Stefan Züsli, Vorsitzender der Geschäftsleitung Bank Leerau, im Interview

Stefan Züsli, Vorsitzender der Geschäftsleitung Bank Leerau, im Interview
Stefan Züsli, Vorsitzender der Geschäftsleitung Bank Leerau. (Foto: zvg)

von Patrick Gunti

Moneycab.com: Herr Züsli, die Bank Leerau Genossenschaft hat 2018 ein ausgezeichnetes Ergebnis erzielt. Der Geschäftserfolg betrug fast 5 Mio Franken, der Gewinn 1,37 Mio Franken und das Eigenkapital konnte um fast 8% auf 56,63 Mio Franken gesteigert werden. Haben sich Ihre Erwartungen erfüllt?

Stefan Züsli: Ja, das sehr erfreuliche Resultat lag sogar über meinen hochgesteckten Zielen. Wir wussten, dass wir nochmals in einigen Bereichen Kosteneinsparungen erzielen werden. Damit haben wir unser vor fünf Jahren beschlossenes Kostenoptimierungsprogramm erfolgreich umgesetzt. Das bemerkenswert tiefe Cost-/Income-Ratio von 43 % bestätigt unsere hohe Effizienz im Betrieb. Zum guten Zinsergebnis trug auch das von Jahresanfang weg solide Wachstum bei den margenstarken Baukrediten bei. In der Folge resultierte der beste Geschäftserfolg in der Geschichte der Bank Leerau.

Insgesamt stiegen die Kundenausleihungen um 4,8% auf fast 610 Mio Franken. Ihr Kerngeschäft ist die Hypotheken-Vergabe. Wie präsentierte sich die Bautätigkeit in der Region im vergangenen Jahr?

Die gute Lage im Wirtschaftsraum Mittelland mit der Nähe zur A1 hält die Nachfrage nach Wohn- und Geschäftsräumen in der Region unverändert hoch. Trotzdem sind die Baulandpreise in unserem Marktgebiet noch vergleichsweise moderat. Die Bautätigkeit entwickelte sich deshalb weiter erfreulich, sowohl im Eigenheimsektor wie auch bei Renditeobjekten. Wir hätten problemlos doppelt so viele Ausleihungen tätigen können, blieben aber unserer Strategie treu. Diese heisst: «Qualität vor Quantität und kein Wachstum über den Preis».

Hat die Bank Leerau angesichts der weiterhin extrem tiefen Zinsen andere Geschäftsfelder, in denen sie wachsen kann?

Das Hypothekargeschäft und die Firmenkredite an Gewerbebetriebe bleiben unser mit Abstand wichtigstes Geschäftsfeld. Wir haben die Zinsentwicklung richtig eingeschätzt und uns frühzeitig darauf eingestellt. Wie das Ergebnis im Geschäftsjahr 2018 zeigt, erzielen wir auch im aktuellen Zinsumfeld gute Erfolge aus dem Zinsengeschäft. Beim Kommissions- und Dienstleistungsgeschäft sind die Wachstumschancen mit unserer Struktur begrenzt. Steigern werden wir die Liegenschaftserträge dank den Eigenbauten.

«Das Hypothekargeschäft und die Firmenkredite an Gewerbebetriebe bleiben unser mit Abstand wichtigstes Geschäftsfeld.»
Stefan Züsli, Vorsitzender der Geschäftsleitung Bank Leerau

Sie haben im vergangenen Jahr teure Vorsorgegelder der 2. Säule im Umfang von 31,8 Mio Franken abgebaut. Sind diese Gelder in Anbetracht des Tiefzinsumfelds schlicht zu teuer?

Hier muss ich kurz erklären, welche Gelder gemeint sind. Es handelt sich um Anlagen der REVOR Sammelstiftung. Diese Pensionskasse mit sogenannter Konto-Lösung wurde 1984 von den Regionalbanken gegründet. Die Spargelder der Versicherten bleiben als Kundengelder bei den kontoführenden Banken und diese garantieren die Verzinsung zum jeweiligen BVG-Mindestzins, derzeit 1,oo %. Heute vergeben wir Hypotheken zum gleichen Satz, womit die Antwort gegeben ist.

Kam es beim Abbau der Gelder zu Kündigungen der Bank oder haben sich Kunden freiwillig zurückgezogen?

Wir haben der Sammelstiftung, welche die Gelder bei uns anlegt, bereits vor 2-3 Jahren mitgeteilt, dass wir angesichts der tiefen Zinsen die Kontoführung für diejenigen angeschlossenen Firmen, welche keine andere Bankgeschäfte mit uns unterhalten, kündigen werden. Parallel dazu haben wir aber auch direkt mit den betroffenen Firmen Möglichkeiten für eine vermehrte Zusammenarbeit gesucht. Die Meisten wollten jedoch bei Ihrer Hausbank bleiben. Erfreulicherweise konnte der Abbau durch Zufluss neuer Kundengelder fast kompensiert werden.

