Thomas Kern, CEO Flughafen Zürich AG.
von Patrick Gunti
Moneycab: Herr Kern, Sie können auf ein erfolgreiches Geschäftsjahr zurückblicken. Die Flughafen Zürich AG hat den Gewinn um 23,4 % auf 170,9 Mio Franken steigern können. Worauf ist das gute Ergebnis zurückzuführen?
Thomas Kern: Das Jahr 2011, für uns das Jahr der Inbetriebnahmen, war geprägt durch hohe Investitionen, einen Passagierrekord und gute Kostenbewirtschaftung. Vor allem das gute Passagierwachstum, aber auch eine gute Kostenbewirtschaftung haben zum erfreulichen Gewinn wesentlich beigetragen.
Die Zahl der Lokalpassagiere hat im vergangenen Jahr um 7,4 % zugenommen. Ist diese markante Zunahme vor allem den für Schweizer Reisende vorteilhaften Währungskursen geschuldet?
Der starke Schweizer Franken war sicherlich ein treibender Faktor der vermehrten Reisetätigkeit.
Wie stark spüren Sie auf der anderen Seite den starken Franken im Kommerz-Bereich, zum Beispiel in den Duty Free-Shops?
Der starke Franken hatte für unser Geschäftsergebnis zwei Seiten. Die eine Seite, eben die vermehrte Reisetätigkeit von Schweizern ins Ausland, hat sich positiv ausgewirkt. Die andere Seite schlug sich auf das Kaufverhalten unserer ausländischen Gäste im negativen Sinne nieder. Der starke Schweizer Franken bremste die Kauflust ausländischer Passagiere.
«Vor allem das gute Passagierwachstum, aber auch eine gute Kostenbewirtschaftung haben zum erfreulichen Gewinn wesentlich beigetragen.» Thomas Kern, CEO Flughafen Zürich AG
Die Flughafen Zürich AG hat 2011 über 330 Mio Franken in neue Infrastrukturen investiert. In welche Projekte sind die Gelder geflossen?
Über die Hälfte wurde in das Projekt „Zürich 2010“ mit dem neuen Sicherheitskontrollgebäude und dem Dock B samt Zuschauerterrasse investiert. Weiter wurde in die Aufwertung Terminal 2, in werterhaltende Bewirtschaftung sowohl der Tief- wie auch der Hochbauten, in die Erweiterung des Parkhauses 6, die Speditionshalle und die Arrival Duty Free-Geschäfte investiert, um nur die wichtigsten zu nennen.
Hat sich die neue Zuschauerterrasse in den ersten Monaten bereits zum erhofften Zuschauermagnet entwickelt?
Die neue Zuschauerterrasse hat sich in der kurzen Zeit seit der Eröffnung schon zu einem eigentlichen Publikumsmagneten entwickelt. Bis heute haben bereits knapp 100‘000 Interessierte die attraktive Aussichtsplattform besucht.
Das wirtschaftliche Umfeld dürfte trotz zarten Aufschwungtendenzen schwierig bleiben. Auch die hohen Ölpreise belasten das Geschäft der Airlines. Was erwarten Sie sich vom laufenden Geschäftsjahr?
Wir sind vorsichtig optimistisch. Wir erwarten ein Jahr mit abgeschwächtem Wachstum und rechnen mit einem Passagierwachstum von zirka zwei Prozent. Für das Jahresergebnis erwarten wir eine leichte Ergebnisverbesserung.
«Eine Reduktion der Flugbewegungen in den Randstunden ist nicht möglich, wenn Zürich weiterhin eine gut funktionierende internationale Verkehrsdrehscheibe sein will.»
Die Zahl der Flugbewegungen ist im vergangenen Jahr auf 279’000 gestiegen. Gleichzeitig sieht sich der Flughafen immer neuen Forderungen nach einer Eindämmung des Fluglärms konfrontiert. Jetzt verlangt der Kantonsrat, dass der Flughafen Zürich die Zahl der Flugbewegungen in den Randstunden reduziert. Was hätte ein entsprechender Schritt für Folgen?
Eine Reduktion der Flugbewegungen in den Randstunden ist nicht möglich, wenn Zürich weiterhin eine gut funktionierende internationale Verkehrsdrehscheibe sein will. Zürich hat schon heute im Vergleich zu andern europäischen Flughäfen die strengste Nachtflugsperrordnung. Eine weitere Ausdehnung würde diesen bedeutenden Motor für die Schweizer Wirtschaft empfindlich drosseln.
Im Februar hat die Flughafen Zürich AG ein Schutzkonzept für die Anwohner im Süden des Flughafens vorgelegt. Was sieht dieses vor?
Das Schutzkonzept sieht vor, an Schlafzimmerfenstern bestimmter Liegenschaften Schliessmechanismen einzubauen. Die Liegenschaften stehen in einem definierten Sektor, der direkt von den Landeanflügen auf die Piste 34 betroffen ist. Lärmberechnungen zeigen, dass geschlossene Fenster unter der aktuellen Fluglärmbelastung ausreichend vor Aufwachreaktionen schützen.
Die Schweiz und Deutschland wollen den Fluglärmstreit mit einem Staatsvertrag lösen. In Grundzügen sieht das Abkommen vor, dass die Zahl der Lärmbetroffenen vermindert werden soll, wobei die Kapazitätsbedürfnisse des Flughafens gewahrt werden müssen. Der Bundesrat geht davon aus, dass die Zahl der Betriebsstunden über Süddeutschland reduziert werden muss. Wie sehen Sie den aktuellen Stand der Dinge?
