Xavier Urbain, CEO Ceva Logistics, im Interview

Xavier Urbain, CEO Ceva Logistics, im Interview
Xavier Urbain, CEO Ceva Logistics. (Foto: Ceva)

von Bob Buchheit

Moneycab.com: Herr Urbain, der erfolgreiche Börsengang von Ceva Logistics diente der Entschuldung. Das wird sich in den nächsten Jahren positiv auf den Reingewinn auswirken. Welche Zielgrösse ist da jetzt realistisch?

Xavier Urbain: Die Kosten der Schulden werden um etwa 100 Millionen Dollar sinken. Der Reingewinn wird davon sicherlich profitieren, und natürlich wird auch das Wachstum unserer Profitabilität den Reingewinn unterstützen. Der Reingewinn sollte ab 2019 positiv sein.

Was passiert ab 2020, wenn die Zinsen auch in Europa merklich anziehen?

Unsere Guidance wurde zu Daten wie im Sommer 2018 abgegeben. Natürlich können die Zinsen steigen, aber wir arbeiten daran, den Anteil unserer festverzinslichen Schulden gegenüber den variablen Sätzen zu erhöhen. Wir sind sehr zuversichtlich, dass Ceva von niedrigeren Finanzierungskosten profitieren kann, und wir haben immer gesagt, dass wir den Abbau der Verschuldung fortsetzen werden.

Ist die EBITDA-Marge Ihre grösste Baustelle bei den betriebswirtschaftlichen Kennzahlen?

Die EBITDA-Marge ist eine unserer wichtigsten Kennzahlen. Intern verfügen wir jedoch über eine Reihe weiterer Schlüsselkennzahlen, um die Leistung unserer Geschäftstätigkeit sowohl in Freight Management (FM) als auch in Contract Logistics (CL) zu messen, insbesondere die Produktivität der Mitarbeiter sowie zahlreiche finanziellen Indikatoren, wie das Nettoumlaufvermögen.

«Wir haben immer gesagt, dass wir den Abbau der Verschuldung fortsetzen werden.»
Xavier Urbain, CEO Ceva Logistics

Wo stehen Sie denn auf dem Weg zu Ihrem EBITDA-Margenziel von vier Prozent?

Wir sind auf Kurs und führen unser Exzellenzprogramm Schritt für Schritt durch.

Die aus der Finanzbranche bekannte Blockchain-Technologie wird mittlerweile auch für das Tracking in der Logistik angewandt. Was sind die Vorteile?

Blockchain könnte ein enormes Potenzial für die Gesellschaft, aber auch für unsere Industrie bringen. Das eigentliche Potenzial ist jedoch noch nicht abschliessend zu beziffern. Wir prüfen, wo diese Technologie für unsere Kunden einen Mehrwert bringen könnte. Eine unserer ersten Blockchain-Initiativen ist die Partnerschaft mit Tradelens, einer branchenweiten Zusammenarbeit mit mehr als 90 Unternehmen. Wir sehen die Vorteile wie folgt, aber nicht nur darauf beschränkt:

  • Blockchain erhöht die Transparenz und Sichtbarkeit in Echtzeit und
  • Sie automatisiert die Einreichung von Dokumenten, indem sie Endbenutzern ermöglicht, Dokumente sicher über nationale und organisatorische Grenzen hinweg zu übermitteln, zu stempeln und zu genehmigen.

Ich bezog meine Frage speziell auf die Logistikbranche…

Blockchain ist quasi unmöglich zu kompromittieren, da mehrere Akteure eine Kopie aller Transaktionen haben. Sie ist also hochrangige Kryptographie.

  • Nichtanfechtbarkeit: Sobald eine Transaktion erfasst ist, kann keine Partei behaupten, dass sie nicht stattgefunden hat.
  • Unveränderliche Reihenfolge, etwa für Milestones: Jeder Block in der Kette enthält die Signatur der darin eingebetteten vorherigen Blöcke.
  • Die eigentliche Stärke kommt dann zum Tragen, wenn die Blockchain mit dem Internet of Things gekoppelt ist, dann wenn menschliche Eingriffe und die Erfassung von Umgebungsdaten wie GPS, Temperatur, Luftfeuchtigkeit eliminiert werden, etwa in der Pharma-oder Nahrungsmittelindustrie.

Informationstechnologie ist also der grosse Heilsbringer in der Logistikbranche, weil man damit die Prozesse günstiger und vor allem sicherer steuern kann. Wo hilft die IT beim täglichen Bürokram, etwa bei der Offertstellung?

Die IT gibt der Geschäftsentwicklung und dem täglichen Betrieb neue Möglichkeiten, indem sie die Steuerung und Überwachung der meisten Aspekte des Transportprozesses automatisiert und ermöglicht. Vorhersehbare Kosten und die ständige Senkung der Kosten globaler Systeme ermöglichen es plötzlich, dass ausgerechnet Finanzverhandlungen nur noch geringe Auswirkungen auf den Umsatz haben.

Die Perle in Cevas Geschäft ist die gerade um weitere 15 Jahre verlängerte Partnerschaft mit dem grossen chinesischen Automotive-Logistiker Anji. Welche Logistikdienstleistungen ausserhalb der Automotivebranche werden jetzt in Angriff genommen?

