von Patrick Gunti
Moneycab.com: Herr Pierer, KTM Industries schreibt Jahr für Jahr Rekordergebnisse. 2017 – dem siebten Rekordjahr in Folge – betrug das Umsatzwachstum 14%. Der Absatz der KTM- und Husqvarna-Motorräder stieg sogar um 17% auf fast 240’000. Wie halten Sie das Wachstumstempo seit Jahren so hoch?
Hierfür sind drei wesentliche Kernelemente notwendig: Globalisierung, eine starke Marke mit klarem Markeninhalt sowie eine hohe Innovationsrate, die es uns ermöglicht schnell mit neuen Modellen auf den Markt zu kommen.
2017 war das 10. Jahr der Kooperation mit dem indischen Bajaj-Konzern. Wie wichtig war der damalige Entscheid rückblickend für KTM?
Ohne diese Kooperation würden wir heute nicht da sein, wo wir sind. Seit 2013 sind wir Europas grösster Motorradhersteller. Die Kooperation stellt für beide Seiten eine „Win-Win“-Situation dar und mit der Entscheidung im Jahr 2017, auch unsere zweite Marke „Husqvarna“ gemeinsam mit Bajaj global auszurollen, sind wir für das geplante weitere Wachstum gut aufgestellt.
Was sind die Gründe, dass die Gewinnentwicklung im vergangenen Jahr etwas eingebremst wurde?
Das Geschäftsjahr 2016 war mitunter auch von positiven Einmaleffekten geprägt, sodass der Gewinn in 2017 leicht unter dem Vorjahr lag. Im Durchschnitt sind wir aber auch im Gewinn in den Jahren 2015 bis 2017 um ca. 14% gewachsen.
«Ohne die Kooperation mit Bajaj würden wir heute nicht da sein, wo wir sind.»
Stefan Pierer, CEO KTM Industries
KTM Industries hat im vergangenen Jahr fast 180 Millionen Euro investiert. Wo lagen dabei die Schwerpunkte?
Die Schwerpunkte lagen neben den Kosten für die Modellentwicklung, die immer ungefähr die Hälfte der jährlichen Investitionen ausmachen, in der Erweiterung des Entwicklungs- und des Logistikzentrums bei KTM in Mattighofen (Österreich) und einer Spezialgetriebefertigung bei unserem high-end automotiv Zulieferant Pankl Racing Systems AG in Kapfenberg (Österreich).
KTM ist globaler Marktführer im Offroad-Bereich und der grösste Motorradhersteller Europas überhaupt. Und Sie haben seit 2015 auch elektrisch betriebene Modelle im Angebot. Welchen Stellenwert räumen Sie im Rahmen Ihrer Investitionen und im Forschungsbereich der Elektromobilität ein?
Eine sehr wichtige Stellung. In Zukunft wird die Elektromobilität bei „powered two wheelers“ (250W bis 11KW) eine enorm wichtige Rolle spielen. Vor allem in der „urban mobility“ werden diese Produkte das traditionelle Moped/Mofa ersetzen.
Auch für 2018 und die nachfolgenden Jahre gehen Sie von einer positiven Geschäftsentwicklung aus. Wie sehen die konkreten Ziele aus?
Wir haben unsere Guidance für die nächsten Jahre erhöht und erwarten neben einem starken Absatz-/Umsatzwachstum und einer erfreulichen EBIT-Marge auch eine Verbesserung des Free Cash Flows.
Sie haben den damals insolventen Zweiradhersteller KTM vor 25 Jahren übernommen. Hatten Sie zuvor einen speziellen Bezug zu Motorrädern und dem Motorsport?
Da ich am Land aufgewachsen bin, habe ich natürlich auch bereits mit 14 Jahren ein Moped gefahren, um Teil der sozialen Community sein zu können. Das führte dann natürlich im Alter von 18 Jahren zu einem Motorradführerschein und einem Motorrad.
«In der Saison 2018 möchten wir in der MotoGP-Klasse die Nähe des Podiums spüren.»
Enduro, Motocross, Supercross, Strassen-WM – KTM ist eine der erfolgreichsten Marken im Motorradsport. Und bei der Rallye Dakar stellte KTM im Januar das 17. Jahr in Folge die Siegermaschine. Wie nahe sind Sie selbst am Motorsport und den einzelnen Teams dran?
In meinem Vorstandsbereich bei KTM bin ich unter anderem für den Bereich Rennsport verantwortlich und somit sehr nahe an allen Rennsportarten und Teams dran.
