Stephan Rind, VRP OTI Greentech AG
Stephan Rind, VRP OTI Greentech AG.
von Patrick Gunti
Moneycab: Herr Rind, die OTI Greentech AG hat im vergangenen Jahr weltweite Geschäftsabschlüsse zur Reinigung von Ölverschmutzungen tätigen können. Stellen Sie in Folge der Ölkatastrophe im Golf von Mexiko ein gestiegenes Umwelt-Bewusstsein der Ölkonzerne fest?
Stephan Rind: Seit der grossen Ölkatastrophe 2010 im Golf von Mexico hat ein grundsätzlicher Paradigmenwechsel in der Ölindustrie stattgefunden. Über Jahrzehnte benutze hochgiftige Produkte und Technologien werden jetzt hinterfragt und Förderprogramme aufgelegt. Der Druck durch die Politik und internationale Organisationen steigt stetig. In der Ölindustrie hat die Risikominimierung erste Priorität, deshalb dauern Innovationen oft länger als in anderen Industrien. Dennoch profitiert unsere Gesellschaft und die gesamte Branche von diesem Wandel. In 5 Jahren werden effiziente und nachhaltige Produkte bei der Reinigung von Ölverschmutzungen Standard sein.
OTI Greentech hält weltweite Patente für umweltfreundliche Reinigungs- und Seperationsprodukte. Lässt sich in Kürze erklären, wie diese Produkte funktionieren und wo sie überall zum Einsatz gelangen?
Im Wesentlichen haben wir zwei Kernprodukte entwickelt: flüssige Produkte der Marke ECOSOLUT und ein festes Granulat, SOT. Beide Produkte dienen in unterschiedlichen Szenarien entweder zur Bindung und dem anschliessendem Abbau von Roh- Erdöl oder zur Trennung des Öls von anderen Stoffen, zur weiteren Verwendung.
ECOSOLUT basiert auf Pflanzenölen in Kombination mit biologisch abbaubaren Tensiden. Es wird meist als Konzentrat geliefert, welches mit Wasser verdünnt wird. ECOSOLUT löst das Öl von nahezu jeder Oberfläche und bindet es als Nanotropfen in einer Emulsion. Entweder passiert dies dauerhaft und das Öl wird dann durch Mikroorganismen natürlich zersetzt, oder das Öl wird nach kurzer Zeit wieder freigegeben und schwimmt dann auf der Oberfläche der Reinigungslösung. Von dort kann es relativ einfach und umweltschonend abgeschöpft und wiederverwendet werden.
Die SOT Produkte sind Granulate bestehend aus natürlich vorkommenden Mineralien. Das Granulat bindet das Öl und verhindert, dass das es mit der Umwelt reagieren kann. Auch so kann Öl, das sich auf festem Untergrund befindet natürlichen und sehr schnell abgebaut werden. Alle unsere Produkte sind ungiftig, umweltschonend und mit Ausnahme der natürlichen Mineralien in kürzester Zeit biologisch abbaubar.
«In 5 Jahren werden effiziente und nachhaltige Produkte bei der Reinigung von Ölverschmutzungen Standard sein.» Stephan Rind, Verwaltungsratspräsident OTI Greentech AG
Ihr Unternehmen konnte sich im Nachgang des beispiellosen Unglücks im Golf von Mexiko erfolgreich bei der Strandreinigung von Öl beteiligen. War das für OTI Greentech der grosse Durchbruch?
Unser Bekanntheitsgrad in der Industrie ist deutlich gestiegen. Es war zweifellos ein wichtiger Türöffner für laufende Pilotprojekte mit nationalen und internationalen Ölkonzernen, Energieversorgern und Servicegesellschaften. Aber man darf nicht glauben, dass wir nur in der Bekämpfung von Ölkatastrophen tätig sein wollen. Das ist nur ein Bereich, in dem unsere Produkte angewendet werden können. Unser Produkt eignet sich auch zur Trennung von Öl und Wasser oder Sand im Rahmen der Ölförderung und erhöht dort die Effizienz und vermindert die Umweltbelastung. Und unsere Produkte können sehr gut zur routingemässigen, umweltschonenden Tankreinigung in der Schifffahrt beispielsweise eingesetzt werden.
Ein grosser Durchbruch war hier die Zulassung unserer Produkte durch die IMO (International Maritime Organisation), einer Agentur der Vereinten Nationen, Anfang diesen Monats. Damit haben wir auf einen Schlag den Zugang für die Schifffahrtsindustrie weltweit bekommen. Wir testen zurzeit unsere Produkte in Kanada mit einigen nationalen und internationalen Ölproduzenten. Dabei geht es um die effizientere Separation von Öl aus Ölsand und die anschliessende Reinigung des Restsandes. Die Ölsande in Kanada sind mit geschätzten 178 Mrd. Barrel die zweitgrösste strategische Ölreserve dieses Planeten.
Was können Sie uns von weiteren Referenzprojekten berichten?
