Timo Dainese, Gründer und CEO der Zugerberg Finanz AG, im Interview

Timo Dainese

Timo Dainese, Gründer und CEO der Zugerberg Finanz AG. (Foto: zvg)

von Sandra Willmeroth

Moneycab.com: Herr Dainese, die geopolitische Lage wird mit dem neuen Krieg im Gazastreifen zunehmend instabil. Wie reagieren Sie als Vermögensverwalter darauf?

Timo Dainese: Wir beobachten die Situation und beurteilen laufend neu. So tragisch die jeweilige Eskalation für die betroffene Bevölkerung ist, so gering ist typischerweise der Einfluss auf die Kapitalmärkte. Bei 9/11, dem Irakkrieg, dem Lybienkrieg, dem Bombenattentat auf das WTC in den 90er Jahren, dem 6tägigen Krieg und weiteren Schock-Events notierten die Aktienmärkte 12 Monate danach im Durchschnitt 7% höher. Entscheidend wird sein, ob sich der Konflikt zwischen Israel und der Hamas zu einem Flächenbrand ausweitet und wie sich der Ölpreis verhält.

Welche mittel- bis langfristigen Szenarien haben Sie für den Finanzmarkt und welches erachten Sie als das wahrscheinlichste?

Wichtig ist die konjunkturelle Entwicklung, welche momentan stark geprägt ist vom Zinserhöhungszyklus als Folge der hohen Inflation. Unser Basisszenario für die kommenden Monate ist, dass die höheren Zinsen ihre Wirkung nicht verfehlen und sich das Wachstum leicht abkühlt, bei deutlich sinkender Inflation. Wir erwarten aber keine globale Rezession, sondern gehen von einem anhaltenden Wachstum aus, wenn auch in einigen Regionen unter dem Potenzial.

Wie ist die Stimmung unter Ihren Kunden, die hauptsächlich in der Schweiz ansässig sind?

Inländische Kunden sind, genauso wie ausländische, verunsichert aufgrund der Entwicklung an den internationalen Kapitalmärkten im vergangenen Jahr, und dabei insbesondere aufgrund der historischen Verluste an den Obligationenmärkten. Natürlich haben geopolitische Schocks auch einen Einfluss auf das Anlegerverhalten, typischerweise aber nur kurzfristig, da deren Einfluss auf die globale Konjunktur in der Regel gering ist, wenn überhaupt. Was sich aber zeigt, ist, dass es sinnvoll ist, einen hohen Anteil an Schweizer Franken in den Portfolios zu halten, wie wir es seit jeher tun. Der Schweizer Franken ist seit 80 Jahren die stärkste Währung der Welt und tendiert in unsicheren Zeiten noch mehr zur Stärke. Diese Entwicklung dürfte anhalten.

«Der Schweizer Franken ist seit 80 Jahren die stärkste Währung der Welt und tendiert in unsicheren Zeiten noch mehr zur Stärke. Diese Entwicklung dürfte anhalten.»
Timo Dainese, Gründer und CEO der Zugerberg Finanz AG

Die Bankenlandschaft ist seit dem Ende der Credit Suisse (und dem der SVC) eine andere. Welche Folgen hat das für Ihr Geschäft als unabhängiger Schweizer Vermögensverwalter?

Es gibt schon seit Jahren einen Trend in Richtung unabhängiger Vermögensverwaltung. Themen wie Interessenskonflikte, fehlende Unabhängigkeit, mangelnder Fokus, Management-Führung, Bonuskultur usw. bei den Banken mit der entsprechenden medialen Berichterstattung einerseits, sowie die starke Spezialisierung und Professionalisierung der Vermögensverwalter andererseits haben diesen Trend schon vor vielen Jahren ausgelöst. Der Niedergang der Credit Suisse führt hier zu einer spürbaren weiteren Befeuerung dieses Trends. Führende Vermögensverwalter sind heute auch in Bezug auf die Beschäftigung und die beruflichen Perspektiven für Arbeitnehmende eine echte Alternative zu den Banken.

Social Media spielte eine wesentliche Rolle beim Niedergang der beiden Banken. Wie kann man sich als Vermögensverwalter gegen solche konzertierten Aktionen wehren oder ihnen vorbeugen?

