Simon Lamprecht, Geschäftsführer shaPE Capital

Simon Lamprecht

Simon Lamprecht, Geschäftsführer shaPE Capital. (Foto: zvg)

von Bob Buchheit

Moneycab: Herr Lamprecht, shaPE zahlt seinen Aktionären die Anlagegelder zurück. Im Frühjahr gab es eine 25prozentige Cash-Dividende. Das ist bereits die zweite grosse Abschlagszahlung im Auflösungsprozess von shaPE. Welches wird der nächste Schritt sein?

Simon Lamprecht: Nicht nur allein Cash-Ausschüttungen an die Aktionäre, sondern auch Verkäufe, Aktienrückkäufe und das Halten und Ernten von Private Equity-Anlagen sind für den Aktionär wichtig. Alle vier Pfeiler sind bei uns gleichberechtigt, wobei je nach Marktsituation einzelne im Vordergrund stehen können. Zu Beginn der Realisationsstrategie lag der Fokus auf dem Verkauf von Investments und auf Aktienrückkäufen. Mit den Verkäufen von jungen Fondsanteilen wurden primär offene Zahlungsverpflichtungen, die sogenannten „unfunded commitments“ abgebaut. Der durch den Verkauf realisierte Verlust konnte durch umfangreiche Aktienrückkäufe zu einem hohen Discount zum NAV pro Aktie kompensiert werden. Aus heutiger Sicht werden bei shaPE Investmentverkäufe auch von reiferen Fondsanteilen und Cash-Ausschüttungen weiter an Bedeutung gewinnen.

Beim Verkauf von Private Equity Funds auf dem Sekundärmarkt lassen sich nur schlechte Preise erzielen. Wäre es nicht vernünftig Block Deals auszuhandeln, zur Not mit Hilfe von unabhängigen Maklern?

Der Sekundärmarkt für Private Equity-Anteile hat sich über die letzten Jahre enorm weiterentwickelt und ist grösser und effizienter geworden. Nicht zuletzt die Finanzkrise hatte diesbezüglich einen starken Katalysatoreffekt. Wir haben mittlerweile ein weitverzweigtes Beziehungsnetz und kennen viele Marktteilnehmer. Wir arbeiten aber fallweise auch mit Maklern und Intermediären zusammen. Wir prüfen bei Verkäufen immer auch die Möglichkeit zur Schnürung eines Pakets. In vielen Fällen kamen wir jedoch zum Schluss dass der Verkauf einzelner Fondsanteile an den jeweils Höchstbietenden zu besseren Resultaten führt.

Es befinden sich jetzt noch 83 Millionen Franken in Form von Bargeld und Investments  in der Kasse. Wann schätzen Sie, werden die endgültig abgewickelt sein?

Wir sind generell vorsichtig mit expliziten Prognosen. Das exakte Timing hängt von unserer laufenden Beurteilung der Attraktivität von „Halten und Ernten“ gegenüber „Verkauf“ ab. Wir halten heute Ersteres in den meisten Fällen noch für attraktiver. Um eine etwas konkretere Aussage zu machen: Ich denke nicht, dass es noch Jahre dauern wird. Einige weitere Quartale, ist meine aktuell bestmögliche Schätzung.

Was werden Sie persönlich danach machen? Werden Sie sich auf Ihre Tätigkeit bei Julius Bär konzentrieren?

Richtig, wir sind zurzeit daran, ein Angebot für vermögende Privatkunden aufzubauen, welches unter anderem Zugang zu Private Equity Investments beinhaltet.

«Ich denke, der bisherige Verlauf des Realisationsprozesses gibt uns Recht, und wir haben den vollen Support unserer Aktionäre.»
Simon Lamprecht, Geschäftsführer shaPE Capital

Ist das nicht ein merkwürdiges Gefühl, abzubauen statt aufzubauen?

Aufbauen ist in der Tat leichter mit positiven Gefühlen zu assoziieren, als abzubauen. Auf der anderen Seite haben wir uns das Ziel gesetzt, mit dem Vehikel ein Maximum an Mehrwert an die Aktionäre zurückzuführen, und dem fühle ich mich verpflichtet. Ich denke, der bisherige Verlauf des Realisationsprozesses gibt uns Recht, und wir haben den vollen Support unserer Aktionäre. Eine Sache zu einem befriedigenden Ende zu bringen, und die Verantwortung bis zum Schluss zu tragen kann ich auch mit einem positiven Gefühl verbinden.

