Thomas Eisenring, CEO Hochdorf-Gruppe. (Foto: Hochdorf)
Interview von Robert Jakob
Moneycab: Herr Eisenring, in Nachbarländern der Schweiz ist der Milchmarkt in hellem Aufruhr. Wieso ist die Schweiz da noch eine Insel der Ruhe?
Thomas Eisenring: Von einer Insel der Ruhe zu sprechen, trifft die Situation in der Schweiz nicht ganz. Auch in der Schweiz ist der Milchmarkt schwieriger als auch schon. In der Schweiz sind zwar die Preise für die Milchproduzenten deutlich höher als jene der Produzenten in Deutschland – das Kostenumfeld ist aber auch deutlich höher. Wegen der hohen Preisdifferenz zum internationalen Milchpreis ist auch der Inlandmarkt für Milchprodukte unter Druck.
Was bedeutet der Zusammenbruch der deutschen Milchpreise für Hochdorfs neuen deutschen Produktionsbetrieb in der Uckermark?
In der Uckermark haben wir den Vorteil, dass wir nur eine sehr geringe Menge an Milch von eigenen Milchproduzenten verarbeiten. Die Milch, welche wir über den Spotmarkt einkaufen, ist dem Marktpreis angepasst; zudem haben wir diverse Lohnaufträge, wo wir weder ein Beschaffungs- noch ein Absatzrisiko haben. Im Moment läuft es in der Uckermark ganz gut.
«Die Produktion und der Verkauf der Öle und deren Koppelprodukte laufen gut.»
Thomas Eisenring, CEO Hochdorf-Gruppe
Im 2014 hatten Sie neben dem gerade erwähnten ostdeutschen Milchwerk auch die Ölmühle in Marbach am Neckar gekauft. Ich nehme an, hier verläuft das Geschäft stetig?
Ja, Ihre Annahme stimmt. Die Produktion und der Verkauf der Öle und deren Koppelprodukte laufen gut. Wir konnten insbesondere in diesem Frühjahr einige Neukunden dazugewinnen.
Die letzten Jahre bei Hochdorf waren geprägt durch hohe Investitionen. Wird der Rest des Jahrzehntes gemächlicher?
Nein, das wird es sicher nicht. Wir investieren in den nächsten Jahren in Produktionsanlagen und auch in Märkte. Ein grosser Brocken ist die Investition in zusätzliche Kapazitäten zur Herstellung von Babynahrung. Dazu investieren wir in Sulgen in den nächsten zwei Jahren rund 80 Millionen Franken in eine neue Sprühturmlinie mit passender Abfüllkapazität und in ein Hochregallager.
Unsere Strategie sieht als einen der wichtigen Punkte auch die Vorwärtsintegration vor. Dabei wollen wir als erstes im Bereich Babynahrung einen grossen Schritt näher zum Endkonsumenten machen. Das kann via Akquisition oder über eigene Investitionen am Markt geschehen. Egal auf welchem Weg wir die Vorwärtsintegration vorantreiben, auch eine Investition in den Markt ist mit Kosten verbunden.
Wir gehen davon aus, dass dieser Investitionsschub Ende 2018 abgeschlossen sein wird.
«Wir wollen im Bereich Babynahrung einen grossen Schritt näher zum Endkonsumenten machen.»
Der Umsatz im zweiten von drei Hochdorf-Geschäftsbereichen, Baby Care, verlief nach stürmischen Jahren im 2015 flach. Was werden ausser dem etwas schwächeren Franken in diesem Jahr wieder die Treiber sein?
Im Bereich der Babynahrung operieren wir an der Kapazitätsgrenze. Bis die neue Sprühturmlinie steht, werden wir die Mengen und damit auch den Umsatz nicht gross erhöhen können – aber ein bisschen mehr geht noch. Als einen wichtigen Treiber im 2016 erachte ich unsere Produktoffensive. In Prenzlau planen wir Basispulver für Babynahrung und instantisierte Milchen herzustellen. Beide Produkte verfügen grundsätzlich über eine höhere Marge als das Commodity-Produkt Magermilchpulver. Im Bereich Cereals & Ingredients erwarte ich vom neuen Produktebereich Kid‘s Food einen ersten Beitrag. Ebenfalls einen ersten Beitrag erwarte ich von unserer Schokoladeproduktion in Südafrika. Die ersten Produkte wurden im Mai verkauft.
Wieso limitieren Sie im Geschäftsbereich Baby Care den China-Geschäftsanteil nur auf einen Viertel?
Bei China handelt es sich um einen speziellen Markt mit teilweise eigenen Gesetzen. Die regulatorischen Anforderungen sind hoch und die zukünftige Entwicklung der Regularien schwierig einzuschätzen; wir möchten hier kein Klumpenrisiko eingehen. Zudem zieht die „Swissness“ nicht nur im Chinesischen Markt: Wir sind mit unseren Produkten auch in anderen Ländern Asiens, des Mittleren Ostens und Afrikas erfolgreich. Wir bemühen uns um ein möglichst ausgewogenes Länderportfolio.
In den USA sehen Sie grosses Potenzial bei Bio-Babynahrung. Haben Sie dort keine Angst, dass da mal ein Produktionsfehler passiert? So was kann ja in den Vereinigten Staaten teuer werden…
Aktuell sind wir (noch) nicht in den USA aktiv. Als Markt für 08/15-Babynahrung ist die USA für uns nicht interessant. Das boomende Geschäft mit Bio-Nahrungsmittel könnte aber durchaus attraktiv sein. Fehlerhafte Produkte im Bereich Babynahrung dürfen nirgends verkauft werden. Der Imageschaden wäre enorm – da spielt es keine Rolle, ob das Produkt in den USA verkauft wurde oder irgendwo sonst auf dieser Welt.