Wir haben zwei Abteilungen in Anji CEVA. Eine für die Automobilindustrie und eine für die Nichtautomobilindustrie. Im Bereich Non-Automotive konzentrieren wir uns auf die Entwicklung unserer globalen Key Accounts in China, vor allem aus den Bereichen Consumer/Retail, E-Commerce, Industrie/Luft- und Raumfahrt, Hightech.

Mit je 12% Umsatz- und Gewinnwachstum sticht das Chinageschäft bei Ceva Logistics besonders heraus. Wie gefährlich ist der von Trump losgetretene Handelsstreit mit dem Reich der Mitte?

Die aktuelle Liste der Produkte, die von den neuen Zöllen betroffen sind, ist für uns nicht gravierend, weil wir nicht so viele dieser Produkte behandeln. Wir haben in China sowohl bei FM als auch bei CL eine starke Position, die es uns ermöglicht, entsprechend zu agieren. Nun: wir wissen nicht, ob sich dieser Handelskrieg weiter akzentuieren wird, was – wenn dies der Fall sein sollte – dann doch Auswirkungen haben könnte.

«Die aktuelle Liste der Produkte, die von den neuen Strafzöllen betroffen sind, ist für uns nicht gravierend, weil wir nicht so viele dieser Produkte behandeln.»

Die grosse Schifffahrtsgesellschaft CMA CGM besetzt zwei Verwaltungsratssitze. In wie weit sind sie beim Chartern von Frachtern an diesen, Ihren Hauptaktionär, gebunden.

Wir haben eine marktübliche Vereinbarung mit CMA CGM, das heisst wir arbeiten weiterhin auch mit deren Wettbewerbern in der Seefracht zusammen. Unser Hauptziel ist es, den besten Anbieter für Handelslinien in Bezug auf Kapazitäten, Tarife und Servicelevel auszuwählen. Parallel dazu haben wir viele Möglichkeiten in Bezug auf Cross-Selling zwischen unseren Unternehmen identifiziert.

Sie haben bei Ceva eine Matrixorganisation von rund anderthalb Dutzend Geschäftseinheiten eingeführt. Was sind die Vorteile, die Sie daraus ziehen?

Wir haben eine Matrixorganisation zwischen Produkten und Regionen. Die Regionen werden von 17 Clustern kontrolliert. Wir haben diese Matrixorganisation eingerichtet, um eine bessere Umsetzung unserer Strategie zu ermöglichen und um die Nähe zwischen Betrieb und Geschäftsentwicklung und gleichzeitig zu unseren Kunden zu stärken.

«Früher waren so einige Schiffe systematisch überladen.»

Herzstück von Ceva Logistics ist die Meerfracht. Die neuen Sicherheitsrichtlinien auf See SOLAS schreiben ein ganz genaues Wiegen der Fracht vor. Wurden denn früher alle Schiffe überladen?

Seit dem 1. Juli 2016 erlässt die Internationale Seeschifffahrtsorganisation (IMO) die Anforderungen des «Safety of Life at Sea Convention (SOLAS)» an die Überprüfung der Bruttomasse von gepackten Containern. In der Verordnung heisst es wörtlich: «Ein gepackter Container darf nicht an Bord von Schiffen verladen werden, auf die das SOLAS-Übereinkommen Anwendung findet, es sei denn, die verifizierte Bruttomasse (VGM) des Containers wurde dem Kapitän des Schiffes oder seinem Vertreter und dem Terminal oder seinem Vertreter rechtzeitig im Voraus zur Verfügung gestellt, damit der Ladeplan erstellt werden kann».

Und was bedeutet das?

Genau, dass die Schiffe in der Vergangenheit überlastet waren. Einige schwarze Schafe hatten das Gewicht ihrer Buchungen unterbewertet. Das hatte zwei Auswirkungen. Eine finanzielle auf die am Bestimmungsort zu zahlenden Zölle und eine ganz offensichtliche auf die Sicherheit in den Terminals und an Bord der Schiffe. Die Implementierung des neuen Systems hat sowohl das finanzielle Risiko als auch das Sicherheitsrisiko deutlich reduziert.

Zum Gesprächspartner:
Xavier Urbain wurde im Januar 2014 zum CEO von CEVA Logistics ernannt. Davor war er Mitglied der Geschäftsleitung und des Verwaltungsrats von Kühne + Nagel sowie CEO von ACR Logistics. Er hatte verschiedene Führungspositionen bei Mayne Nickless inne und war CEO von Hays Logistics. Darüber hinaus hat Xavier Urbain eine Reihe von unternehmerischen Projekten zusammen mit Private Equity-Firmen in leitenden Beratungs- und Managementpositionen geleitet. Er ist Franzose und hat einen Abschluss in Finanz- und Wirtschaftswissenschaften von ESLSCA.

Zum Unternehmen:
CEVA Logistics, eines der weltweit führenden Asset-Light-basierten Supply Chain Management – Unternehmen, entwickelt und implementiert branchenführende Lösungen für grosse und mittlere nationale und multinationale Unternehmen. Rund 56’000 Mitarbeitende arbeiten für das neu an der SIX kotierte Unternehmen in mehr als 160 Ländern.

CEVA Logistics
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