Mountian View – Google startet als Konkurrenz für WhatsApp und andere Kurzmitteilungsdiensten eine eigene App mit eingebautem persönlichem Assistenten. Der am Mittwoch zunächst in den USA gestartete Messenger «Allo» enthält den neuen «Google Assistant». Nutzer können von ihm per Chat zum Beispiel Informationen zum Wetter, zu Restaurants in der Nähe oder Reisemöglichkeiten anzeigen lassen oder ihm auch Wissensfragen stellen. Ausserdem schlägt «Allo» auch in Unterhaltungen mit anderen Menschen mögliche passende Antworten mit Hilfe künstlicher Intelligenz vor. NSA-Enthüller Edward Snowden rät wegen der Datenschutz-Einstellungen von der Nutzung der App ab.
In Europa sollte der neue Messenger für das Google-System Android und iOS von Apple in der Nacht zu Donnerstag verfügbar sein. Der Assistent wird dabei zunächst nur auf Englisch mit den Nutzern kommunizieren, weitere Sprachen sollen demnächst folgen, hiess es.
Facebook Messenger und Whatsapp mit je über einer Milliarde Nutzer
Der Internet-Konzern hatte die Software im Mai auf der Entwicklerkonferenz Google I/O angekündigt. Aktuell ist Facebook besonders stark bei Kurzmitteilungs-Apps. Der Facebook Messenger und die ebenfalls zum weltgrössten Online-Netzwerk gehörende Anwendung WhatsApp haben jeweils mehr als eine Milliarde Nutzer. Apple hat die populäre SMS-Alternative iMessage, die allerdings nur auf Geräten des Konzerns verfügbar ist.
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An Telefonnummer gebunden
Für das Google-Betriebssystem Android gab es bislang keine zentrale Messaging-App des Suchmaschinenkonzerns. Entsprechend besetzten Dienste anderer Anbieter diesen Platz. Googles App bisherige Kommunikations-App «Hangouts» konnte damit nicht mithalten. Jetzt will der Konzern auf Aufholjagd gehen. Vor kurzem startete auch die ebenfalls im Mai angekündigte Videochat-App «Duo». Während man sich bei «Hangouts» noch mit seinem Google-Konto anmeldete, werden «Allo» und «Duo» ähnlich wie WhatsApp an die Telefon-Nummer angebunden. Eine Desktop-Version gibt es bisher nicht.
Edward Snowden meldet sich zu Wort
Beim persönlichen Assistenten von «Allo» will Google von seinen vielen Daten zu lokalen Geschäften oder Reiseverbindungen sowie dem Wissen über die Welt profitieren. Der «Assistant» braucht allerdings Zugang zu den Nachrichten, um funktionieren zu können. Deshalb ist die Kommunikation standardmässig nicht komplett zwischen Geräten der Nutzer verschlüsselt, sondern nur auf den Transportwegen zwischen Smartphone und Servern. Bei der Ende-zu-Ende-Verschlüsselung, wie sie inzwischen bei WhatsApp oder iMessage üblich ist, sind die Inhalte hingegen nur auf den Geräten der sich unterhaltenden Nutzer offen sichtbar. Bei «Allo» kann man das im «Incognito»-Modus für vertrauliche Unterhaltungen einschalten, dann kann auch ein Verfallsdatum bestimmt werden, nach dem sich die Inhalte löschen.
Die Google-Ankündigung animierte den Whistleblower Edward Snowden zu einer seltenen Äusserung gegen ein konkretes Produkt. «Nutzen Sie «Allo» nicht», schrieb der Ex-Geheimdienstler bei Twitter. Wegen der Verschlüsselungs-Einstellungen könnten alle gesendeten Nachrichten der Polizei zur Verfügung gestellt werden, wenn sie danach verlange.
Auch Facebook setzt auf Chatbots, öffnete seinen Messenger aber für Assistenten vieler verschiedener Anbieter, von Medien bis Fluggesellschaften oder Banken. Ein Plan ist, den Facebook Messenger auch in der Kommunikation zwischen Unternehmen und Kunden zu etablieren und damit Geld zu verdienen. Auch der Messenger verzichtet deshalb auf standardmässige Ende-zu-Ende-Verschlüsselung, sondern lässt sie nur auf Wunsch zuschalten.
Der Assistent für den Alltag
Für Google ist «Allo» Teil eines grösseren Projekts, sich mit seinem Assistenten tiefer im Alltag der Nutzer zu verankern. Der «Assistant» wird auch im geplanten vernetzten Lautsprecher Google Home stecken, mit dem man sich unterhalten kann. Google will damit in den Mittelpunkt im vernetzten Zuhause rücken, ähnlich wie Amazon das bereits mit seinem smarten Lautsprecher Echo versucht. (awp/mc/pg)