Tobias Gerfin, CEO Kuhn Rikon, im Interview
Von Patrick Gunti
Moneycab: Herr Gerfin, im Juni hat Kuhn Rikon seinen ersten Brand Store in Zürich eröffnet. Lassen sich Pfannen, Bräter und Töpfe besser verkaufen, wenn man sie anfassen kann, als digital im Online-Shop?
Tobias Gerfin: Bei einer starken Marke funktionieren beide Kanäle sehr gut! Aber Kochen ist ein manueller Prozess und die Utensilien wie Pfannen, Messer oder Sparschäler müssen gut in der Hand liegen. Das kann man in unserem Brand Store in Zürich erleben.
Wie unterscheidet sich dieser Store von den verschiedenen Outlet-Stores und Fabrikläden?
In Zürich erleben wir einen massiven Rückgang von Verkaufspunkten unserer Marke. Der Manor an der Bahnhofstrasse, der Globus am Bellevue und der Jelmoli sind oder werden verschwinden. Dadurch ist Kuhn Rikon in der grössten Stadt der Schweiz zu wenig sichtbar und das ändern wir mit dem neuen Brand Store.
Auch in den Designer-Outlet-Stores geht es um die Präsenz der wichtigsten Schweizer Marke im Bereich Kochgeschirr. Outlets sind ein Gewinner des Umsatzrückgangs im klassischen Fachhandel. Konsumenten verbringen in diesen Zentren viel Zeit und suchen nach Markenartikeln und günstigen Angeboten. Diese Kunden möchten wir mit unseren Outlet-Stores bedienen.
«Der Wert einer Schweizer Marke ist sehr wichtig, um trotz der hohen Preise gegen lokale und internationale Konkurrenten bestehen zu können.»
Tobias Gerfin, CEO Kuhn Rikon
Nichtsdestotrotz findet eine Umverteilung vom stationären auf den Online-Handel statt. Wie haben sich die Online-Verkäufe in den letzten Jahren entwickelt?
Schon vor 2020 sind die Umsätze im Onlinehandel stetig gewachsen und dieser Trend hat sich während der Covid-Pandemie noch deutlich verstärkt. Zu Beginn des Jahres 2022 normalisierte sich die Situation wieder, doch schon wenige Monate später ist das Wachstum zurückgekehrt. Online-Handel hat eine wesentliche Rolle in unseren Produktkategorien und der Umsatz wird in den kommenden Jahren noch zulegen, aber der stationäre Handel wird auch in Zukunft der dominierende Absatzkanal bleiben.
Welches sind die bedeutendsten Exportmärkte von Kuhn Rikon?
Kuhn Rikon exportiert in über 20 Länder der Welt. Besonders wichtig sind dabei USA, Spanien, Deutschland, Grossbritannien und China. Interessantes Beispiel ist Spanien, da wir in diesem Markt seit 1982 aktiv und sehr erfolgreich unterwegs sind. Unser Dampfkochtopf DUROMATIC findet sich seit vielen Jahren auf den Hochzeitslisten in Nordwestspanien und dem Baskenland. Der Wert einer Schweizer Marke ist sehr wichtig, um trotz der hohen Preise gegen lokale und internationale Konkurrenten bestehen zu können.
Schweizerinnen und Schweizer sprechen meist vom «Duro», wenn sie über das Kochen mit dem Dampfkochtopf sprechen. Das ist auf den vor über 70 Jahren von Kuhn Rikon lancierten Duromatic zurückzuführen. Ist der Duro auch heute noch ein Bestseller?
Ja, der DUROMATIC ist weiterhin ein Bestseller mit Kunden in aller Welt. Mit diesem Produkt spart man Energie, Zeit und Wasser und kocht erst noch gesünder. Dies sind alles Themen, die für Konsumentinnen und Konsumenten heute sehr wichtig sind. Mit dem DUROMATIC kann man etwas für seine Gesundheit, den Ressourcenverbrauch und seine Freizeit tun. Ich kenne nicht viele Tools in der Küche, die das von sich behaupten können.
«Die besondere Leistung von Jacques Kuhn, der den DUROMATIC und den DUROTHERM entwickelt hat, liegt darin, dass er sich auf das Wesentliche beschränkt hat.»
1975 folgte mit dem ersten doppelwandigen Kochgeschirr, Durotherm, eine weitere Innovation, die sich auch bald 50 Jahre später grosser Beliebtheit erfreut. Kann man Produkte wie den Duro oder eben Durotherm eigentlich noch weiterentwickeln?
