Stephan Rüdlinger, Geschäftsführer Raurica Wald AG, im Interview

Stephan Rüdlinger, Geschäftsführer Raurica Wald AG, im Interview
Stephan Rüdlinger, Geschäftsführer Raurica Wald AG.

von Bob Buchheit

Moneycab.com: Herr Rüdlinger, was sind denn Waldcafés?

Stephan Rüdlinger: Waldcafés sind ein Gefäss zwischen der Raurica und den Forstrevieren unserer Region. Es geht dabei um einen formlosen Austausch über das Angebot und die Nachfrage sowie um Verbesserungen in der Vermarktungsabwicklung und Logistik. Die Cafés werden immer in der Region bei einem Forstbetrieb durchgeführt, ab und an auch am Sitz der Raurica.

Was versprechen Sie sich an Umsatzboost davon?

Bei den Waldcafés geht es primär darum, das gegenseitige Verständnis zu fördern. Wenn dies verbessert werden kann, kann das natürlich hoffentlich auch dazu führen, dass mehr Holz über die Raurica vermarktet wird und wir somit unseren Regionalen Wald erfolgreicher bei den Kunden vertreten können.

Raurica Wald ist ja bekannterweise auch ein Energieversorger. Was bedeutet der Klimawandel für Ihr Unternehmen?

Bei unserer Beteiligung Holzkraftwerk Basel AG spüren wir, dass die Anzahl der sogenannten Heizgradtage in den letzten Jahren weniger wurde. Dadurch kann tendenziell auch weniger Wärme und Strom abgesetzt werden. Als Versorger von Holzkraftwerken ist es uns aber gelungen, die Reduktion dieser Mengen mehr als zu kompensieren mit neuen Verträgen.

«Die Anzahl der Heizgradtage ist weniger geworden. Als Versorger von Holzkraftwerken ist es uns aber gelungen, diese Mengenreduktion zu kompensieren mit neuen Verträgen.»
Stephan Rüdlinger, Geschäftsführer Raurica Wald AG

Der Laubholzverarbeiter Fagus Suisse, an der Raurica Wald zu 18 Prozent beteiligt ist, konnte einige Prestigebauten erstellen, hat aber Absatzschwierigkeiten. Ist das ein Marketingproblem?

Es ist sehr anspruchsvoll, die Fagus Suisse als Anbieter von hochqualitativen Produkten im Laubholzbereich im Markt zu etablieren. Das Produkt war bei Markteintritt komplett neu, somit auch die Weiterverarbeitung. Auch wie man das Material auf den Baustellen handhaben muss, war neu. Das benötigt einen intensiven Lernprozess. Wir sind auch zur Überzeugung gekommen, dass wir noch mehr Nähe zum Holzbau benötigen, damit der Mut der Waldbesitzer dieses Landes Früchte trägt. Es wurde ein komplett neues Produkt entwickelt und ein industrieller Produktionsprozess aufgebaut. Dies benötigt enorm Ausdauer, um sich zu etablieren. Daher würde ich nicht von einem Marketingproblem sprechen. Die mediale Präsenz ist weniger wichtig als die Aussendienst-Präsenz.

Ihre Fagus-Beteiligung wurde vorsichtshalber auf einen Franken wertberichtigt. Warum so konservativ?

Wir wurden durch ein sehr schlechtes erstes Quartal 2024 bei der Fagus Suisse noch einmal etwas zurückgeworfen. Daher sind wir auch in Liquiditätsengpässe gekommen bei der Fagus Suisse. Obwohl wir weiterhin an das Produkt und die Firma glauben, sahen wir es angezeigt, betreffend der Beteiligung vorsichtig zu agieren.

Wie wichtig ist mediale und verkaufstechnische Aussendienst-Präsenz mittlerweile für die Raurica Wald AG?

