Thomas Früh, CEO Bachem
Thomas Früh, CEO Bachem (Foto: Bachem)
von Christa Spoerle
Herr Dr. Früh, ein halbes Jahr CEO bei Bachem, welches sind Ihre Eindrücke?
Da ich bereits seit über 14 Jahren bei Bachem arbeite, zuerst als COO in den USA und in den letzten rund 10 Jahren als COO des Stammhauses in Bubendorf, habe ich im Rahmen meiner neuen Funktion keine Überraschungen vorgefunden. Bachem ist als Marktführerin im Peptidgeschäft ausgezeichnet positioniert, ist äusserst solide finanziert und hat während über 40 Jahren ein einzigartiges Know-How in der Peptidsynthese aufgebaut. Dies sind sehr gute Voraussetzungen für eine erfolgreiche Zukunft der Gruppe.
Bachem hat trotz der sicher nicht verbesserten Konjunktur im ersten Halbjahr eine Erholung ausweisen können, was sind die Gründe dafür?
Diese Erholung verdanken wir dem Zusammenspiel verschiedener Faktoren. So konnten wir in den letzten Jahren unsere Projektpipeline weiter ausbauen, verschiedene NCE-Produkte erhielten die Markzulassung und das korrigierte Preisniveau bei den Generikas erwies sich als stabil. Zudem wurden die erneut erzielten lokalen Umsatzsteigerungen diesmal nicht durch Währungseffekte vernichtet. Einen weiteren Beitrag haben diverse Initiativen zur Produktivitätssteigerung beziehungsweise Kostensenkung geleistet. So haben wir unter anderem in der Schweiz die Arbeitszeit erhöht und in den USA die Unternehmensstruktur verschlankt sowie das ERP System optimiert. Bachem wird gestärkt aus dieser Krise kommen.
Sie klangen beim Halbjahresergebnis viel optimistischer. Die Umsatzguidance von 6-10% haben sie bestätigt, aber keine Gewinnziele formuliert. Was ist der Grund?
Ich denke, wir haben auch Grund zum Optimismus. Die Voraussetzungen für 2012 sind gut, die Aussichten vielversprechend. Als CMO sind wir allerdings eine Service Organisation für die Pharma und Biotech Industrie. Der jeweilige Produktemix ist schwer vorauszusagen. Zudem sind unsere Kunden, und damit auch wir, von verschiedenen externen Faktoren, wie Finanzierungsrunden, Ergebnissen aus klinischen Studien oder Marktzulassungsentscheiden abhängig. Dies macht die Formulierung eines genauen Gewinnziels sehr schwierig. Wir haben neben den Umsatzzielen jedoch klar kommuniziert, dass dabei der Gewinn überproportional wachsen wird.
Welche Rolle spielt der Franken in ihren Kalkülen?
Wir versuchen, soweit wie möglich, über natürliches Hedging unser Fremdwährungs-Exposure zu mildern. Da wir über 90% unserer Umsätze in Fremdwährungen erzielen und der grösste Produktionsstandort in der Schweiz ist, sind wir natürlich sehr auf eine stabile Währungssituation angewiesen.
«In den Jahren 2008 und 2009 wurden gegen 100 Mio Franken für künftiges Wachstum investiert. Bachem ist deshalb heute in der Lage, die angestrebte Wachstumsstrategie umzusetzen. Im Jahr 2012 sehen wir deshalb keine Veranlassung für zusätzliche Erweiterungen.»
Wie haben sich denn ihre wichtigsten Absatzmärkte – vor allem in den Schwellenländern – entwickelt?
In Europa sehen wir erst ein zögerliches Wachstum, während USA sich wesentlich dynamischer entwickelt. Die Umsätze in den sogenannten BRIC Staaten sind noch auf einem relativ tiefen Niveau, zeigen aber schöne Wachstumsraten.
Wie sehen ihre weiteren Ziele für China und Indien aus? Welche Produkte stehen dort im Vordergrund?
Aktuell prüfen wir sowohl China wie auch Indien sorgfältig nach den Gesichtspunkten Markt, Konkurrenz und Produktionspartner.
Welches sind ihre Hauptkonkurrenten im Kerngeschäft mit Peptiden? Wie beeinflusst diese Lage die Preispolitik von Bachem?
Wir sind der einzige Peptidhersteller, der die gesamte Produktepalette von Startmaterialien zur Peptidsynthese über Forschungschemikalien und Wirkstoffen bis hin zu fertig abgefüllten Produkten für klinische Tests offeriert. Entsprechend präsentiert sich die Konkurrenz von Segment zu Segment unterschiedlich. Bei den Peptid-Wirkstoffen sind Lonza und Polypeptide Laboratories die beiden grössten Konkurrenten. Aufgrund der allgemeinen Wirtschaftslage und der bestehenden Überkapazitäten sind alle Produzenten unter einem gewissen Preisdruck. Bachem’s Preispolitik ist von einem attraktiven Preis-/Leistungsverhältnis geprägt, bei dem auch die nachhaltigen Elemente, wie Qualität, Innovation und Service eine gewichtige Rolle spielen – “Quality Matters“.
