Tobias Schubert, Co-Geschäftsführer und Gründer Farmy.ch. (Foto: zvg)
von Patrick Gunti
Moneycab.com: Herr Schubert, farmy.ch hat sich beim Swiss E-Commerce Award gleich drei Trophäen gesichert, darunter den Newcomer und den Startup Award. Was bedeuten Ihnen diese Auszeichnungen?
Tobias Schubert: Wir waren wirklich sehr überrascht und sind sehr dankbar dafür. Für ein noch junges Start-up, wie wir es sind, ist es natürlich tolle PR und eine positive Bestätigung. Wirklich nochmal vielen Dank an alle, die für uns gestimmt haben.
Farmy.ch ist ein «Online-Hofladen». Sie beliefern Ihre Kunden mit frischen, regionalen und biologischen Nahrungsmitteln. Sie und Farmy-Mitgründer Roman Hartmann haben zuvor in Moskau erfolgreiche E-Commerce-Projekte realisiert. Wie kommt man da auf die Idee, in der Schweiz hochwertige regionale Produkte zu vertreiben?
Wir wollten schon immer etwas machen, womit wir uns intrinsisch motivieren können, aber auch der Markt vielversprechend ist. Mit Farmy konnten wir beides vereinbaren. Warum Schweiz? Wir haben eine detaillierte Marktanalyse verschiedener europäischer Metropolregionen gemacht. Zürich sticht extrem positiv heraus und ist nach etlichen Jahren Smog in Moskau auch eine sehr willkommene Abwechslung.
Die Idee ist das eine, diese in ein erfolgreiches Business umzusetzen das andere. Wie sind Sie vorgegangen?
Wir hatten beide etliche Start-ups mit aufbauen und auch schon die ein oder anderen Fehler machen dürfen. Für uns war das wichtigste die Analyse. Nachdem wir dort Sicherheit bekommen haben, dass der Markt reif für Farmy ist, gab es eigentlich nur zwei Möglichkeiten: Du machst es oder ein anderer. Also haben wir beide unser Erspartes in Farmy investiert und haben Farmy ins Leben gerufen. Wir wollten es nicht nicht machen, um uns mit 40 ärgern, dass wir es nicht mal gewagt haben.
Können Sie uns einige Beispiele geben, was farmy.ch im Angebot hat?
Wir haben mittlerweile über 1000 Produkte von über 100 Produzenten. Frisches Brot, Obst & Gemüse, Milchprodukte, Fleisch, Fisch, Trockenprodukte, kurzum jegliche Lebensmittel, die es auf dem Markt oder auf dem Hofladen auch gibt – und noch etwas mehr. Wir bauen unser Assortiment ständig aus und werden auch noch die eine oder andere Kategorie hinzufügen.
«Wir arbeiten hauptsächlich mit regionalen und biologischen Kleinproduzenten aus der Schweiz, die ihre Waren mit Liebe und hohem Verantwortungsbewusstsein und Rücksicht auf die Natur herstellen.» Tobias Schubert, Co-Geschäftsführer und Gründer Farmy.ch
Wer sind Ihre Produzenten?
Hauptsächlich regionale und biologische Kleinproduzenten aus der Schweiz, die ihre Waren mit Liebe und hohem Verantwortungsbewusstsein und Rücksicht auf die Natur herstellen. Wir versuchen bewusst vor allem kleinere Produzenten anzuschliessen, die nicht an bekannte Grossverteiler liefern können oder wollen. Zudem besuchen wir die Produzenten, machen uns selber ein Bild des Betriebs und machen Bilder und Video vom Betrieb und deren Menschen.
Welche Bedingungen müssen erfüllt sein, damit deren Produkte über farmy.ch vertrieben werden?
Ein typischer Farmy-Produzent kommt aus der Schweiz, vorzugsweise aus der Metropolregion Zürich, stellt seine Produkte nachhaltig und mit grosser Sorgfalt her und vertreibt diese bisher nur über Märkte oder seinen eigenen Hofladen. Mit Farmy bieten wir diesen Produzenten die Möglichkeit, ihre Produkte auf unserer Plattform online zu vertreiben. Dennoch gibt es auch ein paar Produzenten, die nicht alle Kriterien erfüllen, so haben wir z.B. auch Kaffee oder Olivenöl. Jeder konsumiert diese Produkte, versteht aber auch, dass diese nicht in der Schweiz wachsen.
Im Vordergrund steht bei uns einfach die Transparenz. Der Kunde und wir selber wollen einfach verstehen, woher die Produkte kommen und ein gutes Gewissen dabei haben.
Sie haben die ausländischen Produkte erwähnt. Werden diese nach den gleichen Vorgaben produziert?
Wir achten natürlich auch hier auf eine nachhaltige Produktion. Das Wort Nachhaltigkeit ist leider ein Buzzword und sehr schwammig definiert. Konkret bedeutet dass für uns aber auch wieder, dass wir entweder Bio zertifizierte ausländische Produzenten nehmen – hier aber auch wieder nach Möglichkeit solche, die in kleinerem Massstab produzieren – oder eben gezielt originelle Kleinstproduzenten, wie zum Beispiel Goede Visser aus Holland, die uns um die Weihnachtszeit sogar frische Austern liefern.
«Der Kunde und wir selber wollen einfach verstehen, woher die Produkte kommen und ein gutes Gewissen dabei haben.»
Farmy.ch ist vor gut einem Jahr gestartet. Wie viele Bestellungen wickeln Sie heute ab?
Wir sind im guten zweistelligen Bereich pro Tag, aber noch unter 100 Bestellungen pro Tag.
Welchen Wert hat ein durchschnittlicher Warenkorb?
Gut über 100 Franken.
Sie garantieren eine Lieferung innerhalb von 48 Stunden. Wie komplex ist die Logistik, wie läuft die Distribution ab?
Dazu gäbe es viel zu sagen. Kurz zusammengefasst – ja, es ist komplex, aber am wichtigsten: Es ist managable und vor allem ist die Ware ständig gekühlt. Wir haben drei Liefergebiete. In der Stadt Zürich liefern wir fast immer mit dem Velo, in der Metropolregion Zürich mit dem Auto. Lieferungen in die restliche Schweiz erledigt eine spezialisierte Kühllogistikfirma für uns.
Für alles verwenden wir spezielle Software zur Routenoptimierung. Neben der Distribution ist aber auch das Sourcing extrem spannend und vor allem wirklich innovativ. Wir haben kein Lager! Alle Produkte werden erst geerntet, bzw. produziert, nachdem wir die Bestellung vom Kunden erhalten haben. Deshalb liefern wir auch nicht am nächsten Tag, da kommen die Waren erst vom Produzenten bei uns an, sondern frühestens am übernächsten Tag. Die Vorteile sind immens: 1. Die Produkte sind einfach frisch, da sie direkt vom Feld oder aus der Backstube kommen. 2. Es wird weniger weggeworfen, da wirklich nur das geliefert wird, was auch bestellt wurde.
«Alle Produkte werden erst geerntet, bzw. produziert, nachdem wir die Bestellung vom Kunden erhalten haben.»
Mit Adrian Bühler haben Sie einen bekannten Investor mit an Bord. Wie sehen Sie die weiteren Entwicklungsschritte Ihres Unternehmens?
Wir wollen und werden weiter wachsen, nicht nur in der Schweiz, sondern auch in benachbarten Metropolregionen.
Herr Schubert, ganz herzlichen Dank für das Interview.
Das Team von Farmy.ch. (Foto: zvg)