Stefano Camuso, Managing Director EMC Schweiz
Stefano Camuso, Managing Director EMC Schweiz (Foto: EMC)
Von Helmuth Fuchs
Moneycab: Herr Camuso, EMC soll sich vom Hardware-Anbieter zum Partner für innovative Gesamtlösungen wandeln. Wie weit sind Sie in der Schweiz auf diesem Weg?
Stefano Camuso: Wir befinden uns erst am Anfang dieses Weges. Entscheidend aber ist, das wir den Zeitpunkt für unsere eigene Transformation nicht verpasst haben und die Strategie beziehungsweise die Marschrichtung stimmt. Organisatorisch haben wir global wie auch lokal wichtige Änderungen vorgenommen, um uns im Markt entsprechend zu positionieren.
«Wir sehen im KMU-Markt noch ein enormes Ausbaupotential für EMC.» Stefano Camuso, Managing Director EMC Schweiz
Eine der grundlegenden Entwicklungen der letzten Jahre ist die Auslagerung von Services in die Cloud und eine damit verbundene Bezahlung nur bei Gebrauch. Wie beeinflusst diese Entwicklung das Angebot und den Umsatz vom EMC?
Unsere Kernstrategie ist auf Cloud Services abgestimmt. Viele unserer Akquisitionen der letzten Jahre, wie auch neu lancierte Lösungen, deuten ja auch klar darauf hin und einige unserer Produkte gibt es in speziellen Ausführungen für Cloud-Dienste. Wir möchten unsere Kunden unterstützen, selber effiziente Anbieter von IT-Dienstleistungen zu werden und ihnen gleichzeitig alle Sourcing-Optionen ermöglichen. Diese erarbeiten wir gemeinsam mit unseren Partnern, die auch flexible Bezahlmodelle nach Gebrauch anbieten. Die Transformation der Dienste in die Cloud ist dabei ein wichtiger Schritt, der vermehrt Funktionalitäten in der Softwareschicht voraussetzt. Auch hier sind wir über alle Unternehmensbereiche (EMC Information Infrastructure, RSA, VMware und Pivotal) hervorragend positioniert.
Grosse Rechenzentrums-Anbieter sind daran interessiert, möglichst tiefe Hardware Kosten zu haben, damit sie selbst ihren Kunden Mehrwertdienste mit höheren Margen anbieten können. Ist EMC mit der strategischen Ausrichtung als Gesamtlösungs-Anbieter in Zukunft noch ein attraktiver Partner?
Wir glauben, dass die Effizienz im Rechenzentrum höher einzustufen ist, als die blossen Hardwarekosten. Gemeinsam erarbeitete Studien mit unseren Kunden, über die Gesamtkosten für die Laufzeit einer Investition, zeigen dies deutlich auf. Faktoren, welche die operativen Kosten beeinflussen, wie etwa Ausnutzungsgrad, Energieverbrauch, Stellfläche und vor allem auch Personalkosten, wiegen Investitionen in die Hardware innert kürzester Zeit auf. Deshalb legen wir bei unseren Lösungen ein besonderes Augenmerk auf diese Punkte. Zudem ermöglicht das Software-Defined-Data-Center neue Wege in der Hardwareschicht einzuschlagen, um die Infrastrukturkosten für entsprechende Dienste noch weiter zu senken. Wir halten hier mit ViPR und ScaleIO die richtigen Werkzeuge für unsere Partner bereit.
«Wir haben das Channel Team für die Betreuung der Partner weiter verstärkt und die Verkaufsmannschaft für diesen Bereich verdoppelt.»
Unser Partnerprogramm wurde mit dem „EMC Business Partner Program for Cloud Service Providers“ um eine wichtige Komponente erweitert. Dazu haben wir auch dedizierte Ressourcen aufgebaut, um die Rechenzentrums-Anbieter auf dem Weg zum Cloud Service Provider besser unterstützen zu können.
EMC ist bei Grossunternehmen weit verbreitet, bezüglich des Umsatzes wächst aber der KMU Bereich überproportional. Wie sieht Ihre Strategie für den KMU-Markt aus, wie können Sie hier den Marktanteil noch vergrössern?
