Tim Talaat, CEO Looser Holding
Tim Talaat, CEO Looser Holding. (Foto: Looser)
von Bob Buchheit
Moneycab: Herr Talaat, was sich im ersten Quartal abzeichnete kam bei Ihren 9-Monatszahlen voll zum Tragen. Die Bereiche Industriedienstleistungen und Beschichtungen waren beim Umsatz leicht rückläufig. Nach den jüngsten Erfolgen dürfte doch gerade das Ergebnis bei den Beschichtungen, ihrem grössten Geschäftsbereich, enttäuschen oder?
Tim Talaat: Hier möchte ich unterscheiden. Es ist richtig, dass die Umsätze beim Holzlackgeschäft zum Halbjahr 2012 akquisitionsbereinigt unter Vorjahr lagen. Hingegen sind die Umsätze in den Tätigkeitsfeldern Verpackungslacke, Antihaftlacke und Industrielacke in der ersten Jahreshälfte gewachsen. Betrachten wir die Umsätze per Ende 3. Quartal, konnte das Beschichtungssegment gegenüber dem ersten Halbjahr aufholen. Die Segmente Temperierung und Türen haben sich positiv entwickelt und Industriedienstleistungen konnte vor allem beim Mietumsatz wiederum zulegen.
Wann haben Sie bei den Industrielacken den Break-even geschafft?
Im Bereich Industrielacke haben wir per 30. Juni 2012 den Break-even geschafft und waren EBITDA positiv.
Spüren Sie im Osten sprich Asien, wo es ja vor kurzem besonders gut lief, einen kälteren Wind?
Ich würde eher von einer kühlen Brise sprechen.
Im Parkettlackgeschäft spüren wir nach wie vor die Massnahmen der chinesischen Regierung gegen die Überhitzung im Bau- und Immobiliensektor. Zudem sind die Exporte von China in die USA und nach Europa aufgrund der geringen Wachstumsraten in den USA und der Wirtschaftssituation in Mitteleuropa eher rückläufig. Mittelfristig erwarten wir in den lokalen Märkten wieder mehr Wachstum, denn wir haben uns in den vergangenen Jahren darauf konzentriert, den Binnenmarkt China verstärkt zu bearbeiten. Dazu kommt, dass die neu eingesetzte Regierung erklärt hat, künftig wieder mehr Geld in Bauprojekte zu investieren. Bei der Baukonjunktur in den USA spüren wir ebenfalls positive Impulse. Ob sich dieser Trend fortsetzen wird, bleibt abzuwarten. Beim Export nach Europa schwingt die Eurokrise aber weiterhin mit.
«Im Parkettlackgeschäft spüren wir nach wie vor die Massnahmen der chinesischen Regierung gegen die Überhitzung im Bau- und Immobiliensektor.»
Tim Talaat, CEO Looser Holding
Und wie sieht es bei den einzelnen Geschäftsfeldern aus?
Die Entwicklung bei den Antihaft- und Verpackungslacken in Asien beurteile ich als weiterhin stabil, wobei die Wirtschaftssituation in Mitteleuropa eher schwächelt.
Im Segment Temperierung liefern wir unsere Produkte über zwei Kanäle nach Asien: Einerseits über deutsche OEM-Kunden, wo wir bei den Exporten nach Asien momentan noch keinen Einbruch spüren. Andererseits exportieren wir auch direkt nach Asien. Hier sind die Umsätze derzeit noch auf geringem Niveau, jedoch ist die Tendenz zu mehr Umsatz stark steigend. Um den wichtigen asiatischen Markt künftig noch konsequenter zu bearbeiten, haben wir vor einigen Wochen einen Verkaufsmitarbeiter rekrutiert, der von Hongkong aus den Asia-Pacific-Raum betreut. Generell sehen wir in einem noch verhaltenen asiatischen Umfeld grosse Entwicklungschancen für Single-Produkte, insbesondere in China und Japan, wo wir vorwiegend bei innovativen Wechseltemperier-Produkten, die Prozesseffizienzsteigerungen ermöglichen, Zuwachsraten beobachten.
