Von Robert Wildi
Moneycab: Herr Schärer, auf der Webseite stellt sich Conreal als «digitales Ökosystem für die Schweizer Bau- und Immobilienbranche» vor. Was heisst das?
Stefan Schärer: Wir möchten zwei Welten zusammenbringen. Jene der maximal einfachen und kundenorientierten Logik der Plattformnutzer, also Bauherren und Immobilienbesitzer, mit derjenigen der Branchenprofis wie Handwerker, Produkthersteller oder Logistiker. Dies tun wir in einem offenen Ökosystem, aber «connected» unter einem Dach.
«Wir peilen einerseits die Zielgruppe der privaten Eigentümer von heute rund 2,5 Millionen Schweizer Wohneinheiten an, andererseits die Bauherren mit etwa 50‘000 Neubau-Einheiten pro Jahr.» Stefan Schärer, Co-Founder Conreal Swiss AG
Welche Zielgruppen will Conreal konkret ansprechen?
Wirklich alle Anspruchsgruppen der Branche. Vom Hersteller, Bauherren, Planer und Architekten über Handwerksfirmen bis zum Küchenbauer, Vermarkter und so weiter. Wir bündeln deren digitalen Touchpoints auf unserem Portal und geben damit dem Kunden respektive Bauherren die Möglichkeit, für sämtliche Arbeiten, Reparaturen und Renovationen rund um sein Eigenheim über eine zentrale Plattform transparente Gesamtlösungen zu erhalten.
Es sollen also beide Seiten profitieren?
Genau. Der Auftraggeber, das heisst der Bauherr, Architekt, Eigentümer etc., soll am digitalen Touch Point seinen realwirtschaftlichen Prozess anstossen können. Conreal stellt sicher, dass der Auftrag inklusive Logistik der Produkte kosteneffizient mit den richtigen Handwerkern verlässlich abgewickelt wird. Damit bieten wir unseren Partnern eine digitale End-to-end-Lösung mit entsprechenden Produktivitätsverbesserungen.
Sie wollen also den Markt der Eigenheimbesitzer zu «Online-Shoppern» machen. Welches Marktpotenzial sehen Sie für Conreal?
Wir peilen einerseits die Zielgruppe der privaten Eigentümer von heute rund 2,5 Millionen Schweizer Wohneinheiten an, andererseits die Bauherren mit etwa 50‘000 Neubau-Einheiten pro Jahr.
Ist die Bau- und Immobilienbranche digital zurzeit noch unterentwickelt?
Ja. Das Konzept, unter einer digitalen Dachstruktur unterschiedliche Dienstleistungen und Services miteinander zu verknüpfen und kundenorientiert zu bündeln, gibt es etwa in der Finanzbranche schon länger. Im stark fragmentierten Bau- und Immobiliensektor haben sich viele Protagonisten bis anhin aber schwer getan mit einer gewissen notwendigen Standardisierung. Daher gab es in den letzten 30 Jahren keine spürbare Produktivitätsverbesserung.
Der richtige Zeitpunkt für Ihr Projekt?
Absolut, die letzten Monate haben gezeigt, dass das Timing sehr gut ist. Ich bin überzeugt, dass wir mit Conreal zum richtigen Zeitpunkt kommen, sich viele Türen öffnen und die Mehrwerte sowohl auf Partner- wie auch Kundenseite rasch herumsprechen werden.
«Im stark fragmentierten Bau- und Immobiliensektor haben sich viele Protagonisten bis anhin aber schwer getan mit einer gewissen notwendigen Standardisierung. Daher gab es in den letzten 30 Jahren keine spürbare Produktivitätsverbesserung.»
Und welches Hauptargument soll den Eigenheimbesitzer auf Ihre Plattform führen?
Wir sind keine Plattform im herkömmlichen Sinn. Wir bauen die Brücken in einer User Journey, sodass der Kunde an jedem Touch Point nahtlos in den richtigen Folgeprozess überführt wird. Da dies bei einem realwirtschaftlichen Prozess etwas komplexer ist als bei der Bestellung einer nicht physischen Dienstleistung, braucht es verschiedene, spezialisierte Mitspieler in der ganzen Wertschöpfungskette. Wir «connecten» diese Firmen end-to-end und der Endkunde bekommt dadurch mehr Convenience, Transparenz, gewinnt Zeit und profitiert letztlich auch von einem optimalem Preis-/Leistungsverhältnis.
Wie gut ist die Finanzierungs- und operative Startphase von Conreal angelaufen?
Wir sind sehr zufrieden und haben etliche namhafte Geldgeber für das Projekt gewinnen können. Darunter viele versierte Fachleute aus diversen Branchen, die sich allesamt als Smart-Money-Investoren einbringen, also den Aufbau der Firma auch mit eigenem Knowhow vorantreiben.
Conreal verknüpft als Startup die Dienstleistungen von fünf bestehenden Startups aus der Bau- und Immobilienbranche. Gehören diese Startups auch Ihnen und ist Conreal an diesen beteiligt?
