Urs Riedener, CEO Emmi AG.
von Bob Buchheit
Moneycab: Herr Riedener, Sie streben mit Emmi in den nächsten vier bis sechs Jahren einen Auslandanteil am Umsatz von 50 Prozent an. Aktuell beträgt er lediglich einen Viertel. Wie wollen Sie im Ausland so schnell wachsen?
Wir sind im vergangenen Jahr im Ausland 8,4 Prozent gewachsen, und dies trotz dem starken Schweizer Franken. Für das laufende Geschäftsjahr rechnen wir international mit einem Umsatzwachstum mit 10 bis 15 Prozent. Wir gehen davon aus, dass der Auslandanteil organisch und aufgrund weiterer Akquisitionen Schritt für Schritt steigen wird. Wir sind auf Kurs und halten an diesem Ziel fest. Aber ob ein Auslandanteil von 50 Prozent in sechs oder acht Jahren Realität sein wird, ist für uns weniger wichtig, als dass unsere Rentabilität durch dieses Wachstum nicht verwässert wird.
«Ob ein Auslandanteil von 50 Prozent in sechs oder acht Jahren Realität sein wird, ist für uns weniger wichtig, als dass unsere Rentabilität durch dieses Wachstum nicht verwässert wird.» Urs Riedener, CEO Emmi AG
Die übernommene deutsche Marke Onken und die amerikanische Marke Roth haben grossen Erfolg. Welche Schlüsse lassen sich davonfür die Markenstrategie ableiten?
Die Zahlen von Onken, insbesondere in UK, und Roth sind sehr erfreulich. Auf unsere Marketingstrategie hat dies aber keinen Einfluss. Diese besteht seit ihrer Neugestaltung aus vier Grundsäulen: Der Emmi Dachmarke, Kaltbach, Emmi Caffè Latte sowie die Wellbeing-Produkte Actifit und Benecol. Neben diesen vier Hauptstossrichtungen lassen wir aber bewusst Spielraum für einige lokale und internationale Marken, zu denen neben den von Ihnen erwähnten Onken und Roth Käse beispielsweise auch Gerber oder Tigre gehören.
Die grösste Erfolgsstory der letzen Jahre war für Emmi sicherlich Caffè Latte. Allerdings gibt es mittlerweile sehr viele und auch qualitativ hochstehende Nachahmerprodukte. Wie werden Sie sich dagegen wehren?
Nachahmerprodukte dynamisieren den Markt. Die Folge davon ist, dass auch Caffè Latte stark wächst. Dies, weil wir der einzige Hersteller sind, welcher für jede Sorte die ideale Kaffeebohne einsetzt, den Kaffee schonend röstet und den frischen Kaffee direkt aus der Kaffeemaschine mit bester Schweizer Mich verheiraten. Unsere hohe Qualität und die bekannte Marke Emmi haben dazu geführt, dass viele, darunter auch sehr renommierte Nachahmer, bereits wieder aufgegeben haben. Als europäischer Marktführer werden wir weiterhin viel investieren, um diese Erfolgsgeschichte weiterzuentwickeln. Beispielsweise sind wir diesen Sommer auch in Spanien viel stärker präsent.
Welche Absichten verfolgen Sie mit Ihrem Engagement bei Germany’s next Topmodel?
Mit Emmi Caffè Latte möchten wir nahe bei den jungen und urbanen Leuten sein. Es passt ausgezeichnet zum lifestyle-affinen Publikum dieser Sendung.
Wieviel Lifestyle steckt mittlerweile im Käse?
Schweizer Käse und insbesondere Spezialitäten wie Kaltbach stehen für hochstehenden Genuss. Und konsumiert wird, was schmeckt. Im Ausland, insbesondere beispielsweise in den USA, ist der Konsum von Schweizer Käse eine Art zu kommunizieren, dass man erstens Connaisseur ist und zweitens einen exquisiten Geschmack hat.
«Wichtig ist für uns aber auch, dass wir in der Produktion gute Fachleute haben. Dafür bilden wir aktuell über 100 Lehrlinge aus.»
Umsatzmässig ist die Käse-Division mit rund 40 Prozent bei Emmi am grössten. Wie lange wird das so bleiben, wann werden gesundheitsfördernde und Lifestyle-Produkte im Vordergrund stehen?
Schweizer Käse geniesst weltweit einen guten Ruf. Das Emmi Wellbeing-Sortiment umfasst mit Benecol und Actifit zwei Konzepte, deren gesundheitsfördernde Wirkung belegt ist. Sie erfreuen sich auch grosser Beliebtheit. Beides sind jedoch Konzepte, die im Wesentlichen auf die Schweiz beschränkt sind. Dies wird sich auf absehbare Zeit nicht ändern. Wir arbeiten auch hier an weiteren Innovationen.
Mehrheitsaktionär mit über der Hälfte der Stimmen bei der Emmi sind immer noch die Zentralschweizer Milchproduzenten (ZMP). Wie stark ist das in Stein gemeisselt. Was, wenn ein grösserer Konzern mit Emmi zusammengehen wollte?
