Samuel Sigrist, CEO SIG Group, im Interview

Samuel Sigrist, CEO SIG Group, im Interview
Samuel Sigrist, CEO SIG Group. (Foto: SIG)

von Bob Buchheit

Moneycab.com: Herr Sigrist, die bereinigte EBITDA-Marge lag im zweiten Quartal bei sehr guten 25,7 Prozent. Dass Sie das trotz der Akquisitionen erreicht haben, erstaunt…

Samuel Sigrist: Ja, wir sind sehr zufrieden, wie sich das Geschäft trotz der wirtschaftlichen Herausforderungen entwickelt. Einmal mehr erweist sich unser Geschäftsmodell als sehr robust. Die Akquisitionen entwickeln sich dabei sehr gut, wir haben auch schon verschiedene Chancen für Cross-Selling nutzen können. Der Anstieg der bereinigten EBITDA-Marge im zweiten Quartal ist auf die Preisanpassungen zurückzuführen, mit der wir wie die Kosteninflation an die Kunden weitergeben. Zudem haben wir von einem vorteilhaften Produktmix profitiert. In der zweiten Jahreshälfte wird sich das wieder etwas ausgleichen. Wir erwarten auf Jahresbasis nach wie vor eine bereinigte EBITDA-Marge von 24 bis 25 Prozent.

«Die Akquisitionen entwickeln sich sehr gut, wir haben auch schon verschiedene Chancen für Cross-Selling nutzen können.»
Samuel Sigrist, CEO SIG Group

Zu Zeiten des Eisernen Vorhangs ging ja mehr als ein Zehntel der Produktion in den Ostblockländern durch fehlerhafte oder fehlende Verpackung verloren. Verpackungen sind wohl unabdingbare Garanten einer gesicherten Versorgung der Bevölkerung?

Unsere Verpackungen sorgen dafür, dass Menschen weltweit sicheren Zugang zu wichtigen Nahrungsmitteln zu erschwinglichen Preisen haben. Die sterile Verpackung sorgt zudem für lange Haltbarkeit, auch ohne Kühlung. Wir erhöhen damit die Effektivität des gesamten Nahrungsmittelsystems auf nachhaltige Weise.

Die beiden ersten Quartale des Jahres sind von einem konstant gesunden Umsatz und EBITDA-Wachstum gekennzeichnet. Trotz trüben Konjunkturaussichten, dürfte die Verpackungsindustrie also weiter rund laufen?

Wir verpacken ja vor allem Lebensmittel des täglichen Bedarfs, insbesondere Milch. Die Nachfrage nach diesen Produkten ist relativ stabil oder wächst mit der Bevölkerung und mit dem durchschnittlichen Einkommen der Menschen in den Entwicklungs- und Schwellenländern. Im aktuell inflationären Umfeld ist zudem die Flexibilität unserer Maschinen ein grosser Vorteil. Über die Verpackungsgrösse können unsere Kunden die Produktmenge einfach und variabel steuern und so wichtige Preispunkte halten. Wir sind deshalb zuversichtlich, dass wir weiterwachsen werden. Das zeigt sich auch an der hohen Zahl an vor Kurzem platzierten Abfüllanlagen und der nach wie vor gut gefüllten Pipeline.

«Unsere Verpackungen sorgen dafür, dass Menschen weltweit sicheren Zugang zu wichtigen Nahrungsmitteln zu erschwinglichen Preisen haben.»

Die höheren Rohmaterialkosten konnten Sie weitergeben, respektive sich gut zur Hälfte dagegen absichern. Wie läuft denn Letzteres bei SIG?

Beim Kartonrohstoff verfügen wir über langfristige Verträge und haben eine hohe Visibilität der Kosten. Bei anderen Rohstoffen sichern wir einen Teil über Termingeschäfte ab.

Im Vergleich zum ersten Halbjahr 2022 verzeichnete SIG in Europa eine starke Nachfrage nach SIG Terra, einer aluminiumfreien oder auf pflanzlichen Polymeren basierenden Verpackungslösung. Handkehrum stellt sich natürlich die Frage, ob woanders in der Welt kein so grosser Bedarf nach nachhaltigen Verpackungslösungen besteht?

