Thomas Ahlburg, Group CEO Stadler Rail AG, im Interview

Thomas Ahlburg.

Von Karin Bosshard

Moneycab.com: Bei Stadler Rail ist vieles in Bewegung: Was hat sich alles verändert?

Thomas Ahlburg: Stadler ist ein dynamisches Unternehmen, das Hochtechnologie mit den Qualitäten eines typischen Handwerkbetriebs vereint; dies war in der Vergangenheit ein Erfolgsfaktor und das wird auch in Zukunft so sein. Zudem ist unsere Branche eine erstaunliche Mischung aus konservativem Denken – beispielsweise bei der Auslegung von Zügen auf 35 Jahre Lebensdauer und Null-Toleranz hinsichtlich Sicherheit – und sehr fortschrittlichen Gedanken hinsichtlich Umweltschutz und energieeffizienten Antriebstechnologien.

Veränderungen sehe ich vor allem aufgrund der Digitalisierung, die das Rollmaterial „intelligenter“ macht, wodurch beispielsweise die bestehende Infrastruktur besser genutzt werden kann. Ein weiteres Beispiel ist die nicht zuletzt durch die Chinesen forcierte Konsolidierungswelle unter den Rollmaterialherstellern. Die Fusion von Siemens und Alstom wurde zwar abgelehnt, doch die Konsolidierungswelle wird  weiter gehen.

«Unsere Branche eine erstaunliche Mischung aus konservativem Denken und sehr fortschrittlichen Gedanken hinsichtlich Umweltschutz und energieeffizienten Antriebstechnologien.»
Dr. Thomas Ahlburg, Group CEO, Stadler Rail AG    

In welche Richtung entwickelt sich Stadler Rail mit dieser Dynamik?

Der Börsengang, den wir am 12. April vollzogen haben, ist sicher vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen in der Branche zu sehen. Wir haben damit unsere Kapitalmarktfähigkeit verbessert und geniessen als börsennotiertes Unternehmen in einigen Ländern eine erhöhte Wahrnehmung, was uns insbesondere auch den Eintritt in neue Märkte erleichtern dürfte.

Was wird sich mit dem Börsengang von Stadler Rail ändern?

Das müssen Sie mich vielleicht in einem Jahr nochmals fragen. Für die grosse Mehrheit unserer Mitarbeiter wird sich nichts ändern. Es ist und bleibt unser Anspruch, die besten Züge zu bauen und pragmatisch mit unseren Kunden zusammenzuarbeiten. Daran wird sich nichts ändern. 

«Wir geniessen als börsennotiertes Unternehmen eine erhöhte Wahrnehmung, was uns insbesondere auch den Eintritt in neue Märkte erleichtern dürfte.»

Welche neuen Möglichkeiten eröffnet die Digitalisierung der Industrie?

Die Digitalisierung eröffnet der Branche diverse Möglichkeiten. Rein technologisch wäre es längst möglich, Züge vollautomatisiert fahren zu lassen. Zusammen mit einem optimierten Beschleunigungs- und Bremsverhalten hat das den Vorteil, dass die Abstände zwischen den Zügen verkleinert und damit auf der gleichen Infrastruktur mehr Kapazität zur Verfügung steht. Wenn damit mehr Passagiere mit der umweltfreundlichen Bahn transportiert werden können, hat das einen positiven Einfluss auf die Umwelt. Überdies wird auch noch die Sicherheit erhöht.  

Wie stellt sich Stadler Rail auf diese Veränderungen ein?

Wir haben bereits vor einigen Jahren eine eigene Strategie im sogenannten Signalling-Bereich formuliert und umgesetzt. Über ein Joint Venture und die Gründung eines hochspezialisierten Engineering-Standorts haben wir das entsprechende Know-how in das Unternehmen geholt und konnten in ersten Projekten bereits unser eigenes Zugbeeinflussungssystem implementieren.

«Die unter dem Stichwort Mobilität 4.0 zusammengefassten Veränderungen betreffen nicht nur uns als Schienenfahrzeughersteller, sondern die gesamte Branche.»

Wie verändern sich dadurch die Beziehungen zu Kunden und anderen Partnern?

Die unter dem Stichwort Mobilität 4.0 zusammengefassten Veränderungen betreffen nicht nur uns als Schienenfahrzeughersteller, sondern die gesamte Branche. Wenn Rollmaterial, Infrastruktur und Sicherungstechnologie immer mehr zu einem Gesamtsystem verschmelzen, müssen dies auch die verschiedenen Verantwortlichen tun. Die bereits sehr enge Zusammenarbeit von Bahnbetreibern und Schienenfahrzeugherstellern wird damit sicher noch intensiver.

Was war der bisher grösste Erfolg Ihrer Karriere?

Ich bin ein Mensch, der sich auf die Gegenwart konzentriert. Ich bin deshalb stolz, ein mittelständisches Industrieunternehmen wie Stadler mit top ausgebildeten und motivierten Mitarbeitern zu führen.

Auf welche drei Eigenschaften legen Sie bei Ihren Mitarbeitenden besonders Wert?

Dossierfestigkeit, Umsetzungswille und Humor. Dossierfestigkeit stellt sicher, dass man seine Aufgabe kennt und sie meistern kann, Umsetzungswille bewirkt den Fokus auf greifbare Ergebnisse und Humor ist unabdingbar, da nur so die Arbeit und die Zusammenarbeit Spass machen. Und ein gesundes Mass an Gottvertrauen schadet auch nicht.

«Bei meinen Mitarbeitenden lege ich Wert auf Dossierfestigkeit, Umsetzungswille und Humor.»

Auf welchen Social Networks sind Sie unterwegs?

Ich konzentriere mich gerne darauf, Züge zu bauen. Ausserdem schätze ich den persönlichen Kontakt. Auf den Social Media Kanälen trifft man mich deshalb sehr selten an.

Zum Gesprächspartner
Thomas Ahlburg hat per 1. Januar 2018 als Group CEO die operative Leitung der Stadler Rail AG übernommen. Von 2012 bis 2017 führte er das Stammwerk Stadler Bussnang AG mit rund 1’800 Mitarbeitenden grösste Produktionsstätte der Stadler Rail Group. Vor seiner Tätigkeit bei Stadler Bussnang AG war er als General Manager bei Bombardier Transportation für den Standort Görlitz verantwortlich, davor als Senior Vice President für den Bereich Ariane 5 bei der MT Aerospace AG. Thomas Ahlburg bei LinkedIn

Zum Unternehmen
Die Stadler Rail AG mit Sitz im schweizerischen Bussnang ist ein Hersteller von Schienenfahrzeugen. Der Produktschwerpunkt liegt auf angetriebenen Fahrzeugen wie Triebzügen, Stadtbahnen und Lokomotiven. Eine Spezialität sind massgeschneiderte Bahneinzelanfertigungen und Zahnradbahn-Fahrzeuge.

Stadler Rail
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