Thomas Merz, Head UBS ETF Europe, UBS Global Asset Management

Thomas Merz, Head UBS ETF Europe bei UBS Global Asset Management

Von Martin Raab, Derivative Partners Media AG, www.payoff.ch.

payoff im Gespräch mit Thomas Merz, Head UBS ETF Europe bei UBS Global Asset Management, über aktuelle Markt-Trends, Kundenstimmungen, eliminierte Währungsrisiken, den brodelnden Verteilungswettkampf und fehlgeleitete Vergleiche mancher Indexkörbe.

payoff: Herr Merz, die Zuflüsse in ETFs haussieren. Allein im Februar flossen in Europa CHF 12.5 Mrd. in das Segment. Wo akzentuiert sich die Nachfrage derzeit?

Thomas Merz: Aufgrund der Aufgabe des Euromindestkurses durch die SNB ist das Thema Währungsrisiken bei international diversifizierten Anlagen bei Investoren wieder stark ins Bewusstsein getreten. Investoren, die bis dato Fremdwährungen nicht abgesichert hatten, haben dies in den letzten Wochen teilweise nachgeholt. Dies hat vor allem bei unseren währungsgesicherten UBS-ETFs zu grossen Zuflüssen geführt. Zusätzlich sehen wir weiterhin eine grosse Nachfrage nach unseren Aktien-ETFs für die USA und Europa, aber auch Japan ist derzeit am Zulegen.

Dort sind seit kurzem ja auch UBS ETFs käuflich…

Das ist richtig. Wir sind mit 10 Produkten an der Tokyo Stock Exchange gestartet und bieten nun japanischen Anlegern Exposure zu europäischen Märkten an.

Mit Blick auf Europa: Sind die jüngsten Kauforders taktischer oder strategischer Natur?

ETFs werden in Europa noch vorwiegend zur Feinsteuerung der Portfolios eingesetzt. Somit ist die überwiegende Zahl an grossen ETF-Transaktionen taktischer Natur. Dies trifft aber etwas weniger auf die währungsgesicherten UBS-ETFs zu, dort geht es um eher langfristige Risikosteuerung. Währungsrisiken werfen langfristig keine Prämie ab und werden daher nicht adäquat entschädigt – also entledigt man sich ihrer besser.

In Europa wachsen passive Indexfonds inzwischen sogar schneller als in den USA. Parallel schlagen immer mehr US-ETF-Emittenten in Europa ihre Zelte auf. Spüren Sie den Verteilungswettkampf?

Der ETF-Markt in Europa ist durch einen starken Wettbewerb gekennzeichnet. Dies bringt für private als auch institutionelle Investoren vielerlei Vorteile. Die Verwaltungskosten, welche für die Replikationsleistung vom Anlagevermögen abgezogen werden, sind in den letzten Jahren nochmals deutlich gesenkt worden, so dass Anleger heute mit ETFs sehr kosteneffiziente Portfolios selber konstruieren können. Aber auch die Handelskosten sind heute auf einem Niveau angekommen, welches kaum noch einen Einfluss auf die Gesamtperformance hat. Ein einfaches, transparentes und liquides Produkt wie es ETFs schon immer waren, ist heute kaum mehr aus dem Portfolio wegzudenken.

«ETFs werden in Europa noch vorwiegend zur Feinsteuerung der Portfolios eingesetzt.»

Spürt die UBS konkrete Wettbewerbsauswirkungen?

Als Anbieter einer der breitesten ETF-Angebote in Europa stellen wir uns diesem Wettbewerb. Dies hat bei uns zu sehr effizienten Prozessen geführt, die durch den Wettbewerbsdruck weiter automatisiert werden.

Welches Produktsegment generiert bei Ihnen aktuell am meisten Zuflüsse, wo stockt es noch?

Die grössten Zuflüsse sehen wir klar in unseren währungsgesicherten UBS-ETFs. Im Gegensatz zu einigen Themen, wie beispielsweise bei unserem Gold-Aktien-ETF, kommen die ETF-Zuflüsse in unseren währungsgesicherten UBS-ETFs aus einer sehr breiten Käuferbasis. Sehr spezifische Anlagethemen hingegen werden eher von einer schmalen Käuferbasis nachgefragt.

Ein Listingtrend sind derzeit neue Dividenden-ETFs – als Renditeersatz im Nullzinsumfeld. Wie kann der Anleger sinnvolle Konzepte herausfiltern?

Wie bei allen ETFs geht es im ersten Schritt darum, den durch den Index vorgegebenen Marktzugang zu verstehen und abzuwägen, ob dieser ins bestehende aufzubauende Portfolio passt. Dies ist auch bei ETFs der Fall, die versuchen, einen oder mehrere Faktorprämien investierbar zu machen. Bei ETFs, die versuchen, die Dividendenprämie nachzubilden, sollte der Fokus sicherlich darauf gerichtet werden, ob der im Index vorgegebene Mechanismus das Konzept des sogenannten High-Dividend-Ansatzes auch liefern kann. Wenn der Index nur diejenigen Titel selektiert, die sich in der Vergangenheit über hohe Dividendenrenditen ausgezeichnet haben, ist dies nicht sichergestellt. Viel wichtiger ist, dass der Index in der Lage ist, diejenigen Indextitel auszusortieren, welche neben der Ausschüttungsrendite auch deren Wachstum über Zeit berücksichtigt.

Kritische Stimmen brandmarken ETFs als Finanzinstrument für alle, die keine Ahnung von Titelselektion haben oder nicht den Mumm, eigene Investmententscheide zu fällen, stimmt das?

