Tillmann Lang, CEO und Gründer von Yova, im Interview
Von Helmuth Fuchs
Moneycab: Herr Lang, die Coronakrise hat die digitale Transformation in Bereichen wie dem Fernunterricht, dem Home-Office, bei virtuellen Meetings massiv beschleunigt. Wie hat die Krise Yova und den Geschäftsverlauf beeinflusst?
Tillmann Lang: Für Yova war es ein unglaublich erfolgreiches Jahr, vor allem am Wachstum gemessen. Die Coronakrise hatte dabei aber auch negative Einflüsse. Wie viele Digitalanbieter haben wir vor allem während des Lockdowns im Frühjahr viel Zulauf erfahren. Wir spüren aber auch eine Unsicherheit bei den Anlegern. Kein Wunder bei derart massiven Kurssprüngen und dem Einbrechen ganzer Branchen. Wir waren dieses Jahr sehr viel im Austausch mit unseren Kunden.
Impact Investing und nachhaltige Anlagen wurden inzwischen auch von den Grossbanken als lukrative Nische entdeckt. Wie hat sich dadurch der Wettbewerb verändert, wie werden sich kleinere Anbieter behaupten können?
Dass sowohl Angebot als auch Nachfrage für Nachhaltigkeit wachsen, sehen wir mit grosser Begeisterung. Wichtig ist, dass Nachhaltigkeit drin sein sollte, wenn Nachhaltigkeit draufsteht. Kleine Anbieter können sich in Zukunft dann behaupten, wenn sie echte Nachhaltigkeit bieten und dabei auch transparent arbeiten.
«Wichtig ist, dass Nachhaltigkeit drin sein sollte, wenn Nachhaltigkeit draufsteht.» Tillmann Lang, CEO und Gründer von Yova
Das heisst, es muss glaubwürdig nachvollziehbar sein, dass die Anlage wirklich nachhaltig ist. Gleichzeitig muss ein Anbieter aber nicht nur eine gute Nachhaltigkeitswirkung, sondern auch gute Risikoverteilung und Gewinnerwartungen bieten. Wer das nachweisen kann und dazu noch eine gute Online-Lösung anbietet, wird sich am Markt beweisen.
Neu zeigt Yova in der App auf Tagesbasis, wie viel sauberer Strom mit dem investierten Vermögen produziert wird, wie viel CO2 eingespart werden konnte. Wie haben die AnlegerInnen auf diese Information reagiert, welche weiteren Funktionen sind geplant?
Unsere Kunden haben sehr positiv auf dieses Feature reagiert. Es motiviert natürlich zu sehen, dass mit der eigenen Geldanlage tatsächlich etwas bewirkt wird. Gleichzeitig stärkt es auch das Vertrauen in uns und zeigt unsere Expertise. Wir machen keine leeren Versprechungen, sondern da tut sich wirklich was für die Zukunft. Wir planen noch weitere Funktionen zum Thema Transparenz, mit denen man noch detaillierter nachvollziehen kann, wie gross der Impact einer Investition ist.
Mit dem digitalen Ansatz und dem Thema “Impact Investing” dürfte Yova vor allem ein jüngeres Publikum ansprechen. Wie sieht Ihr Kundensegment bezüglich Alters- und Einkommensklasse aus?
Es ist tatsächlich so, dass wir sehr viele junge Kunden haben, aber wir haben auch Kunden, die ihren 80. oder 90. Geburtstag schon gefeiert haben. Sagen wir es so, rund 80 Prozent unserer Kunden sind unter 50 Jahren und die Hälfte unserer Kunden ist unter 35. Ansonsten kann ich sagen, dass die Hälfte unserer Kunden ein hohes Einkommen hat. Gleichzeitig, befinden sich unter unseren Kunden auch Studenten und sogar Schüler, die zum ersten Mal Geld anlegen und ihr Vermögen erst noch aufbauen.
«Rund 80 Prozent unserer Kunden sind unter 50 Jahren und die Hälfte unserer Kunden ist unter 35.»
Aus Erhebungen weiss man, dass Frauen mehr Wert auf Nachhaltigkeit bei den Investitionen legen. Bewahrheitet sich das aus Ihrer Sicht, wie unterscheiden sich Frauen sonst noch im Anlageverhalten von Männern?
Unsere Lösung scheint Frauen sehr anzusprechen, schliesslich bilden sie ein Drittel unserer Anlegenden. Das ist extrem viel im Vergleich zu anderen Vermögensverwaltern, vor allem im digitalen Bereich. Das liegt unter anderem sicher an unserem starken Fokus auf Nachhaltigkeit. Aber es liegt auch daran, dass Frauen oftmals in die Tiefe gehen, bevor sie Vertrauen in ein Unternehmen fassen, sie verlangen mehr Transparenz und wollen nachvollziehen können, wie Nachhaltigkeit definiert wird. Da spielen wir einfach auf unseren Stärken.