Wir sehen im KMU-Markt noch ein enormes Ausbaupotential für EMC. Organisatorisch haben wir hier deshalb einige Änderungen vorgenommen, um dieses Kundensegment zukünftig noch besser bedienen zu können. So haben wir zum Beispiel das Channel Team für die Betreuung der Partner weiter verstärkt und die Verkaufsmannschaft für diesen Bereich verdoppelt. Mit dem Gewinn eines weiteren Distributionspartners haben wir unseren Vertriebskanal ebenfalls erweitern können. Wir versprechen uns damit den Zugriff auf ein wesentlich breiteres Partnernetzwerk als bisher.
Ausserdem entwickeln wir lokale Programme, die gezielt den Schweizer KMU-Markt adressieren sollen. Dabei unterstützen uns auch neue Hardware unabhängige Lösungen im Bereich Software-Dedfined-Storage (SDS) wie z.B. ScaleIO. Wir denken, dass wir uns damit auch neue Partner erschliessen können, die uns in der Vergangenheit wegen der hohen Konkurrenz im Hardware Bereich, nicht in ihr Portfolio aufnehmen konnten.
Mit software-defined-storage und ViPR hat sich EMC die Möglichkeit eröffnet, das Management auch von Drittanbietern über eine Softwareplattform zu übernehmen. Wie wird diese Initiative bei den Kunden aufgenommen, gibt es in der Schweiz schon erste Referenzprojekte?
Das Software-Defined-Data-Center bedeutet für Unternehmen auch, dass diese eine organisatorische Transformation durchlaufen. ViPR als Software-Defined-Storage ist ein wichtiger Bestandteil davon. Dies ist kein leichter Weg und geschieht nicht von Heute auf Morgen. Das Ziel von ViPR ist es, die Komplexität von Storage Umgebungen zu verringern und im Zuge von IT-as-a-Service (ITaaS), die vorhandenen Speicherresourcen in einer heterogenen Landschaft, einfach und bedarfsgerecht zu provisionieren. Um dies zu erreichen, müssen Sie zuerst Ihre bestehende Infrastruktur kennen und verstehen. Daran scheitern heute viele Unternehmen. Es fehlt Ihnen an den richtigen Werkzeugen, um die notwendige Visibilität zu schaffen. Genau hier setzen wir heute bei unseren Kunden an und haben bereits einige Projekte erfolgreich umsetzen können.
«ViPR kann einfach als virtuelle Appliance heruntergeladen werden und steht für nicht produktive Umgebungen kostenlos zur Verfügung.»
Der nächste logische Schritt wäre dann ViPR, womit wir bei unseren Kunden auf grosses Interesse stossen. Weltweit gibt es bereits über 1‘000 ViPR Projekte und daraus etwa zwei Dutzend Referenzkunden. In der Schweiz sind wir in diverse Proof of Concepts involviert und hoffen, demnächst auch die ersten Referenzkunden zu gewinnen. Interessant ist für potentielle Kunden das Lizenzmodell von ViPR. Die Software kann einfach als virtuelle Appliance heruntergeladen werden und steht für nicht produktive Umgebungen kostenlos zur Verfügung.
Technologisch interessant ist aktuell die Verbreitung von Flash-Speichern, die für eine massiv höhere Performance sorgen können. Hier hat Cisco mit der Übernahme von Whiptail im September 2013 für Erstaunen gesorgt, da sich Cisco damit vom Partner zum Konkurrenten entwickelt. Wie beeinflusst diese Entwicklung Ihre Zusammenarbeit des im 2009 gegründeten joint venture VCE?
