von Patrick Gunti
Moneycab.com: Herr Mühlemann, Ziel von Loanboox ist, über eine Online-Plattform öffentlich-rechtliche Kreditnehmer direkt mit institutionellen Kapitalgebern und Banken zusammenzubringen. Könnten Sie uns kurz das Geschäftsmodell erläutern?
Stefan Mühlemann: Das ist korrekt. Durch die einfache und transparente Handhabe auf Loanboox, finden bisher über 500 Gemeinden, Städte und Kantone als Kreditnehmer und Versicherungen, Pensionskassen und Banken als Kapitalgeber zueinander und schliessen Darlehen ab. Dank Loanboox reduzieren sich 90% des Aufwandes und der Kosten dieses Prozesses.
Wie ist die Idee zu Loanboox entstanden?
Ich war gerade in Strandferien, las ein gutes Buch und mir ging dabei die allgemeine Digitalisierung durch den Kopf: Unsere Einzahlungen erledigen wir online, sogar die Partnersuche geht heutzutage per Swipe. Private und KMU-Kredite wickelt man über Plattformen ab. Wieso bloss werden grosse Kredite noch wie vor 50 Jahren aufgenommen? Das war der zündende Gedankengang.
Nun sind Sie von Anfragen im ersten Jahr geradezu überrannt worden. Welche Bilanz ziehen Sie zum heutigen Zeitpunkt?
Wir sind absolut positiv überrascht. Inzwischen konnten wir Finanzierungsanfragen von über 4 Mrd Franken abwickeln und 500 aktive Kreditnehmer sowie 160 Kapitalgeber bewegen sich auf der Plattform. Diese Zahlen bestätigen uns, dass Loanboox tatsächlich am Markt gefehlt hat. Sehr dankbar sind wir vor allem für die unglaublich hohe Kundenzufriedenheit. Dennoch darf nicht vergessen gehen, dass wir erst am Anfang unserer Reise stehen.
«Wir sind absolut positiv überrascht. Inzwischen konnten wir Finanzierungsanfragen von über 4 Mrd Franken abwickeln und 500 aktive Kreditnehmer sowie 160 Kapitalgeber bewegen sich auf der Plattform.» Stefan Mühlemann, CEO Loanboox
Man scheint lange auf Ihre Dienstleistung gewartet zu haben…
Tatsächlich scheint dem so zu sein. Wie erwähnt merken wir, dass der Markt dieses Bedürfnis hatte und sind froh und motiviert, dazu beitragen zu können, dass die Kreditaufnahme und -vergabe effizienter und kostengünstiger wird.
Welche Kriterien macht Loanboox für die Beteiligten attraktiv, für die Kreditnehmer einerseits, für die Investoren andererseits?
Loanboox haben wir genau so gebaut, wie es sich unsere Kunden gewünscht hatten. Die Einfachheit und Benutzerfreundlichkeit der Plattform sowie die Transparenz des Prozesses waren dabei die höchsten Prioritäten. Ausserdem stehen wir für absolute Sicherheit und bieten dies alles zu günstigen Konditionen an.
Wie stark profitieren Sie vom aktuell weiterhin tiefen Zinsumfeld?
Durch den sogenannten Anlagenotstand suchen die Kapitalgeber vermehrt sichere Anlagemöglichkeiten, das hilft uns vermutlich. Andererseits muss dazu gesagt werden, dass die Hauptvorteile vom Geschäftsmodell von Loanboox, die Vereinfachung der Prozesse und Schaffung von Transparenz, auch bei höherem Zinsniveau genau gleich gelten.
Die Banken haben das Geschäft lange dominiert. Wie haben diese nun auf Loanboox reagiert?
Initial dachten wir, dass unsere Hauptzielgruppe auf Kapitalgeber-Seite Versicherungen und Pensionskassen und somit nicht die Banken per se sind. Nun kommen aber auch immer mehr Banken auf uns zu und sagen uns, dass sie Loanboox spannend finden: es bietet sich ihnen ein neuer und kostenfreier Vertriebskanal und damit eine günstige und effiziente Möglichkeit, nach sicheren Anlageoptionen zu suchen. Heute haben wir über 30 Banken auf Loanboox. Statt Konkurrenzdenken spüren wir erfreulicherweise eine starke Kooperation.
