von Bob Buchheit
Moneycab.com: Herr Küng, aus Anlass des 75-Jahr-Jubiläums der Skilifte Klostermatte haben die Brunnibahnen die Wintersaisonkarte für Kinder mit über 60 Prozent Rabatt (zwischen 6 und 15) abgegeben. Weshalb so extrem?
Thomas Küng: Die Preise für das 75-Jahr-Jubiläum wurden absichtlich mit der Jubiläumszahl gestaltet: Kinder CHF 75.-, Jugendliche CHF 175.- und Erwachsene CHF 275.-. Die tatsächliche Rabattierung im Preisbeispiel einer Familie mit zwei Erwachsenen und zwei Kindern betrug gegenüber dem Vorjahr knapp 20%. Dieser Rabatt ist im Rahmen einer normalen Marketingaktion.
Ist Engelberg-Ski zweigeteilt? Die Sportler gehen auf den Titlis, die Familienmenschen auf Brunni?
Die unterschiedliche Positionierung der Berge ist für die ganze Destination von Vorteil. Engelberg wird dadurch nicht zweigeteilt, sondern vielfältig. Wir können in Engelberg auf kleinstem Raum alles bieten: Vom Angebot für Beginner bis zu den Neuschneehängen für Extremskifahrer. Brunni ist ein Teil des Gesamt-Skigebietes Engelberg und alle Destinationskarten sind bei uns gültig.
Auf Brunni bieten Sie auch Spezialtickets und Abos für Gleitschirmflieger an. Wo ist mehr los, auf der Fürenalp oder ob Brunni?
Das Brunni und die Fürenalp sind für Thermikpiloten, aber auch für Flugschulen ideale Fluggelände. Wir bieten durch die relativ kurzen Wege und die einfachen Start- und Landeplätze den Komfort, welchen Gleitschirmflieger heute suchen. Der Gleitschirmpilot ist relativ preissensibel, daher bieten wir als Brunni reduzierte Tarife für Vielflieger an. Unsere Luftseilbahn mit 65er-Kabinen kann mehr Gleitschirmflieger transportieren als die Fürenalp-Luftseilbahn mit 8er-Kabinen.
«Das Brunni und die Fürenalp sind für Thermikpiloten, aber auch für Flugschulen ideale Fluggelände.»
Thomas Küng, Geschäftsführer Brunni-Bahnen Engelberg AG
Spielen Schneeschuhwanderer in der betriebswirtschaftlichen Rechnung der Brunni-Bahnen Engelberg AG eine Rolle?
Jeder zusätzliche Gast, welcher die bestehenden Seilbahnen nutzt, trägt zur Amortisation der kapitalintensiven Infrastruktur bei. Schneeschuhläufer bringen jedoch nur einen sehr geringen Anteil unseres Gesamtumsatzes.
In dieser Saison gab es schon öfters Sperrungen wegen Lawinengefahr und wetterbedingte Unterbrüche. Müssen wir in Zukunft generell mit mehr Extremwetterlagen rechnen?
Durch die Klimaerwärmung befindet sich grundsätzlich mehr Energie in der Atmosphäre, was sich bereits heute in extremeren Wetterereignissen widerspiegelt. Dieser Trend wird noch zunehmen. Es braucht daher eine höhere betriebliche Flexibilität, auf die Wettersituation schnell reagieren zu können. Liegt im Winter kein Schnee, müssen wir die Sommerangebote reaktivieren können.
Sie verkaufen auch Gutscheine, bei welchen der Wert jährlich um zwei Prozent steigt, wenn man sie nicht einlöst. In Zeiten der Negativzinsen sicher eine tolle Marketing-Idee. Wie viele Gutscheine haben Sie denn seither verkaufen können?
Wir konnten den Umsatz mit den sogenannten Mehrwertgutscheinen gegenüber früher verdoppeln, wenn auch auf bescheidenem Niveau. Interessant ist, dass trotz „Zinsertrag“ die Gutscheine relativ rasch wieder eingelöst werden. Das spannende an unseren Mehrwertgutscheinen ist, dass man sich über die jährliche Wertsteigerung und das noch bevorstehende Erlebnis im Brunni gleich doppelt freuen kann.
Seit anderthalb Jahren ist die neue Solaranlage auf Ristis in Betrieb. Wie fällt insgesamt gerechnet die betriebswirtschaftliche Bilanz aus?
Die Solaranlage produzierte im ersten Betriebsjahr rund 30‘000 kWh. Da wir fast den ganzen Strom direkt nutzen konnten, fällt die Bilanz positiv aus. Wir können gemäss der bisherigen Erfahrung mit einer Amortisationszeit der Solaranlage von rund 12-15 Jahren rechnen.
