Stephan Rüdlinger, CEO Raurica Wald AG, im Interview
von Bob Buchheit
Moneycab.com: Herr Rüdlinger, im letzten Jahrzehnt machte Raurica Wald jedes Jahr einen Gewinn, trotz bekannt schwierigem Holzmarkt. Liegt das Geheimnis in der Diversifikation?
Stefan Rüdlinger: Durch die verschiedenen Sortimente und Geschäftsbereiche, ist es uns möglich, Marktschwankungen aufzufangen. Zudem ist es der Raurica-Gruppe gelungen, erfolgreiche Beteiligungen im Bereich Holzvermarktung, Holzverarbeitung und Holzverwertung zu erwerben oder aufzubauen. Das Erfolgsrezept ist aber sicher, dass wir uns in unseren Geschäftsbereichen stetig verbessern und professionalisieren, nicht die Diversifikation an sich.
Raurica Wald hat verschiedene Hölzer im Angebot. Welches ist der grosse Unterschied zwischen Brennholz für den Privatverbraucher und für die Energiewirtschaft?
Die gesamte Vermarktungskette von Brennholz für den Privatverbraucher ist nicht zu vergleichen mit Energieholz für Holzkraftwerke. Brennholz läuft häufig über den Konsumgütermarkt, in kleinen Mengen oder im Vertrieb über Ladenketten. Energieholz wird über die Raurica zum allergrössten Teil als Hackschnitzel an die Heizwerke geliefert. Dabei spielt die effiziente Logistik vom Wald zum Kunden eine grosse Roll, und in der Regel spricht man von viel grösseren Mengen.
Die beiden Basler Holzkraftwerke sind Ihre grossen Umsatzträger. Wann kommt das dritte Kraftwerk hinzu?
Raurica ist ausschliesslich am ersten Holzkraftwerk beteiligt in Basel, nicht am zweiten Werk, und die Raurica darf als Partner für die Brennstofflieferung auftreten. Am jetzigen Standort ist allerdings kaum mit einem dritten Werk zu rechnen, da schlicht der Platz fehlen würde. Nichtsdestotrotz ist in der Region noch viel Potential für Wärmeproduktion aus Biomasse vorhanden. Hier ist die Raurica immer in engem Kontakt mit den Betreibern der Anlagen, damit wir den reibungslosen Betrieb unterstützen können und so den Absatz vom regional wachsenden Rohstoff Holz fördern können. Wir schliessen eine weitere Beteiligung an einem Werk nicht kategorisch aus, wenn es der Sache dient und für alle Parteien interessant ist.
«Wir konnten unsere Vermarktungsmenge an Energieholz im letzten Jahr fast verdoppeln.»
Stephan Rüdlinger, CEO Raurica Wald
Im vorletzten Geschäftsjahr fiel zum ersten Mal seit Langem die Vermarktungsmenge an Energieholz (berechnet in Schüttraummetern). War 2019 die positive Trendumkehr?
Die Vermarktungsmenge an Energieholz hat für uns in der nahen Vergangenheit stark zugenommen. Mit der Inbetriebnahme der grossen Werke in Basel und Sisseln – bei beiden dürfen wir liefern – sowie ein paar kleineren Werken, konnten wir unsere Vermarktungsmenge im letzten Jahr fast verdoppeln.
Die Tochter Raurica Immobilien AG konnte nicht allen Lagerraum vermieten. Ist das «Problemchen» mittlerweile gelöst?
Dieses «Problemchen» ist mit einem neuen Mieter tatsächlich gelöst. Allerdings ist das glücklicherweise auch kein entscheidender Faktor für uns am Standort Muttenz.
Ziel ist es auch, bei Raurica Wald die Wertschöpfungskette im Hause zu halten und ausbauen. Der Einstieg in die „Hacklogistik“ mit einer Mehrheitsbeteiligung an der Nordwest Holz AG war hierzu ein wichtiger Schritt. Wie wird sich das in den nächsten Jahren auf Ihre Marge auswirken?