Könnte man nicht bei einer shaPE-Generalversammlung eine erneute Kehrtwende vorschlagen? Es gibt ja im Moment viele PE Funds, die fleissig wieder investieren.

Das ist grundsätzlich richtig, und ich denke auch, dass wir im Bereich Listed Private Equity durchaus noch weitere Entwicklungen sehen werden. Bei shaPE sind wir unseren Aktionären verpflichtet, welche eine Realisationsstrategie nach wie vor befürworten.

Durch Overcommitments, zu hohe Investitionsverpflichtungen gegenüber den einzelnen Fund-Managern, gerieten die kotierten Private Equity-Gesellschaften während der Finanzkrise in die Zwickmühle. Welche Lehren hat man daraus zu ziehen?

Ein wichtiges Stichwort haben Sie bereits genannt. Die Vehikel am Markt sind heute um einiges konservativer aufgestellt und arbeiten mit weniger Overcommitment. Weitere Faktoren, die aus meiner Sicht zu den „Lessons learned“ gehören sind: Eine gut abgestützte Kreditlinie für schlechte Zeiten, ein solides Market Making, entweder durch einen externen Market Maker oder durch die Gesellschaft selber, ein aktives Discount-Management durch  Aktienrückkaufprogramme oder auch die Möglichkeit einer zwingenden Auflösungsabstimmung durch Aktionäre bei bestimmten Discount-Niveaus.

Bei den ganz kleinen PE-Firmen gab es auch jüngst  Skandale wegen veruntreuter Gelder. Ist eine schärfere Regulierung der Private Equity-Branche nötig?

Ich habe grundsätzlich ein grosses Vertrauen in das Private Equity-Modell, insbesondere solange der Private Equity Manager Seite-an-Seite mit den Investoren mit-investiert und somit eine Angleichung der Interessen geschaffen wird. Ich sehe in den angesprochenen, im Einzelfall natürlich immer sehr bedauerlichen Fällen von Veruntreuung, jedoch kein generelles Problem der Branche, welches nach einer stärkeren Regulierung rufen würde. Meines Erachtens leidet die Branche und damit letztlich auch der Private Equity Investor eher an einem „Zuviel“ als einem „Zuwenig“ an Regulierung.

«Meines Erachtens leidet die Branche und damit letztlich auch der Private Equity Investor eher an einem „Zuviel“ als einem „Zuwenig“ an Regulierung.»

Die neuen BVG-Richtlinien geben den Pensionskassen grössere Freiheiten in alternative Anlagevehikel zu gehen. Sieht man sich aber die Vermögensklassen in den Portfolios an, so wird diese Möglichkeit kaum genutzt. Ist dies aus Angst oder Unverständnis?

Das dürfte in einigen Fällen sicher zutreffen und insbesondere in der Schweiz stellt man vielerorts nach wie vor eine grundsätzliche Skepsis gegenüber der Anlageklasse fest. Aus meiner Sicht hängen die Höhe der Allokation und die Erfahrungen mit der Anlageklasse stark mit der Grösse einer Institution und dem entsprechend vorhandenen Know-how zusammen. Einige der grösseren Institute haben eigene Teams aufgebaut und verfolgen seit Jahren oder gar Jahrzehnten eine konsequente Allokationsstrategie. Das zahlt sich aus, und Private Equity gehört bei vielen dieser Institute heute zu einer der am besten performenden Anlageklasse, insbesondere bei Betrachtungen über längere Zeithorizonte. Insgesamt meine ich, dass bei Pensionskassen eine höhere Allokation somit nicht zuletzt aus Sicht der Versicherten absolut wünschenswert wäre.

Rechnen Sie als Anlagespezialist in den nächsten Dekaden mit geringeren Nettorenditen?

