Wolfgang Bosbach im Interview zur EU, der Flüchtlingskrise und Griechenland

Wolfgang Bosbach

Wolfgang Bosbach, CDU, Mitglied des Bundestages (Bild: Moneycab)

Von Helmuth Fuchs

Im ausführlichen Interview anlässlich des Alpensymposiums in Interlaken nimmt Wolfgang Bosbach (CDU), Mitglied des deutschen Bundestages und vormaliger Vorsitzender des Innenausschusses des Deutschen Bundestages Stellung zu Themenbereichen wie

«Die wichtigste Herausforderung ist jetzt, rasch zu entscheiden, wer ein Bleiberecht bekommt und wer nicht. Wer kein Bleiberecht bekommen kann, muss zügig in seine Heimat zurückgeführt werden.»

«Ich halte es für politisch etwas problematisch, ausgerechnet Herrn Erdoğan (Präsident der Türkei) die Verantwortung dafür zu übertragen, ob weitere grosse Flüchtlingsströme nach Europa kommen oder nicht.»

Die europäischen Werte müssten zunächst einmal die universellen Menschenrechte sein wie Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Meinungsfreiheit, Pressefreiheit, Gleichberechtigung von Mann und Frau.»

«Die Diskussion von Kontingenten gegenüber Drittstaaten in der EU wird kaum Auswirkungen haben für die Diskussion mit der Schweiz. Kontingente kennt das Europäische Recht nicht für die Bürger der Europäischen Union.»

«Die Arbeitnehmerfreizügigkeit kann niemals mit Quoten bedacht werden.»

«Wenn sich jeder seine EU so schneidert, wie er sie gerne hätte, werden die Fliehkräfte in der Europäischen Union immer grösser.» 

«Das eigentlich Problem der EU ist, dass die Realität weit hinter den Versprechungen der Politik zurück bleibt.»

«Es gibt zentrale Politikfelder, in denen einzelne Nationen alleine gar nicht mehr das leisten können, was sie leisten müssten. Zum Beispiel: Terrorismus-Bekämpfung nur in nationalen Grenzen kann nicht funktionieren.»

«Brüssel ist rhetorisch stark, aber in der Praxis schwach.»

«Meiner Einschätzung nach wird es nie wirksame Sanktionen (von Brüssel aus) geben.»

«Dass die Texte zu TTIP so unter Verschluss gehalten werden stört auch mich als Parlamentarier und es befeuert diejenigen, die fundamentale Bedenken gegen das Abkommen haben.»

«Spätestens wenn das Abkommen in die Parlament kommt, hat jede Geheimhaltung ein Ende.»

«Es gibt keine Massnahme, die man beschliessen kann mit dem Satz: Und damit sind wir auf der sicheren Seite.»

«Die Ereignisse in Frankreich machen auch deutlich, dass wir nur dann ein hohes Mass an Sicherheit haben, wenn es zu einem kontinuierlichen Austausch von Informationen kommt»

«Die Einschränkung der Persönlichkeitsrechte (die Erhebung der Informationen) sollte man nicht verwechseln mit der Notwendigkeit des Informations-Austauschs.»

Der Gesprächspartner:
Wolfgang Walter Wilhelm Bosbach, Jahrgang 1952, ist Politiker (CDU) und Rechtsanwalt. Bosbach war von Februar 2000 bis November 2009 stellvertretender Vorsitzender der Bundestagsfraktion der Union und von November 2009 bis Juli 2015 Vorsitzender des Innenausschusses des Deutschen Bundestages. Am 23. Juli 2015 legte er diesen Posten mit Wirkung zum 22. September nieder, da er auch künftig seiner Überzeugung folgen und abweichend vom Kurs seiner Parteivorsitzenden gegen weitere Rettungspakete für Griechenland stimmen wolle, was mit dem Ausschussvorsitz nicht vereinbar sei. Sein Bundestagsmandat behielt er, da er für seine politische Überzeugung nur im Parlament werben und kämpfen könne.

Das Gespräch mit Wolfgang Bosbach fand im Rahmen des Alpensymposiums in Interlaken am 12. Januar 2016 statt.

 

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