Es ist sicherlich positiv, dass sich beide Seiten darauf geeinigt haben, eine Lösung im schon Jahre anhaltenden Fluglärmstreit zu finden. Die Verhandlungen sind angelaufen, und der Flughafen Zürich ist in der Schweizer Delegation vertreten. Wir hoffen, dass eine für beide Länder tragbare Lösung in den Staatsvertrag einfliessen kann.
«„The Circle“ bietet einen durchdachten Angebotsmix an einem erstklassigen Standort in Gehdistanz zu den Terminals am Flughafen Zürich.»
Anfang März haben Sie von der Stadt Kloten die Baubewilligung für das Grossprojekt „The Circle“ erhalten. Was sind nun die nächsten Schritte bei der Umsetzung des Projekts?
Die Baubewilligung ist ein wichtiger Schritt in Richtung Realisierung des grossen Projekts. Es müssen aber noch drei weitere Bedingungen erfüllt sein, damit wir voraussichtlich im nächsten Jahr mit Bauen beginnen können. Erstens müssen Ankermieter für die Büroflächen und Dienstleistungsbereiche gefunden werden, zweitens muss die Investitionssicherheit als wesentliche Grundlage für die Projekt-Wirtschaftlichkeit erreicht werden und drittens müssen entsprechende Beteiligungs- und Finanzierungsstrukturen geschaffen werden.
Was wird „The Circle“ alles beinhalten?
„Mit dem „Circle“ entsteht am Flughafen Zürich ein Dienstleistungszentrum mit rund 200‘000 m2 Nutzfläche. Von Hotels und Restaurants über Hauptsitz- oder Büroflächen bis zu Veranstaltungs- und Weiterbildungsangeboten bietet „The Circle“ einen durchdachten Angebotsmix an einem erstklassigen Standort in Gehdistanz zu den Terminals am Flughafen Zürich.
Mit Hyatt konnte zuletzt eine grosse Hotelkette für das Hotelangebot im Grossprojekt gewonnen werden. Was sieht die Vereinbarung mit Hyatt vor?
Die Hyatt-Gruppe wird ein Hotel Hyatt Regency mit 250 Zimmern und ein Hyatt Place mit 300 Zimmern im „Circle“ betreiben. Im gehobeneren Hyatt Regency wird zudem ein Kongressbereich mit 1‘500 Plätzen entstehen.
Zum Abschluss möchte ich Sie bitten, die nachfolgenden drei Sätze zu vervollständigen:
Der Flughafen Zürich ist für mich… der schönste Flughafen der Welt.
Unsere Nachbarn in Süddeutschland… profitieren wirtschaftlich vom Flughafen Zürich.
Über den Wolken… ist die Freiheit auch nicht grenzenlos.
Herr Kern, besten Dank für das Interview.
Zur Person:
Thomas E. Kern wurde 1953 in Zürich geboren. Nach dem Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Zürich und einem MBA-Lehrgang an der INSEAD in Fontainebleau (Frankreich) stieg er 1984 als Expansionsleiter bei Interio AG ins Berufsleben ein und legte damit den Grundstein für seine Karriere im Detailhandel. Es folgten verschiedene Stationen als Unternehmensleiter bei der Globus-Gruppe, der er schliesslich von 2002 bis 2006 als CEO vorstand. An der Generalversammlung 2006 der Flughafen Zürich AG wurde Thomas E. Kern in den Verwaltungsrat der Flughafenbetreiberin gewählt. Mit der Ernennung zum CEO auf Anfang 2008 trat er mit sofortiger Wirkung von seinem Verwaltungsratsmandat zurück.
Berufliche Laufbahn
- seit 2008 CEO, Flughafen Zürich AG
- 2002-2006 CEO, Globus-Gruppe
Globus / Herren Globus / Interio / Office World / Globi-Verlag / Liegenschaften-Betrieb AG - 2001 Unternehmungsleiter, Globus Warenhäuser
Gesamtleitung Globus / Herren Globus / Globi-Verlag - 1996 Beförderung zum Generaldirektor
Mitglied der Konzernleitung, Magazine zum Globus AG. - 1986-2000 Direktor / Unternehmungsleiter, Interio AG
Gesamtleitung Interio International (CH / A / D) - 1984-1986 Expansionsleiter, Interio AG
- 1980-1981 Auditor / Substitut, Bezirksgericht Meilen
- 1976-1979 (Teilzeit) Reiseleiter, Hans Imholz AG, Zürich
Weitere Interessensverbindungen
– Mitglied des Verwaltungsrates der Schauspielhaus Zürich AG
– Oberst im Generalstab a D
Zum Unternehmen:
Die Flughafen Zürich AG betreibt den Flughafen Zürich als gemischtwirtschaftliches börsenkotiertes Unternehmen und Konzessionärin des Bundes. Im Jahr 2011 erwirtschaftete die Gesellschaft mit gut 1’500 Mitarbeitenden einen Umsatz von 905 Millionen Franken und einen Gewinn von 170,9Millionen Franken. 33.3 Prozent des Aktienpaketes gehören dem Kanton und 5 Prozent der Stadt Zürich.
Der Flughafen Zürich ist das Tor der Schweiz zur Welt. 24,3 Millionen Menschen sind im Jahr 2011 hier abgeflogen, angekommen oder umgestiegen und machen so die wichtigste Verkehrsdrehscheibe auch zum bedeutendsten Begegnungszentrum der Region. Rund 270 Unternehmen beschäftigen knapp 24’000 Menschen am Wirtschaftsmotor Flughafen Zürich.