Wolfgang Schmidt-Soelch, Managing Partner Heidrick & Struggles DACH
Wolfgang Schmidt-Soelch, Managing Partner bei Heidrick & Struggles Deutschland, Österreich, Schweiz, Zentral- und Osteuropa. (Bild: Heidrick & Struggles)
Von Helmuth Fuchs
Moneycab: Herr Schmidt-Soelch, auf der einen Seite wird immer vom Kampf um die Talente gesprochen, auf der anderen Seite haben wir in den südeuropäischen Ländern Heerscharen von Hochschulabgängern ohne Job oder in schlecht bezahlten, anforderungs- und perspektivlosen Aushilfsstellen. Was läuft hier schief?
Wolfgang Schmidt-Soelch: Die Problematik in den südeuropäischen Ländern der Eurozone ist struktureller Natur und wurde leider erst durch die Finanzkrise ersichtlich. Falsche politische Rahmenbedingungen führten zu einer verkrusteten Wirtschaftssituation, für welche die Bevölkerung und leider vor allem die Jugendlichen nun büssen müssen. Der von Ihnen angesprochene Kampf um Talente ist ein langfristiger Trend und fokussiert vor allem auf spezifische Fach- und Führungskräfte. Wir sehen, dass der Arbeitsmarkt bezüglich Topleuten mit internationaler Einsatzfähigkeit, Know-how, Erfahrung, strategischen Fähigkeiten, Führungskompetenzen, Belastbarkeit usw. sehr eng ist. Die Anforderungen seitens der Unternehmen an ihre Kaderleute sind hoch. Die richtigen Kandidaten dafür zu finden ist entsprechend anspruchsvoll, da meist nur sehr wenige dem Anforderungsprofil entsprechen. Ab einer bestimmten Führungsstufe ist daher der Kampf um Talente tatsächlich akut.
«Jedes Wirtschaftsmodell hat Stärken und Schwächen und muss sich im Laufe der Zeit anpassen.»
Wolfgang Schmidt-Soelch, Managing Partner Heidrick & Struggles
Das amerikanisch geprägte Wirtschaftsmodell hat nach den Erfolgen der letzten 50 Jahren empfindliche Dämpfer erhalten in der Krise. Gibt es Modelle, welche für die aktuellen Krisensituationen (Immobilien-, Wirtschafts- und Schuldenkrise) neue Impulse vermitteln können?
Leider wird heute das amerikanisch geprägte Wirtschaftmodell sehr undifferenziert betrachtet und meist mit negativen Beispielen wie die jüngsten Ereignisse im Investmentbanking gleichgestellt. Jedes Wirtschaftsmodell hat Stärken und Schwächen und muss sich im Laufe der Zeit anpassen. Vor einigen Jahrzehnten hat man das japanische Modell hochgelobt, dass dann in einer der längsten Rezession der Geschichte des Landes mündete. Das deutsche Modell wurde belächelt, brachte aber in der jüngsten Krise ein stabiles Wirtschaftsumfeld hervor. Es gibt noch andere Beispiele. Eines haben sie alle gemeinsam. Am Ende des Tages geht es um nachhaltiges wirtschaften, darum, das man nicht mehr Geld ausgeben kann als man einnimmt und das Risiko und Ertrag 100% korreliert sind. Wenn sich Staaten, Unternehmen und Individuen darauf zurückbesinnen, wird es nach schmerzhaften Anpassungen und Restrukturierungen wieder einen Weg aus der Krise geben.
Frauen in Führungspositionen grosser, börsenkotierter Firmen sind immer noch eine kleine Minderheit. Wie beurteilen Sie den Ruf nach einer gesetzlichen Quote für die Frauenvertretung auf Vorstandsebene, welche Erfahrungen sprechen dafür oder dagegen?
