Thomas Wüst, CEO ti&m

Thomas Wüst, CEO ti&m

Thomas Wüst, CEO ti&m AG (Bild: ti&m)

Von Helmuth Fuchs

Moneycab: Herr Wüst, Sie haben mit ti&m für eine Schweizer Grossbank eine innovative Plattform für externe Vermögensverwalter entwickelt. Was waren die speziellen Herausforderungen, auf welche Technologien haben Sie gesetzt?

Thomas Wüst: Der enge Zeitrahmen dieser Social Business Plattformen für EAMs von insgesamt 6 Monaten für Phase 1 sowie das bankfachliche und technische Neuland, das wir in Zusammenarbeit mit einem anspruchsvollen und innovativen Kunden betreten haben, waren sicherlich Herausforderungen für uns. Als Trägertechnologien haben wir die Produkte Jive – die führende Social Business Plattform schlechthin – wie auch unser Authentisierungsprodukt ti&m 2fa, sowie zahlreiche weitere Standardtechnologien eingesetzt. Das Projekt per se, wie übrigens alle Projekt bei ti&m AG, haben wir 100% agil realisiert.

«Letztlich können sich die Institute der sich anbahnenden Digitalisierung der Kundeninteraktion und -beziehung nicht entziehen.» Thomas Wüst, CEO ti&m

Im Bereich der Sozialen Medien sind die Schweizer Banken noch sehr zurückhaltend. Was muss sich Ihrer Ansicht nach ändern, damit die Banken die Sozialen Medien gezielter zur Kundeninteraktion einsetzen?

Vielen Instituten fehlt es an Erfahrung, wie, in welchen Geschäftsbereichen und mit welchen Businessmodellen Social Media erfolgreich eingesetzt werden kann. Auch der Respekt vor technologischen Herausforderungen ist sehr hoch. Erfahrungen, Agilität und Technologie-Know-how können Innovationsfirmen wie ti&m AG einbringen und so den Erfolg von Vorhaben absichern. Letztlich aber können sich die Institute der sich anbahnenden Digitalisierung der Kundeninteraktion und -beziehung nicht entziehen.

Sie beraten und unterstützen vor allem Kunden, deren Geschäftserfolg von innovativen IT Anwendungen abhängt. Welche echten Innovationen werden die kommenden Jahre prägen?

Prägend für die kommenden Jahre aus meiner Sicht werden die folgenden Themen sein:

  • Virtualisierung der Gesellschaft: Leistungen und Produkte werden zunehmend digitalisiert und auch digital geliefert. Unsere zukünftigen Anwendungen müssen kanalübergreifend, interaktiv und touch sein, diesem Trend wird sich kein Institut entziehen können. Daher gehen wir davon aus, dass eine Vielzahl an Endkundenanwendungen neu konzipiert werden müssen, hoffentlich basierend auf unserem Produkt der ti&m channel suite. So wird das Internet der Dinge zahlreiche mehr oder minder intelligente Gegenstände hervorbringen, die uns das Leben hoffentlich erleichtern werden. Einfache und heute bereits realisierbare Beispiele sind digitale und intelligente Zugfahrkarten, digitale Beratungsgespräche oder Hausschliesssysteme.
  • Neue Datenbanktechnologien ermöglichen Realtime-Analysen und Simulationen sehr grosser Datenmengen und eröffnen uns somit auch mehr Wissen über das Kundenverhalten.
  • Firmen werden sich vermehrt intern und extern mit Social Media auseinander setzen und für ihre Zielerreichung einsetzen. Klassische Intranets werden Enterprise Social Networks weichen, während klassische Internetauftritte durch interaktive, semantisch relevantere und personalisierte neue Lösungen abgelöst werden. Generell wird die Wichtigkeit der digitalen Kanäle in allen Bereichen weiter zunehmen. Der Faktor Usability und Spass bei der IT-Nutzung wird höher gewichtet werden, nicht nur bei Extranet-Anwendungen.
  • Serviceorientierung in Form von Public und Private Clouds und somit das klarere Verständnis, welche IT-Endkunden selber wie betreiben müssen, wird sich weiter verstärken. Wir unterstützen dieses Thema mit unserem Angebot, businesskritische Anwendungen end-to-end zu verantworten und als Service anzubieten.
  • Einerseits werden sehr viele Interaktionen, Tätigkeiten oder noch analoge Systeme digitalisiert, andererseits aber führt dies zu sehr hohem Gefahrenpotenzial im Themenbereich IT-Sicherheit und Datenschutz. Daher werden IT-Sicherheitslösungen und -Konzeptanforderungen stark anwachsen.

Seit der Gründung von ti&m ist das Unternehmen kontinuierlich auf 140 Personen gewachsen und Sie suchen aktuell über 20 Spezialisten. Wie finden Sie in der Schweiz, die bekannt ist für einen akuten Mangel an IT Spezialisten, neue Mitarbeitende?

