von Robert Jakob
Moneycab.com: Herr Seiler, nach den stürmischen Expansionsjahren seit dem Börsengang scheint u-blox jetzt in ruhigeres Fahrwasser zu gelangen, nicht wahr?
Thomas Seiler: Wir wachsen weiterhin zweistellig – insofern steuern wir unser Schiff immer noch in stürmischer See, die uns weiter antreibt. Die Technologeientwicklung ist rasant, und das grosse Interesse ausgelöst durch die fortschreitende digitale Transformation und dem Internet of Things eröffnet zahlreiche neue Geschäftsmöglichkeiten.
Sie werden natürlich auch im nächsten Jahr weiter wachsen, da die Pipeline voll ist. Welches Produkt wird dabei der grösste Umsatzrenner sein?
Wir bieten heute ein breites Produktportfolio an, das in seiner Breite zum Wachstum verhilft. Wir haben wichtige Produkte dieses Jahr angekündigt, von denen wir neue Umsatzbeiträge im nächsten Jahr erwarten.
Für ihr UBX-R3 haben sie zum ersten Mal fast alle Komponenten im eignen Haus hergestellt. Werden Sie also in Zukunft verstärkt auf vertikale Integration setzen?
Unsere strategische Grundidee ist es, für unsere Module den Chipsatz, also das Herzstück, selbst zu entwickeln und zu produzieren. Damit schaffen wir entscheidenden Mehrwert für unsere Kunden, weil wir präzise auf deren Wünsche eingehen und die gewonnene Kompetenz zum Nutzen unserer Kunden einsetzen. Dazu gehört auch, dass wir Kostenvorteile erringen, welche wir an unsere Kunden weitergeben. UBX-R3 ist der erste Chipsatz für unsere zellulären Kommunikationsmodule – ein grosser Meilenstein in der Geschichte unserer Firma.
«Die Bruttomarge liegt für ein Produkt mit eigenem Chipsatz um zweistellige Prozentbeträge höher.»
Thomas Seiler, CEO u-blox AG
Wieviele Prozentpunkte bringt Ihnen das dann bei der Gewinnmarge?
Die Bruttomarge liegt für ein Produkt mit eigenem Chipsatz um zweistellige Prozentbeträge höher, und wir können über die Jahre diese Zahl laufend verbessern.
Eine Tendenz in der Informationstechnologie, die sich vor allem durch die Giganten der Branche durchgesetzt hat, ist das Wildern in fremden Jagdgebieten. Google präsentiert Smartphones und Microsoft macht plötzlich auf Krebsforschung. Besteht nicht die Gefahr, dass ein grosser Player sich den boomenden Positionierungsmarkt aneignet?
Wir sind nie allein im Markt unterwegs – sonst würde es diesen Markt nämlich kaum geben. Die Kompetenz in unseren Produktbereichen ist ausgeprägt hoch, und über einen Zeitraum von mehr als 10 Jahren aufgebaut worden. Wir bleiben agil, diesen Konkurrenzvorsprung weiter auszubauen, und wir wissen, dass andere Marktteilnehmer auch nur mit Wasser kochen.
u-blox deckt neben dem Industriegüter- und Konsumgütermarkt vor allem die Automobilbranche ab. Letztere befindet sich aber in einem zyklischen Tief. Spüren Sie das dort bei Ihren Positionierungs- und Konnektivitätsprodukten?
Da wir laufend neuen Technologien in neue Fahrzeuge einführen, spüren wir den Makrotrend der Autobranche kaum. Was zählt, ist die laufende Durchdringung in immer mehr neue Fahrzeuge. Das Potential, mehr Wert pro Fahrzeug verkaufen zu können ist sehr gross, getrieben durch die weitere Verbesserung und Automatisierung bis hin zum autonom fahrenden Automobil.
«Wir wissen, dass wir unseren Marktanteil sektoriell oder gegen Konkurrenten steigern.»