Angesichts der allgemeinen Führungskräfteknappheit wäre eine höhere Anzahl von Frauen in Führungspositionen sehr begrüssenswert. Die Unternehmen sollten langsam verstanden haben, dass es wirtschaftlich nicht sinnvoll ist, bei ohnehin knappem Talentangebot die Hälfte des Pools zu vernachlässigen. Einer gesetzlichen Frauenquote stehe ich aber eher kritisch gegenüber. Viel wichtiger ist es, Arbeitsmodelle voranzutreiben, die es Frauen und auch Männern ermöglichen, ihre Kaderposition mit privaten Bedürfnissen zu vereinen. Dafür gibt es bereits erfolgreiche Beispiele, die nun verstärkt institutionalisiert werden sollten. Hier kann die Politik die Unternehmen unterstützen und auch auf sozialpolitischer Ebene Impulse setzen. Mit der von KPMG und uns unterstützten Organisation „Women Corporate Directors (WCD)“ hoffen wir ebenfalls einen Beitrag zu leisten, damit sich die Frauenquote auf Verwaltungsratsebene in den nächsten Jahren substanziell erhöht. Das WCD ist eine Plattform, auf welcher Frauen im Topmanagement ihre Erfahrungen austauschen und neue Modelle diskutieren können, wie eine höhere Frauenvertretung in Kaderstellen und Vorstandsebene ohne regulatorische Quoten zu erreichen ist. In der Schweiz wurde das WCD vor rund einem Jahr lanciert.
«Wir vermitteln immer wieder Schweizer Topleute ins Ausland, welche sich sehr gut bewähren.»
Während internationale Führungskräfte auch in traditionellen Schweizer Firmen keine Seltenheit sind, schaffen es eher wenige Schweizer Führungskräfte an die Spitze internationaler Firmen. Woran liegt das, wo doch die Schweizer Bildungsinstitute einen guten Ruf haben und das Land selbst bezüglich Innovation und Wettbewerbsfähigkeit immer wieder Spitzenränge belegt?
Meine Erfahrung ist eine andere. Proportional betrachtet sind nicht markant weniger Schweizer Führungskräfte in fremdsprachigen Ländern tätig, als es Engländer oder Amerikaner hier in der Schweiz sind. Auch deutsche Führungskräfte gibt es in englischsprachigen Ländern nicht mehr als Schweizer, wiederum proportional zur Bevölkerung betrachtet. Der Vorteil für Schweizer Führungskräfte ist vielleicht, dass die Anzahl internationaler Arbeitgeber, Konzernzentralen und Perspektivfirmen in der Schweiz überproportional hoch ist. Zudem hat die Schweizer Mentalität der Konsensorientierung im Ausland und in angelsächsisch geprägten Unternehmen teilweise einen schwierigen Stand, dafür werden aber die Anpassungsfähigkeit, das Sprachtalent und der hohe Ausbildungsstand geschätzt. Wir vermitteln immer wieder Schweizer Topleute ins Ausland, welche sich sehr gut bewähren.
Die teilweise unverständlich hohen Managersaläre vor allem im Banken- und Pharmabereich werden meist mit dem „Zwang, die besten Talente“ zu halten begründet. Welche Kriterien geben bei erfolgreichen Führungskräften den Ausschlag bei der Wahl des Arbeitgebers?
Das Argument trifft teilweise zu, Exzesse sind damit jedoch keinesfalls zu rechtfertigen. Das Managersalär ist tatsächlich nur eines von vielen Kriterien bei der Wahl des Arbeitgebers. Es gibt andere Faktoren, die einen wichtigeren Einfluss auf die Entscheidung haben und zwar Unternehmenskultur, Karriereentwicklungsmöglichkeiten und Work-Life-Balance.
In Ihrem Geschäftsmodell machen Sie die Unterscheidung zwischen Beratung und Suche von Führungskräften. Wie ist die prozentuale Aufteilung und wo sehen Sie das grössere Wachstumspotenzial?