Seit dem Kauf 2007 entwickelt sich Prüm-Garant prächtig. Bald dürfte sie zu Loosers grösster Division werden. Stehen Ihnen da alle Türen offen?
Die Prüm-Garant Gruppe hat sich, da stimme ich gerne zu, gut entwickelt. Die Gruppe konnte selbst in rückläufigen Märkten Marktanteile dazugewinnen und damit ihre Position nochmals deutlich ausbauen. Aus dieser Stärke heraus gilt es nun, die Marktführerschaft in Deutschland anzustreben und die Internationalisierung voranzutreiben.
Wann werden Sie die Hörmann-Gruppe überholen?
Die Hörmann Gruppe gehört nicht zu unseren direkten Wettbewerbern. Die Gruppe ist vor allem im Segment Stahl- und Garagentore tätig. Unabhängig davon ist es auch nicht unser primäres Ziel, andere Unternehmen zu überholen. Wir konzentrieren uns viel mehr darauf, mit unseren Aktivitäten erfolgreich zu bleiben. Dies, indem wir die Bedürfnisse unserer Kunden optimal abdecken, Marktnähe zeigen, die richtigen Produkte anbieten und dabei eine attraktive Profitabilität erwirtschaften.
Looser hängt stark an der europäischen Wachstumslok Deutschland. Was wäre, wenn es dort zum Einbruch käme… Noch läuft da der Wohnbau ja ausgesprochen rund.
Da in Deutschland in den letzten zehn Jahren eher unter Bedarf gebaut wurde, versprechen die Prognosen für den deutschen Wohnungsmarkt auch in den nächsten Jahren positiv zu bleiben. Zudem besteht aus dem Bauboom der 70er-Jahre noch erheblicher Renovierungsbedarf, der sich ebenfalls positiv auswirken wird. Und die Unsicherheiten an den Finanzmärkten bewegen Anleger in Deutschland dazu, vermehrt in Immobilien zu investieren, was durch die tiefen Zinsen zusätzlich begünstigt wird.
Wir glauben aber, dass wir unabhängig der Marktentwicklung in der Lage sind, weitere Marktanteile dazu zu gewinnen. Dies hat die Prüm-Garant Gruppe ja auch in den Jahren mit rückläufigen Marktvolumen bewiesen. Und natürlich konzentrieren wir uns auf den Ausbau der Exportaktivitäten, vorwiegend mit Ländern, in denen es die technischen Rahmenbedingungen zulassen wie zum Beispiel die Benelux-Staaten, Österreich und die Schweiz.
Im Segment Temperierung liefern wir über 60 Prozent der Produkte in den deutschen Markt. Allerdings geht etwa die Hälfte davon via OEMs in Exportmärkte. Bei einem Einbruch der Binnennachfrage könnte dies beim Segment Temperierung Spuren hinterlassen, bei einem Einbruch des deutschen Exports entsprechend grössere Spuren. Bei Temperierung arbeiten wir daran, die Effizienz weiter zu steigern, während wir diesen Zyklen in der Vergangenheit mit einem flexiblen operativen Kapazitätsmanagement entgegengewirkt haben.
«Neben organischem Wachstum laufen vielfältige Bemühungen hin zu mehr Internationalisierung, die wir durch geeignete Akquisition vorantreiben wollen.»
Wie bauen Sie solche Klumpenrisiken ab?
Neben organischem Wachstum laufen vielfältige Bemühungen hin zu mehr Internationalisierung, die wir durch geeignete Akquisition vorantreiben wollen. Wir räumen dem Akquisitionsthema in der gesamten Looser Gruppe weiterhin eine hohe Priorität ein.
Sind sie denn schon wieder fündig geworden?
Die Suche nach geeigneten Akquisitionsmöglichkeiten für das Türensegment war bisher nicht erfolgreich. Es erweist sich als schwierig, Unternehmen zu finden, die dieses Segment ideal ergänzen und dazu einen Kapazitätsausbau und weiteres Wachstum ermöglichen.
Bei Türen sind Sie ja schon gross genug. Wie sieht es aber in anderen Segmenten punkto Übernahmen aus?