Mit der Zulassung durch die IMO haben einige grosse Schifffahrtgesellschaften wegen Testreinigungen mit unseren maritimen Produkten angefragt. Ein weiteres Projekt im Bereich der Bodensanierung konnten wir letztes Jahres mit der National Cleaning Corporation (NCC) erfolgreich abschliessen. Die von uns behandelten Böden haben bereits nach 45 Tagen die nationalen Auflagen für giftige Böden unterschritten und nach 142 Tagen waren nachweislich 97% der Ölrückstände vollständig abgebaut. Jetzt verhandeln wir vor Ort die Teilnahme an einer Ausschreibung für die Bodensanierung von 150.000 m³.
«Unsere Produktionskosten erlauben uns aber in Zukunft auf Preisreduktionen komfortable reagieren zu können, sollte die Konkurrenz aufwachen.»
Wie ist das Preisverhältnis Ihrer Produkte gegenüber den bisher eingesetzten chemischen Reinigungsmitteln?
Bei der Tank- und Schiffsreinigung liegen wir preislich im Bereich der chemischen Premiumprodukte. Wir sind also nicht teurer als die besten chemischen Reinigungsprodukte aber bewusst auch nicht günstiger. Dafür sind unsere Produkte natürlich umweltverträglich und haben damit bei gleichem Preis schon einen erheblichen Vorteil. Unsere Produktionskosten erlauben uns aber in Zukunft auf Preisreduktionen komfortable reagieren zu können, sollte die Konkurrenz aufwachen. Bei den Separationsprodukten betreten wir Neuland, da es ähnliche Produkte, die gleichzeitig auch noch umweltfreundlich sind, im Markt nicht gibt. Hier teilen wir uns den Produktivitätsgewinn für den Kunden im Preis der Produkte.
Im September letzten Jahres konnten Sie ein Joint-Venture mit einer führenden südeuropäischen Industrie- und Schifffahrtsgesellschaft abschliessen. Welche Aufgaben beinhaltet dieser Auftrag und welches Umsatzvolumen hat er?
Die Vertriebsvereinbarung bezieht sich vor allem auf Reinigung von Öltanks und Tankern, der industriellen Reinigung von Maschinen, der Separation und dem anschliessendem Recycling von Öl aus Schlämmen und Böden. Im Zuge dessen ist insbesondere in der Schiffsindustrie die Prävention und die Bekämpfung von Ölunfällen ein wichtiges Thema. Das Joint Venture umfasst ein Umsatzvolumen von EUR 6,5 Mio bis Ende 2015 bzw. EUR 9.0 Mio bis Ende 2020.
Wer sind weiter Ihre wichtigsten Kunden?
Zu den Nutzern unserer Produkte zählen u.a. GDF Suez, UBE Chemicals und PTT Energy. Erster Kunde in der Schweiz ist einer der grössten schweizerischen Papierfabriken. Hier gab es eine Grundsatzentscheidung des Verwaltungsrates, zukünftig im Industrie- und Maschinenreinigungsbereich nachhaltige, umweltfreundliche Reinigungsprodukte einzusetzen. Wir überzeugten, nicht nur aufgrund „grüner“, umweltfreundlichen Produkte, sondern auch aufgrund unserer Kosteneffizienz.
Umweltfreundlich muss nicht teurer sein als konventionelle chemische Produkte. Dies lässt sich dadurch erklären, dass die sonst sehr teure Entsorgung toxischer Abfallprodukte, mit dem Einsatz unserer Produkte deutlich reduziert wird oder gar ganz entfällt. Dies ist Hauptgrund für die Zertifizierung von OTI Greentech als CleanTech Driver im Bereich „Waste Management“ durch das deutsche CleanTech Institut (DCTI).
Die OTI Greentech hat Standorte in der Schweiz, Deutschland und in Grossbritannien. Welche Rolle spielt der heimische Markt für Sie, wo gelangen die Produkte zum Einsatz?
Die Ausrichtung unserer Gesellschaft ist international mit klaren Wurzeln in der Schweiz. Unsere Absatzmärkte sind im Wesentlichen die Öl- und Ölserviceindustrie, die Schifffahrt und die Energieversorger und Entsorgungsunternehmen. Wir konzentrieren uns geographisch derzeit auf Europa und Nordamerika. Hier haben wir bereits Distributionsverträge oder JV Verträge abgeschlossen und sehen viel Potential. Der heimische Markt ist sicher wichtig für uns, langfristig wird die Schweiz aber angesichts der eben genannten Kernmärkte nur einen geringen Teil unserer Umsätze ausmachen.
«Die Ausrichtung unserer Gesellschaft ist international mit klaren Wurzeln in der Schweiz.»
Wie werden die Produkte vor Ort eingesetzt? Sind Mitarbeiter Ihres Unternehmens dabei oder beschränkt sich OTI Greentech auf die Produktion und den Vertrieb der Reinigungs- und Seperationsprodukte?