Die Pandemiebewältigung bietet als Thema selbst eine interessante Investitionsmöglichkeit (Medikamenten- und Impfstoffhersteller, Diagnostikmethoden…). Was bieten Sie hier Ihren KundInnen an Investitionsmöglichkeiten an?
Wir haben im Frühjahr Pandemiekontrolle als spezielles Impact-Topic lanciert. Kunden können so direkt in Unternehmen investieren, die zum Beispiel an Impfstoffen oder neuen Technologien zur Diagnose, aber auch an präventivem Schutz vor neuen Pandemien arbeiten. Das ist natürlich eine finanziell interessante Investitionsidee, die wir unseren Kunden anbieten können, für viele Menschen ist es aber auch eine wichtige und unterstützenswerte Wirkungsidee.
Wie beurteilen Sie Unternehmen, die Sie in das Yova-Universum aufnehmen bezüglich deren Nachhaltigkeit, wie verlässlich sind solche Kriterien?
Wir bewerten alle Unternehmen anhand einer Vielzahl an Bewertungsdimensionen entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Dazu nutzen wir Daten, die wir selbst erheben, aber auch von spezialisierten Daten-Providern einkaufen. Transparenz ist dabei sehr wichtig für uns, wir wollen unsere Kriterien für unsere Kunden so nachvollziehbar wie möglich aufbereiten.
«Wir haben im Frühjahr Pandemiekontrolle als spezielles Impact-Topic lanciert.»
Unser Ansatz ist einer der Besten, die weltweit am Markt zu sehen sind. Dabei ist diese Industrie gerade erst in der Entwicklung. Wir rechnen damit, dass sich die Nachhaltigkeitsanalysen in den nächsten Jahren noch stark verbessern werden.
Robo-Advising und die digitale Transformation entwickeln sich mit enormem Tempo. Welches sind aus Ihrer Sicht diejenigen Entwicklungen, welche Ihr Geschäft in den kommenden Jahren am meisten verändern oder prägen werden?
Nachhaltigkeit wird zum Standard werden und Grossanbieter, die keine guten Nachhaltigkeitsprodukte haben, werden vom Markt gedrängt. Menschen werden ihre Finanzangelegenheiten zudem immer mehr online oder über eine App erledigen, diese Entwicklung sehen wir schon jetzt und die wird sich auch weiterhin fortsetzen. Abschliessend denke ich, dass die Fähigkeit, aus grossen Mengen von Daten schlau zu werden, einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil darstellen wird. Nicht nur um nachzuvollziehen, ob wirklich eine nachhaltige Wirkung erzielt werden kann, sondern auch um zu erfahren, ob Firmen Nachhaltigkeitsrisiken beinhalten. Denn Nachhaltigkeitsrisiken sind schliesslich Finanzrisiken.
«Der Markteintritt in Europa ist aktuell eines unserer grössten Projekte. Den Anfang macht nächstes Jahr unsere Tochterfirma in Berlin.»
Welche Projekte bei YOVA fordern Sie aktuell zeitlich und mental am meisten?
Wir arbeiten daran, das Angebot in der Schweiz noch weiter zu verbessern, zum Beispiel im Bereich der Nachhaltigkeitsanalyse. Zum anderen sind wir dabei, unseren Ansatz der nachhaltigen Vermögensverwaltung aus der Schweiz auch im Ausland verfügbar zu machen. Der Markteintritt in Europa ist aktuell eines unserer grössten Projekte. Den Anfang macht nächstes Jahr unsere Tochterfirma in Berlin.
Zum Schluss des Interviews haben Sie zwei Wünsche frei. Wie sehen die aus?
Ich wünsche mir, dass die Wichtigkeit für Nachhaltigkeitsaspekte bei Anlegern weiter zunimmt. Der beste Weg, die Finanzbranche endlich fit für die Zukunft zu machen, ist ein steigender Druck vonseiten der Anleger durch anspruchsvolle Nachfrage.
Gleichzeitig wünsche ich mir, dass der aktuelle Innovationsschub bei der Nachhaltigkeitsanalyse weitergeht. Wir sind heute schon viel weiter als noch vor zwei Jahren. Aber unsere Antworten auf die Frage “Was ist die Wirkung dieses Unternehmens?” müssen noch viel stichhaltiger und nuancierter werden können.