Von Helmuth Fuchs
Moneycab: Herr Feese, antavi ist ein ETH Spin-Off. Welches Forschungsprojekt liegt dem Startup zugrunde, wie viel konnten Sie aus dem Forschungsprojekt an Grundlagen übernehmen?
Sebastian Feese: Die Idee entstand in einem EU Forschungsprojekt, in dem es darum ging herauszufinden, ob app-basiertes Besuchermonitoring bei Grossveranstaltungen die Sicherheitskräfte unterstützen kann. Beim Züri Fäscht 2013 hatten wir grossen Erfolg und das enorme Interesse von Crowdmanagement und Polizei hat uns dazu bewogen antavi zu gründen. Für das Züri Fäscht 2016 haben wir die Idee genommen und unsere Plattform von Grund auf neu entwickelt.
«Neben der Analyse von Bewegungsströmen, bieten wir eine Software für die Kommunikation und Koordination von Einsatzkräften an.» Sebastian Feese, Mit-Gründer antavi
Ihre Lösung ermöglicht es, grosse Menschenansammlungen in Echtzeit zu analysieren (Dichte, Bewegung, Hotspots…) und darauf basierend Maßnahmen für Veranstalter, Rettungs- oder Sicherheitskräfte zu veranlassen? Wer genau ist das Zielpublikum für die erste Version der Lösung?
Wir arbeiten eng mit allen relevanten Parteien einer Grossveranstaltung zusammen. Neben dem Veranstalter sind es insbesondere die Blaulicht Organisationen und privaten Sicherheitsdienstleister. Darüber hinaus lässt sich unsere Technologie für weitere Anwendungen nutzen, beispielsweise dem urbanen Verkehr und Stadttourismus.
Sie konnten Ihre Lösung wie erwähnt schon für das Züri Fäscht oder das Oktoberfest in München testen. Was sind die wichtigsten Erkenntnisse, welche weiteren Funktionen entstehen eventuell daraus?
Mit diesen beiden Referenzen konnten wir zeigen, dass unsere Lösung funktioniert. Kleinere Projekte nutzten wir, um die Technik weiterhin zu verfeinern. Indem wir uns in den operativen Prozess des Crowd Managements einbringen, konnten wir eine Menge lernen und unsere Lösung erweitern. Neben der Analyse von Bewegungsströmen, bieten wir eine Software für die Kommunikation und Koordination von Einsatzkräften an.
«Alle Daten werden in anonymisierter Form verarbeitet und gespeichert und nur aggregierte Visualisierungen dargestellt.»
Um die dynamischen Aspekte einer Menge in Echtzeit abzubilden benötigen Sie Zugriff auf die GPS-Daten der Besucher. Wie steht es da mit dem Datenschutz und den Möglichkeiten, Daten auszuwerten und aufzubewahren?
Datenschutz ist uns ein grosses Anliegen. Wir kommunizieren dem Benutzer wie Daten genutzt werden und geben ihm volle Kontrolle mittels Opt-In und Opt-Out Möglichkeiten. Zudem werden alle Daten in anonymisierter Form verarbeitet und gespeichert und nur aggregierte Visualisierungen dargestellt.
Ein wichtiger Teil Ihrer Lösung ist die Kommunikationsplattform für die Einsatzleiter einer Veranstaltung. Was sind beim Aufbau der Kommunikationsplattform die grössten Herausforderungen?
Erste Priorität ist es natürlich, einen ausfallsicheren Service anzubieten. Dazu arbeiten wir beispielsweise mit der Swisscom zusammen, um die Datenübertragung sicherzustellen. Darüber hinaus legen wir grossen Wert auf eine einfache und intuitive Benutzbarkeit damit Nutzer ohne besondere Einarbeitung unser System nutzen können.
Google verwendet einen ähnlichen Ansatz, um Stausituationen zu erkennen und Umfahrungs-Empfehlungen abzugeben und hat auch eine Chat- und Telefon Einbindung. Inwieweit könnte Google hier zur Konkurrenz werden, wo haben Sie einen Vorsprung oder Alleinstellungsmerkmale?
