Thomas Köhle, Geschäftsführer des Tourismusverbandes Paznaun-Ischgl, im Interview
Von Dominik Buholzer
Ischgl geriet zuletzt wegen seinen Corona-Massnahmen ins Kreuzfeuer der Kritik. Sie sind seit über 100 Tagen Geschäftsführer des Tourismusverbandes Paznaun-Ischgl. Welchen Eindruck haben Sie gewonnen?
Thomas Köhle: Die zum Teil sehr harschen Reaktionen der vergangenen zwei Jahre sind bei den Einheimischen nicht spurlos vorübergegangen. Das ist verständlich. Ganz anders sieht dies bei den Gästen aus. Bei denen ist das Thema längst abgeschlossen. Die kommen wieder nach Ischgl. Das ist Balsam auf unseren Wunden.
«Niemand macht alles richtig. Im Nachhinein würde man wohl manches anders machen. Man darf deswegen aber nicht alles in Frage stellen.» Thomas Köhle, Geschäftsführer des Tourismusverbandes Paznaun-Ischgl
Wollen Sie damit sagen, dass die Region zu Unrecht kritisiert worden ist?
Niemand macht alles richtig. Im Nachhinein würde man wohl manches anders machen. Man darf deswegen aber nicht alles in Frage stellen. Der Tourismusverband Paznaun – Ischgl hat in den vergangenen 60 Jahren vieles richtig gemacht, sonst hätte die Region nicht solch einen wirtschaftlichen Aufschwung erlebt. Man darf nicht vergessen, dass wir mal das Armenhaus Österreichs waren.
Die Gäste kommen wieder wie früher, der Geschäftsmotor brummt. Also alles paletti?
Wo denken Sie hin. Wir befinden uns mitten in einem Transformationsprozess. Das Wintergeschäft verstehen wir. Jetzt wollen wir mehr Marktanteile im Sommer gewinnen. Und dann müssen wir unbedingt einen Bahnhof erhalten. Der Gast der Zukunft wird mit dem Zug und nicht mehr mit dem Auto anreisen. Die Weichen dazu müssen wir jetzt stellen.
Wie wollen Sie das bewerkstelligen? Ischgl ist heute ja nicht ans Schienennetz angeschlossen.
Wir sind daran, Mittel und Wege zu prüfen. Es ist klar, dass wir dies nicht von heute auf morgen bewerkstelligen werden. Uns steht noch ein langer Weg bevor. Aber wir sind gewillt, diesen zu beschreiten. Deshalb werden wir in einem ersten Schritt die Busverbindungen ausbauen. Ab Juni 2023 bieten wir ganzjährig einen 30 Minuten-Takt vom Bahnhof Landeck über Ischgl bis nach Galtür an. Die Gäste können das Angebot kostenlos nutzen.
Keine Zukunftsmusik ist die Therme. Auf diesen Winter hin wird der 70 Millionen Euro teure Bau eröffnet. Will man in Ischgl plötzlich sanftere Töne anstimmen, sprich sich von den Après-Ski-Partys verabschieden?
Wieso sollten wir die Partys streichen, wenn diese gefragt sind? Und wo kann man besser feiern als in Ischgl?
Der Bau der Therme kann aber auch einen anderen Schluss zulassen.
Der Gast von heute will nicht nur Skifahren und Partys feiern. Er will sich auch entspannen. Deshalb wurde die Therme gebaut. Sie erlaubt es uns zudem, die Saison früher zu starten. Wir sind künftig noch besser gerüstet gegen schlechtes Wetter. Zudem können wir vielen Mitarbeitenden einen Ganzjahresarbeitsplatz bieten, was gerade in der aktuellen Zeit angezeigt ist.
«Jetzt wollen wir mehr Marktanteile im Sommer gewinnen. Und dann müssen wir unbedingt einen Bahnhof erhalten.»
Thermen benötigen viel Energie. Bereuen Sie angesichts der möglichen Strommangellage nicht, dass die Eröffnung schon dieses Jahr ist?
Nein, denn im Gegensatz zu vielen anderen Thermen wird unsere nicht mit Gas betrieben, sondern mit Erdwärme. Dadurch sind höhere Baukosten entstanden. Rückblickend muss man aber von einem weitsichtigen Entscheid sprechen.
Mit welchen Gefühlen blicken Sie der Wintersaison entgegen?
Ich bin ziemlich entspannt. Was in unserer Macht steht, tun wir, auf alles andere haben wir sowieso keinen Einfluss. Beim Strom werden wir wohl mit einem blauen Auge davonkommen, weil einige Tourismusanbieter noch vor der Krise die Preise absichern konnten. Nach diesem Winter dürfte das Problem wohl nicht aus der Welt geschafft sein. Die Bewährungsprobe dürfte für uns alle also noch bevorstehen.
Da ist noch Corona …
… ich hoffe, dass es nicht wieder zu Schliessungen kommt. Ihr Schweizer habt es ja im vergangenen Winter gezeigt, wie man es machen sollte.
Thomas Köhle ist seit Juni dieses Jahres neuer Geschäftsführer des Tourismusverbandes Paznaun-Ischgl. Der 47-Jährige ist auf einem Bauernhof im Tirol unweit der Schweizer Grenze aufgewachsen und war ursprünglich Banker. Zuletzt hat Köhle für den Tourismusverband Imst gearbeitet. Thomas Köhle bei Linkedin Paznaun-Ischgl |
2 thoughts on “Thomas Köhle, Geschäftsführer des Tourismusverbandes Paznaun-Ischgl, im Interview”
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Schon spannend, wie die Medien immer noch probieren, Ischgl zu brandmarken, als ob die Covid erfunden und weiterverbreitet hätten. Die Medienschaffenden müsste man auch mal so jahrelang anprangern, für deren Verebrechen.
Es ist unbestritten, dass sich in Ischgl sehr viele Gäste infizierten und das Virus in ihre Heimatländer getragen haben. Ob dies auch geschah, weil bereits bekannte Infektionsfälle unter Urlaubern absichtlich verschwiegen wurden, klärt immer noch die Justiz. Schön, dass Sie trotz der «Verbrechen von Medienschaffenden» unser Medium noch berücksichtigen.