
Und wie hoch ist die Adjustierung im Schnitt?
Das hängt davon ab, in welcher klinischen Phase die Wirkstoffe bei uns in die Entwicklung kommen. Ist es die Phase IIb, was oft der Fall ist, beträgt die Risikoadjustierung zum Beispiel einen Drittel.
Siegfried stellt 40 verschiedene Arzneimittelformulierungen und 15 fertige Medikamente her. Wie lange dauert denn der Wechsel von einer Produktionscharge zur anderen, und wie lange sind solche Produktionszyklen?
Als Anbieter mit Mehrzweckanlagen besteht unsere Spezialisierung darin, sehr rasch, das heisst innert weniger Tage, wechseln zu können. Die Dauer einer Kampagne hängt stark von der notwendigen Anzahl chemischer Reaktionen ab. Das variiert zwischen Tagen und Wochen.
Hat jedes Arzneimittel einen eigenen Produktionsverantwortlichen?
Nein. Es gibt begleitende Produktchemiker und Pharmazeuten bei fertig formulierten Medikamenten. Diese betreuen aber verschiedene Produkte.
«Die Margen im Auftragssynthese- und Zuliefergeschäft sind noch nicht in unserem Zielkorridor. Wir werden das aber bis ins Jahr 2018 schaffen»
Letztes Jahr hat Siegfried Teile des Auftragssynthese- und Zuliefergeschäfts im pharmazeutischen Bereich von BASF gekauft. Hat dieses Geschäft eine andere Marge als Ihr bestehendes?
Die Margen sind noch nicht in unserem Zielkorridor. Das haben wir auch kommuniziert. Wir werden das aber bis ins Jahr 2018 erreichen.
Mittlerweile ist Siegfried was die Bilanzsumme betrifft schon jetzt ein Milliardenunternehmen. Es wird aber von den Leuten auf der Strasse immer noch mit dem seit langem verkauften Teegeschäft assoziiert. Ist das ein Vor- oder Nachteil?
„Abwarten und Teetrinken“ war für Siegfried schon damals keine Handelsmaxime. Tatsächlich höre ich vom Teegeschäft, das vor meiner Zeit bei Siegfried verkauft wurde, da und dort noch etwas. Das zeigt, wie wichtig Branding ist. Darauf legen wir auch heute noch Wert. Unser Slogan „Siegfried – expect more“ zeigt, dass wir immer noch viel Kraft in unser Branding investieren und unsere Markenwerte auch leben.
Zur Person:
Dr. Rudolf Hanko (1955) hat per 1. Mai 2009 die Verantwortung als CEO bei Siegfried übernommen. Er war in verschiedenen leitenden Funktionen in der chemisch-pharmazeutischen Industrie tätig, zuletzt als Leiter des Geschäftsgebiets Exklusiv-Synthese und Aminosäuren bei der deutschen Firma Evonik Industries AG. Vor seinem Engagement bei Evonik Industries AG war Rudolf Hanko in der Pharmadivision der Bayer AG Leiter der chemischen Forschung und anschliessend General Manager der Geschäftseinheit Feinchemikalien dieses Unternehmens. Rudolf Hanko hat an der Universität Göttingen in Chemie promoviert und ist deutscher Staatsbürger.
Zum Unternehmen:
Mit Tees hat Siegfried nichts mehr zu tun. Als ehemaliges voll integriertes Pharma-Unternehmen ist Siegfried heute einer der wenigen Zulieferer der Pharmabranche, welcher sowohl die Entwicklung von Wirkstoffen als auch von fertig formulierten Medikamenten unter einem Dach ausführen kann. Siegfried will seine technologische und geografische Präsenz rund um den Globus weiter ausdehnen. Neben technologischer Kompetenz und globaler Präsenz liegt der Fokus darauf, die Gesamtprozesse für alle Produkte zu kontrollieren, um grösstmögliche Sicherheit zu gewährleisten. Die Entwicklungs- und Produktionsstandorte befinden sich in der Schweiz, Deutschland, China, Frankreich, auf Malta und in den USA.
Das Unternehmen erzielte im Geschäftsjahr 2015 einen Umsatz von 481 Millionen Schweizer Franken und beschäftigt zurzeit rund 2200 Mitarbeitende an neun Standorten auf drei Kontinenten. Die Siegfried Holding AG ist an der SIX Swiss Exchange kotiert (SIX: SFZN).