Thomas F.J. Avedik, CEO Crealogix, im Interview
von Bob Buchheit
Moneycab.com: Herr Avedik, Schnittstellen und industrieweite Standards sind Schlüssel zum Erfolg in der Informationstechnologie. Ist der «Electronic Banking Internet Communication Standard» (EBICS) für Crealogix‘ Geschäftserfolg matchentscheidend?
Thomas Avedik: EBICS ist nicht matchentscheidend für unseren Geschäftserfolg, aber dennoch wichtig für uns, weil dieses Protokoll in den letzten Jahren für den Finanzplatz Schweiz zunehmend an Bedeutung gewonnen hat. Für uns als Fintech und starker Partner der Banken ist klar, dass wir unsere Kunden mit EBICS-kompatiblen Lösungen beim schrittweisen Ausbau unterstützen. EBICS ist aber nur ein Baustein unserer Digital-Banking-Plattformen.
Wie anfällig sind solche Übermittlungsprotokolle für Eingriffe von aussen?
EBICS bietet umfassende Sicherheitskomponenten zum Beispiel mit einer sogenannten «verteilten elektronischen Unterschrift». Solche Merkmale erhöhen die Sicherheit und «härten» das Protokoll gegen mögliche Angriffsversuche.
Geheimdienste und Finanzbehörden interessieren sich aber immer mehr für die Zahlungsströme innerhalb des Bankensystems…
Das ist sicher richtig. Wir schützen mit unseren Sicherheitslösungen die Onlinezugriffe auf die Banken und somit die Daten und Transaktionen der Kunden. Dies ist unsere erste Priorität. Welche Abmachungen die Banken letztlich mit den Behörden treffen, liegt aber alleine bei den Banken.
«Das grösste Wachstumspotenzial sehen wir für die nahe Zukunft in Deutschland.»
Thomas Avedik, CEO Crealogix
Die Swisscom ist der bedeutendste Host Ihres Schweizer Backbones. Mittlerweile macht Crealogix 50 Prozent Auslandumsatz. Wer ist dort Ihr verlässlichster Partner?
Einige Banken in der Schweiz hosten die von uns entwickelte E-Banking-Lösung bei der Swisscom, andere bei Inventx oder anderen Partnern. Dies entscheiden die Banken jeweils selbst. In Deutschland und England betreiben wir jeweils eigene Rechenzentren.
In welchem geographischen Markt verorten Sie Ihr stärkstes Wachstumspotenzial?
Wir sind auch dieses Jahr gut unterwegs. Erfreulicherweise wachsen wir auch in unserem Heimmarkt Schweiz weiterhin stetig. Das grösste Wachstumspotenzial sehen wir für die nahe Zukunft in Deutschland.
Und wie wirkte sich der Brexit auf Crealogix UK aus?
Nach dem Entscheid war eine allgemeine Zurückhaltung im britischen Markt zu beobachten. Die Investitionstätigkeit ist aus unserer Sicht nach wie vor verhalten, obwohl die englischen Banken uneingeschränkt gute Zahlen vermelden. Wir denken, dass sich dieser Investitionsstau bald lösen wird.
Robo-Advisory ist nun schon seit einiger Zeit ein Modethema. Wann schlägt das Pendel wieder zurück zu eher klassischen Pfaden?
Robo-Advisory hat die persönliche Beratung nicht abgelöst. Vielmehr ergänzen Robo-Advisory-Lösungen die klassischen Beratungsdienstleistungen und führen zu einer umfassenderen Anlageberatung beziehungsweise Vermögensverwaltung.
«Unsere Lernplattformen werden auch in weiteren Branchen wie dem Gesundheitswesen eingesetzt.»
Nach drei mageren Jahren scheint bei Crealogix der Turnaround gelungen. Mittelfristig wollen Sie die Margen gar verdoppeln. Ist das nicht arg optimistisch?