Bis ins Jahr 2020 sollen über 20 Milliarden technischer Geräte untereinander kommunizieren können – mehr als es Menschen gibt. Wie gross könnte bis dahin der Marktanteil einer u-blox daran sein?
Solche Zahlen sind sinnvollerweise nicht zu ermitteln, da das Marktpotential kaum exakt beziffert werden kann. Messen können wir unseren Marktanteil nur sehr sektoriell, oder gegen Konkurrenten. Daraus wissen wir, dass wir zulegen.
Glauben Sie wirklich, dass sich das Platooning von Lkws auf den ohnehin immer überfüllten Strassen eines Tages durchsetzten wird?
Gerade weil die Strassen überfüllt sind, ist Platooning – mehrere Fahrzeuge fahren elektronisch gekoppelt eng hintereinander – sehr interessant. Damit erhöht sich der Nutzungsgrad der Strassen, und es wird einiges an Energie gespart.
Im WiFi- und Bluetooth-Markt gibt es sehr viele Player. Hat u-blox die kritische Grösse, um bei der sich abzeichnenden Konsolidierung eine Schlüsselrolle zu spielen?
Wiederum spielt unsere Strategie, die Technologie von innen zu beherrschen, uns vorteilhaft zu. Wir werden in Nischen spezialisieren, welche interessante Aussichten bieten. Dazu ist der Markt gross genug.
«Patente spielen für uns nur eine untergeordnete Rolle.»
u-blox steckt ein knappes Fünftel seines Umsatzes in Forschung und Entwicklung. Wieviele Patente melden Sie denn eigentlich pro Jahr an?
Patente spielen für uns nur eine untergeordnete Rolle. Den Schutz des Knowhows erreichen wir vor allem durch Geheimhaltung.
Zwei Drittel Ihrer Belegschaft arbeiten in F&E. Welche Folgen hat die Masseneinwanderungsinitiative für u-blox?
Im Moment ist ja noch kaum abzusehen, wie die Initiative umgesetzt wird. Da wir heute auch an 12 verschiedenen Standorten ausserhalb der Schweiz Produktentwicklung betreiben, spielt für uns diese Initiative eine untergeordnete Rolle. Für den Forschungsplatz Schweiz könnte dies aber erheblich negative Auswirkungen haben. U-blox existiert nur, weil wir dank den bilateralen Verträgen Spezialisten aus dem europäischen Umfeld rekrutieren konnten. Diese hätten wir in der Schweiz nie und nimmer gefunden.
Zur Person:
Seit 2002 ist Thomas Seiler CEO und Head of Marketing and Sales der u blox AG. 2007 wurde er zum Mitglied des Verwaltungsrats berufen. Thomas Seiler hat einen Abschluss als Maschinenbauingenieur der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) Zürich und einen der INSEAD, Frankreich. 1987 wurde er zum Mitglied der Geschäftsleitung bei der Melcher Holding AG, Schweiz, und deren CEO von 1991 bis 1998. Danach leitete er als CEO die Kistler Holding, Schweiz, von 1999 bis 2001. Thomas Seiler ist gleichzeitig Mitglied des Verwaltungsrates der Artum AG, Schweiz.
Zum Unternehmen:
Die Schweizer u-blox AG (SIX:UBXN) ist ein rasant wachsender Anbieter von Halbleiterbausteinen und Modulen für drahtlose Kommunikation und Positionierung für den Automotive-, Industriegüter- und Konsumgütermarkt. Diese ermöglichen Menschen, Fahrzeugen und Maschinen, ihre exakte Position zu lokalisieren und drahtlos in Mobilfunknetzen und über Kurzstrecken zu kommunizieren. Mit einem breiten Portfolio von Chips, Modulen und Software schafft u-blox Voraussetzungen für OEM-Kunden, Lösungen für das Internet der Dinge (Internet of Things/IoT) zu entwickeln. Der Hauptsitz von u-blox liegt in Thalwil. Durch Zweigniederlassungen in Europa, Asien und den USA ist u-blox global präsent. Die Aktien der Firma sind seit fast zehn Jahren an der SIX kotiert.