Die besondere Leistung von Jacques Kuhn, der den DUROMATIC und den DUROTHERM entwickelt hat, liegt darin, dass er sich auf das Wesentliche beschränkt hat. Dadurch ist die technische Weiterentwicklung schwierig, aber der Freiraum im Design erlaubt es immer wieder neue Kollektionen zu lancieren.
Wie präsentiert sich das Produkte-Portfolio von Kuhn Rikon heute?
Wir haben eine gute Mischung von drei Kategorien Kochgeschirr und Pfannen, Küchenhelfer sowie Kochen am Tisch. Die erste Produktgruppe macht etwas mehr als 50% unseres Umsatzes aus, aber wir freuen uns auch sehr über das stetige Wachstum mit den Produkten von Rheinfelder Keramik. 2017 haben wir diese Firma übernommen und können dadurch schrittweise unsere Präsenz im Bereich Fondue ausbauen.
Kuhn Rikon hat schon viele Design-Preise gewonnen. Wie viel investieren Sie in das Design Ihrer Produkte?
Die technische Innovation in unserer Branche ist begrenzt, da der Herd nur alle 20 bis 25 Jahre ausgetauscht wird und die Techniken beim Kochen sich nur sehr langsam verändern. Food Trends, Gewürze und Ansprüche erleben immer wieder grosse Neuerungen, aber dazu wird immer noch ganz klassisch gebraten und gekocht. Deshalb geht es bei unseren Produkten eher um hochwertiges Design und gute Qualität. Wir haben vier Designer, die in Rikon an der Weiterentwicklung unserer Produktwelt arbeiten. Sie werden unterstützt durch ein kleines Team von Ingenieuren, dem Produktmanagement, dem Einkauf und der Qualitätssicherung. Ein erfolgreiches und schönes Produkt ist Teamwork! Dafür investiert Kuhn Rikon jedes Jahr knapp 2 Mio. Franken.
«Es ist unser Ziel bis Ende 2024 alle Aluminiumprodukte auf das rezyklierte Aluminium umgestellt zu haben und so unsere Emissionen um 25% reduziert zu haben.»
Die Produktreihen NEW LIFE, NEW LIFE PRO und HOTPAN ermöglichen nachhaltigeres Kochen. Wo setzen Sie dabei an?
Aluminium ist der grösste Faktor unseres Carbon Footprints, den wir basierend auf dem GHG (Greenhouse Gas Protocol) berechnet haben. In den Produkten der NEW LIFE Serien verwenden wir statt primärem jetzt rezykliertes Aluminium. Dadurch reduzieren sich für dieses Metall die CO2-Emissionen um 95%. Es ist unser Ziel bis Ende 2024 alle Aluminiumprodukte auf das rezyklierte Aluminium umgestellt zu haben und so unsere Emissionen um 25% reduziert zu haben.
Die HOTPAN ist analog zu DUROTHERM ein Produkt, das schonendes Kochen mit einer Energieersparnis von bis zu 60% verbindet. Die enge Verknüpfung von gesundem Kochen und Reduktion der CO2-Emissionen ist ein wichtiges Element unserer Nachhaltigkeitsstrategie.
Kuhn Rikon verfolgt Nachhaltigkeits-Initiativen auf verschiedenen Ebenen. Ein besonderes Projekt ist die Zusammenarbeit mit Eberhard. Können Sie uns das Klimaschutz-Projekt kurz vorstellen?
Das globale Klimaziel von Net Zero ist nur zu erreichen, wenn CO2-Emissionen drastisch reduziert und CO2 aus der Atmosphäre festgebunden werden können. Das Projekt mit der Firma Eberhard zielt auf die zweite Massnahme. Hier wird CO2, das in einer Biogasanlage in Zürich entsteht, durch eine chemische Reaktion im Inneren von Kieselsteinen in Kalkstein umgewandelt. Somit wird das CO2 als Festkörper gebunden. Dieser Prozess ist heute noch relativ teuer, aber sowohl die Firma Eberhard wie auch Kuhn Rikon sind überzeugt, dass solche Techniken die Zukunft von Net Zero bilden werden.
In drei Jahren feiert Kuhn Rikon das 100-Jahr Firmenjubiläum. Haben Sie bereits Pläne, wie der Geburtstag gefeiert werden soll?
Es ist noch etwas früh, um genaue Pläne zu haben. Aber das Jubiläum wird uns Gelegenheit geben, Danke zu sagen. Viele Stakeholder haben über die Jahre zum Erfolg von Kuhn Rikon beigetragen, seien es die Mitarbeitenden, unsere B2B-Kunden, die Konsumentinnen und Konsumenten oder die Inhaberfamilie. Allen gehört ein grosser Dank, den wir dann angemessen feiern werden.