Waren vom Abbau Kunden betroffen, die auch über die Vorsorgegelder hinaus Geschäftsbeziehungen mit der Bank Leerau pflegen?

Nein, da verhalten wir uns partnerschaftlich fair. Für Firmenkunden, welche ihre übrigen Geschäfte mit uns abwickeln, tragen wir trotz der hohen Kosten das REVOR-Kontomodell weiter mit.

Im Mai letzten Jahres hat die Bank Leerau ihren Neubau in Kirchleerau bezogen. Der frühere Hauptsitz wird abgerissen und eine neue Liegenschaft erstellt. Wie hoch sind die Investitionen insgesamt?

Die ganze Überbauung besteht aus zwei getrennten Liegenschaften und einer gemeinsamen Tiefgarage. Die gesamten Investitionen (inkl. Bauausbau) belaufen sich auf knapp 13 Mio Franken.

Wie sieht es mit dem Vermietungsstand bei den beiden Gebäuden aus?

Beim fertiggestellten Haus A sind sieben von acht Wohnungen vermietet. Für die Praxisräume sieht es nun ebenfalls positiv aus. Im Haus B, welches per 1.10.2019 bezugsbereit ist, sind bereits fünf der elf Wohneinheiten reserviert. Damit sind wir mit der Vermietung sehr zufrieden.

«Als eine in der Region seit über 180 Jahren verwurzelte Genossenschaftsbank sehen wir es als Teil unserer Aufgabe, uns für die Kunden und die Bevölkerung über das eigentliche Bankgeschäft hinaus zu engagieren.»

Nach längerer Suche haben Sie einen Arzt gefunden, der im kommenden Herbst seine Praxis im Neubau eröffnen wird. Die Bank Leerau hat sich intensiv darum bemüht und die Räumlichkeiten auch entsprechend konzipiert. Was waren die Gründe für das grosse Engagement?

Als eine in der Region seit über 180 Jahren verwurzelte Genossenschaftsbank sehen wir es als Teil unserer Aufgabe, uns für die Kunden und die Bevölkerung über das eigentliche Bankgeschäft hinaus zu engagieren. Wie an vielen anderen Orten herrscht auch bei uns ein Notstand bei der medizinischen Grundversorgung. Mit der Planung des neuen Bankgebäudes bot sich die Gelegenheit, die räumlichen Voraussetzungen für die Schliessung dieser Lücke zu schaffen. Jetzt galt es nur noch, einen interessierten Dorfarzt zu finden, was sich als Herkulesaufgabe herausstellte. Umso erleichterter bin ich, dass uns dies nun gelungen ist.

Trotz den Kosten für den Bezug des neuen Gebäudes konnte der Geschäftsaufwand gesenkt werden. Wo haben Sie gespart?

Dank der Zusammenarbeit mit anderen Regionalbanken reduzierten sich vor allem die IT-Kosten. In diesem Bereich achten wir darauf, dass wir uns auf schlanke Standardlösungen beschränken. Mit sinnvollen Outsourcings konnte der Personalaufwand über die letzten Jahre ebenfalls optimiert werden.

Wo investiert die Bank Leerau – über den Neubau hinaus – in die Weiterentwicklung und welche Rolle spielt dabei die Digitalisierung des Finanzwesens?

Die Investitionen in die Weiterentwicklung der IT oder der sogenannten Digitalisierung sind auch für uns ein Dauerbrenner. Diese rasche Entwicklung in diesem Bereich verfolgen wir genau. Aufgrund der beschränkten Ressourcen können und wollen wir da keine Vorreiterrolle übernehmen und versuchen in Zusammenarbeit mit anderen Banken die Kosten aufzuteilen. Was sich am Markt bewährt und von unseren Kunden nachgefragt wird, setzten wir hingegen möglichst rasch auch um. Im Weiteren investieren wir insbesondere in die Aus- und Weiterbildung unserer Mitarbeitenden, um die Beraterqualität immer auf höchstem Niveau zu halten.

Herr Züsli, herzlichen Dank für das Interview.

Zur Person:
Stefan Züsli, (Jahrgang 1963), dipl. Bankfachmann und dipl. Finanzplanungs-Experte. Seit zehn Jahren CEO der Bank Leerau, vorher zehn Jahre als Leiter Kredite und fünf Jahre als Leiter Anlegen beim gleichen Institut. Davor zehn Jahre beim Schweiz. Bankverein SBV in Zürich und Aarau tätig.

Die Bank Leerau wurde 1836 gegründet. Sie beschäftigt 20 Mitarbeitende, inkl. drei Lernende, und präsentiert sich im aargauischen Suhrental mit zwei Geschäftsstellen und vier Geldautomaten-Standorten.

Bank Leerau
Firmeninformationen bei monetas

 


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