Die Hochdorf- Babyprodukte haben im Vergleich zur Konkurrenz, nehmen wir berühmte Namen wie Alete oder Hipp, keine Markenpräsenz. Wie soll und wird das in Zukunft ändern?
Vor sechs Jahren hat Hochdorf ein verhältnismässig grosses Investment von 60 Millionen Franken in eine neue Anlage zur Produktion von Babynahrung getätigt. Die Anlage mit einer Kapazität von 18‘000 Tonnen konnte unmöglich mit eigenen Marken ausgelastet werden. Der Verkauf über Drittmarken machte entsprechend viel Sinn. Deshalb haben wir mit Partnern zusammengearbeitet, die in den MEA-Regionen oder in Asien einen Marktzugang hatten und bereit waren, in den Aufbau einer Marke zu investieren. Mit der Vorwärtsintegration wollen wir nun ebenfalls den Schritt näher zum Kunden machen. Dieses Ziel kann über eine Beteiligung an einem oder mehreren unserer Partner erreicht werden.
«Als B2B-Unternehmen steht man sicher immer etwas im Hintergrund – man ist schlicht und einfach bei den Endkonsumenten kaum bekannt.»
Andererseits produzieren Sie ja sehr viel für Fremdmarken. Ist es nicht ein notwendiges Übel des B2B-Geschäfts halt etwas im Hintergrund zu stehen?
Als B2B-Unternehmen steht man sicher immer etwas im Hintergrund – man ist schlicht und einfach bei den Endkonsumenten kaum bekannt. Das heisst aber nicht, dass dies schlecht ist, und es heisst noch weniger, dass Hochdorf mit seinen guten Produkten immer im Hintergrund stehen bleiben muss!
Seit neustem produziert Hochdorf in Afrika lokal Schokolade für den dortigen heimischen Markt. Grosskonzerne wie Barry Callebaut hatten auf diesem Markt früher wenig Erfolg. Was lässt Sie für Afrika so optimistisch werden?
Die Hochdorf South Africa Ltd ist (noch) eine kleine Boutique. Das lässt sich nicht mit Barry Callebaut vergleichen. Wir starten bewusst mit einem kleinen Engagement, aber einem in der Schokoladenproduktion erfahrenen Team. Grundsätzlich ist der angepeilte Schokoladenmarkt sehr attraktiv, und wir können uns gut vorstellen, unser Engagement rasch zu vergrössern. Die ersten Produkte wurden im Mai verkauft, und die Kundenfeedbacks sind sehr gut.
Wie weit sind Sie mit Ihrem Projekt Kid‘s Food?
Wir haben interessante Produkte entwickelt und sind nun daran, diese unseren Partnern vorzustellen. Auch hier ist das Interesse bis jetzt sehr gross. Sie müssen verstehen, dass die Partner ihre aufgebaute Marke durchaus in diesem Bereich erweitern wollen. Schliesslich hat man mit der Babynahrung bereits ein gewisses Vertrauen in eine Marke aufgebaut. Die Markengeschichte gilt es mit den gesunden Kid‘s Food Produkten beim Endkonsumenten weiterzuführen. Zusätzlich kann das aufgebaute Distributorennetz mit diesen Produkten noch intensiver genutzt werden.
Gesunde Ernährung ist eine hehre Aufgabe, und insofern ist es nur richtig, bei Babys und Kindern anzusetzen. Wo glauben Sie, wird unsere Gesellschaft im Jahre 2030 stehen. Wird der Trend zu immer dickeren Leuten kehren können?
Wir beobachten in vielen Ländern einen Trend hin zu gesunden Lebensmitteln; ich bin aber sicher, dass es immer übergewichtige Menschen geben wird. Für die anderen gibt es zum Beispiel die Nahrungsmittel der Hochdorf-Gruppe.
Zum Unternehmen:
Die HOCHDORF-Gruppe mit Hauptsitz in Hochdorf unterhält je zwei Produktionsstandorte in der Schweiz und in Deutschland sowie einen Standort in Litauen. Das Unternehmen beschäftigt rund 625 Mitarbeitende. HOCHDORF gehört zu den führenden Nahrungsmittel-Unternehmen der Schweiz. Aus natürlichen Rohstoffen wie Milch, Ölsaaten und Weizenkeimen gewonnen, leisten die Produkte seit 1895 einen Beitrag zu Gesundheit und Wohlbefinden von Babys bis hin zu Senioren. Zu den Kunden zählen die Lebensmittelindustrie, der Gross- und Detailhandel. Die Produkte werden in rund 80 Ländern verkauft.
Zur Person:
Thomas Eisenring ist seit April 2013 CEO der HOCHDORF-Gruppe. Nach einer Lehre zum Mechaniker erlangte er die berufsbegleitende Matura auf dem zweiten Bildungsweg. Daraufhin studierte und promovierte er an der Universität St. Gallen. Nach seinem Abschluss 1999 als Dr. oec. HSG war er zunächst bei PricewaterhouseCoopers tätig und wechselte 2002 zum international tätigen Automobilzulieferer SEVEX AG. Als CEO & Head of Sales führte er das Unternehmen bis zum erfolgreichen Verkauf an die ElringKlinger Gruppe 2008. Im Anschluss übernahm er als Unternehmer zusammen mit sechs anderen Gesellschaftern die ZIFRU Trockenprodukte GmbH in Zittau, Deutschland, die vor allem auf Wachstum im Bereich Direct Food ausgerichtet wurde. Im Frühjahr 2013 trat er schliesslich in die Geschäftsleitung von HOCHDORF ein.