Im Segment Temperierung setzen wir auf internationale Expansion und geografische Diversifizierung. Deshalb haben wir vor wenigen Jahren ein Tochterunternehmen in den USA gegründet, das sich seither gut entwickelt hat. Wir rechnen weiterhin mit gutem Wachstum für unsere Produkte in Nordamerika und unterstützen diese Entwicklung mit entsprechenden Marketingmassnahmen. Seit Mitte 2011 sind wir auch mit einem Single-Tochterunternehmen in China vertreten und treiben damit unseren Vertrieb in China und Asien noch stärker an als bisher. Ausserdem setzen wir stark auf innovative Produkte und zukunftsträchtige Applikationen. Zum Beispiel investieren wir in unsere Marktführerschaft bei der ATT Wechseltemperier-Technologie zur Unterstützung von zyklischen Produktionsprozessen und in Hochtemperaturprodukte für die stark wachsende Verarbeitung von Faserverbundwerkstoffen sowie in qualitativ hohe Oberflächengüte.
In welche weiteren Himmelsrichtungen zeigt Loosers Internationalisierungsprogramm?
Wie das Wort Internationalisierung schon sagt, strecken wir im übertragenen Sinn unsere Fühler in alle Himmelsrichtungen aus. Der primäre Fokus liegt aber mit Sicherheit auf Ost und West, beim Auf- und Ausbau unserer Marktpositionen in Fernost und in den USA, wo wir geeignete Akquisitionsmöglichkeiten sondieren. Zum Beispiel für Single in den USA, im Bereich Holzschutz in Asien oder für Türen in Europa.
Gibt es spannende Neuentwicklungen bei Temperierung und Kühlung?
Mitte Oktober hat Single an der Fakuma in Friedrichshafen teilgenommen, einer Fachmesse für Kunststoffmaschinen und damit eine der wichtigsten Messen in der Branche. Single konnte mit einigen Neuerungen aufwarten, unter anderem mit technischen Weiterentwicklungen bei der Wechseltemperierung ATT zur Optimierung des Energiehaushaltes an Spritzgiesswerkzeugen. Durch diese Weiterentwicklung werden die Temperier-Prozesse noch wirtschaftlicher und die erzielte Teilequalität lässt sich gleichzeitig noch flexibler optimieren. Bei der ATT-Technologie gehört Single zu den Innovations- und Weltmarktführern.
«Insgesamt rückt sowohl bei der Temperiertechnik als auch in der Kühltechnik die Energieoptimierung immer mehr ins Zentrum.»
Ist nicht Energieeffizienz das grosse Leitthema?
Insgesamt rückt sowohl bei der Temperiertechnik als auch in der Kühltechnik die Energieoptimierung immer mehr ins Zentrum. In diesem Bereich hat Single ebenfalls einige Verbesserungen entwickelt. Bei einfachen Kühlgeräten stellt Single auf das Kältemittel R410a um, womit die Anlagen ein wesentlich energieeffizienteres Verhältnis zwischen Antriebsleistung und Kälteleistung beziehungsweise eine Steigerung des Wirkungsgrades um bis zu 50 Prozent erreichen.
Gibt es noch irgendwelche Pläne oder Wünsche für Devestitionen?
Es gehört zu unseren Aufgaben und Tätigkeiten, unser Portfolio aktiv zu bewirtschaften und die Möglichkeiten für Devestitionen und Akquisitionen laufend zu prüfen und wo sinnvoll auch zu nutzen. Ein Verkaufsprozess soll nur dann formell eröffnet beziehungsweise abgeschlossen werden, wenn das erwartete Wertpotential eines Unternehmens oder Geschäftsfeldes realisiert werden kann, oder wenn Looser Holding nicht mehr der „richtige“ Eigentümer ist.
Sie sagten einmal, Looser sei bereit, für einen Abschwung im Schweizer Baugeschäft. Was meinen Sie damit?
Ich sagte, wir sind auf einen allfälligen Abschwung beim Schweizer Baugeschäft vorbereitet. Das Segment Industriedienstleistungen hat sich in den vergangenen Jahren eher weg von der Bauindustrie in Richtung Gewerbe, öffentliche Hand und Event Services entwickelt. Im Bereich Wohnbau sind wir zwar vom Hochbau abhängig, aber dort eher bei kleineren Projekten involviert. In der Bauindustrie verhält es sich so, dass wir je nach Konjunkturlage entweder verkaufen und vermieten – vorwiegend in der Hochkonjunktur – oder eher nur vermieten, dies bei Tiefkonjunktur oder im Fall eines Abschwungs.