Die Kapitalmarktforschung kommt seit rund 60 Jahren im Hinblick auf die Prognostizierbarkeit der Preisentwicklung bei Finanzanlagen immer wieder zum selben Ergebnis: Preise sind nur schwer antizipierbar und die Kosten, welche für Anlageprodukte bezahlt werden, sind grosse Treiber des Anlageerfolges. So gesehen folgen ETF-Anleger lediglich den Resultaten aus der Kapitalmarktforschung. Mit einem ETF wird der Gesamtmarkt gekauft, denn damit erhält man die Durchschnittsrendite aller aktiven Akteure in einem Markt. Da ETFs zu den kostengünstigsten Anlageinstrumenten zählen, wird die Portfoliorendite kaum negativ beeinflusst, so dass ETF-Anleger im Durchschnitt eine überdurchschnittliche Performance erhalten.

Sie erwähnten gerade die Kostenvorteile. Kann der ETF mehr als nur billig einen Markt abbilden?

Nein, ein ETF liefert genau das: die Marktrendite zu günstigsten Konditionen. Da die Marktrendite bei international diversifizierten ETFs immer auch durch Währungseffekte beeinflusst wird und dadurch die Portfoliorendite aus Sicht der Heimwährung deutlich verzerrt werden kann, sind währungsabgesicherte ETFs oft sinnvoll.

«ETF-Anleger folgen lediglich den Resultaten aus der Kapitalmarktforschung.»

Wie funktioniert das Währungshedging konkret in der Praxis – und was kostet die Sicherheit den Anleger?

Für die Währungsabsicherung haben wir uns auf die über längere Sicht kosteneffiziente Variante des monthly hedging entschieden. Dies bedeutet, dass wir den abzusichernden Anlagebetrag Anfang des Monats gegenüber der Währungsbewegung mit einer Laufzeit eines Monats absichern. Kommen nun im Verlaufe des Monats Zuflüsse hinzu, werden diese nochmals jeweils separat abgesichert. Am Ende des Monats wird dann wieder der Gesamtbedarf für die nächste Monatsabsicherung errechnet. Das Ziel der Absicherung aus Anlegerperspektive ist, dass der Renditeverlauf der Anlage gemessen in Fremdwährung etwa dem Renditeverlauf in Heimwährung entspricht. Die Währungsabsicherung lässt sich grob mit dem Zinsdifferenzial der beiden involvierten Währungen, beispielsweise USD und CHF, verstehen. Durch das monatliche Rollen der Absicherungsgeschäfte kommen nur noch marginale Kosten hinzu. So gesehen ist die Monatsabsicherung über längere Zeit meist die kostengünstigere Version als das tägliche Absichern.

Generell: Was wird von Anlegern bei ETFs am häufigsten übersehen?

Oft werden ETFs bei der Auswahl ausschliesslich auf der Basis der sogenannten Gesamtkostenquote, im Englischen TER, miteinander verglichen. Dies ist nicht ganz verkehrt, aber gerade bei komplizierteren Indexkörben, wie dies beispielsweise für Emerging Markets der Fall ist, kann dies nicht die ganze Wahrheit sein. Eine wissenschaftliche Untersuchung, die ich im Januar 2015 genau zu dieser Thematik publizieren konnte, kommt zum Schluss, dass der TER zwar die grösste Aussagekraft im Hinblick auf die Replikationsqualität besitzt, diese jedoch auch nur zu 50 Prozent erklären kann. Die restlichen Einflüsse stammen von weiteren Effekten. Besser wäre es, die Auswahl auf der Basis der effektiv beobachteten Abweichung zwischen Index- und ETF-Rendite vorzunehmen.

UBS-ETF ist in Europa die Nummer vier. Die Nummer drei hat fast doppelt so viele Assets wie Sie. Kommt die Aufholjagd in die «ETF Champions League» oder sind Sie als Tabellenführer in der Mittelklasse zufriedener?

Wir haben in den vergangenen drei Jahren aufgezeigt, dass im europäischen ETF-Geschäft die Plätze noch nicht definitiv verteilt sind. Damals auf dem zehnten Platz, sind wir bis heute auf den vierten Rang vorgerückt. Letztes Jahr konnten wir in UBS-ETFs CHF 5,2 Mrd. neue Anlagegelder einsammeln – dass ist massiv im Vergleich zu Mitbewerbern. Weiter haben wir nun schon das dritte Jahr in Folge mit grossem Abstand an der SIX Swiss Exchange die meisten neuen Produkte lanciert. Kürzlich wurde an der SIX der 1000. ETF gelistet; es war ein weiterer UBS-ETF. Daran ist unschwer zu erkennen: Unser Ziel ist, weiter zu wachsen, nicht nur gemessen an den verwalteten Vermögen in unseren ETFs, sondern auch bei innovativen Produktkonzepten.

Herzlichen Dank für das Interview.

Der Gesprächspartner:
Thomas Merz ist Executive Director und Leiter UBS ETFs Europe. Er verfügt über 14 Jahre Erfahrung in der Investmentbranche. Vor dem Wechsel zur UBS AG arbeitete Thomas Merz seit 2006 für die Division Credit Suisse Asset Management. Als Head of CS ETFs Switzerland & Liechtenstein war er massgeblich für den erfolgreichen Auf- und Ausbau der CS ETFs verantwortlich. Thomas Merz begann seine Berufslaufbahn im Jahr 2000 bei der Credit Suisse in Zürich. Bevor er 2008 zum ETF-Geschäft stiess, hatte er verschiedene Managementpositionen innerhalb der Bank inne. Thomas Merz studierte Naturwissenschaften und Mathematik an der Universität Zürich sowie Wirtschaftswissenschaften an der Universität Basel. Er ist Autor und Lehrbeauftragter an verschiedenen Hochschulen.

Exit mobile version