Wir sehen in Cisco einen strategischen Partner, der innerhalb von VCE eine wichtige Rolle einnimmt und dies auch zukünftig tun wird. Unsere Zusammenarbeit ist vorbildlich für die gesamte Industrie, was wir auch in vielen gewonnenen VCE Projekten gemeinsam beweisen konnten. VCE hat 2013, als schnellst wachsendes Startup Unternehmen, die Milliarden Dollar Umsatzgrenze überschritten, was beiden Unternehmen bestätigt, auf das richtige Pferd gesetzt zu haben. Wir wollen uns nun noch vermehrt auf unsere Synergien konzentrieren und den Markt noch besser bedienen. Es kann sein, dass Cisco punktuell Whipetail positioniert, wenn die Situation es erfordert. Cisco möchte aber nicht mit EMC in direkte Konkurrenz treten, dies haben Sie auch klar kommuniziert. Sehen Sie, wir sind es gewohnt, ein breites Lösungsportfolio zu vertreten, wobei sich manchmal selbst unsere eigenen Produkte konkurrenzieren können. Entscheidend ist, für den Kunden die beste Lösung zu erarbeiten, nur das steht für uns im Vordergrund. Wir sind überzeugt, mit Cisco weiterhin einen Partner an der Seite zu haben, wo die Gemeinsamkeiten eine deutliche Überhand haben und beide voran bringen.
Mit der Übernahme der israelischen XtremIO im 2012 versprach sich EMC einen Marktvorsprung bei den Flash Speichern, im November 2013 kam die allgemeine Verfügbarkeit der EMC XtremIO All-Flash-Lösung. Welche Einsatzgebiete sind prädestiniert für diese Speicherlösung und bei welchen Aspekten haben Sie einen tatsächlichen Marktvorsprung?
XtremIO ist in vielen Bereichen einzigartig. Es wurde als erstes Enterprise Array mit Scale-out-Architekur von Grund auf für Flashspeicher konzipiert. Die Daten werden gleichmässig auf alle Controller und Solid-State Drives verteilt und das sorgt automatisch für maximale Performance ohne jegliche Konfiguration oder Tuning. Ausserdem bietet XtremIO eine echte Inline-Datenreduzierung. Alle eingehenden Daten werden dedupliziert, global und in Echtzeit – ohne Hintergrundprozesse, zusätzliche Lese- oder Schreibvorgänge oder Leistungsverschlechterung. Im Gegenteil: Die Performance wird dabei durch den Faktor der Deduplizierung weiter erhöht. Thin Provisioning ist ein nützlicher Nebeneffekt von XtremIO – und dies ohne Fragmentierung oder Prozesse für die Rückgewinnung von freiem Speicherplatz (Space Reclamation). Wir nutzen bei XtremIO shared In-Memory Metadaten. Das Resultat davon sind deutlich weniger Backend Operationen als Frontend. So erreichen wir eine Bandbreite, die grösser ist als die vorhandene physische Konnektivität und schonen zusätzlich die Zellen der Flashspeicher. Die verwendete XtremIO Data Protection (XDP) geht bezüglich Redundanz neue Wege und löst traditionelles RAID durch ein für Flashspeicher optimiertes Verfahren ab. Höherer Datenschutz bei gleichzeitig höherer Leistung sind die beiden Hauptmerkmale von XDP.
«XtremIO bietet eine echte Inline-Datenreduzierung. Alle eingehenden Daten werden dedupliziert, global und in Echtzeit.»
Optimale Anwendungsgebiete für XtremIO sind Umgebungen mit Random IO wie zum Beispiel viele Datenbank-basierte Systeme (SAP, Avaloq, Adcubum etc.) und Virtual Desktop Infrastrukturen (VDI). Die Inline Deduplizierung spielt Ihre Stärken besonders in Umgebungen aus, wo für Entwicklungszwecke viele Kopien der Systemlandschaft erstellt werden. Es können beliebig viele Kopien erstellt werden, ohne zusätzlichen Speicherbedarf und ohne negativen Einfluss auf die Systemperformance. Dass wir mit XtremIO richtig liegen, beweist die Tatsache, dass wir mit diesem Produkt nach erst einem Verkaufsquartal bereits weltweiter Marktführer bei All Flash Storage Arrays geworden sind.
Eine spezielle Herausforderung der massiv zunehmenden Datenmengen durch vermehrt auch unstrukturierte Daten sind die Backups und Archivierungen. Welche Lösungen stehen heute zu Verfügung, um Datenverluste zu vermeiden, kurze Backup und Wartungsfenster zu umgehen?
