Thomas Oetterli, CEO Schindler, im Interview
von Patrick Gunti
Moneycab.com: Herr Oetterli, Schindler blickt auf eine sehr erfolgreiche erste Jahreshälfte zurück. Auftragseingang, Umsatz und Betriebsergebnis legten jeweils um rund 10% zu, der Konzerngewinn sogar um über 23%. Welches waren die wichtigsten Erfolgsfaktoren?
Thomas Oetterli: Entscheidend war, dass wir sehr breit wachsen konnten: Alle Regionen und Produktlinien legten zu. Es zahlt sich aus, dass wir in den letzten Jahren viel investiert haben, um unsere Präsenz weltweit weiter auszubauen. Zudem hatte die Einigung in einem Schiedsgerichtsverfahren über die Besteuerung von Schindler einen positiven Einfluss auf den Konzerngewinn.
In Europa (+10%) und Nordamerika (+8%) ist Schindler stärker gewachsen als in China (+6), aber auch dort erhöhten sich die verkauften Stückzahlen und wertmässig konnte man zulegen. Was prägte das Geschäft im Schlüsselmarkt China in den ersten Monaten des Jahres?
Besonders erfreulich war das Wachstum im Bereich des öffentlichen Verkehrs. Auch das Wartungsgeschäft nahm um mehr als 20% zu und wir sehen grosse Chancen im Modernisierungsbereich.
Die Urbanisierung in China ist von der Regierung geplant, hunderte Millionen Menschen sind in den letzten Jahrzehnten zu Stadtbewohnern geworden oder werden es noch. Wie ist Schindler vor Ort im Wohnungsbau aufgestellt?
Mit der «Chinese Harmonized Product Platform» verfügen wir über ein für den chinesischen Markt zugeschnittenes Produktsortiment, welches u.a. die speziellen Bedürfnisse der chinesischen Wohnungsbauentwickler perfekt adressiert. Zudem haben wir in den letzten Jahren unsere lokale Präsenz substantiell ausgebaut.
Wie entwickelte sich das Servicegeschäft vor Ort?
Wir sind mit der Entwicklung unseres Servicegeschäfts sehr zufrieden. Bereits seit längerem erzielen wir kontinuierlich Wachstumsraten von über 20%. Jährlich kommen in China ca. 500.000 neue Anlagen zur bereits bestehenden Basis hinzu. Damit ist bereits heute China auch im Service-Bereich der weltweit grösste Markt in Stückzahlen.
«Mit Schindler Ahead leiteten wir den nächsten Schritt im Bereich der intelligenten Wartung ein und können damit eine bessere Verfügbarkeit der installierten Anlagen erreichen.»
Thomas Oetterli, CEO Schindler
Die Digitalisierung ist bei Schindler ein grosses Thema. Heute werden sämtliche neu gelieferten Aufzüge mit dem sogenannten Schindler Ahead Cube ausgerüstet und sind somit digital mit dem «Internet of Elevators and Escalators» vernetzt. Was kann und was ermöglicht Schindler Ahead?
Mit Schindler Ahead leiteten wir den nächsten Schritt im Bereich der intelligenten Wartung ein und können damit eine bessere Verfügbarkeit der installierten Anlagen erreichen. Durch fortschrittliche Analysen, vorausschauende Wartung und stetige Fernüberwachung sind wir jetzt in der Lage auf Vorfälle zu reagieren, sobald oder sogar bevor sie auftreten. Wir kombinieren die persönlichen Kompetenzen unserer Mitarbeiter mit digitalen Erkenntnissen, die dazu beitragen, dass wir das höchste Niveau an Qualität und die Sicherheit garantieren können.
Die Digitalisierung, die technische Entwicklung generell verändert auch die Art und Weise, wie Gebäude geplant, gebaut und bewirtschaftet werden. Welche Auswirkungen hat dies auf den Lift- und Fahrtreppenbau und wie stellt sich Schindler den sich daraus ergebenden Herausforderungen?
Obwohl Schindler schon einige Jahre in die Digitalisierung des Geschäfts investiert und sich eine führende Rolle erarbeitet hat, stehen wir erst am Anfang. Das Internet der Dinge wird unserer Industrie helfen, die Zuverlässigkeit und Verfügbarkeit von Installationen durch Fernüberwachung und vorausschauende Wartung zu verbessern. Damit geht eine Veränderung des Servicegeschäfts einher, welche wir unseren Kunden erklären müssen. Die verfügbaren technischen Mittel und Daten bieten ausserdem Möglichkeiten, das Dienstleistungsangebot zu erweitern.
«Das Internet der Dinge wird unserer Industrie helfen, die Zuverlässigkeit und Verfügbarkeit von Installationen durch Fernüberwachung und vorausschauende Wartung zu verbessern.»
Lässt sich generell festhalten, dass Schindler nach der Ausweitung geografischen Präsenz nun verstärkt in moderne Technologie investiert?
Mit der kürzlichen Eröffnung weiterer Werke in Indien und China sind unsere Investitionen in die globale Lieferkette abgeschlossen. Lokal werden wir die Marktabdeckung – auch durch Akquisitionen – vorantreiben. Darüber hinaus ist die Digitalisierung unseres Geschäfts eine unserer strategischen Prioritäten.
Schindler hat bereits vor Jahren mit der Standardisierung und Modularisierung der Systeme begonnen. Welche Fortschritte wurden bei der Modularisierung der Produktpalette in diesem Jahr bereits erreicht und wie sieht der weitere Zeitplan aus?
Wir sind im Plan. Die ersten modularen Komponenten wurden bereits weltweit erfolgreich eingeführt. In den nächsten zwei Jahren wird das Projekt abgeschlossen sein.
Sie haben den Ausblick für 2018 erhöht. Wo sehen Sie derzeit die grössten Risiken im geopolitischen Umfeld, die Schindler einen Strich durch die Rechnung machen könnten? Bei US-Präsident Trumps Protektionismus?
Mit unserem Auftragsbestand, den vereinbarten Lieferterminen und dem grossen Anteil des Servicegeschäfts am Umsatz sind wir für 2018 relativ sicher. Unsere breit abgestützte geografische Präsenz schützt uns zudem recht gut vor Turbulenzen in lokalen Märkten. Die protektionistischen Massnahmen der Trump-Administration betreffen uns nur marginal, da wir in den USA lokal produzieren und verkaufen. Die längerfristigen Auswirkungen der Handelshemmnisse auf die globale Wirtschaft sind dagegen schwer abzuschätzen.
Herr Oetterli, wir bedanken uns für das Interview.
Zur Person:
Thomas Oetterli, Schweizer (Jg 1969)
Seit 2016 CEO, Mitglied des Group Executive Committee seit 2010.
Verwaltungsrat SFS Group, Heerbrugg.
Thomas Oetterli hat einen Abschluss in Betriebswirtschaft der Universität Zürich.
Oetterli kam 1994 zur Schindler Group und hatte verschiedene Positionen inne, unter anderem CEO der Schindler Aufzüge AG, Schweiz (2006 bis 2009). 2010 wurde er ins Group Executive Committee berufen, wo er die Verantwortung für Nordeuropa (2010 bis 2013) und anschliessend für China (bis März 2016) inne hatte.