von Patrick Gunti
Moneycab.com: Frau Lienhart, der Claim der Bank Cler lautet «Zeit, über Geld zu reden». Also tun wir das doch: Im 1. Halbjahr konnte der Geschäftsertrag um 0,2% auf 123,5 Mio Franken gesteigert werden, das Zinsengeschäfte legte ebenso um 0,2% auf 87,3 Mio zu. Der Halbjahresgewinn fiel 5% höher aus (19,8 Mio). Wie werten Sie das Resultat?
Sandra Lienhart. Ich bin mit der Verbesserung unserer Profitabilität zufrieden. Dank dem Ausbau des Hypothekargeschäfts und der Optimierung der Refinanzierungskosten entwickelte sich unser Zinsengeschäft positiv. Im Kommissions- und Dienstleistungsgeschäft bremsten die politischen und wirtschaftlichen Unsicherheiten an den Märkten die Aktivitäten der Anleger. Im Gegenzug konnten wir ein starkes Wachstum bei den Anlagelösungen, der professionellen Vermögensverwaltung ab 10’000 Franken, verzeichnen.
Die Hypothekarforderungen nahmen um 2,2 % auf 15 Mrd Franken zu. Was prägte das Hypothekargeschäft?
Das Wachstum wird geprägt durch die Vergabe von Hypotheken für Neu- und Umbauten an private Personen wie auch an Wohnbaugenossenschaften. Diese für uns sehr wichtige Zielgruppe tätigt umfangreiche Investitionen in bestehende, ältere Liegenschaften.
Die Nationalbank wird nicht müde, die Risiken des Immobilienmarktes zu betonen und möchte die Hypothekarvergabe noch stärker regulieren. Was halten Sie davon?
Die Bank Cler hält seit Jahren unverändert an ihren strengen Kreditvergaberichtlinien fest. In den letzten Jahren ist es uns gelungen, risikogerecht und ertragsorientiert zu wachsen. Ausserdem haben wir unsere Bankbilanz konsequent gegen Zinsänderungsrisiken abgesichert. Ich kann hier nicht für die gesamte Branche sprechen, aber mit Blick auf unser eigenes Geschäft sehe ich keinen weiteren Regulierungsbedarf.
Die Festzinshypotheken haben sich die letzten Monate kaum vom Fleck bewegt. Wann gehen Sie frühestens von einem Zinsanstieg aus?
Vor 2019 erwarten wir keine Zinswende.
Wie verhalten sich die Kunden angesichts der anhaltenden Tiefzinsphase, private einerseits, institutionelle andererseits?
Die Privatkunden halten aktuell weniger Gelder auf den Sparkonten als auf den Privatkonten, denn sie wollen ihre Gelder kurzfristig für attraktivere Anlagen verfügbar haben. Bei den institutionellen Kunden ist die Nachfrage nach kurz- und mittelfristigen Anlagen in Form von Festgeldern unverändert gegeben. Grundsätzlich rechnet der Kapitalmarkt jedoch mit einer mittelfristigen Zinserhöhung.
«Unsere Geschäftsstellen sind offener, moderner und frischer geworden und unsere Smartphone-Bank Zak macht uns zum digitalen Vorreiter im Schweizer Bankenmarkt.»
Sandra Lienhart, CEO Bank Cler
Seit Mai letzten Jahres firmiert die ehemalige Bank Coop als Bank Cler. Wie ist das Rebranding aufgenommen worden? Haben Sie auch Kunden verloren?
Der neue Name und unsere neue Ausrichtung kommen bei unseren Kunden sehr gut an. Unsere Geschäftsstellen sind offener, moderner und frischer geworden und unsere Smartphone-Bank Zak macht uns zum digitalen Vorreiter im Schweizer Bankenmarkt. Es gab vereinzelte Kunden, welche die Bank wegen des Namenswechsels verlassen haben. Eine repräsentative Umfrage zeigt aber, dass wir schweizweit positives Image gewonnen haben und jetzt als innovative und moderne Bank wahrgenommen werden. Zudem können wir bei jüngeren Kunden, einer Zielgruppe, bei der wir bisher untervertreten waren, neu punkten.
Cler steht im Rätoromanischen für klar, einfach und deutlich. Welche Zwischenbilanz ziehen Sie bei der Umsetzung der Strategie?