Primäres Ziel des Einstiegs in die Hacklogistik war die Erhöhung der Liefersicherheit mit der grösseren Menge, welche wir jetzt liefern dürfen. Wir setzen aber weiterhin auch auf regionale Partner, um hier breit abgestützt zu sein. Natürlich ist es auch unser Ziel, die Kostenstruktur in der Logistik zu verbessern, damit wir in einem umkämpften Energieholzmarkt die Einkaufspreise des Holzes so stabil wie möglich halten können. Mit der Ertragslage sind wir im Moment sehr zufrieden, der Teil der Eigenleistung in der Hacklogistik konnte hier einen guten Beitrag leisten. Allerdings sind wir noch in einer Lernphase und müssen uns in diesem Geschäft noch «beweisen».
«Wir sind in der Hacklogistik noch in einer Lernphase und müssen uns in diesem Geschäft noch beweisen.»
Sie sind immer auf der Suche nach neuen Absatzmärkten. Konnten Sie Papier- oder gar Betonwerke als Kunden gewinnen?
Die beiden Absatzmärkte sind für uns leider in den letzten Jahren nicht sehr erfolgreich gewesen. Papierwerke gibt es bekannterweise leider nicht mehr viele in der Schweiz, und der Absatz in Betonwerken ist zwar da, kommerziell leider aber immer unattraktiver geworden. Momentan sind wir mit unserer Beteiligung Fagus Suisse SA in der Anlaufphase für eine Produktion von Hochleistungs-Buchenholzträgern. Hier erhoffen wir uns zusätzlichen Absatz der heimischen Buchen. Ausserdem konnten wir Absatzkanäle im grenznahen Deutschland aufbauen und im Industrieholzbereich wurden auch neue Kunden gefunden. – So verfolgen wir konsequent das Ziel, den Absatz regional zu fördern um das Holz nicht per Container in ferne Länder verkaufen zu müssen.
Hat man Ihren ehemaligen chinesischen Handelspartner, der Raurica Wald vor Jahren über den Tisch gezogen hat und gegen den Sie vor Gericht obsiegt haben, mittlerweile verhaftet?
Das Verfahren ist mittlerweile abgeschlossen. Der Verwaltungsrat hat die Vorkommnisse lückenlos aufgearbeitet, juristisch die notwendigen Schritte in die Wege geleitet, vor allem aber auch die internen Abläufe überprüft. Wir sind überzeugt, dass unsere Rahmenbedingungen betreffend Kompetenzen und Compliance mittlerweile so aufgestellt sind, dass uns ein ähnlicher Fall nicht mehr passieren kann. Das ist für uns das wichtigste.
«Wir sind überzeugt, dass unsere Rahmenbedingungen betreffend Kompetenzen und Compliance mittlerweile so aufgestellt sind, dass uns ein ähnlicher Fall wie in China nicht mehr passieren kann.»
Bei Fagus Suisse, dem Buchenholz-Spezialisten, an dem Raurica mit 23% grösster Einzelaktionär ist, gibt es viele Forschungsprojekte. Welches ist für Sie das spannendste?
Für uns war natürlich mit Abstand das Spannendste die Verleimung und der Stossversatz an sich. Wir konnten so in Forschungsprojekten die Grundlage schaffen, um zuverlässig und wiederholbar in einem industrialisierten Prozess Lamellen und Träger zu produzieren. Hierzu gehörte die Erforschung eines zertifizierbaren Leimes, des Leimverfahrens und des definierten Stossversatzes für eine hohe Festigkeit.
Wie meistert Raurica Wald den Spagat zwischen einem möglichst guten Holzpreis für die Waldbesitzer, die ja oft gleichzeitig Aktionäre sind, und einer dennoch attraktiven Ausschüttung für Drittaktionäre, die mit Holz vielleicht gar nichts am Hut haben?
Grundsätzlich sollte dieser Spagat gar nicht so gross sein. Obwohl wir, wie Sie richtig bemerken, auch Aktionäre haben, die keine Waldbesitzer sind, ist dies doch bei 80 Prozent der Aktionäre der Fall. Natürlich behandeln wir hier alle gleich. Es liegt bei einer Mehrheit der Aktionäre in ihrer eigenen Hand, die Dividende auch wieder direkt dem Wald respektive dem Forst zukommen zu lassen. Wir sind aber momentan in der Lage, einen guten Preis für das Holz zu bezahlen und trotzdem auch noch eine attraktive Dividende auszuschütten. Wichtig ist aber auch, dass wir neben dem Einkaufspreis und der Dividende noch einen Hebel haben, indem wir unseren Gewinn wieder in Projekte investieren, welche dem Wald und Holzabsatz zu Gute kommt.