«Unsere Solaranlage auf Ristis wird in rund 12 bis 15 Jahren amortisiert sein.»
Seit August 2016 werden auch Übernachtungsmöglichkeiten angeboten. Werden Sie das noch recht bescheidene Hotelerieangebot weiter ausbauen?
Wir konnten im Jahr 2016 die ungenutzten Räumlichkeiten im Ristis relativ günstig in Übernachtungsmöglichkeiten umbauen. Ein Neubau würde kostspielig werden und nicht mehr die gleiche Rendite abwerfen, wie die heutige Berglodge Ristis. Wir werden vorerst einmal die Erfahrungen mit den 41 Betten in 7 Zimmern sammeln und später über einen allfälligen Weiterausbau nachdenken.
Der Härzlisee, seit 2001 fester Bestandteil des Angebots am Brunni, musste aufwendig gereinigt werden. Wieso war das nur von Hand möglich?
Der Härzlisee wurde 2001 als Speichersee für die Beschneiungsanlage gebaut. Als erstes Gebiet im Alpenraum hatte man damals bereits erkannt, dass der Speichersee auch im Sommer ein grosses touristisches Potential hat. Der Uferbereich des Sees wurde entsprechend natürlich gestaltet und es führt heute ein Kneipppfad rund um den See. Viele Kinder werfen Steine in den See und es werden rundherum Sedimente in den See gespült. Wegen den Sedimenten konnte im Winter das Wasser um unteren Bereich nicht mehr für den ursprünglichen Zweck, nämlich die Beschneiung, genutzt werden. Leider kann im Speichersee nicht mit schwerem Gerät gearbeitet werden, da sonst die Folie im See beschädigt und undicht würde.
«Im Neuen Raumplanungsgesetz scheint vergessen gegangen zu sein, dass der Tourismus in den Schweizer Alpen ausserhalb der Bauzonen stattfindet und dass ohne grosszügige Ausnahmebewilligungen die touristische Entwicklung von bestehenden Bergbahnen zum Stillstand kommt und Innovationen verhindert werden.»
Mit den Klettersteigen am Rigidalstock haben Sie doch bereits ein Kletterhighlight… Braucht es auf der Sonnenseite des Engelbergertals wirklich auch noch Hallenklettern? Tut sich etwas punkto Zonenplanänderung betreffend der alten Luftseilbahn-Bergstation?
Wir haben ein sehr breites Angebot für schönes Wetter, unter anderem auch vier Klettersteige, doch bei unsicherer oder schlechter Witterung und in der Zwischensaison ist die Infrastruktur ungenügend ausgelastet und die Betriebskosten übersteigen die Einnahmen. Die Idee einer Indoor Spiel- und Kletterwelt – nicht nur einer Kletterhalle – hätte diese Lücke schliessen und unsere Wetterabhängigkeit reduzieren sollen. Wir haben im Jahr 2014 das Baugesuch eingereicht, aber von der Raumplanung für das Projekt in der bestehenden alten Bergstation bis heute keine Baufreigabe erhalten. So bleibt vorerst die unschöne alte Station als Ökonomiegebäude bestehen. Im Neuen Raumplanungsgesetz (NRP) scheint vergessen gegangen zu sein, dass der Tourismus in den Schweizer Alpen ausserhalb der Bauzonen stattfindet und dass ohne grosszügige Ausnahmebewilligungen die touristische Entwicklung von bestehenden Bergbahnen zum Stillstand kommt und Innovationen verhindert werden.
Aktionäre werden mit einer Rückzahlung aus Kapitaleinlagereserven von 10 Prozent des Nominalwertes verwöhnt. Wie lange lässt die solide Kapitalstruktur der Brunni-Bahnen Engelberg AG das zu?
Für die Rückzahlungen aus der Reserve aus Kapitaleinlagen stehen noch rund 7 Millionen zur Verfügung. Wenn wir den bisherigen Betrag in der Höhe konstant halten, werden wir noch während 45 Jahren steuerfreie Rückzahlungen vornehmen können. Um unsere hohe Eigenkapitalquote von 65 Prozent zu halten, versuchen wir mindestens im gleichen Umfang auch Fremdkapital zu amortisieren.
Zur Person:
Der Luzerner Thomas Küng, geb. 15.04.1981, ist verheiratet und hat zwei Kinder. Von 2002 bis 2007 machte er seinen „Master of Arts in Management“ an der Université de Fribourg. Er wurde dann stellvertretender Geschäftsführer der grischconsulta bis April 2012, ehe er Geschäftsführer der Brunni-Bahnen Engelberg AG wurde. Küng ist auch Verwaltungsrat bei der Schweizer Skischule Engelberg-Titlis AG und seine Hobbies sind entsprechend Skifahren, Gleitschirmfliegen und Klettern.