Neben der Produktion und des Vertriebes bieten wir noch projektbezogenes Know-How sowie Training vor Ort. Um das bestmögliche Ergebnis zu erzielen sehen wir diesen Support auch im wissenschaftlichen Bereich für unabdingbar. Beispielhaft dafür ist das Bodensanierungsprojekt der National Cleaning Corporation (NCC) im März letzten Jahres in Kuwait. Unsere Wissenschaftler entnahmen vor Ort die Bodenproben um den optimalen Produktmix für die Bioremediation in den einzelnen Anwendungsphasen zu bestimmen. Im Zusammenhang damit wurden einzelne Abläufe festgelegt und weitere Proben zur Überwachung des Projektes entnommen und analysiert. Das Equipment und Mitarbeiter vor Ort stellte unser Partner NCC.
Bilder von ölverschmierten Tieren gehen nach Ölkatastrophen wie als Mahnmal um die Erde. Können mit den OTI Greentech-Produkten auch Tiere gereinigt werden?
Wir tragen nicht umsonst die weissen Federn eines Pelikans in unserem Logo. Unsere Produkte sind ungiftig und nicht ätzend und können daher problemlos auch für die Reinigung von Gefieder oder Fell eingesetzt werden. In Thailand haben wir sogar in Lizenz probeweise hautfreundliche Seifen auf Basis der SOT Produkte herstellen lassen. Die Seife benutze ich sogar privat im Haushalt.
«Bei einem entsprechenden Geschäftsverlauf und einem positiven Kapitalmarktumfeld schliessen wir einen Börsengang in diesem Jahr nicht aus.»
Cleantech gilt als grosser Wachstumsmarkt. Wie sehen Sie das aktuelle Marktumfeld?
Auch wir sehen den Sektor CleanTech eindeutig als Wachstumsmarkt. In den letzten Jahren sind die Themen Umweltschutz, Ressourcenschonung und vor allem ökologischer und ökonomischer Nachhaltigkeit immer mehr in den Fokus der Gesellschaft gerückt. Dies hat auch ein Umdenken in der Industrie hervorgerufen. Die weltweite Nachfrage nach effizienten, umweltfreundlichen Produkten und Technologien bei gleichzeitiger Beibehaltung bzw. Steigerung der Effizienz sowie Reduzierung der Risiken ist rasant gestiegen und wird unseres Erachtens noch deutlicher ansteigen. Das wachsende Bewusstsein für den nachhaltigen Umgang mit begrenzten Ressourcen ist ein langfristiger Trend, der sich nicht mehr umkehren lässt. Gestützt wird dies zunehmend durch immer höhere Auflagen nationaler und internationaler Behörden.
Allerdings ist für die Industrie auch der wirtschaftliche Faktor entscheidend. Bei einer 50%igen Rückgewinnung wiederverwendbaren Öls aus giftiger Ölschlämme eines Öltankers, halbieren wir durch den Einsatz unserer Produkte die Entsorgungskosten. Ebenso generieren wir erhebliche Mehrerlöse für Ölproduzenten, wenn wir bei der Gewinnung von Rohöl aus kanadischen Ölsanden 20% höhere Extraktionsraten erreichen bei gleichzeitig massiver Verringerung der Umweltbelastung im Restsand. Wir liefern solche Produkte und wollen selbstverständlich an den wachsenden Märkten partizipieren.
Welchen Geschäftsgang erwarten Sie im laufenden Jahr?
Auf Basis der in letzten 12 Monaten abgeschlossen Distributions- und JV Verträge erwarten wir im operativen Geschäft in 2012 einen Break-even bei einen Gesamtumsatz im unteren zweistelligen Millionenbereich. Bei einem entsprechenden Geschäftsverlauf und einem positiven Kapitalmarktumfeld schliessen wir einen Börsengang in diesem Jahr nicht aus.
Zum Abschluss möchte ich Sie bitten, die nachfolgenden drei Sätze zu vervollständigen:
Der Name unseres Unternehmens steht für Innovative und nachhaltige Lösungen bei Ölverschmutzungen
Für die Ölindustrie sind wir die nachhaltige Schlüsseltechnologie bei der Reinigung und Rückgewinnung von Öl
Die politische Unterstützung der Cleantech-Branche in der Schweiz wächst erfreulicherweise und findet zunehmend Akzeptanz durch breite Kreise der Bevölkerung, Parteien oder NGOs.
Herr Rind, herzlichen Dank für das Interview.
Zur Person:
Stephan Rind (44) ist nach seiner Tätigkeit bei Investmentbanken in den USA und Deutschland seit rund 15 Jahren als Unternehmer und Beteiligungsexperte tätig. 2003 übernahm er mit einem privaten Investorenkonsortium die börsennotierte Küppersbusch AG in Deutschland und wurde CEO der Gesellschaft. Unter seiner Führung wurde die Küppersbusch AG in die Colonia Real Estate AG umfirmiert und entwickelte sich zum drittgrössten börsennotierten Wohnimmobilienkonzern in Deutschland. Mit der Übernahme der Colonia Real Estate Anfang 2011 verliess er das Unternehmen und wurde im Juli 2011 zum Präsident des Verwaltungsrates der OTI Greentech AG ernannt.