Cupertino – Apple und der Chip-Spezialist Qualcomm haben ihren erbitterten Patentstreit nach mehr als zwei Jahren beigelegt. Damit ist der Weg für Apple frei, vermutlich im kommenden Jahr ein iPhone für den superschnellen 5G-Datenfunk auf den Markt zu bringen. Details der plötzlichen Einigung klingen gut für Qualcomm: Der iPhone-Konzern wird eine Patentlizenz erwerben und auch Chips bei Qualcomm beziehen. Zudem bekommt Qualcomm eine Zahlung von Apple, der Betrag blieb zunächst unbekannt.
Die Einigung wurde am Dienstag mitten im zentralen Prozess in dem Streit verkündet – während die Anwälte sich noch einen Schlagabtausch vor Gericht lieferten. Das Gericht hatte es am ersten Tag nur geschafft, neun Geschworene auszuwählen, und der zweite Prozesstag hatte gerade erst begonnen. Wenige Stunden später gab der Qualcomm-Rivale Intel seinen Ausstieg aus dem Geschäft mit Modem-Chips für Smartphones bekannt.
Intel gibt 5G-Modems auf
Unklar blieb zunächst, wie genau diese beiden Ereignisse zusammenhängen. Bewog die Aussicht auf den Verlust des wichtigsten Kunden Intel zu diesem Rückzug? Zugleich spricht die rasche Abfolge aber auch dafür, dass Apple Frieden mit Qualcomm schliessen musste, weil der iPhone-Konzern bereits wusste, dass es von Intel keinen 5G-Chip mehr geben wird und man deshalb auf eine Kooperation mit Qualcomm alternativlos angewiesen ist.
Intel hatte sein Smartphone-Modem für den superschnellen 5G-Datenfunk noch im Januar auf der Elektronikmesse CES für 2020 in Aussicht gestellt. Damit wären iPhones mit 5G bereits später auf den Markt gekommen als diverse Smartphones der Konkurrenz mit Qualcomm-Chips.
Versorgung aktueller iPhone-Modelle gesichert
Intel-Chef Bob Swan erklärte zur Begründung für den Rückzug, man sehe keinen klaren Weg, im Smartphone-Geschäft profitabel zu sein. Bei 5G-Chips in PCs und Autos könnte Intel aber noch mitspielen. Zugleich sollen Intel-Modems für den aktuellen Mobilfunk-Standard 4G/LTE aber weiterhin an Smartphone-Hersteller geliefert werden. Damit ist die Versorgung aktueller iPhone-Modelle gesichert. Apple entwickelt die Hauptprozessoren seiner Telefone und Tablet-Computer selbst, die Modem-Chips aber zumindest bisher nicht.
Qualcomm-Geschäft massiv beeinträchtigt
Apple hatte den Streit mit Qualcomm vor gut zwei Jahren losgetreten und warf dem Konzern in einer Klage vor, zu hohe Lizenzgebühren für seine Patente zu verlangen sowie unfairen Wettbewerb zu betreiben. Qualcomm konterte mit dem Vorwurf, in Apple-Geräten werde von dem Konzern erfundene Technologie ohne Patentlizenz genutzt. Alle gegenseitigen Klagen werden nun fallengelassen.
Der Streit belastete das Geschäft von Qualcomm spürbar. Die Auftragsfertiger von Apple hatten bereits 2017 ihre Zahlungen an den Chipkonzern eingestellt. Qualcomm bezifferte die dadurch entgangenen Einnahmen samt Zinsen auf sieben Milliarden Dollar. Die Anleger waren entsprechend erleichtert über die Versöhnung mit Apple: Die Qualcomm-Aktie sprang nach der Einigung um gut 23 Prozent hoch. Im vorbörslichen Handel am Mittwoch ging es mit einem Plus von rund sechs Prozent weiter aufwärts. Der Apple-Kurs blieb kaum unverändert.
Apple störte sich unter anderem daran, dass Qualcomm für die Patentlizenzen einen Anteil vom Gerätepreis verlangt, statt nur vom Preis einzelner Bauteile. Damit profitiere der Chipkonzern auch ungerechtfertigterweise von Preiserhöhungen, die auf eigene Erfindungen von Apple zurückgingen. Zudem weigere sich Qualcomm, Chip-Konkurrenten wie Intel Patentlizenzen zu gewähren. Qualcomm entgegnete, da es um ein Portfolio von Patenten für viele verschiedene Technologien gehe, sei es angemessen, den Preis des Geräts für die Berechnung der Lizenzen heranzuziehen. Wie dieser Teil des Streits ausging, blieb ebenfalls unklar. Die Unternehmen teilten lediglich mit, zu dem sechsjährigen Patentdeal gehöre eine Option auf eine Verlängerung um weitere zwei Jahre.
iPhones ab 2020 mit Qualcomm 5G-Chips
Für Apple sei es zwar schon zu spät, Qualcomm-Chips in diesjährige iPhones einzubauen, schrieb die japanische Wirtschaftszeitung «Nikkei» unter Berufung auf eine informierte Person. Aber für 2020 werde der Konzern Qualcomm-Modems kaufen, inklusive 5G-Chips. Das «Wall Street Journal» berichtete, die Firmen hätten ernsthafte Gespräche über einen Vergleich kurz vor Prozessbeginn aufgenommen. Ein Ziel sei gewesen, eine Einigung noch vor der ersten Verhandlung zu erzielen – die Gespräche hätten aber länger in Anspruch genommen. (awp/mc/pg)