Valeria Gavazzi, Präsidentin des Verwaltungsrates der Carlo Gavazzi AG (Bild: Vale di Domenico).
von Robert Jakob
Moneycab: Frau Gavazzi, die Schweizer Maschinen-. Elektro- und Metallindustrie konnte bereits im ersten Halbjahr die Bestellungen um 15,7% steigern. Die Zahlen für das zweite Halbjahr und das vierten Quartal der Unternehmen sind hervorragend. Gavazzi hat gar im Semester per 30.9. ein Book to Bill-Verhältnis von 1,2. Werden Sie sich bald vor Arbeit nicht mehr retten können?
Valeria Gavazzi: Wir freuen uns darüber, dass wir wieder auf Wachstumskurs sind. Was die Produktion angeht, haben wir die Kapazität, um der gegenwärtigen Nachfrage vollends nachzukommen.
«Unser Umsatz in der Region Nordamerika stieg in der ersten Hälfte des laufenden Geschäftsjahres in um 16,6 Prozent.» Valeria Gavazzi, Präsidentin des Verwaltungsrates der Carlo Gavazzi AG
Trotz schwieriger Rahmenbedingungen konnte Carlo Gavazzi die Bruttomarge im vergangenen Bilanzjahr bereits um volle zwei Prozent auf 54,5% steigern. Zu verdanken haben Sie das vor allem Produktivitätsgewinnen. Worin bestanden diese für Sie in allererster Linie?
Die Bruttomarge hängt von mehreren Faktoren wie den Herstellkosten, der Produktivität und der Kundenstruktur ab. Wir haben ständig ein Auge auf die Produktivität. Daneben schlug sich die Tatsache, dass einige grosse Kunden letztes Jahr weniger bestellt hatten, zwar in den Verkaufszahlen nieder, hatte aber eine positive Auswirkung auf unsere Marge. Im ersten Halbjahr des laufenden Geschäftsjahres trugen die höheren Bestellmengen von Grosskunden sowohl zu einem Anstieg des Umsatzes als auch des EBIT bei. Die Bruttomarge hingegen sank aufgrund dieser Kundenstruktur und den höheren Herstellkosten leicht auf 51,5 %.
Wo und wie lässt sich die Produktivität noch weiter steigern?
Produktivität steht bei uns immer im Fokus. Wir investieren in Qualitätsmanagement und sind zudem derzeit im Rahmen eines laufenden Projekts daran, in allen Sourcing-Unternehmen das Lean Manufacturing weiter voranzutreiben.
Vor genau einem Jahr hat Carlo Gavazzi ja eine Niederlassung in Mexiko eröffnet. Wie entwickelt sich diese Filiale, insbesondere vor dem Hintergrund der Nähe zu den US? Davon profitiert ja Mexiko im Moment sehr.
Der Aufbau des Geschäfts in Mexiko kommt gut voran. Unser Umsatz in der Region Nordamerika stieg in der ersten Hälfte des laufenden Geschäftsjahres in um 16,6 Prozent.
Auch Carlo Gavazzi profitiert wie viele Schweizer Small- und Midcaps als Zulieferer von den hohen Investitionen im Energiesektor. Verkäufe von Produkten im Bereich Energiemanagement nahmen um 40% zu, besonders bei erneuerbaren Energien läuft es glänzend. Gibt es in diesem Segment überhaupt ein Risiko oder werden die Geschäfte da über die nächsten 50 Jahre glänzend laufen?
Erneuerbare Energie ist ein Megatrend und mit unserer Produktepalette in diesem Sektor sind wir gut positioniert, um die positive Dynamik zu nutzen. Gleichwohl sind wir uns bewusst, dass die kurz- und mittelfristigen Verkäufe oft von Subventionen einzelner Länder abhängen, die vom einen zum nächsten Jahr variieren können.
Mit 69,3% ist Ihre Eigenkapitalquote jetzt rekordhoch, die Dividende ist im langfristigen Vergleich mit 5 CHF eher noch tief. Können sich die Anleger Hoffnung auf eine deutlich höhere Payout-Ratio als 40% machen?