Die mediale Präsenz ist weniger wichtig als die Aussendienst-Präsenz. Wir haben deswegen unsere Präsenz im Aussendienst noch einmal verstärkt. Für die kommende Saison werden wir zudem die Aktivitäten im Bereich Stammholz in die Firma Nordwest Holz AG auslagern. Dies gibt uns zusätzliche Flexibilität, um die Kunden und die Waldbesitzer besser zu bedienen. Wir werden zu diesem Zweck mit zwei Aussendienstmitarbeitenden präsent sein und Lösungen für eine regionale Vermarktung entwickeln. Im Bereich Energieholz entwickeln wir im B2B-Bereich Versorgungslösungen, welche unseren Kunden die Versorgungssicherheit zu wettbewerbsfähigen Kosten sicherstellt. Diesen Ansatz werden wir innerhalb der Raurica Holzvermarktung konsequent weiterverfolgen.

Als Versorger müssen Sie auch mit den Preiswirrungen Ihres Rohstoffes Schnitzelholz rechnen. Ist das momentane Preisgefüge erträglich – für Waldbesitzer und Verarbeiter gleichermassen?

Die Preise im Bereich Schnitzelholz stehen aktuell zu stark im Wettbewerb mit den Industrieholzsortimenten. Dies gefährdet vermehrt die Kaskadennutzung und kann dazu verleiten, viel Holz zu Hacken und energetisch zu verwerten. Dies halten wir nicht für ökologisch sinnvoll. Wir werden unsererseits alles daransetzen, in der Nordwestschweiz weiterhin stabile Energieholzkonditionen anbieten zu können und trotzdem möglichst viel der stofflichen Verwertung zuzuführen. Aus unserer Sicht sollten aber insbesondere kleine und mittlere Wärmeverbünde auf Basis von Hackschnitzeln vermehrt hinterfragt werden. Sehr häufig ist die Holzverfügbarkeit mittlerweile nicht mehr automatisch gegeben und zudem sollte das Energieholz für die grösseren Verbünde und Werke zur Verfügung stehen, da diese in aller Regel einen effizienteren und ökologischeren Betrieb garantieren, da sie ständig überwacht und professionell betrieben werden.

«Aus unserer Sicht sollten kleine und mittlere Wärmeverbünde auf Basis von Hackschnitzeln vermehrt hinterfragt werden. Sehr häufig ist nämlich die Holzverfügbarkeit nicht mehr automatisch gegeben.»

Mit dem Albach Diamant 2000 haben Sie einen besonders leistungsfähigen, selbstfahrenden Hacker für sehr gute Schnitzelqualität. Wie lange halten eigentlich solche Spezialfahrzeuge?

Wir gehen von einer Lebensdauer von mindestens 8-10 Jahren aus, was aber natürlich auch von der Wartung und von der verarbeiteten Holzmenge abhängt. Ein solcher Hacker sollte in der Regel mehr als 80’000 Schüttraummeter pro Jahr verarbeiten können, damit er wirtschaftlich ist.

Im aargauischen Full-Reuenthal soll ein Komplett-Produktionswerk ab der Rundholzbearbeitung zu technisch hochwertigen Baustoffen aus einheimischem Holz realisiert werden. Ihr Anteil steht mit rund 10 Millionen in den Büchern – wann erfolgt der definitive Startschuss?

Die Beteiligung bezieht sich aktuell auf die Beteiligung am Land in Full-Reuenthal. Der Startschuss für die Verarbeitung ist im Sinne der konkreten Projektierung bereits erfolgt. Es sind allerdings noch einige Meilensteine zu durchlaufen und ein konkreter Investitionsentscheid betreffend Anlagen und Gebäuden sollte bis zum 1. Q 2025 möglich sein.

Ihr grösster Abnehmer im Rundholzbereich, die Hess & CO AG, musste letztes Jahr die Tore schliessen. Dennoch gelang Raurica-Wald ein respektabler Jahresabschluss. Wie sehen Sie 2024?

Die Schliessung der Firma Hess & Co AG hat uns alle in der Branche sehr geschmerzt. Es ist jetzt schwieriger geworden, für qualitativ hochwertige Rundholz-Buche Käufer zu finden. Betriebswirtschaftlich waren die Auswirkungen auf die Raurica Gruppe marginal, da wir bis anhin als Vermarkter mit relativ tiefen Margen arbeiteten und daher ein Volumenrückgang sich nur unterproportional auf die Ertragskraft auswirkt. Wir sind mittlerweile sehr breit aufgestellt und stützen uns auf die Beteiligungen und insbesondere unsere Lösungen im Energieholzbereich.

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