von Patrick Gunti
Moneycab.com: Herr Wolfensberger, unser letztes Interview haben wir geführt, als Sie noch CEO von Peach Property waren. Von Immobilien zu einer Social App – wie kam es dazu?
Thomas Wolfensberger: Tatsächlich ist der Sprung gar nicht so gross. Bereits vor der Gründung von Peach Property befasste ich mich intensiv mit dem Thema «Virtual Communities» und schrieb sogar ein Buch darüber. Kernelement von Peach Property ist der Communitygedanke – der direkte und intensive Austausch zwischen Vermieter und Mieter und die Förderung der Kommunikation zwischen den Mietern, um so die Zufriedenheit im Wohnumfeld zu steigern. Dabei kombinierten wir digitale Features mit physischen Anlaufpunkten. Dieser Ansatz bildet auch ein Kernelement unserer Social Media-Plattform naoo. Dort schlagen wir die Brücke von der digitalen Community zum lokalen Handel vor Ort.
Sie haben ihren Doktortitel vor über 20 Jahren im Bereich «Virtual Communities» gemacht. Lässt sich das damals Dozierte angesichts des enormen Entwicklungstempos in diesem Bereich noch mit dem heute Möglichen vergleichen?
Natürlich hat sich gerade technologisch viel getan. Die Grundgedanken und Prämissen sind aber noch immer die gleichen: Menschen zusammenzubringen, sich intensiv austauschen zu lassen und damit möglichst breiten wirtschaftlichen Nutzen zu erzeugen. Die Technologien, die wir heute zur Verfügung haben, ermöglichen uns aber natürlich deutlich mehr. Die Cloud und die Errungenschaften der künstlichen Intelligenz sind wichtige Beispiele. Gleichzeitig ist es aber auch erstaunlich, dass gewisse Entwicklungsschritte trotz allem technischen Fortschritt bis heute noch nicht gelungen sind. Warum weiss der Schuhladen an der Ecke noch immer nicht, was für eine Schuhgrösse ich habe? Warum kriege ich im Restaurant nicht automatisch meinen Lieblingsdrink serviert?
«Bereits vor der Gründung von Peach Property befasste ich mich intensiv mit dem Thema «Virtual Communities» und schrieb sogar ein Buch darüber.»
Thomas Wolfensberger, Gründer und Grossaktionär naoo
Was bietet naoo über die bekannten Features anderer sozialer Netzwerke hinaus?
naoo belohnt jeden Nutzer sofort für alle seine Aktivtäten auf der Plattform. Die Naooies, so nennen wir die User, bekommen Punkte für beliebte Posts, das Einladen von Freunden, die Teilnahme an Umfragen und Spielen sowie für Einkäufe bei und die Interaktion mit Partnerunternehmen. Je aktiver ein Naooie ist und je grösser der «Beitrag» zur Community, umso mehr Punkte bekommt dieser. Und das gilt für jeden User, nicht nur für reichweitenstarke Top-Influencer. Bei naoo wird also jeder User für sein Engagement und seine Daten belohnt. Die Punkte können gegen Schweizer Franken eingetauscht werden. Es gibt kein Limit nach oben. Die gesammelten Punkte lassen sich via Twint auch in Gutscheine umtauschen und mit dem aktuellen Rollout der Business Lösung auch direkt gegen Angebote in einem Geschäft. Das steigert die Aktivität enorm und begünstigt den kontinuierlichen Austausch zwischen den Naooies. Firmen können zukünftig Kunden, die durch ihre erkannten Vorlieben die ideale Zielgruppe sind, mit naoo-Punkten und massgeschneiderten Angeboten ansprechen. Das ermöglicht den Perfect Match zwischen Naooie und Unternehmen.
Naoo bietet so den lokalen Unternehmen mithilfe vom Punktesystem eine Plattform und eine innovative Lösung, um Follower aufzubauen, diese zu incentivieren, in ihr Geschäft zu kommen und einzukaufen, und schliesslich durch Gamification einen loyalen Kundenstamm aufzubauen. naoo verbindet so die virtuelle Social-Media-Welt und die reale Welt.
Welche Angaben und Daten von Userinnen und Usern benötigen Sie, damit diese Angebote zielgerichtet ausgespielt werden können?
Im Hintergrund setzen wir eine KI ein, die auf Basis der Interessen der User und ihren Interaktionen mit spezifischen Inhalten den optimalen Match zum Unternehmen herstellt. Wir nutzen auch spielerische Elemente, die sehr gut bei den Naooies ankommen. Dazu gehören einfache Multiple-Choice-Fragen, die wir in den jeweiligen Feed einspielen und für deren Beantwortung es Punkte gibt. So erfahren wir, wohin unsere Naooies gerne in den Urlaub hinfahren, ob sie lieber italienisch essen oder Thai, welche Spielkonsole sie bevorzugen oder lieber Sneaker oder Sandalen tragen. So bekommen wir ein gutes Nutzerprofil und der Naooie gute relevante Inhalte und Angebote.
«Im Hintergrund setzen wir eine KI ein, die auf Basis der Interessen der User und ihren Interaktionen mit spezifischen Inhalten den optimalen Match zum Unternehmen herstellt.»
Die Menge der ausgespielten Werbung ist im zweiten Quartal im Vergleich zum ersten um 300 Prozent gestiegen. Wie gross ist das Interesse von Unternehmen an den Kampagnen von naoo?