Wir beteiligen uns als Dachorganisation vorderhand mit Minderheitsbeteiligungen gezielt an gewissen Proptechs. Bei verschiedenen dieser Startups sind wir selbst beteiligt oder haben sie gegründet. Ziel ist es, dass wir weitere passende Startups in Conreal integrieren und bei Bedarf auch weitere eigene Startups gründen, um unser digitales «Powerhouse» weiter zu perfektionieren und immer schlagkräftiger zu machen.
«Mitunter trägt auch die Corona-Pandemie zu einem veritablen digitalen Boost bei, von welchem unsere Unternehmen spürbar profitieren.»
Wie lange gibt es die Conreal-Startups schon und wie erfolgreich sind sie?
Sie wurden zwischen 2008 und 2020 gegründet und befinden sich zurzeit alle in starken Wachstumsphasen. Mitunter trägt auch die Corona-Pandemie zu einem veritablen digitalen Boost bei, von welchem unsere Unternehmen spürbar profitieren.
Wie kam die finanzielle Beteiligung der UBS beim Conreal-Startups Houzy.ch zustande und was bedeutet das für dessen Unabhängigkeit?
Die UBS fand unsere vor drei Jahren gegründete digitale Plattform für Wohneigentümer von Beginn weg spannend und sieht Houzy.ch als idealen Partner, um auch ihr eigenes neues Hypothekenangebot 4key im Markt und bei den Immobilieneigentümern zu positionieren. Ganz wichtig ist jedoch, dass Houzy.ch trotz dieser Beteiligung ein offenes, neutrales Ökosystem ist. Dies im Gegensatz zu anderen Wohnplattformen, die zurzeit entstehen, und allesamt vollständig im Besitz von Banken oder Versicherungen sind.
Können über Conreal bald auch Immobilienfinanzierungen getätigt werden?
Finanzdienstleistungen gehören sicher auch zu einer end-to-end Lösung in der wertschöpfungsintensiven Bau- und Immobilienbranche. Dies möchten wir in Kooperation mit entsprechenden Partnern anbieten. Diese werden aber meist direkt in die Produkte der Startups wie bei Houzy mit key4 integriert.
Welche konkreten finanziellen Ziele setzen Sie sich kurzfristig?
Wir sind ambitioniert und möchten jede Woche in allen Startups einzeln und auch im Verbund im Hinblick auf die end-to-end Vision messbaren Wert schaffen. Daran orientieren wir uns primär. Und wenn wir dies konsequent tun, dann wird die Bewertung der Conreal Swiss AG überproportional ansteigen, da sich alle unserer Startups in starken Wachstumsphasen befinden.
Stefan Schärer (55) ist ehemaliger Schweizer Handball-Nationalspieler und verfügt über jahrelange Berufserfahrung in der Bau-/Immobilienbranche. Er war CEO von Immoscout24 und hat mehrere Proptech-Startups gegründet. Schärer ist auch Gründer von Houzy.ch, dem grössten der fünf Startups unter dem Dach der Conreal Swiss AG. Die Co-Founder der Conreal Swiss AG neben ihm heissen Christoph Meili, Beat Scheidegger, Roberto Vetrano und Claude Dütschler. |
Die «Startup-Flotte» der ConReal Swiss AG Houzy ist eine kostenlose Service-Plattform für Eigenheimbesitzer und ermöglicht aktuell über 450 Partnern (Handwerker und Makler) den digitalen Touchpoint zum Endkonsumenten (Wohn-Eigentümer). Houzy gewinnt zurzeit knapp 4000 neue Eigenheimbesitzer pro Monat als Kunden dazu und hat soeben eine strategische Kooperation mit UBS kommuniziert. Habitects ist eine Multi-Stakeholder Plattform für den Innenausbau und ermöglicht dem Bauherrn, gesamte Räume (Produkte, Dienstleistungen, Handwerker) aus einer Hand zu kaufen. Am 8.Sept hat sich die Bringhen-Guppe an Habitects beteiligt und ermöglicht dadurch dem ConReal Netzwerk den direkten Zugang zu Bauwaren. Smart Devis vereinfacht den Ausschreibungsprozess für Architekten und Planer, steigert die Prozesseffizienz zwischen Architekten und Handwerkern deutlich und stellt eine hohe Qualität der Realisierung durch die frühe Einbindung der Ausführenden in die Planung sicher. Die Neubau Portal AG betreibt seit 2008 die gut etablierten Nischenportale Neubaupfojekte.ch und Erstbezug.ch. Diese zählen jeden Monat über 130’000 Besucher und kennen deren Bedürfnisse (Touchpoints). Die Neubau Portal AG wird in Zukunft das digitale Vermarktungsangebot für Bauherren weiter ausbauen. Fixify ist eine offene Plattform für Verwaltungen, Verwalter, Hersteller und Handwerker sowie existierende Softwareanbieter. Sie gibt dem Mieter in Schaden- und Servicefällen einen direkten Zugang zu den notwendigen Ressourcen. Der Fokus liegt auf einer möglichst hürdenlosen Behebung einfacher Schadens- und Unterhaltsarbeiten. |