Unsere Politik bleibt nach wie vor, einen beträchtlichen Teil des Reingewinns an die Aktionäre auszuschütten. Der Verwaltungsrat wird der Generalversammlung die Dividende 2010/11 vorschlagen, sobald das Resultat des Gesamtjahres vorliegt.
Wäre nicht eine Nennwertrückzahlung wie 2006 interessant?
Im Moment bestehen keine Pläne für eine Nennwertrückzahlung.
«Erneuerbare Energie ist ein Megatrend und mit unserer Produktepalette in diesem Sektor sind wir gut positioniert, um die positive Dynamik zu nutzen.»
Wegen der Kapitalstruktur wird Gavazzi auf absehbare Zeit ein Familienunternehmen in festen Händen bleiben. Wie sieht es aber umgekehrt aus? Was passiert mit der Nettoliquidität von 44 Millionen CHF? Werden weiterhin neue Filialen eröffnet oder wächst der Appetit nach mehr?
Die solide Nettoliquidität gibt uns strategische Flexibilität. Wir werden diese verwenden, um unser Geschäft weiter zu stärken – entweder durch organisches Wachstum oder mit Akquisitionen.
Einige Familienunternehmen in der Schweiz haben sich in letzter Zeit einem grösseren Kapitalgeberkreis geöffnet. Das eröffnet immerhin weitere Wachstumsperspektiven, oder?
Das haben wir nicht vor. Mit unserer starken Bilanz, unserer stabilen Geschäftsstrategie und einer ausgewogenen Produktepalette sehen wir uns in einer sehr guten Position, um das Wachstum unseres Geschäfts weiter voranzutreiben.
Carlo Gavazzi wird an der Börse immer sehr vorsichtig bewertet und die Umsätze sind gering. Wie viele Industrieaktien kletterte der Titel aber im Verlauf des Jahres sehr kräftig. Einige Analysten haben das Preisziel für die Gavazzi-Aktie angehoben.
Wir kommentieren externe Kursziele aus grundsätzlichen Überlegungen nicht, aber wir freuen uns darüber, dass sich der Wert der Gavazzi-Aktien seit dem Frühjahr 2009 mehr als verdoppelt hat. Es gehört zu unseren Aufgaben, durch den stetigen Ausbau unseres Geschäfts Wert zu generieren, und wir sind zuversichtlich, dass das Unternehmen bereit ist für weiteres Wachstum.
Beim Ausblick bleibt Gavazzi vorsichtig. Warum?
Wir sind der Ansicht, dass das allgemeine wirtschaftliche Umfeld noch immer unbeständig und schwer vorhersehbar ist. Wir sind aber zuversichtlich in Bezug auf Gavazzis Jahresergebnis. Wir halten an unserem Ziel fest, das Ergebnis im Vergleich zum Vorjahr zu steigern und unseren Aktionären eine angemessene Rendite zu ermöglichen.
Zur Person:
Valeria Gavazzi, machte ihren Abschluss in Economics und Business Administration IGS in Paris und war bis zu ihrem Eintritt ins Familienunternehmen Managing Director bei der Barguzin Consultancy GmbH zwischen 2004 und 2009. Als der Carlo Gavazzi Holding AG amtete sie seit der zweiten Hälfte 2009.
Zum Unternehmen:
Die Carlo Gavazzi Holding AG mit Sitz in Steinhausen/ZG ist eine international tätige und auf Automatisierungstechnik spezialisierte Schweizer Unternehmensgruppe. Sie stellt elektronische Komponenten her und beschäftigt über 1’000 Mitarbeiter Im Geschäftsjahr 2008/2009 erwirtschaftete sie einen Umsatz von 175 Millionen Schweizer Franken. Die Firma wurde 1931 in Mailand gegründet und verlegte in den 1970er Jahren ihren Konzernsitz in die Schweiz, wo sie seit 1984 an der Schweizer Börse SIX Swiss Exchange kotiert ist.