Wir investieren viel in Nachwuchsförderung, Hochschulmarketing und Zusammenarbeiten mit Universitäten. Dies führt zur Anstellung neuer Jungtalente. Andererseits schaffen wir durch unsere agile, innovationszentrierte Firmenkultur einen Anreiz für spannende Talente, sich langfristig mit ti&m AG weiter zu entwickeln. Trotzdem würde ich mir natürlich wünschen, noch schneller wachsen zu können und somit auf einen grösseren Fundus an Talenten zugreifen zu können.

Mit dem Projekt “Hack an app in one week” versuchen Sie, 12-16 jährige Schüler für das Thema Informatik zu begeistern, indem die Schüler unter Anleitung eine App selbst entwickeln. Wie ist Ihre Erfahrung mit den Schülern und der Nachhaltigkeit des Ansatzes?

Aus meiner Sicht habe ich die Primärziele von „Hack an app“ für die Startphase erreicht: wir haben ca. 500 begeisterte Jugendliche innerhalb der ersten 15 Monate gesamtheitlich für Informatik interessiert und sehr viel Zuspruch und Unterstützung durch Schulen, Lehrer aber eben auch Support von nachhaltig denkenden Kunden von ti&m AG erhalten. Der Grundgedanke, der dahinter liegt, nämlich, dass wir als erfolgreiche IT-Firma der Schweiz etwas Nachhaltiges und Sinnvolles zurückgeben, wird von allen ti&m Mitarbeitern als Teil unserer Kultur mitgetragen. Der Start ist gelungen, wir sind aktuell daran, in Kooperation mit Schulen, aber vor allem auch mit Kunden die weitere Ausbreitung zu planen, zahlreiche Verbesserungen und neue Ideen und Technologien einzubringen und unser „Hack an app“ nachhaltig weiter zu entwickeln.

Frauen sind sowohl in den Führungsetagen als auch in der Informatik immer noch stark untervertreten. Auch in Ihrem Führungsteam findet sich keine einzige Frau. Ein Potential, das Sie sich nicht erschliessen wollen oder können?

Ich habe grosses Interesse daran, den Frauenanteil zu erhöhen, da Frauen auch bei ti&m AG untervertreten sind. Doch die Realität sieht leider immer noch so aus, dass der Anteil an weiblichen Informatikabsolventen verschwindend klein ist. Für die ti&m AG stimmt das im Spezifischen zum Glück teilweise nicht mehr. Marisa Cortesi ist nicht nur eine Frau, sondern auch noch jung und seit Ende 2012 Teil des Führungsteams der ti&m AG. Ich erhoffe mir, dass solche erfolgreichen Beispiele zu positiven Identifikationsfiguren werden und mithelfen, den Frauenanteil zu erhöhen.

«Wir investieren viel in Nachwuchsförderung, Hochschulmarketing und Zusammenarbeiten mit Universitäten.»

Dem Outsourcing- und Cloud-Trend entsprechend bieten Sie diese Leistungen in eigenen FINMA-zertifizierten Rechenzentren an. Wie beurteilen Sie sie Chancen, dass die Schweiz nach derjenigen als “sicherer Hafen für Geld” eine ähnliche Erfolgsgeschichte als “sicherer Hafen für Daten” schreiben wird?

Die Chancen für die Schweiz stehen sehr gut, denn sie steht nach wie vor für Qualität, Rechtssicherheit, Verlässlichkeit und Stabilität. Swissness und Rechtstaatlichkeit haben in Zeiten genereller Überwachungsaktivitäten stark an Attraktivität und Relevanz gewonnen. Diese Faktoren sind entscheidend bei der Allokation von Datacenters, RZ-Services, Entscheiden für Outsourcingpartner und das spüren auch wir als ti&m AG. Wir haben uns auf das ganzheitliche Outsourcing businesskritischer Anwendungen fokussiert.

Das Thema Datensicherheit hat durch Edward Snowdens Enthüllungen über die flächendeckende internationale Datenüberwachung der USA an Brisanz gewonnen. Wie schützen Sie die Daten und Informationen Ihrer Kunden vor dem Zugriff ausländischer Behörden?

Das Thema IT-Sicherheit ist ein Megathema, wir selbst bieten die Authentisierungs- und Autorisierungslösung ti&m 2fa als Produkt an und tragen so unseren Teil zur besseren Zugriffsicherung bei.

«Über die Partei- und Landesgrenzen hinweg müssen sich die demokratischen Köpfe gegen den Grundgedanken des Datenimperialismus zur Wehr setzen.»

Im Generellen muss man sich bewusst sein, dass Sicherheit zu einem zu schützenden Gut aufgesetzt werden muss und nebst allen Technologien dem Faktor Mensch höchste Beachtung zu schenken ist. So ist letztlich eben auch die NSA durch einen Systemadministrator überlistet worden. Mich persönlich interessiert auch der gesellschaftspolitische Teil dieses Themas und ich glaube, dass wir dieses Problem auch nur so langfristig fair lösen können. Über die Partei- und Landesgrenzen hinweg müssen sich die demokratischen Köpfe gegen den Grundgedanken des Datenimperialismus zur Wehr setzen. Unsere gesamte Gesellschaft wird virtualisiert und wer Herr über die Datenströme ist, der beeinflusst das Geschehen in unserer Welt massgeblich.