Die Credit Suisse ist nicht in erster Linie am Geschäftsmodell oder an der Liquidität gescheitert. Sondern am Vertrauen. Die Reputation hat in den letzten Jahren enorm gelitten. Die Reputation ist das wichtigste Gut eines Finanzinstitutes und sie ist nicht käuflich. Das Vertrauen der Kunden ist das A und O. Dieses basiert auf den Werten, die ein Unternehmen nicht nur auf der Website publiziert, sondern lebt. Das hat somit mit der tagtäglich gelebten und vorgelebten Wertekultur zu tun. «Walk the Talk», also nicht nur davon reden, alles für den Kunden zu unternehmen, sondern es auch zu tun, und nachzuweisen anhand von Resultaten und transparenten Informationen.

«Die Credit Suisse ist nicht in erster Linie am Geschäftsmodell oder an der Liquidität gescheitert. Sondern am Vertrauen.»

Ihr geschäftsführender Partner Prof. Dr. Maurice Pedergnana ist neben seiner Führungsfunktion in der Zugerberg Finanz AG auch Professor für Banking & Finance an der Hochschule Luzern. Welche Wirkung hat das Ende der CS auf die jungen Menschen, die ins Bankwesen streben? Wie wird das unter den Studierenden diskutiert?

Die Branche unterschätzt, dass sie an Attraktivität verloren hat. So erlebt dies mein Partner jedenfalls an den Bildungsstätten der jungen Menschen. Diese interessieren sich für andere Bereiche im Finanzwesen, z.B. für Jungunternehmen, Startups, Venture Capital und Private Equity sowie Blockchain-Technologie. Auch in der IT gibt es spannendere Branchen als die Banken-IT. Die grossen Neuerungen sind nicht in den grossen Institutionen entstanden, im Gegenteil: Diese brauchen immer noch Programmierer aus der Cobol-Zeit und schleppen teilweise IT-Dinosaurier mit sich herum.

«Grosse Institute brauchen immer noch Programmierer aus der Cobol-Zeit und schleppen teilweise IT-Dinosaurier mit sich herum.»

Wie digital ist die Zugerberg Finanz AG?

Wir sind heute sehr digital. Im Bereich der gebundenen Vorsorge (3a, Freizügigkeit) kann eine Geschäftsbeziehung mit uns vollständig digital eröffnet werden. In der klassischen Vermögensverwaltung scheitert es momentan noch an den Depotbanken, wir sind aber zuversichtlich, dass wir diese Hürde in den kommenden sechs Monaten überwinden können. Unsere Kunden haben über die Zugerberg Finanz App jederzeit tagesaktuell Zugang zu all ihren Vermögensverwaltungsmandaten, die sie mit uns haben, unabhängig von der Wahl der Depotbank. Es ist eine multi-Banking-App, die 7/24 vollständige Transparenz und Information bietet. Zugegeben, wir sind ein bisschen stolz auf unsere Applikation, die wir mehrheitlich selber entwickelt haben.

Wie kommt der digitale Kanal bei den Kundinnen und Kunden an?

Wir erhalten von unserer Kundschaft sehr gute Rückmeldungen zu unseren digitalen Lösungen. Damit bei uns auch Kleinanleger eine gute Rendite erzielen können, verzichten wir auf Aktienfonds. Bei uns werden auch kleine Summen in Einzeltitel investiert. Das wird immer auch die sechste Kommastelle genau abgerechnet, auch die jeweiligen Dividenden. Das ist transparent und bis heute absolut einzigartig in der Schweiz. Die Digitalisierungsstrategie reicht jedoch weit über die Darstellung eines Portfolios hinaus. Es lassen sich auch sehr einfach Freizügigkeitsgelder aufsuchen.

Sind Kryptowährungen und digitale Assets ein Thema für die Zugerberg Finanz AG?

Natürlich verfolgen wir die Entwicklung der vielen Kryptos mit und befassen uns intensiv mit dem Thema. Stand heute sind wir aber nicht investiert. Das machen die Privatanleger am besten privat, weil der Handel 24/7 Stunden läuft, kann die Schwankung selbst an einem Wochenende schnell mal 10% und mehr ausmachen. Eine einzelne Person kann digitale Assets auch am Sonntag handeln. Das Volumen, das wir generieren würden, wäre zudem kaum handelbar.

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