Unsere Leistungen werden getrennt, aber auch im Paket angeboten, was eine umfassende Betreuung des Kunden erlaubt. Den grössten Teil erwirtschaften wir im Executive Search, das wird auch in Zukunft unser Kerngeschäft bleiben. Wir beobachten in beiden Geschäftsbereichen ein Wachstum. Der Beratungsbereich ist neuer und kleiner und weist daher zurzeit prozentual betrachtet höhere Wachstumsraten aus.
In Zeiten von Social Media ist der Vernetzungsgrad so hoch, dass viele Firmen glauben, auch ohne Hilfe von professionellen Executive Search Unternehmen die richtigen Führungskräfte zu finden. Wie gross ist der Druck von LinkedIn, Xing und Co. auf Ihr Geschäft?
Es gibt tatsächlich einige Grosskonzerne wie beispielsweise Reckitt Benckiser, die ihre Fachleute für untere und mittlere Kaderpositionen ausschliesslich über soziale Plattformen eruieren. Aber man findet auf diese Weise kaum alle geeigneten Kandidaten. Zudem erkennt man zunächst nur die Übereinstimmung der Erfahrung mit dem Anforderungsprofil. Führungskompetenzen, kultureller fit, Kandidatenmotivation und –persönlichkeit sind aber nicht erkennbar und wichtige Kriterien für erfolgreiche Stellenbesetzungen. Hier können Executive Search Firmen Mehrwert bieten, der auch in Zahlen belegbar ist. Ein Scheitern bei Neubesetzungen oder Beförderungen kostet das drei- bis fünffache Jahresgehalt der jeweiligen Person. Der Verlust ist sogar noch grösser, da oftmals Strategien und Pläne der Unternehmen nicht umgesetzt werden können. Studien belegen, dass bis zu 40% der neu platzierten oder beförderten Führungskräfte es nicht schaffen, ihre Ziele zu erreichen und bereits nach nur 1 ½ Jahren das Unternehmen wieder verlassen. Qualitativ hochwertige Selektion kann dieses Risiko deutlich verringern. Die meisten Unternehmen erkennen das, daher ist der Einfluss der Social Media Plattformen auf unser Geschäft gering.
«Es ist erfreulich, dass immer mehr Frauen Toppositionen in Management und Verwaltungsräten einnehmen.»
In der Krise haben auch viele Grossfirmen ihr finanzielles Heil in Entlassungen gesucht. Die Leute fehlen dann in der nächsten Aufschwungphase und werden unter grossem finanziellem Aufwand gesucht und wieder eingestellt. Wie beurteilen Sie diese Art des „Talent-Managements“ und gibt es hier bessere Modelle, um Krisensituationen zu bewältigen?
Das ist tatsächlich ein sich stetig wiederholendes Phänomen. Es ist allerdings schwierig, andere Modelle als Pauschallösung zu proklamieren, da jedes Problem individuell betrachtet werden muss. Bei professionellen Restrukturierungsmassnahmen findet ein Talent Management aber durchaus statt, da Mitarbeiter unternehmensintern vermittelt werden. Die heutige dynamische Wirtschaft und rasche Entwicklung einzelner Geschäftsbereiche erfordert von Führungskräften regelmässig neue Schwerpunkte innerhalb des Konzerns zu setzen, was meist auch eine Verschiebung von entsprechenden Arbeitskräften zur Folge hat.
Sie selbst leiten die hiesige Niederlassung von Heidrick & Struggles seit mehr als drei Jahren. Wie hat sich die Schweiz bezüglich Anforderungen an Führungskräfte in dieser Zeit verändert, welche Tendenzen werden die kommenden Jahre bestimmen?
Die Internationalisierung nimmt auf einem bereits sehr hohen Niveau weiter zu. Das Talent Management innerhalb der Unternehmen hat und wird sich mit Sicherheit weiter professionalisieren. Zudem ist es erfreulich, dass immer mehr Frauen Toppositionen in Management und Verwaltungsräten einnehmen. Gerade auch die Position des Verwaltungsrats hat sich stark verändert und wird heute professioneller ausgeführt. Das hat sicher mit dem stärkeren Fokus auf die richtige Besetzung und der kritischeren Beurteilung der Verwaltungsräte durch die Öffentlichkeit zu tun.