Eine Verschmelzung von High-Availability (HA) – und Disaster-Recovery (DR) Lösungen ist in vollem Gange. EMC hat auf die veränderten Marktanforderungen reagiert und die entsprechenden Kategorien unter der Organisationseinheit „Data Protection and Archving Division“ (DPAD) zusammengeführt. EMC ist nun als einzige Firma in der Lage, vollumfängliche Lösungen in diesem Bereich anzubieten. Kunden suchen nach Möglichkeiten, nicht nur die Recovery Prozesse zu verbessern, sondern auch ihre Investitionen in die Infrastruktur voll ausschöpfen zu können. Daher werden mehr Unternehmen dazu übergehen, Rechenzentren aktiv/aktiv zu betreiben (nicht zu verwechseln mit Bi-Direktional), wobei sämtliche Systemresourcen aller Rechenzentren genutzt und eine optimale Lastverteilung erreicht wird. Somit entfällt auch manuelles Umschalten zwischen den Rechenzentren im Fehlerfall. Gleichzeitig werden kontinuierliche Datensicherungen auf deduplizierte Speicherpools stattfinden, um Datenverluste komplett auszuschliessen. Unsere Archivlösungen helfen zudem, die Compliance Anforderungen zu erfüllen und produktive Umgebungen schlank zu halten. Alle diese Technologien kombiniert, reduzieren die Backup- und Wartungsfenster auf ein Minimum. Genau darum sehen wir EMC als optimal positioniert im Markt.
Welche technischen Innovationen werden in den nächsten Jahren das Geschäft der EMC prägen?
Wir erwarten eine vermehrte Verlagerung zu Open Source für die Entwicklung der nächsten Generation von Cloud fähigen Business Anwendungen. Die Plattformen in der Infrastruktur müssen damit Schritt halten und vermehrt durch Funktionen im Software-Layer punkten. Die Unterstützung von sicheren, dynamischen, Multi-Cloud Umgebungen wird ein entscheidender Faktor für Kunden werden. Wir denken, dass wir mit all unseren Unternehmensbereichen (EMC Information Infrastructure, VMware, RSA und Pivotal) die richtigen Weichen dazu gestellt haben.
Zum Schluss des Interviews haben Sie zwei Wünsche frei. Wie sehen die aus?
Persönlich wünsche ich meinem Umfeld in erster Linie Gesundheit und danach erhoffe ich mir, dass wir mit Freude und mit viel Energie in einem guten, wirtschaftlichen Umfeld spannende Projekte mit Kunden angehen und erfolgreich abschliessen können
Der Gesprächspartner:
Stefano Camuso, geboren 1965, ist seit Januar 2013 Managing Director der EMC Schweiz. Camuso kam 2004 als operativer Leiter der Technology Solutions Group zu EMC Schweiz und war seit Juli 2005 Verkaufsdirektor für die Deutschschweiz sowie Mitglied der Geschäftsleitung. Nach verschiedenen Funktionen bei DEC (Digital Equipment Corporation) waren die weiteren Karriereschritte des Betriebsökonoms FH Projektleiter bei GfAI (Gruppe für Angewandte Informatik), Projektmanager bei Softlab und Berater bei procedo. Camuso ist verheiratet und Vater von zwei Kindern.
Das Unternehmen:
EMC unterstützt mit seinen Technologien und Lösungen Firmen dabei, den maximalen Nutzen aus ihrem Informationsbestand zu ziehen. Dabei hilft EMC Organisationen von der Entwicklung über den Aufbau bis hin zur Verwaltung von flexiblen, skalierbaren und sicheren Informationsinfrastrukturen – die zukünftig vollständig virtualisiert sein werden. EMC ist in der Schweiz in Zürich (Hauptsitz), Bern und Gland/VD vertreten. Weitere Informationen über EMC finden sich unter: www.emc2.ch.
Dieses Interview wurde in Zusammenarbeit mit den X.DAYS erstellt.