Sicher, Google hat einen gigantischen Datenpool der für Anwendungen im Smart City Bereich sehr interessant ist. Allerdings ist es für Städte sehr wichtig, selbst Eigentümer der Daten zu sein, so dass hier ein Bedarf besteht, mit anderen Anbietern zusammenzuarbeiten.
Das eine ist die Erfassung einer dynamischen Menschenansammlung. Ebenso interessant wäre es, eine Vorhersage zu machen, wie sich die Menge bewegen wird in der nächsten Zeit, wo sie wachsen, wo abnehmen wird, wo sich Problemzonen entwickeln werden. Was planen Sie für diesen Bereich?
Die Vorhersage von Bewegungsströmen steht auf unserer Roadmap. Noch ist allerdings offen, inwieweit sich in die Zukunft sehen lässt und für welche Gebiete die Simulation gute Ergebnisse liefern wird.
antavi bietet die Lösung als Cloud-Service an. Wie sieht die Preisgestaltung aus?
Je nach Kundenwunsch haben wir zwei Möglichkeiten. Wir bieten unsere Lösung zum einen als Software-as-a-Service an, welche sich insbesondere an private Sicherheitsfirmen richtet. Für Blaulichtorganisationen haben wir eine Enterprise Solution. Da das Veranstaltungsgeschäft sehr flexibel ist, spiegelt sich das auch in einem flexiblen Preismodell wider.
Haben Sie Partnerschaften mit anderen Unternehmen?
Wir setzen auf enge Partnerschaften mit Grosskonzernen, wie beispielsweise mit PwC und der Swisscom. Erste Piloten wurden bereits erfolgreich gemeinsam durchgeführt. Als Technologiepartner geniessen wir ein grosses Vertrauen. Das hilft uns beim Aufbau einer vertrauensvollen Marke antavi und dient als zusätzlicher Vertriebskanal. Gleichzeitig hilft es den Unternehmen, um mit frischen Ideen aus unserem Startup ihre Kunden zu beeindrucken – eine Win-Win Situation.
«Um schneller wachsen zu können, planen wir unsere Seed-Runde für das nächste Jahr.»
Wie sehen die Besitzverhältnisse bei Antavi aus, wie offen sind Sie für neue Investoren und wie wollen Sie das weitere Wachstum finanzieren?
Bis jetzt halten wir Gründer 100% der Firmenanteile. In der jetzigen Phase konnten wir unsere Produktideen validieren und mit Experten verfeinern. Damit sind wir bereit, stärker in den Markt zu dringen. Um schneller wachsen zu können, planen wir unsere Seed-Runde für das nächste Jahr.
Sie nahmen am diesjährigen Kickstart Accelerator Programm teil. Was waren Ihre konkreten Erwartungen in diesem Programm, welche haben sich erfüllt?
In erster Linie hatten wir als Ziel, unser Business Model und die Go-to-Market Strategie mit unserem Mentor und den Experten weiterzuentwickeln. Darüber hinaus haben wir einen Proof of Concept mit einem der Global Partners umsetzen können.
Der Gesprächspartner:
Sebastian Feese ist Experte für Sensordatenerfassung und Datenanlysen für Team-Leistung und kollektives Verhalten auf Grossveranstaltungen. Während seines Doktorats entwickelte er eine Smartphone-basierte Lösung, um Teaminteraktionen im Einsatz zu erfassen. Sebastian Feese auf Linkedin…
Das Unternehmen:
antavi GmbH ist ein spin-off der ETH Zürich. Es entwickelt Lösungen für das Crowd Management von morgen. Mit jahrelanger Erfahrung in der Verhaltensanalyse nimmt antavi eine Perspektive ein, wie kein anderer im Prozess des Crowd Managements: Angefangen beim Crowd Manager, den Einheiten im Feld und den Besuchern selbst. Die Lösungen wurden erfolgreich bei Europas grössten Veranstaltungen eingesetzt.
Firmeninformatiuonen zu antavi bei monetas.ch
Das Interview entstand in Zusammenarbeit mit Kickstart Accelerator und digitalswitzerland