In der Schweiz haben Sie im vergangenen Halbjahr gleich drei neue Berater eingestellt. Wie sieht die Planung für die nächsten 12 Monate aus und wo befindet sich sie Schweiz im internationalen Vergleich bezüglich Wachstum?
Es ist uns in den vergangenen Monaten gelungen, Heidrick & Struggles substanziell zu verstärken. Die neuen Berater verfügen alle über ein hervorragendes Know-how in ihren Fachgebieten. Mit Claudia Schwers im IT, Giovanni Lamarca für den Consumer-Bereich und Euan Kenworthy im Bereich Commodity sowie Supply Chain haben wir neue Aushängeschilder mit internationaler Erfahrung im Team. Dies in Sektoren, die für die Schweiz äusserst wichtig sind. Sie ergänzen unser bestehendes Know-how in den Bereichen Banken- und Versicherungen, Industrie, Life Science, Professional Services sowie Transport & Logistik optimal. Bezüglich Wachstum stehen wir im internationalen Vergleich gut da. Die Schweiz ist und bleibt ein wichtiger Standort für uns, da hier wichtige internationale Konzerne ihren Hauptsitz haben, weiterhin viele internationale Führungskräfte zuziehen und die Schweiz auch über hochqualifizierte Führungskräfte verfügt, die für unsere Kunden im Ausland interessant sind.
Zum Schluss des Gespräches haben Sie noch zwei Wünsche frei. Wie sehen diese aus?
Das Verhältnis zwischen Mitarbeitern und Firmen sollte unkomplizierter werden. Wenn ein Mitarbeiter eine andere Firma anschaut oder umgekehrt, ist dies nicht illoyal oder falsch. Manchmal braucht es für einen Karrieresprung einen Firmenwechsel oder für eine strategische Neuausrichtung einen externen, neuen Mitarbeiter. Solche Entscheidungen gehören dazu und sollten keinen negativen Einfluss auf die Beziehung haben.
Zudem wünsche ich mir, dass Unternehmen die Herausforderungen ernster nehmen, welche die Zusammenarbeit von verschiedenen Generationen mit unterschiedlichen Lebens- und Arbeitsmodellen unter dem gleichen Dach mit sich bringen. Diese Problematik birgt einige Gefahren, da verschiedene Erwartungen und Eigenheiten dominieren, aber auch viele Chancen.
Über die Person
Wolfgang Schmidt-Soelch is managing partner of Heidrick & Struggles Germany, Austria, Switzerland and CEE based in Zurich, and is a member of the EMEA Board & CEO Practice as well as the Financial Services Infrastructure Practice. Since joining in 2006, Wolfgang has worked on senior assignments in financial services, operations, finance and risk across Europe.
Prior to joining Heidrick & Struggles, Wolfgang was responsible for Winterthur Group’s operations in Asia, The Netherlands and North America. Earlier in his career at Winterthur, he was the chief financial officer and head of the corporate centre of Winterthur International, the large corporate and specialty segment of Winterthur. He also worked for Credit Suisse, where he was the head of corporate development including the inhouse mergers and acquisitions function. Wolfgang also gained experience in investment banking and finance through various roles with Arthur Andersen and Salomon Brothers in Frankfurt and London.
In addition to serving on executive boards of both Winterthur Group and Credit Suisse, Wolfgang has been a member of boards throughout Europe, Asia and North America. He is currently a member of the executive committee of the Swiss Chinese Chamber of Commerce and the advisory board of the Swiss Institute for Executive and Non-Executive Directors. Wolfgang holds a diploma in economics from the University of Cologne. He is fluent in German and English.
Über Heidrick & Struggles
For almost 60 years, we have focused on quality service and built strong leadership teams through our relationships with clients and individuals worldwide. Today, Heidrick & Struggles leadership experts operate from principal business centers in North America, Latin America, Europe, the Middle East, Africa and Asia Pacific.
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