Der grosse Erfolg hat Sie ermutigt, bereits nach zehn Monaten mit einer Niederlassung in Köln den Schritt ins Ausland zu wagen. Wie unterscheidet sich der deutsche Markt abgesehen von seiner Grösse vom Schweizer Markt?
Die Märkte ähneln sich sehr. Dennoch gibt es einige neue Bedürfnisse von Seiten der deutschen Kunden. Beispielsweise die Möglichkeit zur Darlehenstilgung ist eine Anforderung, die von deutschen Kapitalnehmern gewünscht wird, deshalb haben wir diese auch in die Plattform eingearbeitet. Zudem gibt es in Deutschland bereits Mitbewerber.
Wie präsentiert sich die Konkurrenzsituation für Loanboox in Deutschland?
Es gibt bereits andere Plattformen in Deutschland, die das Kommunalgeschäft für sich gewinnen möchten. Das Loanboox-Team nimmt diese Herausforderung sportlich und sieht sich dank einer sehr weit entwickelten Technologie, den Erfahrungen und dem super Kundenfeedback aus der Schweiz in einer guten Position.
In welche Länder wird Sie die Expansion als nächstes führen?
Der europäische Markt ist das nächste Ziel. Welche Länder das genau sein werden und in welcher Reihenfolge ist noch in der Evaluationsphase.
«In der Startup-Szene hilft man sich untereinander, freut sich über die Fortschritte des anderen – denn für richtig gute Ideen gibt es immer genügend Platz und so können alle profitieren.»
Zusammen mit anderen Startups konnten Sie Anfang September gegenüber Bundesrat Schneider-Ammann die Wünsche und Bedürfnisse der Schweizer Fintech-Szene erläutern. Welche Erwartungen hegen Sie gegenüber der Politik?
Wichtig wäre mir, dass es eine Startup-freundliche Regulierungsumgebung gibt. Jedes Grossunternehmen hat schliesslich einmal klein angefangen. Damit man dahin kommen kann, darf es keine Regulierungen geben, die grosse Player bevorzugen und es den Startups unnötig schwer machen.
Wie hat sich denn das Umfeld für Fintech-Startups wie Loanboox zuletzt entwickelt?
Sehr posititv. Wir sind sehr dankbar für die grosse Unterstützung und das Wohlwollen, das wir aus allen Richtungen spüren dürfen. Sei es von Verbänden wie Swiss Finance Startups, dem Interesse der Politik, etc. und hoffen natürlich, dass es sich auch so weiterentwickeln wird. In der Startup-Szene hilft man sich untereinander, freut sich über die Fortschritte des anderen – denn für richtig gute Ideen gibt es immer genügend Platz und so können alle profitieren.
Was steht bei der Weiterentwicklung von Loanboox kurz-, mittel- und langfristig im Vordergrund?
Natürlich wird kurzfristig die Entwicklung von Loanboox in Deutschland zu einem wichtigen Prüfstein für die Expansion. Uns ist es wichtig, dies sauber aufzugleisen und deshalb werden aktuell viele Ressourcen dahingehend investiert. Mittel- und langfristig geht es sicher darum, die Strukturen so aufzubauen, dass wir uns von einem erfolgreichen Schweizer Start-up zu einem erfolgreichen internationalen Start-up entfalten können. Damit einhergehend ist natürlich das Talent Management – wir suchen aktuell helle Köpfe in allen Bereichen.
Herr Mühlemann, besten Dank für das Interview.
Zur Person:
Stefan Mühlemann hat über 25 Jahre Erfahrung in der Bank- und Finanzierungsbranche, ist ein erfolgreicher Unternehmer, hat an den Unis St. Gallen und Zürich doziert. Seinen Master hat Stefan Mühlemann an der renommierten Tuck School of Business at Dartmouth in den USA und an der London Business School gemacht.