Wir positionieren uns als digitale Bank mit physischer Präsenz. Das heisst, dass wir in die digitalen Angebote wie auch in die Geschäftsstellen investieren. In den letzten zwölf Monaten haben wir einiges erreicht. Wir haben drei digitale Angebote auf den Markt gebracht: unsere virtuelle Geschäftsstelle, die Immobilienbewertungsapp «Quanto» und unsere Smartphone-Bank Zak. Diese Angebote sind einfach und intuitiv nutzbar. Das neue Geschäftsstellenkonzept setzen wir konsequent um: Dieses Jahr haben wir bereits drei Geschäftsstellen an einem attraktiveren Standort eröffnet und eine Geschäftsstelle umgebaut. Die gestiegenen Besucherfrequenzen zeigen, dass wir die richtigen Massnahmen getroffen haben.
An welche Zielgruppe richtet sich Zak?
Zak ist zusammen mit Studenten, Berufseinsteigern und Kunden entwickelt worden und wird mit ihnen gemeinsam ausgebaut. Diese Zielgruppe ist digital affin und stellt hohe Ansprüche an mobile Angebote. Für sie muss die App einfach, funktional und übersichtlich sein. Weniger ist mehr, war der Anspruch. Deshalb haben wir uns auf die wesentlichen Funktionalitäten beschränkt. Es zeigt sich, dass wir damit auch die Ansprüche und Bedürfnisses anderer Kundensegmente treffen. Wir haben sogar Nutzer, die über 70 Jahre alt sind.
«Wir positionieren uns als digitale Bank mit physischer Präsenz.»
Die durchgehend digitale Kontoeröffnung ist wirklich sehr einfach. Wie sind die Reaktionen darauf, wie viele Downloads waren bisher zu verzeichnen?
Bis Mitte Jahr konnten wir über 25’000 Downloads mit einer erfreulichen Konversionsrate verzeichnen. Das zeigt, dass unser Angebot auf grosses Interesse stösst. Die Reaktionen, die wir erhalten, sind sehr positiv. Beweis dafür ist, dass die Anzahl Kunden, welche die App intensiv nutzen und die damit getätigten Transaktionen kontinuierlich steigen.
Wie soll Zak weiterentwickelt werden, welche zusätzlichen Angebote sind angedacht oder bereits in der Realisierungsphase?
Wir nehmen laufend Verbesserungen oder Neuerungen vor. Seit Einführung von Zak wurde zum Beispiel die Funktion der gemeinsamen Töpfe, d.h. die Möglichkeit, Ausgaben zu zweit oder in einer Gruppe zu verwalten, eingeführt, Push-Nachrichten bei Kontobewegungen realisiert und ein Empfehlungsprogramm gestartet. Weitere Angebote sind in Ausarbeitung und folgen demnächst.
Die Digitalisierung des Finanzwesens schreitet voran. Welche weiteren Projekte verfolgt die Bank Cler in diesem Bereich? Welche Trends finden Sie persönlich am spannendsten?
Im Moment steht für uns die Weiterentwicklung von Zak an erster Stelle. Aber natürlich verfolgen wir weitere Projekte, über die wir informieren, sobald sie marktreif sind. Alles geht unheimlich schnell. Das ist einerseits faszinierend, andererseits auch eine Herausforderung für uns alle. Wenn man sich bewusst macht, welche Relevanz das Smartphone im heutigen Alltag hat, dann frage ich mich, wie es früher ohne Smartphone ging. Ein spannender Trend, den wir auch mit Zak verfolgen, ist der Aufbau eines Ökosystems zur Erschliessung neuer Ertragsquellen. Interessant ist ausserdem die Möglichkeit des Einsatzes von Blockchains, z.B. in der Nachverfolgbarkeit von fair abgebautem Gold. Und was mich besonders beeindruckt und uns in der Kundenberatung viele neue Perspektiven bietet, ist der Einsatz von künstlicher Intelligenz zur Verbesserung des Kundenerlebnisses.
Frau Lienhart, besten Dank für das Interview.
Zur Person:
Sandra Lienhart ist seit 23. Juni 2017 Vorsitzende der Geschäftsleitung der Bank Cler. Seit 2004 war sie als Leiterin Geschäftsbereich Vertrieb und Mitglied der Geschäftsleitung in der Bank Cler (ehemals Bank Coop) tätig. Sandra Lienhart verfügt über einen Executive Master of Business Administration ZFH der Hochschule für Wirtschaft Zürich und der University of Darden, USA.