Apple-Marketingchef Phil Schiller.
San Francisco – Bei Apple ist nach dem Erfolg des iPod-Players auch über eine Kamera oder ein Auto als mögliche nächste Produkte nachgedacht worden. Unter den damaligen Ideen seien zum Teil «verrückte Sachen» gewesen, sagte Marketingchef Phil Schiller im kalifornischen Patent-Prozess gegen Samsung nach US-Medienberichten. Die Apple-Spitze um Gründer Steve Jobs habe sich aber schliesslich für den Einstieg ins Handy-Geschäft mit dem iPhone entschieden.
Der Prozess in San Jose gibt einen einmaligen Einblick in das Innenleben von Apple, das bisher für äusserste Geheimniskrämerei bekannt war. So wurde am Freitag auch bekannt, dass iTunes-Chef Eddy Cue sich schon seit Ende 2010 für ein kleineres iPad-Modell stark machte. Der damalige Konzernchef Jobs hatte zu dieser Zeit die Mini-Tablets der Konkurrenz wegen der Grösse noch öffentlich als «Totgeburten» abgetan und gespottet, die Hersteller müssten den Nutzern am besten gleich Schleifpapier mitliefern, damit diese ihre Finger anpassen könnten.
Jobs für Idee eines kleineren Tablets schliesslich «empfänglich» geworden
Jetzt ist in der E-Mail von Januar 2011 zu lesen, Jobs habe sich für die Idee eines kleineren Tablets schliesslich «empfänglich» gezeigt. Das wichtige für Samsung: Cue, der einflussreiche Chef von Apples iTunes-Medienplattform setzte sich für das Format ein, nachdem er das kleine Galaxy Tab der Südkoreaner ausprobiert hatte. Allerdings hat Apple immer noch kein solches Gerät im Angebot, auch wenn jetzt wieder einmal spekuliert wird, dass es in diesem Herbst auf den Markt kommen könnte.
Apple will in dem Prozess beweisen, dass Samsung iPhone und iPad kopiert hat. Die Südkoreaner bestreiten, dass Apple mit seinen Geräten etwas wirklich Neues erfunden habe. Zudem werfen sie dem US-Konkurrenten vor, mehrere technische Patente zu verletzen. Apple und Samsung liefern sich bereits seit mehr als einem Jahr einen weltweiten Patentkrieg. Im Gegensatz zu vorherigen Verfahren etwa in Deutschland oder Australien müssen sie diesmal jedoch Geschworene überzeugen.
«Fight Club»
Doch die Apple-Manager, die oft bei grossen Produktvorstellungen des Konzerns im Rampenlicht standen, wissen, wie man ein Publikum fesselt. So erzählte Scott Forstall, der die iOS-Softwareplattform von iPhone und iPad beaufsichtigt, wie einen Krimi die Geschichte von der absoluten Geheimhaltung, unter der das Apple-Handy seinerzeit entwickelt wurde. Für das Projekt «Purple», wie es damals hiess, sei ein ganzes Gebäude auf dem Apple-Gelände freigemacht worden. Die dafür rekrutierten Mitarbeiter mussten zusagen, bevor sie wussten, woran sie überhaupt arbeiten sollten. An einigen Räumen wurde das Schild «Fight Club» angebracht – in Anlehnung an den gleichnamigen Film mit Brad Pitt, in dem es hiess: «Die erste Regel des Fight Clubs ist, man spricht nicht über den Fight Club.»
Auch Marketingchef Schiller konnte überzeugend die Botschaft von Apple an die Geschworenen rüberbringen. Er sei «schockiert» gewesen, als er das Smartphone Galaxy S und das Tablet Galaxy Tab gesehen habe, sagte Schiller. «Ich dachte, sie werden unsere gesamte Produktpalette kopieren.» Apple habe seine Geräte nicht mehr als etwas besonderes vermarkten können, weil die Konkurrenztechnik verwirrend ähnlich ausgesehen habe. Samsung konterte unter anderem mit der Mail eines Apple-Mitarbeiters, der darauf hinwies, dass man das iPhone nicht als erstes Touchscreen-Telefon vermarkten könne, weil ihm das Prada-Handy von LG zuvorgekommen sei.
«Lust-Faktor»
Die Aussage Schillers enthüllte auch, wie viel Geld Apple für Werbung ausgibt: Im vergangenen Geschäftsjahr waren es 228,6 Millionen Dollar für das iPhone und 307,7 Millionen Dollar für das iPad. In der ersten Zeit nach dem Marktstart 2007 habe man sich aber so gut wie gar nicht darum kümmern müssen, weil die Medien voll des Lobes gewesen seien. Zugleich weiss man jetzt, dass Apples Marketingabteilung tatsächlich auf einen «Lust-Faktor» der Produkte setzt. Apple scheiterte am Freitag mit dem Versuch, Samsung harte Sanktionen für die Veröffentlichung nicht im Prozess zugelassener Beweismittel aufzubrummen. Richterin Lucy Koh lehnte einen entsprechenden Apple-Antrag ab, will sich aber nach dem Prozess mit dem Vorstoss befassen. (awp/mc/ps)