Die Bereiche Raumsysteme – Miete und Verkauf – und Eventservices haben sich über die letzten Jahre positiv entwickelt. Mittlerweile mach das Segment Industriedienstleistungen 50 Prozent des Umsatzes mit diesen beiden Geschäftsfeldern. Des Weiteren ist die Auftragslage in den Bereichen Renovation und Wohnungsbau, in denen Condecta als Zulieferer bekannt ist und geschätzt wird, nach wie vor hoch. Und aufgrund der tiefen Hypothekarzinsen sowie der hohen Zuwanderungsraten in der Schweiz und der damit verbundenen Nachfrage nach Wohnraum, gehen wir zum heutigen Zeitpunkt weiterhin von einer stabilen Entwicklung der Schweizer Bauindustrie aus.
«Mit unserer Prognose bleiben wir verhalten optimistisch.»
2007 war für Loser bisher das profitabelste Jahr. Der Reingewinn betrug 28,7 Millionen Franken. Looser ist in einem schwierig gewordenen Umfeld gut zu Weg. Könnte 2014 ähnlich aussehen wie 2007?
2007 war wesentlich von Einmaleffekten aus der deutschen Steuerreform beeinflusst, indem der Körperschaftssteuersatz reduziert wurde.
Das aktuell schwierige Konjunktur- und Marktumfeld wird aus meiner Sicht weiterhin anspruchsvoll bleiben. Mit unserer Prognose bleiben wir verhalten optimistisch. Auf der Basis unserer guten Marktpositionen und der positiven Geschäftsentwicklung gehe ich zum heutigen Zeitpunkt aber dennoch von einer positiven Entwicklung aus. Wenn man die Effekte des Eurorückgangs auf unsere Zahlen – Bilanzwährung Schweizer Franken – bezieht, dann meine ich, dass wir in einem schwierigen Umfeld echt gute Arbeit geleistet haben. Trotz Eurokurszerfalls von 1.45 auf 1.20 und damit einem Rückgang unserer Erlöse von etwa 20 Prozent seit 2008 konnten wir dank der engagierten Leistungen unserer Mitarbeitenden unsere Margen gut halten.
Zur Person:
Tim Talaat ist seit Januar 2009 Chief Executive Officer (CEO) der Looser Holding AG. Er ist diplomierter Elektro-Ingenieur und hält ein MBA des IMD in Lausanne. Darüber hinaus absolvierte er 2001 an der Stanford University in Palo Alto, Kalifornien, USA, erfolgreich das Senior Executive Program. Bevor Tim Talaat seine CEO-Funktion bei der Looser Holding antrat, war er als Managing Partner bei der Swiss Industrial Finance AG tätig. Von 1996 bis 2006 arbeitete er bei SR Technics. Er war dort Leiter Verkauf und Marketing und damit Mitglied der Geschäftsleitung von SR Technics Switzerland. 2003 wurde er zum CEO der SR Technics Gruppe ernannt. In dieser Funktion spielte er unter anderem eine wichtige Rolle bei der internationalen Expansion des Unternehmens. Zuvor war er während 20 Jahren in den Branchen Informationstechnologie und Maschinenbau tätig und übte dort diverse leitende Funktionen in den Bereichen Entwicklung, Fertigung sowie Marketing und Verkauf aus.
Zum Unternehmen:
Die Looser Holding AG ist eine international tätige Industriegesellschaft mit Sitz in Arbon (CH). Die Unternehmensgruppe ist in den Segmenten Beschichtungen, Temperierung, Industriedienstleistungen und Türen tätig. Rund 1’830 Mitarbeitende arbeiten in 21 operativen Gesellschaften in Europa, Asien und den USA für die Gruppe. Die Namenaktien der aus einem klassischen Schweizer Familienunternehmen hervorgegangenen internationalen Holding sind an der SIX Swiss Exchange kotiert.