Wir haben in den letzten Jahren erheblich in die Modernisierung und die Öffnung unserer Plattform, den Digital Banking Hub, investiert. Diese Investitionen beginnen sich nun auszuzahlen. Wir haben eine der besten Plattformen für die Digitalisierung der Banken am Markt und die Nachfrage ist konstant hoch. Daher sehen wir optimistisch in die Zukunft.
Crealogix bietet auch eine Lernplattform an. Könnten Sie dank Ihrem Know-how nicht auch über die Finanzbranche hinauswachsen?
Unsere Lernplattformen werden heute schon in weiteren Branchen wie dem Gesundheitswesen eingesetzt. Unseren Schwerpunkt setzen wir aber bewusst in der Finanzbranche. Durch die Aktivitäten kennen wir die Bedürfnisse in diesem Bereich genau und können uns mit unseren Partnern weiterentwickeln. So erhalten wir die Qualität unserer Leistungen hoch. Zudem müssen im Rahmen der steigenden Digitalisierung vermehrt auch die Bankkunden «ausgebildet» werden, damit sie Bankprodukte besser verstehen.
20 Prozent mehr Mitarbeitende bei mehr Umsatz und weniger Kosten pro Mitarbeiter. Das sieht nach einem sehr stromlinienförmigen Unternehmen aus. Was tun Sie zur Stressbewältigung?
Die IT-Branche zählt ja nicht zu den Hängemattenbranchen… Wir bewegen uns in einem spannenden Umfeld, in welchem wir praktisch täglich etwas Neues angehen können. Mit Crealogix bei diesen Entwicklungen vorne dabei zu sein, macht Spass. Als Ausgleich mache ich meinen Kopf frei mit Ausfahrten auf meiner Harley.
Bilden die Schweizer Hochschulen gute Informatiker aus? Und wo sehen Sie Verbesserungsbedarf?
Die Qualität der Ausbildungen in der Schweiz ist hoch. Die Sensibilisierung für Informatikberufe beginnt bereits früh und die Ausbildungsinstitutionen tauschen sich mit Unternehmen aus, um ihre Lehrgänge den Bedürfnissen und Entwicklungen im Markt anzupassen. Der Dialog zwischen Bildung und Wirtschaft darf aus meiner Sicht nicht vernachlässigt werden.
Sie bezeichnen sich selbst als Gadgetoholic: Welches ist denn Ihr elektronisches Lieblingsspielzeug, etwa die Fingerabdruck-Kreditkarte?
Nein, die Fingerabdruck-Kreditkarte ist noch nicht bei mir angekommen. Im Moment habe ich eine grosse Freude an meinem kleinen «Blynclight» Kommunikations-Statuslicht oberhalb meines Monitors. Da wir bei uns im Unternehmen alle Türen offen haben, können unsere Mitarbeitenden bei mir schon von weitem sehen, ob ich besetzt oder frei bin.
Zum Gesprächspartner
Thomas Avedik ist Group CEO von CREALOGIX. Er kann auf eine langjährige Erfahrung im E-Banking zurückgreifen. Nach seiner Ausbildung an der ETH Zürich begann er seine berufliche Laufbahn bei der UBS, wo er den Aufbau und die Erweiterung des E-Bankings leitete. Dazu kamen Projekte wie die Einführung des UBS Marktdatensystems, die Konzeption und Implementierung einer E-Banking Sicherheitslösung der Bank, sowie die Erarbeitung der globalen E-Banking-Strategie. Insgesamt leitete Thomas Avedik 16 Jahre lang die digitale Transformation, bevor er bei Crealogix im Jahr 2007 zum CEO der Geschäftseinheit Digital Banking berufen wurde. In dieser Position hat er während über acht Jahren das Digital-Banking-Geschäft in der Schweiz signifikant geprägt und die internationale Geschäftstätigkeit aufgebaut, bevor er die Leitung der Gruppe Anfang 2016 übernahm.