Das Interesse wächst täglich. Mittlerweile können wir auf Basis von validen Echtdaten zeigen, dass unsere Kampagnen extrem effizient, wirkungsvoll und damit günstig sind. Diese Erfolgsdaten machen es uns immer einfacher, Werbekunden anzusprechen. Entsprechend setzen bereits grosse Brands auf naoo. Mit der naoo Business Lösung sind wir aber auch zunehmend attraktiv als Partner für den kleineren lokalen Händler oder Dienstleister um die Ecke, der durch sehr präzise Aktionen Impulse für seinen Laden generieren möchte.
Wie sind diese Kampagnen aufgebaut und in welchen Unternehmen konnten sie bereits umgesetzt werden?
Der innovative Softdrink-Hersteller El Tony Mate hat bei uns mehrere Awareness-Kampagnen durchgeführt. El Tony Mate setzte dabei Tools wie Native Ads, Gewinnspiele und Umfragen ein. Die angepeilte Reichweite wurde mit einer Zielerreichung von 151 Prozent deutlich übertroffen. Noch besser lief es beim Europa-Park Rust, Europas grösstem Freizeitpark. Dieser setzte dazu noch das spielerische Element «Spin & Win» in seiner Kampagne ein. Die sehr hohe Interaktion dank dieser weiteren Gamifikation mit der Community bescherte dem Europa-Park eine beeindruckende Clickrate von 4.8 Prozent. Diese Zahlen belegen, wie eng die Verknüpfung mit den Usern auf naoo ist, wenn man diese zielgerichtet und damit ohne grosse Streuverluste anspricht und mit innovativen Werbeformen, die Spass machen, abholt.
Sie haben den Launch einer umfassenden Business-Lösung angesprochen. Was wird diese Unternehmen ermöglichen?
Wir haben eine integrierte Business App sowie ein entsprechendes Business Dashboard entwickelt, um ganz einfach, schnell und bequem Kampagnen aufzusetzen. Damit versetzen wir zukünftig den stationären Handel und lokale Dienstleistungsangebote aus einer Region – wie Restaurants, Geschäfte und Einzelhändler jeder Branche – und lokale Marken in die Lage, effiziente Kampagnen umzusetzen und mit überschaubarem finanziellem Aufwand eine eigene starke Community auf naoo zu etablieren. Unternehmen können mit Hilfe des Punktesystems und verschiedener Gamification-Optionen einen Anreiz setzen, ihrem Profil zu folgen, ihr Geschäft zu besuchen, Angebote einzulösen und z. B. innerhalb einer bestimmten Zeit zurückzukehren. Unternehmen holen somit die Leute dort ab, wo sie in der digitalen Welt Zeit verbringen (Social Media) und können ihren Umsatz nachhaltig steigern. Wir bieten mit naoo Business eine effektive Lösung für das lokale Geschäft bis hin zum grossen Brand.
naoo ist bereits vor sechs Jahren gestartet und hat nun in den letzten sechs Monaten die Zahl der User um 50 Prozent gesteigert, das Volumen der ausgespielten Werbung ist, wie erwähnt, um 300 Prozent gestiegen. Was hat denn das Geschäft gerade in den letzten Monaten so stark angetrieben?
Wir haben in den letzten Jahren viel Aufwand in die Optimierung des Konzeptes und die Entwicklung der Technologie gesteckt. Wir haben unseren Nutzern gut zugehört und die Bedürfnisse der potenziellen Werbekunden analysiert. Die Einführung verschiedener KI-basierter Features hat z.B. dazu geführt, dass die durchschnittliche Verweildauer von Nutzern auf der App innerhalb von 6 Monaten verdoppelt werden konnte. So konnten wir naoo optimal aufstellen und zum erlebnisorientierten Bindeglied zwischen der virtuellen und realen Welt machen. Jetzt sind wir an einem Punkt angelangt, an dem es darum geht, exponentielles Wachstum durch Skalierung zu generieren. Community-Nutzer und Werbetreibende sind gleichermassen begeistert von unserem Angebot. Und das spiegelt sich in den Wachstumszahlen wider.
«Wir haben in den letzten Jahren viel Aufwand in die Optimierung des Konzeptes und die Entwicklung der Technologie gesteckt.»
Bei einer Finanzierungsrunde hat naoo Zeichnungen und Zusagen im siebenstelligen Franken-Bereich erhalten. Welches Bewertungsziel streben Sie an?
Das ist richtig. Aktuell läuft auch noch diese Series-A-Runde. Wir sind zuversichtlich, den bisher eingeworbenen Betrag noch erhöhen zu können. Pre-Money streben wir eine Bewertung im gut mittleren zweistelligen Millionenbereich an.
Noch in diesem Jahr wollen Sie naoo in Deutschland an die Börse bringen. Wie weit sind die Vorbereitungen fortgeschritten?
Die Vorbereitungen für unseren Börsengang laufen auf Hochtouren. Eine Bank, die uns begleiten wird, haben wir bereits mandatiert. Mit der Börse, an der wir kotiert sein wollen, führen wir intensive Gespräche und bereiten aktuell die nötigen Dokumente vor. Parallel zur Notierungsaufnahme planen wir zudem die Expansion nach Deutschland. Wenn alles nach Plan verläuft, passiert dies noch in diesem Jahr.