Wir haben mit der ZMP eine Hauptaktionärin, die überzeugt hinter unserer Strategie steht. Dies im Wissen, dass die Schweizer Milchverarbeiter mit einer soliden Emmi eine verlässliche Partnerin an der Hand haben. Dies ist eine komfortable Situation. Zu entscheiden, wie man mit einem Übernahmeangebot für Emmi umgehen würde, ist nicht Aufgabe der Konzernleitung, sondern des Verwaltungsrats.
Emmi gilt als konservatives Unternehmen mit einer modernen Markenstrategie. Wie wichtig ist der Umgang mit verschiedenen Kulturen, das sogenannte Diversity Management, für Sie?
Ich bin nicht der Ansicht, dass Emmi heute noch als konservatives Unternehmen wahrgenommen wird. Sehr viele junge Leute sind von den Möglichkeiten bei Emmi begeistert. Das hohe Wachstumstempo und die zunehmende Internationalisierung verlangen aber unseren Mitarbeitenden Einiges ab. Um dies zu bewältigen, haben wir einige Positionen auch mit externen Leuten besetzt, welche Erfahrungen in unterschiedlichen Kulturen haben. Da bei uns hunderte von Mitarbeitenden täglich internationale Kontakte haben, lernen wir auf allen Stufen laufend dazu.
Was halten Sie vom Schweizer Führungsnachwuchs?
Da Emmi bekannt, innovativ und international ausgerichtet ist, interessieren sich junge Führungsleute für uns. Wir investieren aber selbst auch viel in den Nachwuchs und bieten beispielsweise Führungsausbildungen und Auslandeinsätze an. Wichtig ist für uns aber auch, dass wir in der Produktion gute Fachleute haben. Denn dort entsteht die Basis für unsere hohe Qualität. Dafür bilden wir aktuell über 100 Lehrlinge aus.
Könnte beispielsweise ein US-Amerikaner einen Schweizer Lebensmittelkonzern führen?
Selbstverständlich.
Welchen Anteil am Erfolg von Emmi hat der Faktor Swissness?
Der Bezug zur Schweiz ist für den Erfolg von Emmi in zweierlei Hinsicht von Bedeutung: Den Schweizer Konsumentinnen und Konsumenten ist wichtig, dass unsere Produkte in der Schweiz, aus Schweizer Milch hergestellt werden. Unsere ausländischen Kundinnen und Kundenverbinden die Schweiz hauptsächlich mit zuverlässig hoher Qualität. Emmi investiert viel, um dieses Versprechen zu halten. Nur durch höhere Qualität lässt sich ein höherer Preis rechtfertigen. Swissness ist eine gute Basis, reicht aber für den Erfolg nicht aus.
Wissen Ihre Kunden im Ausland, wie der Name Emmi entstanden ist?
Nein, davon ist nicht auszugehen. Wichtig ist, dass Emmi in vielen Sprachen einen guten Klang hat und merkfähig ist.
Der Gesprächspartner:
Urs Riedener war von 1992 bis 1995 Assistant Brand Manager bei Jacobs Suchard in Neuenburg und zuletzt Group Brand Manager bei Kraft Jacobs Suchard in Zürich. Von 1995 bis 2000 arbeitete er bei Lindt & Sprüngli national und international in diversen Führungsfunktionen, zuletzt als National Sales Manager und Mitglied der Geschäftsleitung Schweiz. Bis 2008 leitete er beim Migros-Genossenschafts-Bund in Zürich das Departement Marketing und war Mitglied der Generaldirektion. 2008 wechselte Urs Riedener zu Emmi und übernahm als CEO den Vorsitz der Konzernleitung. Urs Riedener ist zudem Mitglied des Vorstands Promarca (Schweizerischer Markenartikelverband) sowie Mitglied des Vorstands GfM (Schweizerische Gesellschaft für Marketing).
Das Unternehmen:
Emmi ist der grösste Schweizer Milchverarbeiter und eine der innovativsten Premium-Molkereien in Europa. In der Schweiz fokussiert sich Emmi auf die Entwicklung, Produktion und Vermarktung eines Vollsortiments an Molkerei- und Frischprodukten sowie auf die Herstellung, die Reifung und den Handel hauptsächlich von Schweizer Käse. Im Ausland konzentriert sich Emmi mit Markenkonzepten und Spezialitäten auf Märkte in Europa und Nordamerika. Bei den Frischprodukten stehen Lifestyle-, Convenience- und Gesundheitsprodukte im Vordergrund. Beim Käse positioniert sich Emmi als das weltweit führende Unternehmen für Schweizer Käse. Die Kunden von Emmi sind hauptsächlich der Detailhandel, der Bereich Food Service und die Lebensmittelindustrie. 2010 hat Emmi einen Nettoumsatz von CHF 2,684 Milliarden erzielt und beschäftigte in der Schweiz und im Ausland rund 3’700 Mitarbeitende (auf Vollzeitbasis).