Die Nachfrage nach unseren nachhaltigsten Produkten steigt weltweit. Das hat damit zu tun, dass sich viele Unternehmen auf der ganzen Welt Ziele für die Reduktion ihrer CO2-Emissionen gegeben haben, aber auch daran, dass die Konsumentinnen und Konsumenten der Nachhaltigkeit immer grössere Beachtung schenken. Der Karton hatte schon bisher die beste CO2-Bilanz. Mit unseren alufreien Verpackungen machen wir nochmals einen grossen Schritt in diese Richtung.

Gekühlte Kartonverpackungen sind in der Region Asien-Pazifik der Renner. Ist das auch eine Folge des Klimawandels?

Nein, das hat vor allem damit zu tun, dass in Asien, insbesondere in China, deutlich mehr Milchprodukte konsumiert und die Kühlketten ausgebaut werden. Milch wird als Proteinlieferant und gesundes Lebensmittel auch in China immer bedeutender, sowohl in haltbarer Form als auch immer mehr als gekühlte Frischmilch.

Besonders stark wirkte sich das durch Akquisitionen gestärkte Bag-in-Box- und Standbeutel-Geschäft in Nord- und Südamerika aus. Was erwarten Sie von den «Americas» in den nächsten Jahren generell?

Durch die Akquisition von Scholle IPN haben wir uns vor allem in Nordamerika klar verstärkt. Wir haben hier jetzt einen deutlich breiteren Zugang zu Produzenten und zum Food-Service-Geschäft. Wir gehen davon aus, in Nordamerika auch im Kartongeschäft deutlich zu wachsen. Mit unserer neuen Fabrik in Mexiko sind wir gut aufgestellt, um das Wachstum in der Region zu unterstützen.

«Der Karton hatte schon bisher die beste CO2-Bilanz. Mit unseren alufreien Verpackungen machen wir nochmals einen grossen Schritt in diese Richtung.»

Wird dann auch die Ebitda-Marge der Region Nord- und Südamerika, die ja im Augenblick unter dem mittelfristigen Zielband liegt, ansteigen?

Der Anteil des akquirierten Geschäfts ist in dieser Region deutlich höher. Deshalb wirkt sich die Verwässerung hier auch etwas stärker aus. Wir sind aber überzeugt, dass wir die Marge auch in dieser Region in den nächsten Jahren durch den Ausbau des Kartongeschäfts und Innovationen weiter steigern können.

Besonders hoch ist die Marge mit 30 Prozent in der Region Mittlerer Osten und Afrika, wo SIG sehr präsent ist. Wie umschiffen Sie dort politische Herausforderungen?

Wir sind schon lange in der Region und verfügen dort über grosse Erfahrung und ein gutes Netzwerk. Da wir von den Wachstumschancen in der Region überzeugt sind, lassen wir uns auch durch vorübergehende Schwankungen der Nachfrage in einzelnen Ländern aufgrund von politischen Ereignissen nicht entmutigen. Dank unserer Präsenz in über 30 Ländern in diesem Grossraum können wir diese Schwankungen in der Regel auch ausgleichen.

Die gesamten Nettoinvestitionen von 171.4 Millionen Euro, verglichen mit EUR 15.5 Millionen im Halbjahresvergleich, werden in den nächsten Jahren Früchte tragen. Wo sehen Sie im 2024 den freien Cashflow?

Wir machen keine Voraussagen zum Cashflow. Wir wollen den währungsbereinigten Umsatz mittelfristig jährlich um 4-6% steigern und eine bereinigte EBITDA-Marge von über 27% erzielen. Die Nettoinvestitionen sehen wir im Bereich von 7-9% des Umsatzes. Weiter ist vorgesehen 50-60% des bereinigten Gewinns als Dividende auszuzahlen. Konkret heisst das, dass die Dividende jedes Jahr steigen soll.

Der Verschuldungsgrad soll im nächsten Jahr deutlich sinken. Wo soll er ganz langfristig stehen?

Den Verschuldungsgrad wollen wir mittelfristig auf zweimal bereinigtes EBITDA senken. Mit der aktuellen Entwicklung sind wir dabei auf gutem Weg.

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