Seit 8 Jahren integriert ti&m jedes Jahr neu den gesamten Prozess eines ausgewählten künstlerischen Projektes als Inspirationsquelle direkt in den Arbeitsraum. Welche Wirkung hat Kunst auf das Verhalten der Mitarbeitenden und nach welchen Kriterien wählen Sie den jeweiligen Künstler oder die jeweilige Künstlerin aus?

Mit art@work Projekten integrieren wir Kunst als Inspirationsquelle in unser Arbeitsumfeld. Die Mitarbeiter der ti&m AG lässt das nie kalt, sondern unsere Kunstprojekte werden kontrovers diskutiert, was mich natürlich sehr freut.

So verwischen die Grenzen zwischen ‚kreativen‘ und ‚logischen‘ Menschen und ich erhoffe mir eben, dass sich die Domänen gegenseitig befruchten und Innovation und Ideenreichtum fördern. Als Schweizer Firma interessieren wir uns für lokale Künstler, die sich jeweils auf ein Kunstprojekt mit ti&m AG einlassen und unsere IT-Geschäftsräume zu ihrem Atelier und ihrer Galerie machen können. Insofern müssen sich Künstler auf uns einlassen wollen, wir eben auch auf sie.

Mit Felix Aeschlimann haben Sie sich einen verdienten IT-Veteranen in den Beirat geholt. Was versprechen Sie sich von seinem Engagement?

Felix Aeschlimann steht für mich für Seniorität, Loyalität und Langfristigkeit und bringt seine Empathie und Erfahrung mit dem „Old Swiss Management-Touch“ mit in die weitere Entwicklung der ti&m AG ein. Das gibt Bodenhaftung und stärkt das Langfristdenken.

«Klassische Intranets werden Enterprise Social Networks weichen, während klassische Internetauftritte durch interaktive, semantisch relevantere und personalisierte neue Lösungen abgelöst werden.»

Wenn Sie zwischen jeweils zwei Stichworten wählen müssen, welches ist Ihre Wahl:

  • Scrum oder Wasserfall: keine Frage, agil natürlich! Unser E-Scrum@ti&m
  • Aktie oder Index: Aktie
  • Geld oder Geist: Geist
  • Männer oder Frauen: Frauen, die Zukunft ist weiblich!
  • Franken oder Euro: Franken, Swissness ist in und cool, hat aber eben auch wirklich einen inneren Wert, den ich sehr schätze!

Zum Schluss des Interviews haben Sie zwei Wünschen frei, wie sehen diese aus?

  • Gesundheit und Glück für meine Familie und meine Freunde
  • Inspiration, unternehmerischen Mut und Gemeinschaftsgefühl innerhalb der ti&m als Gesamterfolgskonzept langfristig erhalten und weiterentwickeln können.

Der Gesprächspartner:
Thomas Wüst ist der Gründer und CEO der ti&m AG. Er ist diplomierter Informatik-Ingenieur ETH und beschäftigt sich seit über 20 Jahren mit IT-Consulting, Software Engineering und Projektabwicklung. Als Berater, Architekt und Projektmanager hat er zahlreiche Projekte in verschiedenen Industrien erfolgreich umgesetzt. Fundiertes Technologiewissen, Kreativität, Innovationskraft sowie der unbedingte Wille zur Umsetzung sind die Leitbilder, mit denen er die ti&m AG zu einem erfolgreichen Unternehmen mit mehr als 130 Mitarbeitern gemacht hat.

Das Unternehmen:
ti&m steht für technology, innovation & management. Der Name reflektiert die konsequente Ausrichtung auf innovative Lösungen auf Basis zukunftsorientierter Technologien und agiler Vorgehensweisen. Das zu 100% eigenständige Unternehmen befindet sich im Mehrheitsbesitz des Gründers und CEOs Thomas Wüst, Minderheitsbeteiligungen sind im Management der ti&m AG platziert. Die ti&m besitzt Niederlassungen in Zürich und Bern und umfasst aktuell 130 Ingenieure und Ingenieurinnen.

Strategie und Fokusthemen der ti&m AG:

  • IT-Consulting – nachhaltige Lösungen aufsetzen
  • Agile Projects – verantwortlich und agil Projekte zum Erfolg führen
  • Products – innovative Kommunikations-, Sicherheits- und Beratungslösungen: ti&m channel suite, ti&m workpad, ti&m 2FA
  • Outsourcing & AM – end-to-end-Betreuung von Innovationsprojekten aus einer Hand

ti&m AG – Agile Spitzenleistungen mit persönlichem Commitment

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