Arianna Huffington, Gründerin Huffington Post.
New York – Der Internet-Konzern AOL schmiedet ein digitales Medienimperium mit seinem bisher grössten Zukauf: Für 315 Millionen Dollar übernimmt der Online-Pionier die amerikanische Web-Zeitung «Huffington Post». Die linksgerichtete Gründerin Arianna Huffington wird mit dem Deal Chefin des AOL-Nachrichtenbereichs.
Dies gab AOL am Montag bekannt. Die 2005 mit nur einer Million Dollar Startkapital gegründete «Huffington Post» gehört in den USA mittlerweile zu den am meisten besuchten Websites mit etwa 25 Millionen Nutzern pro Monat. AOL (America Online) stieg in der 90er Jahren einst als Anbieter von Internet-Zugängen auf und versucht jetzt, sich als Medienunternehmen neu zu erfinden. Dazu gehören bereits zum Beispiel Technologie-Blogs wie TechCrunch oder Engadget sowie eine breite Palette an Websites wie Games.com, Autoblog oder Moviefone.
Riesenwette auf Online-Medien
Mit dem Zukauf bezieht AOL auch eine klare Position in der aktuellen Diskussion um Bezahlmodelle für das Nachrichten im Internet. Die mehr als 300 Millionen Dollar für die «Huffington Post» sind letztlich eine Wette auf werbefinanzierte Angebote, die für die Nutzer kostenlos sind. Vor weniger als einer Woche stellte Medienmogul Rupert Murdoch mit seiner iPad-Zeitung «The Daily» das Gegenmodell vor. Aber auch bei ihr liegt der Preis von 0,99 Dollar pro Woche deutlich unter den heutigen Preisen für gedruckte Blätter am Kiosk. Ein weiteres Experiment ist die Verbindung des traditionsreichen Magazins «Newsweek» mit der Website «The Daily Beast», die alte und neue Medien verzahnen soll.
Mix aus Ratgeber-Stücken und Promi-Geplänkel
Nach der Integration der «Huffington Post» dürften diverse AOL-Angebote pro Monat 117 Millionen Nutzer in den USA und 250 Millionen weltweit anlocken, verkündete Konzernchef Tim Armstrong. Von den 315 Millionen Dollar fliessen 300 Millionen in bar und der Rest in Aktien. In einer Mail an die Mitarbeiter erläuterte Armstrong, der Deal entspreche der «80:80:80-Strategie» von AOL: 80 Prozent der Ausgaben werden von Frauen bestimmt, 80 Prozent des Geldes wird in Nähe des Wohnorts ausgegeben und 80 Prozent der Käufe werden von prominenten «Meinungsmachern» bestimmt. Die «Huffington Post» punktet mit einem Mix aus Ratgeber-Stücken und Promi-Geplänkel, die für Internet-Suchmaschinen optimiert sind, und Qualitätsjournalismus, für den auch schon Reporter etwa der «New York Times» abgeworben wurden. Huffington sagte in einem Interview, vergangenes Jahr habe die Website erstmals einen Gewinn geschrieben. Der Umsatz habe sich von 31 auf 60 Millionen Dollar verdoppelt, berichtete die «New York Times».
«1+1=11»-Deal
Der Kauf der «Huffington Post» sei einer dieser «1+1=11»-Deals, jubelte Armstrong in einem Interview. Diese Überschwänglichkeit weckte Erinnerungen an die misslungen «Jahrhundert-Fusion» mit dem Medienriesen Time Warner vor gut zehn Jahren. Als die Internet-Blase platzte, geriet die 100 Milliarden Dollar schwere Verbindung in eine Krise. AOL wurde zunächst zu einer Randsparte des Konzerns und ist inzwischen wieder solo. Das frühere Kerngeschäft mit Internet-Zugängen schrumpft anhaltend, das Management versucht mit Einsparungen samt Massenentlassungen, die Auswirkungen einzudämmen. Aus Deutschland hat sich AOL ganz zurückgezogen. (awp/mc/upd/ps)