Könnten Sie sich denn vorstellen, die Abhängigkeit Bachems von wenigen Grossprojekten zu verringern?
Bachem ist bereits heute die mit Abstand am breitesten aufgestellte Herstellerin von Peptiden. Die Abhängigkeit von Grossprojekten konnten wir über die Jahre deutlich verringern, sei es mit dem Ausbau des Projektportfolios oder dem Aufbau einer breiten Palette von Generika-Produkten. Die 10 grössten Produkte machen aktuell rund 50% des Umsatzes aus.
Welche Neuigkeiten haben Sie auf Lager?
Als Service Organisation entwickeln wir keine eigenen Produkte. Unsere Innovationen stecken im Prozess Know-how. Bachem betreut jedes mehrere Hundert Projekte und Kundensynthesen. Die dabei gesammelten Erfahrungen ermöglichen es uns, zunehmend komplexere Peptide effizient und kommerziell interessant herstellen zu können. Unsere Kunden nutzen dieses Know-How bei der Entwicklung ihrer Produktneuigkeiten sehr erfolgreich.
Wie werden sich die Investitionen von Bachem im laufenden Jahr und den kommenden Jahren entwickeln?
In den Jahren 2008 und 2009 wurden gegen 100 Mio Franken für künftiges Wachstum investiert. Bachem ist deshalb heute in der Lage, die angestrebte Wachstumsstrategie umzusetzen. Im Jahr 2012 sehen wir deshalb keine Veranlassung für zusätzliche Erweiterungen. Bachem hat bereits eine moderne Infrastruktur zur Verfügung, die ihr auch bei grösseren Auftragsvolumen nachhaltig eine wettbewerbsfähige Position ermöglicht. Wir werden deshalb die Investitionssumme auch in den folgenden Jahren auf einem reduzierten Niveau halten, bis die gesamtwirtschaftliche Entwicklung einen erneuten Ausbau erfordert.
«Wir sind offen für mögliche Akquisitionen und auch für Kooperationen.»
Könnten Sie sich denn Akquisitionen vorstellen, oder wollen sie vor allem organisch wachsen? Welche Rolle spielen für Sie die Kooperationsverträge?
Wir setzen eindeutig auf unsere Stärken im Kerngeschäft. Dies bedeutet, dass wir das organische Wachstum im Peptidgeschäft konsequent vorantreiben und sich bietende Chancen in der Industrie-Konsolidierung nutzen werden. Entsprechend sind wir offen für mögliche Akquisitionen. Gleiches gilt auch für Kooperationen.
Herr Früh, wie würden Sie ihre Ziele für die kommenden Jahren definieren?
Unser Hauptziel ist es, Bachem’s Marktführerschaft weiter zu festigen. Das bedeutet, dass wir in existierenden Märkten und Industrien weiter zulegen wollen und zugleich in neue geographische Märkte sowie neue Anwendungen vorstossen werden. Damit soll der Umsatz in den nächsten Jahren kontinuierlich gesteigert werden, was auf Basis der bereits erreichten Kosten- und Effizienzverbesserungen die Profitabilität überproportional erhöhen würde.
Zur Person
Thomas Früh, Jahrgang 1957, ist Dr. chem. Er trat 1997 als COO der Niederlassung in Pennsylvania in die Bachem Gruppe ein. 2001 wechselte er als COO zur Bachem AG. Seit 1. April 2012 ist er CEO der Bachem Holding AG und Vorsitzender der Konzernleitung. Nach seiner Ausbildung als Chemiker an der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (ETHZ) war er als Postdoc an der Harvard University in Cambridge tätig. Vor seiner Tätigkeit bei Bachem bekleidete Thomas Früh verschiedene Positionen in Forschung und Entwicklung bei Ciba-Geigy und Novartis.
Zum Unternehmen
Bachem ist ein unabhängiges, börsenkotiertes, auf dem Gebiet der Biochemie tätiges Technologieunternehmen. Das Bubendorfer Unternehmen ist spezialisiert auf die Entwicklung optimaler Herstellungsverfahren und die Produktion von Peptiden und komplexen organischen Verbindungen als pharmazeutische Wirkstoffe sowie innovativer Biochemikalien für Forschungszwecke. 2011 wurden mit 671 Beschäftigten ein Umsatz von 145,8 Mio CHF erzielt.