Im Strassenrennsport ist KTM seit vergangenem Jahr auch wieder in der MotoGP am Start – und dies mit grossem Erfolg. Welche Erwartungen haben Sie für die Mitte März startende Saison 2018?
In der Saison 2018 möchten wir die Nähe des Podiums spüren.
Seit November 2016 ist KTM Industries an der Schweizer Börse gelistet. Nachdem Sie vor einem Jahr bereits Anteile an Ihrer Firma verkauft haben, wollen Sie nun erneut einen begrenzten Teil Ihrer Beteiligung platzieren. Weshalb haben Sie sich zu diesem Schritt entschlossen?
Ich trenne mich eigentlich nur sehr ungern von meinen Aktien, aber die Nachfrage seitens der Investoren ist sehr gross und es ist deren Wunsch, dass der Streubesitz weiter erhöht wird. Wie ich aber bereits kommuniziert habe, verbleibe ich jedenfalls Kernaktionär mit mindestens 60%. Es ist meine Überzeugung, dass es für ein Unternehmen wichtig ist, einen klaren Eigentümer zu haben.
«Ich trenne mich eigentlich nur sehr ungern von meinen Aktien, aber die Nachfrage seitens der Investoren ist sehr gross und es ist deren Wunsch, dass der Streubesitz weiter erhöht wird.»
Was war 2016 der Hauptgrund, als Hauptbörse von Wien nach Zürich zu wechseln?
Traditionell hatten wir schon immer eine gute Investorenbasis in der Schweiz und mit dem Listing im November 2016 und der damit einhergehenden Erhöhung des Streubesitzes haben wir diese noch weiter ausgebaut. Die Schweizer Börse ist die zweitgrösste Börse in Europa und wir fühlen uns hier sehr gut aufgehoben.
Sie haben sich in den letzten Jahren mehrfach kritisch über die österreichische Wirtschaftspolitik geäussert. Den mittlerweile zum Bundeskanzler gewählten Sebastian Kurz haben Sie im Wahlkampf finanziell unterstützt. Was erwarten Sie sich von ihm?
Die überbordende Bürokratisierung, hohe Lohnnebenkosten und die unflexible Arbeitszeitregulierung hemmen die österreichische Volkswirtschaft seit Jahren. Ich erwarte mir von der neuen Regierung einen „Aufbruch aus dem Stillstand“ und Leistung muss sich für die Arbeitnehmer wieder lohnen.
Herr Pierer, herzlichen Dank für das Interview.
Zur Person:
Nach dem Abschluss seiner Ausbildung an der Montanuniversität Leoben (Betriebs- und Energiewirtschaft) begann Stefan Pierer seine Karriere 1982 bei der HOVAL GmbH in Marchtrenk als Vertriebsassistent. Später war er als Vertriebsleiter für Oberösterreich und als Prokurist tätig. Danach war er im M&A Bereich tätig und restrukturierte erfolgreich verschiedene Unternehmen.
1987 gründete er die heutige KTM Industries-Beteiligungsgruppe, in der er als Mehrheitsaktionär und Vorstand tätig ist. Seit 1992 ist er Aktionär und Vorstand der KTM AG.
Wesentliche Aufsichtsratsmandate bei börsenotierten bzw. sonstigen Gesellschaften:
• Aufsichtsratsvorsitzender der Pankl Racing Systems AG
• Stellvertreter des Aufsichtsratsvorsitzenden der WP Performance Systems GmbH
• Aufsichtsratsmitglied der SHW AG
Zum Unternehmen:
Die KTM Industries-Gruppe ist eine führende europäische Fahrzeug-Gruppe mit dem strategischen Fokus auf das globale Sportmotorradsegment und den automotiven high-tech Komponentenbereich. Mit ihren weltweit bekannten Marken KTM, Husqvarna Motorcycles, WP und Pankl zählt sie in ihren Segmenten jeweils zu den Technologie- und Marktführern. Innerhalb der Gruppe besteht ein hoher Grad an technologischer Vernetzung, welcher in Europa in dieser Form einzigartig ist. Strategische Partnerschaften auf operativer Ebene stärken die Wettbewerbsfähigkeit in ihren relevanten Märkten. All diese Faktoren sind die Grundlage für den hohen Innovationsgrad der KTM Industries-Gruppe und sichern das organische Wachstum nachhaltig ab.