von Bob Buchheit
Moneycab.com: Herr Schmidli, letztes Jahr ist Schlatter endlich in die Gewinnzone zurückgekehrt. Der Auftragseingang stieg vor allem deutlich schneller als der Umsatz. Wie läuft das neue Jahr an?
Werner Schmidli: Wir sind erwartungsgemäss in das neue Jahr gestartet. Der Bestellungseingang ist auch in den ersten Monaten unverändert hoch. Die Visibilität des Bestellungseingangs beträgt bei uns rund zwei bis drei Monate. Nach dem überdurchschnittlich hohen Bestellungseingang erwarten wir im Verlauf des Jahres eine Nivellierung.
Der grössere Bereich, Schweissen, macht 85% des Konzernumsatzes. Wie ist da die Auslastung jetzt?
Die Auslastung ist dank des hohen Auftragsbestandes an allen Standorten für das gesamte Geschäftsjahr 2022 frühzeitig gesichert. Die Herausforderung ist aktuell, dass wir die Projekte termingerecht ausliefern können. Einerseits kämpfen wir mit Lieferverzögerungen unserer Lieferanten, insbesondere im Elektrobereich. Andererseits haben wir in einigen Bereichen Personalengpässe. Glücklicherweise haben wir sehr flexible Mitarbeiter an allen Standorten. Mit viel Einsatz und Mehrarbeit gelingt es uns, die Projekte trotzdem innerhalb vernünftiger Frist zu liefern und in Betrieb zu nehmen.
Wie sieht es in China mit dem Ausbau der Infrastruktur aus?
In China verkaufen wir insbesondere Anlagen zur Herstellung von technischen Geweben für die Papierindustrie sowie Schienenschweissanlagen. Was die Infrastruktur betrifft, spielen Schlatter Schienenschweissmaschinen bei der Erstellung des chinesischen Hochgeschwindigkeitsnetzes für Eisenbahnen eine wichtige Rolle. Das Hochgeschwindigkeitsnetz in China wird auf 20 000 Kilometer erweitert, und die meisten Schweissungen werden mit unseren Maschinen vorgenommen. Was den Hochbau anbelangt, erfolgt der dominierende Anteile der Armierungen mit Einzelstäben und nicht mit Armierungsgittern.
«Das Hochgeschwindigkeitsnetz in China wird auf 20’000 Kilometer erweitert und die meisten Schweissungen werden mit unseren Maschinen vorgenommen.»
Werner Schmidli, CEO Schlatter Group
Welches sind Ihre Pläne für Schlatter Italia?
Schlatter Italia entwickelt und baut ein umfassendes Angebot an Drahtproduktionsanlagen wie Kaltwalz-, Drahtzieh- und Reckanlagen. Dieser Fertigungsschritt ist notwendig, damit die Drähte in unseren Industrie- und Gitterschweissanlagen zu Gittern geschweisst werden können. Wir wollen die Produkte von Schlatter Italia in die Wertschöpfungskette integrieren und somit zum gesamtheitlichen Lösungsanbieter werden. Unsere Kunden profitieren damit von einer erweiterten Systemkompetenz. Zusammen mit Schlatter Italia werden wir zum umfassenden Ansprechpartner über die gesamte Wertschöpfungskette.
Das kleinere Segment Weben hing im letzten Jahr bei der Erholung hinter dem Segment Schweissen hinterher, hat aber jetzt gut aufgeschlossen. Worauf ist das zurückzuführen?
Im Weben haben sich die Bestellungen etwas verzögert auch erholt. Einerseits ist China ist in diesem Bereich ein wesentlicher Treiber. Die weltweit hohe Nachfrage nach Verpackungs- und Tissuepapieren hat die Nachfrage nach Papiermaschinenbespannungen ebenfalls stark angetrieben, weshalb unsere Kunden nun die Produktionskapazitäten erhöhen.
Bei Weben gingen die Verkäufe aufs letzte Jahr gerechnet um 12 Prozent auf 15,6 Millionen Franken zurück, während die Bestellungen auch hier um rund ein Viertel anzogen. Ich nehme an, am Ende des Quartals steht auch hier Break-Even?
Das zweite Halbjahr hat mit einem Gewinn abgeschlossen.
Haben Sie weitere Grossaufträge in Aussicht?
Zurzeit haben wir keine weiteren Grossaufträge, wie wir sie letztes Jahr erhalten haben, in Sicht. Wir sind dennoch sehr gut ausgelastet und für die nächsten Monate ist die Pipeline gut gefüllt.
«Reine Standardmaschinen sind heute in der Minderzahl. Wir haben eine flexible Maschinenplattform entwickelt, mit der wir immer mehr Lösungen anbieten.»
Auch Schlatter mutierte durch Stärkung der Applikationskompetenz zum Lösungsanbieter. Wieviel Umsatzanteil macht dies aus?
Reine Standardmaschinen sind heute in der Minderzahl. Wir haben eine flexible Maschinenplattform entwickelt, mit der wir immer mehr Lösungen anbieten. Komplette Branchenlösungen sind in der Industriegitterwelt zwar noch eher gering, aber die Nachfrage nach diesen Lösungen ist wachsend.
Wie stark wächst bei Ihnen generell der Servicebereich?
Mit 34% des Jahresumsatzes haben wir bereits einen hohen Ersatzteil- und Service Umsatz. Wir haben viel in neue Dienstleistungen und Technologien investiert und wachsen kontinuierlich, aber es ist eher eine flache Wachstumskurve. Zurzeit profitieren wir auch von der hohen Auslastung unserer Kundschaft.
Wie chaotisch ist jetzt die Lage an der Preisfront für Stahl?
Im Jahr 2021 gingen die Stahlpreise steil hoch und haben sich mehr als verdoppelt. Das hat für unsere Kunden im Armierungsgitterbereich und damit auch für uns als Maschinen- und Anlagenlieferant ein gutes Wachstum generiert. Aktuell sehen wir eine Seitwärtsbewegung oder einen moderaten Rückgang der Preise, was auf diesem Niveau für unsere Kunden und damit auch für uns als Maschinenlieferant noch immer ein positives Umfeld darstellt.