Ich finde eine generalisierende Aussage dazu eher schwierig. Der Deleveragingprozess und dessen dämpfende Wirkung auf das Wirtschaftswachstum werden die Finanzmärkte sicher noch einige Zeit belasten. Auch die demografische Entwicklung in vielen Volkswirtschaften stellt eine Herausforderung dar. Mich interessieren allerdings vielmehr die bei einem gegebenen Umfeld attraktivsten Investitionsgelegenheiten. Im Private Equity-Bereich beispielsweise profitieren spezialisierte Manager im Kredit- und Distressed-Debt-Bereich vom oben erwähnten Abbau der langen Kapitalhebel, weil sie in Bereiche vorstossen, aus denen sich Banken und Hedgefonds zurückziehen.

«Der Deleveragingprozess und dessen dämpfende Wirkung auf das Wirtschaftswachstum werden die Finanzmärkte sicher noch einige Zeit belasten.»

Von welchen Bereichen sprechen Sie?

Etwa die Finanzierung von kleineren Firmen ohne Zugang zum Kapitalmarkt oder auch cross-border Finanzierungen, insbesondere in Europa. Aus meiner Sicht verspricht dieser Bereich heute sehr attraktive risikoadjustierte Renditen.

Aber die generell vermehrten Transparenzanforderungen dürften das Renditepotential doch weiter schmälern?

Umso mehr wird der Eigenbeitrag des Managers, also seine Fähigkeit, beispielsweise über profitables Umsatzwachstum „Alpha“, also Zusatzrendite zu generieren, ins Gewicht fallen. Institutionelle Investoren achten bereits heute sehr genau auf dieses Kriterium und ein entsprechender Konsolidierungsprozess ist aktuell in vollem Gange: Gut aufgestellte Manager mit solidem Leistungsausweis über verschiedene Wirtschaftszyklen sammeln in Rekordzeiten Geld für einen neuen Fonds ein, weniger erfolgreiche tun sich schwer oder scheitern letztendlich ganz.

Banken und Anlagegesellschaften werden mit administrativen Arbeiten zugekleistert, um rechtlichen Auflagen zu genügen.  Um wie viel schmälert das denn Ihrer Schätzung nach die Rendite im Gesamtsystem?

Die aktuellen Regulierungsbestrebungen und der damit verbundene Aufwand für Banken und Investmentgesellschaften sind in der Tat beträchtlich. Die laufende Konsolidierung im Vermögensverwaltungs- und Bankenbereich ist ja unter anderem auch eine Konsequenz der immer extensiveren Regulierung. Eine Quantifizierung dieses Effekts auf die Renditen scheint mir allerdings schwierig. Ich sehe jedoch einen weiteren negativen Effekt für die Investoren, der weniger oft thematisiert wird: Viele Banken ziehen sich heute mit ihrem Angebot aus einzelnen Märkten zurück, verschiedene Produkte, insbesondere auch im Private Equity-Bereich werden in bestimmten Märkten gar nicht mehr angeboten, weil der Aufwand für das Aufsetzen und die Zulassung der Produkte exorbitant hoch ist. In diesem Sinne entstehen den betroffenen Anlegern Opportunitätskosten, weil ihnen der Zugang zu unter Umständen vorteilhaften Anlagemöglichkeiten verwehrt ist.

Zum Unternehmen:
Die shaPE Capital AG mit Sitz in Freienbach ist eine an der Schweizer Börse SIX Swiss Exchange kotierte Private Equity-Beteiligungsgesellschaft mit einem international ausgerichteten Portfolio. Im 2009 entschied shaPE Capital, eine Realisationsstrategie einzuleiten mit dem Ziel, den inneren Wert des Portfolios an die Aktionäre zurückzuführen. Im Rahmen dieser Strategie verzichtete shaPE auf Neuinvestitionen und fokussierte auf die optimale Rückführung der bestehenden Investitionen über die kommenden Jahre.

Zur Person:
Als 2009 das Managementmandat für shaPE Capital von Horizon21 zur Bank Julius Bär wechselte, trat auch Dr. Simon Lamprecht in den Dienst der grossen Privatbank. Seither ist er Mitglied des Alternative Investments Teams von Julius Bär, wo er auch als Director im Bereich Private Equity tätig ist. Von 2007 bis  2009 war er bei  Horizon21 Project Manager und Geschäftssekretär von shaPE. Er ist Dr. oec. publ. der Universität Zürich.

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